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THEMA:   Die Kosten der Entfernung

 12 Antwort(en).

Johannes Michalowsky begann die Diskussion am 17.07.03 (18:13) mit folgendem Beitrag:


Eine Bemerkung von Schorsch ...

daß im Inland die Speditionskosten logischerweise weniger kosten, als wenn man das Produkt einige 1000 km in die Welt hinaus schickt. . .

wird in ihren Auswirkungen nun ja ständig widerlegt. Wenn sie stimmte, gäbe es in Europa keine japanischen oder koreanischen Autos, keine Computerhardware aus Hongkong oder Taiwan, keine australische Kohle, Granny Smith aus Neuseeland und keinen Tee aus Sri Lanka – die Liste ließe sich fortsetzen – , und zwar jeweils zu konkurrenzfähigen Preisen.

Ich komme gerade zu diesem Thema in diesen Tagen aktuell ins Grübeln – ich lebe inmitten einer Kirschanbauzone, aber in einem der beiden Großmärkte am Ort gibt es überhaupt keine Kirschen zu kaufen, und in dem anderen solche aus der Türkei – preiswert und gut. Da fragt man sich natürlich: Wie ist so etwas möglich und: Muß das sein?

Wenn man aber an die nahezu industrielle Produktion landwirtschaftlicher Güter in ferneren Ländern denkt – von den Apfelfabriken in Südtirol bis zu den riesigen spanischen Orangenplantagen -, dann ist doch klar, daß das nicht produziert wird, weil die Spanier so gerne Apfelsinen essen oder die Griechen für sich alleine soviel Olivenöl schlucken. Und es ist doch nicht so übel, daß wir den Menschen dort, in ihrer Heimat, Arbeit geben, wenn wir ihnen ihre Produkte abnehmen?

Beispiele ganz anderer Art: Warum kostet ein Postpaket von Trier nach Luxemburg so viel mehr als eines von Mittenwald nach Flensburg? Warum ist ein Flug von Frankfurt nach Berlin teurer als einer nach Palma? Warum ist en Überweisung von Strasbourg nach Kehl so teuer, daß es sich lohnt, schnell mal rüberzufahren?

Mein Fazit: Entfernung und Transport- oder Übermittlungskosten gehen in einer Gesamtkalkulation der Anbieter unter, die von Marktgesetzen und Geschäftsinteressen und Wirtschaftlichkeit bestimmt wird und nicht von Logik – glücklicherweise, denn sonst müßten wir auf Kiwis, argentinische Steaks und kanadischen Lachs usw. usw. verzichten, denn all dies ist entbehrlich!


Angelika antwortete am 17.07.03 (18:22):

...also die Überweisung dürfte seit dem 1,Juli aber nur noch so viel kosten wie eine Inlandüberweisung ....nur die Schweiz mittendrin ist wie ein Goldfisch im Aquarium, dass auf dem Europäischen Meer schwimmt :-))

Johannes: Auch 1 Tonne Kohle inclusive örderung und Fracht von Südafrika nach Deutschland ist immer noch billiger als die Subvention, die die BRD pro Tonne für in D geförderte Kohle zahlt ..aber sie zahlt sie trotzdem ...


Es gibt auch die interessante Rechnung der PEP-Einwegflaschengetränke im Vergleich zu den mit schweren Pfandglasflaschen, die auf LKWs voll und leer durchs Land gekarrt werden ...

Und die Kirschen ... die werden in der Türkei nunmal billiger geerntet als bei uns :-(


Wolfgang antwortete am 18.07.03 (00:49):

Alle StudentInnen der Wirtschaftswissenschaften lernen bereits im ersten Studienjahr: In kapitalistisch verfassten Volkswirtschaften unterliegen sämtliche unternehmerischen Entscheidungen dem obersten Prinzip... dem Prinzip der Gewinnmaximierung. Sie lernen auch: Der Markt optimiert gnadenlos, auch in eine falsche, ungewollte Richtung, je nachdem, wie die Randbedingungen sind, unter denen produziert und konsumiert wird.

Deshalb macht es Sinn, Krabben zum Puhlen nach Marokko zu karren und wieder zurück zu den norddeutschen Märkten. Denn Sprit und marokkanische KrabbenpuhlerInnen sind billiger als Dreck (während entsprechende deutsche PuhlerInnen wesentlich mehr kosten würden).

Energieverschwendung? CO2-Ausstoss? Klimawandel? Naturverbrauch? Soziale Kosten? Nicht-Nachhaltigkeit? - für Marktfundamentalisten sind das keine Themen, über die es sich zu reden lohnte. Cashmachen ist angesagt. Die Umweltsau rauslassen rentiert sich. Die (Ir-)Ratio des Marktes triumphiert. Nur ein paar als Deppen Abgestempelte erheben warnend noch ihre Stimme... Aber, sie sind so leise und gehen unter in dem grauenvollen Lärm beim veitsartigen Tanz ums Goldene Kalb...

Internet-Tipp: https://www.ecotrip.de/


Wolfgang antwortete am 18.07.03 (01:10):

6.000 Watt Energie verbrauchen SchweizerInnen derzeit durchschnittlich... Mit verheerenden Folgen für die uns (noch) günstige Natur... Im Modell der '2000 Watt-Gesellschaft' soll – weitgehend mittels sanfterer Techniken, aber auch mittels dezentraler und regionaler Strukturen – der Primärenergieverbrauch von Industrieländern wie z. B. der Schweiz bei gleichbleibender (!) Lebensqualität auf (für alle Menschen weltweit mögliche UND nachhaltige) 2.000 W pro Person gesenkt werden.

Webtipps...

Online-Zeitung 'Die Selezione' - 01/2002
Energieverbrauch: 2000 Watt – aber für alle! (von VERA BUELLER)
https://www.selezione.ch/2000-watt-gesellschaft.htm

Center for Energy Policy and Economics (CEPE)
Zürich 2001
Energie, Umwelt und die 2000 Watt Gesellschaft (von DANIEL SPRENG und MARCO SEMADENI)
https://e-collection.ethbib.ethz.ch/ecol-pool/incoll/incoll_420.pdf
[PDF, Acrobat Reader erforderlich]

Internet-Tipp: https://www.selezione.ch/2000-watt-gesellschaft.htm


Tessy antwortete am 21.07.03 (18:28):

Die Kosten oder Notwendigkeit der Entfernung.....
Alles Wichtige dazu gesagt?
Dann darf ich auch noch eine Bemerkung dazu machen :-)):

Wirklich notwenig ist es natürlich Joghurt von Italien nach Schweden und umgekehrt zu bringen: wie könnte sonst rechts-bzw.linksdrehende Milchsäure entstehen???
Jetzt weiß ich nur nicht - welches ist dann letztendlich das links- und welches das rechtsdrehende............


dirgni antwortete am 21.07.03 (22:30):

Italien - Schweden, das ergibt nord-süd-drehende Milchsäure! Wenns wenigstens wie zu Hannibals Zeiten mit Elefanten über die Alpen gebracht würde :-)


Tessy antwortete am 21.07.03 (23:37):

Dirgni, ich schätze wir haben eine Marktlücke entdeckt:
"Eine Elefantenhaut bekommen auch Sie durch unsere nord-süd-drehende Milchsäure, der beste Schutz im Internet".......


DorisW antwortete am 22.07.03 (07:25):

Bei einem Transport von Süden nach Norden entsteht die Rechtsdrehung der Milchsäure durch die Corioliskraft :-)

https://www.sfdrs.ch/sendungen/meteo/lexikon/coriolis.html

Internet-Tipp: https://www.sfdrs.ch/sendungen/meteo/lexikon/coriolis.html


Mart antwortete am 22.07.03 (14:07):

Danke für die höchst kreative Erklärung der sich drehenden Milchsäure.

Nur frage ich mich, wie unsere Tiroler Tourismusgurus dann die Herkunft des bei den Gästen so beliebte und gesunde „linksdrehende“ Wasser erklären? Import des Regens aus Schweden?


DorisW antwortete am 22.07.03 (14:36):

Pah, ganz einfach, in Österreich fließt das Wasser hauptsächlich in Nord-Süd-Richtung, dadurch kommt natürlich die Linksdrehung zustande... ;-)

https://www.paedagogik.net/wochenthemen/europa/wasserscheide.html

Internet-Tipp: https://www.paedagogik.net/wochenthemen/europa/wasserscheide.html


sofia204 antwortete am 22.07.03 (15:37):

beachtsam bitte auch,
ob Rechts-oder Linkshänder südlich
bzw. nördlich der europäischen Wasserscheide stehen,
die das Wasser einnehmen oder es von sich geben.


Tessy antwortete am 22.07.03 (17:33):

Bevor wir einen Drehwurm bekommen - hm, einen rechts-oder linksdrehenden? -
Also, ein linkshändiger Elefant fährt am Morgen rechtzeitig - oder linkszeitig? - los mit einer Ladung Milchsäure, natürlich noch nicht gedrehter - und zwar von Italien über Österreich - dort muß er Wasser lassen für die Kurgäste - nee, das ist ja noch nicht gedreht.........


Mart antwortete am 22.07.03 (18:06):

Um auf das Anfangsthema zurückzukommen:

Ja, warum ist schwedisches Joghurt (gleich wie es sich dreht,- das normale dreht sich zur Hälfte nach rechts und zur Hälfte nach links) bei uns in Österreich gleich teuer oder billiger als österreichisches?

Ja, warum dasselbe mit irischer Butter?

Ja, warum werden Kartoffeln zum Waschen nach Italien gekarrt und kommen wieder dorthin zurück, wo sie gewachsen sind? --- und sind so billig, daß man ihnen die lange Reise nicht anmerkt?

Ja, warum nur warum machen Güter mehrmals die Reise von Norden nach Süden und wieder nach Westen (in Zukunft wahrscheinlich nach Osten) und wieder nach Norden? -- und das ohne den Drehwurm zu kriegen?