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THEMA:   Die Guerilla lebt, im Irak, in Tschetschenien und anderswo... Und sie hat Erfolge

 14 Antwort(en).

Wolfgang begann die Diskussion am 13.07.03 (12:45) mit folgendem Beitrag:

Die Nachrichten häufen sich: Die Angreifer und Besatzer, die Unterdrücker, imperialistische Mächte mit enormem Hunger nach Öl und Gas - dem wichtigsten Treibmittel des (westlichen) american way of life -, werden erfolgreich von den Unterdrückten angegriffen. Heute melden die Presseagenturen, dass neun russische Soldaten südlich der tschetschenischen Hauptstadt Grosny per Sprengmine und anschliessendem Beschuss getötet wurden.

Ähnliche Meldungen gab es in den letzten Tagen aus dem Irak... Auch dort wehren sich die Menschen - die Guerilla - gegen die Besetzung ihrer Länder.

Dass viele Männer und Frauen (erstaunlich viele tschetschenische Frauen) zur Waffe greifen und auf Gewalt setzen, hat seinen Grund: Sie haben die Erfahrung gemacht, dass der gesamte sogenannte Westen - also die USA, Europa und Russland - in irgendeiner Weise, aktiv oder passiv, direkt oder indirekt, als Angreifer oder als logistischer Unterstützer, involviert sind in ihre Unterdrückung und in die Ausbeutung ihrer Rohstoffe.

Sie haben es satt, auf die Verheissungen des Westens nach Frieden und Wohlstand zu warten... Sie wurden zu oft belogen. Ehrlich gesagt, ich bin es auch leid, jeden Abend die nicht ernst gemeinten Phrasen der bekannten Charaktermasken zu hören (die übrigens alle vorgeben in unserem Namen zu handeln). Ich denke, die Guerilla ist auf dem - was die Interessen der Menschen in der 3. Welt betrifft - richtigen Weg.


Angelika antwortete am 13.07.03 (12:59):

..und was tust Du nun dagegen? Was ist DEINE Lösung?....


dutchweepee antwortete am 13.07.03 (14:40):

wieso DAGEGEN?

zitat WOLFGANG: "Ich denke, die Guerilla ist auf dem - was die Interessen der Menschen in der 3. Welt betrifft - richtigen Weg."

der terror schlägt beinah BLIND zu, das ist die sinnlosigkeit, aber ich verstehe durchaus die blinde, ohnmächtige wut, all dieser familienväter, die ihren frauen, kinder, oder brüder beerdigen mussten. getötet, von einer perfekten maschinerie, die die interessen der industrienationen wahrt!


Barbara antwortete am 14.07.03 (15:47):

Das kommt dabei heraus, wenn Krieg wieder zum politischen Mittel erhoben wird. Wieso nennt man die Menschen auf der einen Seite "tapfere Soldaten" und die auf der anderen Seite "Terroristen"?

Jeder Konflikt ist durch Verhandlungen lösbar, ohne den Mord an Tausenden Menschen. Krieg darf niemals ein politisches Mittel sein. Er muss von der Weltöffentlichkeit geächtet werden... überall auf der Welt.


Wolfgang antwortete am 14.07.03 (16:08):

Die Menschen in der 3. Welt wehren sich gegen ihre Unterdruecker aus der 1. und 2. Welt. Sie wehren sich mit einem (auch frueher schon) erfolgreichen Werkzeug... der Guerilla.

Sogar US-Kriegsminister RONALD RUMSFELD hat die fuer die westliche Fuehrungsmacht drohende Gefahr erkannt. Gestern sagte er, dass moeglicherweise zusaetzliche Truppen in den Irak geschickt werden muessten, "[...] um einen wachsenden gut organisierten Widerstand der Guerilla zu
brechen." Begriffen hat er zwar immer noch nicht, dass die USA diesen Krieg verlieren werden. Auch ein Unrechtsbewusstsein fehlt ihm, dass er und seine SoeldnerInnen die Angreifer sind. Aber auf noch mehr tote US-SoeldnerInnen hat er die AmerikanerInnen gleich mit eingestimmt (vgl. "Rumsfeld Says Iraq May Need a Larger Force" (by ERIC SCHMITT), NYT v. 13.07.2003). Wenigstens, was diesen Punkt betrifft, ist er Realist. Allerdings, das unterstelle ich ihm, ist ihm ein amerikanischer Mensch wenig mehr wert, als ein afghanischer oder irakischer Mensch (die fuer die BUSH-Krieger ueberhaupt keinen Wert haben).


Karl antwortete am 14.07.03 (19:08):

Ich stimme Barbara zu. Beide Seiten sind verbrecherisch. Ich trauer um tote, irregeleitete Soldaten, um irregeleitete Terroristen und vor allem um Zivilisten. Niemand hat das Recht zu töten.


Wolfgang antwortete am 14.07.03 (20:44):

Ich denke, wenn die amerikanischen SoeldnerInnen den Irak verlassen haben, koennen befugte VertreterInnen der irakischen Menschen mit befugten VertreterInnen der amerikanischen Menschen ueber offene Fragen verhandeln (z. B. Fragen zur Wiederaufbauhilfe und zur Hoehe der Entschaedigungszahlungen und die Frage, was mit den mutmasslichen Kriegsverbrechern der BUSH-Administration geschehen soll).

So lange aber amerikanische SoeldnerInnen sich illegal und illegitim als Besatzer im Irak aufhalten, werden sie Ziele der irakischen Guerilla sein.

Zur Erinnerung: Das Voelkerrecht verbietet nur den Angriffskrieg, nicht den Krieg zum Zwecke der Verteidigung gegen Angreifer.


dutchweepee antwortete am 15.07.03 (00:54):

niemand hat das recht zu töten?

wenn meine familie in einem flüchtlingslager ausgelöscht würde, aufgrund einer "vergeltungsmassnahme" (wir hören dieses unglaubliche wort beinahe jeden tag in den news), würde ich mir 100%ig dieses recht heraus nehmen.

egal, wer meine kinder tötet, er wäre tot!


Mart antwortete am 15.07.03 (07:51):

Ist die Unterscheidung zwischen "legalen" uniformierten Soldaten und den nichtuniformierten "illegalen" Rebellen-Kämpfern-Guerillas nicht die Begründung der USA für die Nichtanwendung des Kriegsrechts in Guantanoma Bay?

Ich verstand nie, warum es Menschen nicht erlaubt sein sollte, sich, ihr Land, ihre Leute und ihre Lebensart inklusive Religion und Kleidungsvorschriften zu verteidigen. Ob eine einfallende Armee als Retter oder als Eroberer angesehen wird, hängt vom jeweiligen Standpunkt ab.

Warum sollte Töten, wenn es durch eine Armee organisiert wird, gerechtfertigter sein?


Barbara antwortete am 15.07.03 (08:27):

>>Warum sollte Töten, wenn es durch eine Armee organisiert wird, gerechtfertigter sein?<<

Weder ein Töten in Uniform noch ein Töten ohne Uniform darf gerechtfertigt sein.
Töten ist keine Lösung.

Bevor diese Erkenntnis nicht endlich in den Köpfen der Kontrahenten reift, wird es kein Ende des Blutvergießens geben. Dabei tragen Bush und Putin eine große Verantwortung, denn sie haben das Töten wieder zum politischen Mittel erhoben.


Mart antwortete am 15.07.03 (12:08):

Ja Barbara, Töten ist keine Lösung.
Nur leider ist in letzter Zeit in mir die Meinung gereift, daß sich Töten nicht immer vermeiden läßt. Wenn ich oder meine Familie angegriffen werden, werde ich mich verteidigen; und dabei auch das Töten anderer Menschen in Kauf nehmen.

Was mir so seltsam vorkommt ist, daß durch die Organisation von jungen Männern, die auf das effizienteste Töten auch in fernen Ländern gedrillt werden, in einer Armee der Ehrenkodex des Kriegsrecht gilt ----

wenn junge Männer dagegen zur Waffe greifen, um sich und ihre Familie gegen einen Präventivkrieg zu verteidigen, nicht organisiert sind und keine Uniform tragen, plötzlich kein Kriegsrecht mehr gilt.

Es gelten auch nicht mehr die primitivsten Menschenrechte --- siehe die Gefangenen der USA in Kuba.


Barbara antwortete am 15.07.03 (13:22):

dutchweepee und mart

Zwischen Selbstverteidigung und Selbstjustiz sollten wir doch wohl unterscheiden. Selbstverteidigung, wie Mart sie schildert, erkenne ich an... Selbstjustiz, wie von dutchweepee geäußert, darf es unter keinen Umständen geben.

Wir leben in einem Rechtsstaat. Wo kämen wir hin, wenn jemand, dessen Familie - unter welchen Umständen auch immer - getötet wird, den vermeintlichen Täter umbringen würde?

Ich denke, das darf hier wirklich nicht unwidersprochen stehen bleiben.

Zitat dutchweepee: >>egal, wer meine kinder tötet, er wäre tot!<<
Zitat Mart: >>Wenn ich oder meine Familie angegriffen werden, werde ich mich verteidigen; und dabei auch das Töten anderer Menschen in Kauf nehmen.<<


schorsch antwortete am 15.07.03 (17:48):

@ Zitat Mart: >>Wenn ich oder meine Familie angegriffen werden, werde ich mich verteidigen; und dabei auch das Töten anderer Menschen in Kauf nehmen.<<

Einverstanden - so lange es sich nur um die Angreifer handelt, nicht aber um Unschuldige, Unbeteiligte.


Mart antwortete am 16.07.03 (20:35):

Selbstverteidigung:
ist sicher gerechtfertigt. Ob ich allerdings im Notfall die Situation so übersehe, dass wirklich kein Unbeteiligter u. Unschuldiger Schaden erleidet, bezweifle ich. Selbst der Polizei passieren hierbei solche tragischen Handlungen und diese sind dafür geschult. Ich würde jedenfalls auch das in Kauf nehmen, falls es mir oder meiner Familie an den Kragen geht.

Selbstjustiz:
ist in unserem Rechtsstaat mit Recht verboten und hätte katastrophale Folgen. Wissen aber alle von uns, dass er ein ihm gestohlenes, woanders mit einem neuem Schloß abgesperrtes Fahrrad nicht wieder in Besitz nehmen darf?

Selbstjustiz ist aber meiner Meinung nach gerechtfertigt, wenn keine rechtsstaatlichen Verhältnisse vorliegen.
Beispiel; Judenverfolgungen: Die Juden glaubten an den Rechtsstaat und an eine diesseitige Gerechtigkeit. Hätten sie sich in Art von Guerillas bzw. Terroristen organisiert, wäre der Ausgang der Verfolgung wahrscheinlich nicht anders gewesen, aber zumindest hätten sie sich nicht wie die Lämmer abschlachten lassen.

Wer sollte einer Bevölkerungsgruppe beistehen, wenn die Machthabenden das Recht zu ihren Gunsten beugen (weiteres Beispiel: Armenier, Soll ich wagen hier auch die Palästinenser zu erwähnen?) Hier ist nicht einmal das Völkerrecht zuständig.

Wer sollte einem Volk (z.B. ehemalige Balkanstaaten im 3. Reich, Tschechenien, Vietnam, diverse Südamerikanische Staaten......)helfen, wenn es durch übermächtige Angreifer bedroht und mit jedem Rechtsverständnis widersprechenden Mitteln unterminiert wird?

Ich habe bisher gr. Hoffnung in das Völkerrecht bzw. UNO gesetzt, aber ich bin im Augenblick der Meinung, daß das eine Illusion ist.


Wolfgang antwortete am 16.07.03 (21:37):

Ohne Zweifel ist bewaffneter Widerstand nur dann erlaubt, wenn es keine Möglichkeiten mehr gibt, sich mit den Mitteln des Rechtes zu wehren. Das genau aber ist der Zustand - sowohl im Irak, als auch in Tschetschenien und auch, um einen weiteren Konfliktherd zu nennen, in Palästina und in vielen anderen Regionen.

Der Angriffskrieg der amerikanischen BUSH-Krieger gegen die IrakerInnen war ganz eindeutig nicht nur illegal, sondern auch illegitim. Die US-Army hat eine rechtlose Herrschaft im Irak implementiert. Gegen diese Herrschaft ist mit friedlichen Mitteln nicht anzukommen.

Wenn es eines Beweises bedarf: Zehntausende IrakerInnen haben die US-SöldnerInnen bis jetzt umgebracht; davon über 6.000 zivile irakische Menschen (Quelle: www.iraqbodycount.net).

Wer den IrakerInnen (und den anderen von Angriffskriegen Betroffenen) das Recht auf bewaffneten Widerstand abspricht, stellt das Recht auf den Kopf. Denn: Jeder Mensch darf sich seiner Haut wehren, wenn er angegriffen wird, selbstverständlich mit Mitteln und Methoden, die der übermächtige Angreifer auch spürt.