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THEMA:   Heute ist Weltbevölkerungstag...

 50 Antwort(en).

Wolfgang begann die Diskussion am 11.07.03 (00:22) mit folgendem Beitrag:

Derzeit leben rund 6 Milliarden Menschen auf der Erde. Jedes Jahr kommen über 80 Millionen hinzu. Im Jahr 2050 werden es bereits über neun Milliarden sein. Global gesehen, hat sich das Wachstum der Weltbevölkerung in jüngster Zeit zwar etwas verlangsamt. Die Bevölkerungszahl wird sich in den sogenannten entwickelten Ländern auch kaum ändern. Nicht so in den den sogenannten unterentwickelten Ländern: Dort ist die Dynamik des Wachstums ungebrochen. Die Bevölkerung der ärmsten Länder der Welt wird bis 2050 um 1 Milliarde Menschen zunehmen. Das wird die Probleme für die Menschen dort auf die Spitze treiben.

Dabei sind es nicht die Menschen der armen Länder, die unseren Planeten über alle Maßen beanspruchen. Die Quellen werden in rasantem Tempo geleert bzw, die Senken gefüllt vor allem von den Menschen in den reichen Ländern.

Als Maß für die wirtschaftliche Beanspruchung unseres Planeten kann man das Bruttosozialprodukt pro Einwohner* nehmen. Mit 22.030 US$ belastete ein durchschnittlicher statistischer Bewohner eines Industrielandes der 1. und 2. Welt im Jahr 2001 unseren Planeten. Mit nur 3.660 US$ belastete dagegen der gleiche durchschnittliche statistische Bewohner eines Nicht-Industrielandes der 3. Welt Quellen und Senken.

Mit anderen Worten ausgedrückt: Jede(r) von uns, die wir in einem Industrieland leben, belastet den Planeten rund sechs mal soviel, wie es ein Mensch in einem Nicht-Industrieland macht.

Oder, denselben Sachverhalt noch anders ausgedrückt: Würden alle Menschen auf der Welt den Planeten so belasten, wie wir es aktuell tun, wäre es schnell vorbei mit unserer Art und Weise des Produzierens und Konsumierens.

* Die Zahlen entsprechen dem Bruttosozialprodukt bei Kaufkraftparität (KKP) pro Einwohner 2001 (US$). Quelle der Zahlen... World Bank, World Development Indicators, 2002


schorsch antwortete am 11.07.03 (08:11):

Fazit (und fester Vorsatz): ICH stelle keine Kinder mehr auf, auf diese überforderte, überfüllte, ausgebeutete Welt.....

......es sei denn, eines von euch Mädels wolle dies auf sein eigenes Risiko......


Medea. antwortete am 11.07.03 (11:10):

Tja Schorsch, D u könntest das aus biologischen Gründen wohl auch noch, ich aus den gleichen Gründen nicht mehr ;-)

Da finde ich dann auch - laß es man lieber bleiben ...- lach


Wolfgang antwortete am 11.07.03 (12:19):

Ein paar Zahlen (wobei ich noch die Hoffnung habe, dass sich eine Diskussion entwickelt und wenigstens dieses Thema nicht zum Depperlesthema verkommt, wie so viele andere Themen in letzter Zeit):

Jeder Mensch in den USA belastet den Planeten mit einem Bruttosozialprodukt von 34.280 US$ - gegenüber 22.030 US$ eines Menschen im durchschnittlichen Industrieland und 3.660 US$ eines Menschen im durchschnittlichen Nicht-Industrieland (Quelle der Zahlen... World Bank, World Development Indicators, 2002).

Jeder amerikanische Mensch belastet also den Planeten genau so viel, wie neun Menschen in den sogenannten Entwicklungsländern.

Schlimmer noch: Die AmerikanerInnen - 5 Prozent der Weltbbevölkerung - verbrauchen etwa 25 Prozent der Weltenergie und verursachen rund 50 Prozent des Weltmülls.

Wäre es nicht an der Zeit, die beliebte These von der Überbevölkerung in der 3. Welt in Frage zu stellen, und von einer Überproduktion bzw. -konsumtion in der 1. und 2. Welt zu sprechen?


Barbara antwortete am 11.07.03 (14:15):

Ich sehe zwei große Aufgaben:

Zum einen muss die westliche Konsumgesellschaft schnellstens erkennen, wohin eine weiterhin ungebremste Ausbeutung von Natur und Mensch führt: ansteigende Luftverschmutzung, Erderwärmung, ein absehbares Ende der Bodenschätze... Katastrophale Auswirkungen sind schon heute zu erkennen.

Zum zweiten muss in die Bildung der Menschen in der sogenannten "Dritten Welt", besonders in die der Frauen, investiert werden. Sobald sich Frauen gesellschaftlich und beruflich entfalten können, sinkt ihre ökonomische Abhängigkeit von der Familie. Berufstätige Frauen haben weder Interesse an einer frühen Schwangerschaft noch an einer großen Kinderzahl. Ohne diese Erkenntnis wird global gesehen keine Änderung erfolgen.

Krisen bieten auch Chancen...
So könnte auch in unserer Gesellschaft ein Hinterfragen der grundsätzlichen Werte einsetzen. Gerade junge Menschen, die in der Spaßgesellschaft des wachsenden Wohlstandes aufwuchsen, stellen sich heute die Sinnfrage, besonders wenn sie plötzlich ohne Arbeitsplatz dastehen.

Kann die Steigerung des Konsums zur Schaffung neuer Arbeitsplätze, damit einhergehend ein Wachsen der Müllberge... die Lösung sein?
Müssen ständig neue Bedürfnisse geweckt werden, um einen weiteren Kaufreiz auszulösen?
Kann grenzenloses Konsumieren innere Leere füllen?

Liegt die Lösung nicht eher in einem "sich bescheiden"... und das in vielerlei Hinsicht?

Ich habe große Hoffnung, dass mehr und mehr Menschen - vor allem junge - erkennen, dass ein Weniger oftmals ein Mehr bedeuten kann.... und das zum Wohle aller Menschen unserer wunderschönen Welt....


Karl antwortete am 11.07.03 (15:20):

Lieber Wolfgang,

Du schreibst "Wäre es nicht an der Zeit, die beliebte These von der Überbevölkerung in der 3. Welt in Frage zu stellen, und von einer Überproduktion bzw. -konsumtion in der 1. und 2. Welt zu sprechen?".

Also von Beliebtheit kann keine Rede sein. Die Überbevölkerung ist ein konkretes Problem für Länder wie Brasilien und Indien, die Verschwendungssucht unserer Volkswirtschaften ein anderes.

Konsumverzicht wird aber nicht funktionieren. Die Entwicklung wird eher dahin gehen, dass auch die Drittweltländer ihren Lebensstandard (hoffentlich) heben. Wir brauchen intelligentere, dezentralere Technologien, die den Resourcenverbrauch in den Industrieländern einschränken und verhindern, dass dieser beim Anstieg des Lebensstandards in der Dritten Welt emporschnellt.


Felix antwortete am 11.07.03 (17:20):

Ich glaube nicht an die Einsichtigkeit der Menschen. Ich glaube auch nicht an die Selbsteinschränkung ohne Zwang oder Anreiz.
Etwas zynisch würde ich an die biologische Selbstregulation einer Population errinnern.
Zur Zeit beobachten wir in einigen europäischen Ländern eine markante Umstrukturierung der Bevölkerung, in dem bei den Einheimischen die Vermehrungsrate drastisch sinkt und unter der Selbsterhaltungsmarke liegt während bei der eingewanderten Bevölkerung ein deutlicher Geburtenüberschuss festgestellt werden kann.
Masslose Übernutzung des Lebensraumes wirkt sich schlussendlich auf die Populationsdichte aus. Bei der menschlichen Population lassen sich Lebensbedingungen wenigstens vorübergehend durch wirtschaftliche Macht zu Ungunsten der Schwachen umverteilen.
Über lange Zeiträume gesehen sind das zeitlich- lokale Schwankungen, die in der Gesamttendenz sich auf eine Anpassung der Populationsdichte einpendeln werden.


Medea. antwortete am 11.07.03 (17:59):

Irgend etwas erscheint mir nicht recht logisch: es mag ja sein, daß mit nur 3.660 US $ ein Bewohner eines Nichtindustrielandes der 3. Welt Quellen und Senken belastet; diese Zahl aber muß doch ständig multipliziert werden, da die Bevölkerung dort mit affenartiger Geschwindigkeit wächst ....
Barbaras Ansatz ist richtig: Entwicklungshilfe ist in hohem Maße in die Bildung von Frauen und die Schulbildung aller Kinder zu investieren - (das Nachdenken über Arbeitsplätze ist erst einmal zweitrangig), um sie zu selbständigen Menschen zu machen und sich aus der Totalabhängigkeit des Ehemannes, des Vaters lösen zu können. Allen Widerständen und Widrigkeiten zum trotz muß dieser Weg verfolgt werden - ich gebe zu, das braucht einen langen Atem.
Frauen der Drittländer sehe ich bisher nur als Gebärmaschinen ihrer Männer, die damit ihre "Lendenkraft" stolz unter Beweis stellen. Weiß ich aber, wie ich verhüten kann, habe ich es in der Hand, meinen Kinderreichtum in Grenzen zu halten und mich nicht ganz aufgeben zu müssen.
Ich bleibe nach wie vor bei der These von der Überbevölkerung der dritten Welt - das ist das Grundübel und das gilt es, in den Griff zu bekommen.


Barbara antwortete am 11.07.03 (18:32):

Medea.

Es gibt viele Wahrheiten. Wahr ist auch, dass in vielen der ärmsten Länder der Grund und Boden einigen wenigen gehört. Auf diesem Boden werden z.B. Rinder gezüchtet, damit wir jeden Tag ein Steak in die Pfanne hauen können. Würde das fruchtbare Land den armen Menschen überlassen, könnten sie sich und ihre Mitmenschen gut ernähren.

Das ist nur eines von vielen Beispielen. Ein anderes ist der Raub von Bodenschätzen in der sogenannten "Dritten Welt". Fruchtbares Land wird zur Wüste, weil Multis nur an den Bodenschätzen interessiert sind. Nach dem Raub wird oft sogar ein verseuchter Boden hinterlassen oder die Löcher werden mit Giftmüll aus unserer Überflussgesellschaft aufgefüllt. Die einfachen Menschen hätten keine Not, wenn sie ihr Land zur Eigenversorgung hätten behalten können.

Das sind nur zwei Beispiele, wie wir andere Menschen ausbeuten, so dass ihre Tage mit dem Kampf ums nackte Überleben ausgefüllt sind. Diese Menschen haben kein Geld, um ihre Kinder in Schulen zu schicken. Die Kinder werden auf Müllhalden geschickt, um die Familie am Leben zu erhalten.


Medea. antwortete am 11.07.03 (19:10):

Barbara
es ist richtig, daß es viele Wahrheiten gibt .....
Fakt ist ebenfalls, daß sich ganze afrikanische Dörfer auf die Hilfe aus den Industrieländern verlassen, von dort werden schon Mehl, Linsen und Bohnen kommen - vor ihren Hütten sitzen, ihre Felder verkommen lassen und einfach warten .... Warten auf Godot - so kommt es mir vor ....


Tobias antwortete am 11.07.03 (19:15):

Barbara, es gibt genug Beispiele wo das Land aufgeteilt wurde. Nur kurze Zeit später war die Armut noch grösser weil die Leute schon das Saatgut verspeisst haben das man ihnen zur Aussaat überlassen hat.
Land zusammen lassen und den Leuten Genossenschafts- Gemeinschaftsdenken wieder in Erinnerung rufen, wäre eine Lösung.
Es liegt, hauptsächlich in Afrika, viel zu viel bereits enteignedes Land brach und wartet auf Bewirtschaftung.


mechtild antwortete am 11.07.03 (20:33):

@ Barbara
vor einem Hinterfragen der Werte kommt für mich eine Wertediskussion. Wer bestimmt die Werte in unserer Gesellschaft? Die Religion hat diese Kraft nicht mehr. Der Islam hat diese Macht Werte zu bestimmen noch in vielen Arabischen Ländern. Konsum und materielle Werte sind die Werte der meisten Menschen heute. Ein Arbeitsplatz ist für kein Wert an sich. Er sichert die materielle Existenz. Da heute kaum jemand bezahlte Arbeit anbietet, müssen viele Menschen die Sicherung ihrer materiellen Existenz über die anders organisieren. In den reichen Ländern kann man das über die Sozialkassen. Viele machen das sehr ungern, sehen sich aber dazu gezwungen. In den armen Ländern wird es oft über Prostitution, Kinderarbeit oder den Verkauf von Organen gemacht.
In der 3. Welt leben viele Menschen in Armut, aber auch wenige in Reichtum. Auch in den USA sind nicht alle Menschen reich. Die Zahlen, die Wolfgang angibt sind statistische Zahlen. Sie sagen nichts über die Realität des einzelnen Mensche aus.
Der Reichtum der Erde reicht nicht aus dafür, dass es allen gut geht. Viele in der 3. Welt streben an, so zu leben wie wir. Das ist keine Alternative
„Ich habe große Hoffnung, dass mehr und mehr Menschen - vor allem junge - erkennen, dass ein Weniger oftmals ein Mehr bedeuten kann.... und das zum Wohle aller Menschen unserer wunderschönen Welt......“
Die Hoffnung habe ich auch. Ich sehe zur Zeit jedoch nichts, was die Kraft hat dies vielen Menschen auf der Welt deutlich zu machen.


Wolfgang antwortete am 11.07.03 (21:41):

Nicht die Menschen in der 3. Welt sind das Problem, sondern die Menschen in der 1. und 2. Welt mit ihrem Ausplündern der Quellen und Zumüllen der Senken. Ich will diese These mit einem weiteren Beispiel untermauern - den CO2-Emissionen (bekanntlich sind die von Menschen verursachten CO2-Emissionen die Emissionen, die massgeblich für den schnellen Klimawandel der jüngsten Zeit verantwortlich sind):

Stand (1990)... Bevölkerung in den Industrieländern 1,2 Milliarden Menschen... Jährliche CO2-Emission pro Kopf 3,4 Tonnen.
Bevölkerung in den Nicht-Industrieländern 4,1 Milliarden Menschen... Jährliche CO2-Emission pro Kopf 0,4 Tonnen.

Im Jahr 2050 werden rund 10 Milliarden Menschen auf der Erde leben. Aus Modellrechnungen des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) wissen wir, dass dann (bei 10 Milliarden Menschen und unter der Annahme, dass alle Menschen gleiche Rechte haben und unter der Annahme, dass es nicht zur globalen Klimakatastrophe kommen soll) nur noch 0,4 Tonnen CO2 pro Kopf der Weltbevölkerung emittiert werden dürfen.

Die Menschen in den Nicht-Industrieländern sind jetzt schon nah dran am Zielwert. Die Menschen in den Industrieländern dagegen werden auf rund 90 Prozent ihrer CO2-Emissionen verzichten müssen und damit einen radikalen Wandel ihrer Werte und Verhaltensweisen einleiten müssen.

Wie gesagt: Das Problem ist das nicht-nachhaltige Produzieren und Konsumieren der 1. und 2. Welt-Menschen (und nicht etwa eine angebliche Überbevölkerung in der 3. Welt).


Barbara antwortete am 12.07.03 (00:43):

Von der "Weltanschauung" der US-Regierung berichtet die Süddeutsche Zeitung:

>>DSW-Pressesprecherin (DSW = Deutsche Stiftung Weltbevölkerung) Stefanie Ettelt kritisierte die Haltung der US-Regierung, die international darauf dringe, Sexualaufklärung und Zugang zu Verhütungsmitteln durch Kampagnen für sexuelle Abstinenz zu ersetzen. „Das ist völlig kontraproduktiv, aber da steht eine bestimmte Weltanschauung dahinter“, sagte Ettelt.
......
Aufgrund der ablehnenden Position der USA und weiterer Staaten zur Familienplanung und Sexualaufklärung ist es nach Einschätzung Ettelts fraglich, ob im kommenden Jahr eine UN-Folgekonferenz zur Bevölkerungspolitik zustande kommt.<<

https://www.sueddeutsche.de/sz/politik/red-artikel7495/

Internet-Tipp: https://www.sueddeutsche.de/sz/politik/red-artikel7495/


schorsch antwortete am 12.07.03 (11:06):

Bill Clinton hats vorgelebt: Stumpen sind die beste Verhütung.....


Medea. antwortete am 12.07.03 (11:44):

Was für eine unheilige Allianz :-(
Der katholische Klerus und die amerikanischen Puritaner
Hand in Hand bei der Nichtverteilung von Aufklärungsbroschüren, der Pille und Kondomen .......
Sexuelle Abstinenz zu predigen .... ich fasse es nicht.
Das ist doch völlig an der Wirklichkeit vorbei ....
An vielen afrikanischen Schulen werden die Mädchen von den Jungen vergewaltigt - immer wieder sind die Zeitungen voll davon ...., die Babies werden HSV-verseucht geboren, das Elend ist doch nur durch Aufklärung und Hilfeangebote in den Griff zu kriegen ....
Wieso geht das wiedermal in diese Betonköpfe nicht hinein??


bernhard antwortete am 12.07.03 (12:04):

"unheilige Allianz" ist der richtige Begriff, Medea. Ich bin schon vor Jahren aus Protest gegen die Unmenschlichkeit der katholischen Kirche aus diesem Verein ausgetreten.


Wolfgang antwortete am 12.07.03 (13:00):

Wo ist denn wirklich die "unheilige Allianz"... Nicht die relativ vielen Menschen in der 3. Welt machen unserem Planeten die bekannten Schwierigkeiten, sondern die relativ wenigen Menschen in der 1. und 2. Welt.

Was ist die Funktion des Märchens von der Überbevölkerung der Welt? - Dieses Märchen hat deutlich rassistische Züge. Eine Minderheit - die weissen Herrenmenschen - möchte ihren unmässigen Lebensstil wie gewohnt fortführen. Dabei stören die braunen, gelben und schwarzen Menschen in der 3. Welt. Aber, die husten der unheiligen Allianz der westlichen Fortschrittsmissionare was und schaffen es immer wieder, sich den Projekten der Geburtenkontrolle (häufig sind das Zwangsmedikamentierungen und -sterilisierungen) zu entziehen. Kinderreichtum ist ein Segen. Zwar nicht mehr für das Empfinden der, was Produktion und Konsumtion betrifft, völlig enthemmten westlichen Menschen. Aber immer noch für die weitgehend naturnah und damit nachhaltig wirtschaftenden Menschen in der 3. Welt.


Medea. antwortete am 12.07.03 (18:13):

Wolfgang - ich habe da eine etwas andere Sichtweise ;-),
die "Herrenmenschära" ist doch weitgehendst vorüber - auch wenn die bekannten Ausnahmen immer die Regel bestätigen....
Der westliche Mensch ist doch nicht ausschließlich ein enthemmtes Ungeheuer, nur darauf aus, die Menschen der dritten Welt zu knechten und zu unterdrücken. Vielmehr wird schon vielerorten versucht, dem Unrecht, begangen vor Jahrhunderten und bis hinein in die Neuzeit, mit Wiedergutmachungskampagnen zu begegnen - ich weiß auch, daß die Anstrengungen der westlichen Welt bei weitem nicht ausreichen, aber es ist erkannt worden und mannigfaltige
Hilfe wird angeboten.
Kinderreichtum in Entwicklungsländern ist kein Segen, er hat sich vielmehr zum Fluch entwickelt, natürlich m u ß hier vorrangig angesetzt werden, auch wenn Du Dich über die geringen Erfolge westlicher "Fortschrittsmissionare " freust :-(.


Karl antwortete am 12.07.03 (19:49):

Wolfgang, man sollte die Realität nicht so verkürzen. Ich streite nicht ab, was Du über die Resourcenverschwendung in der westlichen Welt sagst. Aber in Deinem ständigen Bestreben den Ursprung des Bösen möglichst monokausal in der westlichen Welt zu lokalisieren, gehst Du zu weit, wenn Du nun die Bevölkerungsexplosion gerade in den ärmsten Ländern zum nicht existenten Problem erklärst.

Die Bevölkerungsexplosion ist nur in China (mit der Abschaffung von Brüdern und Schwestern und Onkeln und Tanten durch die nur ein Kind-Politik) erfolgreich begrenzt worden. Wirtschaftlich befindet sich China deshalb jetzt im Aufwind.

Länder in Afrika sowie Indien, Pakistan, Brasilien gehen wegen der Bevölkerungsexplosion schweren Zeiten entgegen und ohne Wirtschaftsbeziehungen zum Westen sähe es ganz besonders düster aus.

Die "Verhütung durch Enthaltsamkeit"-Kampagnen der Bushs und der katholischen Kirche sind vor diesem Hintergrund falsch und sie heizen die Probleme an. In beiden Fällen nähren sich die Gründe für die Kampagnen aus einer weltfremden, fundamentalistischen Lustfeindlichkeit, in keinem Fall werden hierbei die Folgen für die Gesellschaften bedacht. Aids wir nicht durch Enthaltsamkeit (Wunschdenken), sondern am effektivsten durch den Gebrauch von Kondomen vermieden.

Internet-Tipp: https://ilsebill.biologie.uni-freiburg.de/cgi-bin/worldpop?


Barbara antwortete am 13.07.03 (10:36):

Ich sehe zwei Sichtweisen des Themas Weltbevölkerung.

Zum einen müssen wir uns fragen, in wieweit sich das Leben von Menschen generell auf unseren Planeten auswirkt. Dabei sind wir uns doch sicher einig, dass der Lebensstil unserer westlichen Konsumgesellschaft den Planeten Erde extrem belastet. Wie groß ist der Schaden, den ein einzelner Mensch unseres Kulturkreises im Laufe seines Lebens anrichtet?

Welche Auswirkungen hingegen hat das Leben eines Menschen der sogenannten Dritten Welt auf unseren Planeten? Wenn wir die Frage ehrlich beantworten, können wir uns anschließend fragen, von welcher Art Mensch unser Planet ein „noch mehr“ wohl nicht ertragen könnte..... von welcher Art Mensch unser Planet tatsächlich „überbevölkert“ ist.....

Könnten wir unsere Mutter Erde fragen „Empfindest Du die Anzahl von uns Menschen als zu viel?“, würde sie sicher differenziert in der oben beschriebenen Art antworten ;-)

Zum anderen frage ich mich, ob den Menschen in der sogenannten Dritten Welt tatsächlich geholfen wäre, wenn wir sie total allein ließen. für mich ist es keine Frage, dass wir auf ihre Kosten leben... dass wir ihre Bodenschätze rauben und ihre Arbeitskraft ausbeuten. Unsere Markenklamotten werden unter menschenunwürdigen Bedingungen in diesen Ländern hergestellt... was ich als Schande empfinde....

Die Frage bleibt, ob es diesen Menschen besser ginge, wenn wir uns total zurückziehen würden. Hätten diese Menschen die Chance zu einem eigenen Weg... zu einer eigenen Entwicklung... über mehrere Generationen hinweg... kämen sie evtl. zu einer besseren Gesellschaftsform und damit zu einem besseren Leben. Sicher bin ich mir da nicht. Da ich diese Möglichkeit des Abschottens in unserer heutigen vernetzten Welt jedoch einfach nicht sehe, möchte ich den Gedanken von Tobias aufgreifen:

>>Land zusammen lassen und den Leuten Genossenschafts- Gemeinschaftsdenken wieder in Erinnerung rufen, wäre eine Lösung. <<

Entwicklungshilfe müsste meiner Meinung nach in diese Richtung gehen. Allerdings ist auch das ein langwieriger Weg. Karl-Heinz Böhm als Minister für Entwicklungshilfe... das wäre doch was! Mit seinem Projekt „Menschen für Menschen“ hat er über Jahrzehnte gezeigt, wie Hilfe zur Selbsthilfe gelingen kann.....


mechtild antwortete am 13.07.03 (12:30):

@ Wolfgang,
es ist zwar richtig, dass die wenigen Menschen in der 1.+2. Welt das Problem sind, wenn es um den Verbrauch der Ressourcen und um die Umweltverschmutzung geht. Aber Kinderreichtum deshalb wieder als Reichtum anzusehen und sexuelle Abstinenz als Verhütungsmethode zu erklären halte ich auch für „strange“.
Beides sind Methoden des letzten Jahrhunderts und ich dacht, sie wären überwunden.
Verhütung und Aidsprophylaxe sind notwendig, aber nicht in Form von sexueller Enthaltsamkeit. Die katholische Kirche und andere religiöse Gruppen haben bei diesem Thema sicher keine fachliche Kompetenz.
Der unmäßige Lebensstil sehe ich als ein Problem der „Reichen“ losgelöst von ihrer Haufarbe.
Die Autoindustrie produziert erst Dreiliterautos, wenn sie dazu gezwungen wird und mit anderen energiesparenden Techniken ist das nicht anders.
Wirtschaftliche Interessen stehen im Vordergrund und andere meist religiöse Gründe werden vorgeschoben, weil sie sich besser vermarkten lassen.


Angelika antwortete am 13.07.03 (12:42):

Stellen wir uns also einfach vor, wir drehen die Uhren zurück und stampfen die westliche Welt ein - mit allen ihren Ausbeutern aber auch mit allen ihren Errungenschaften. In letzter Konsequenz, verehrtester Wolfgang, wäre das auch der Untergang der Menschen im restlichen Teil der Welt - will sagen: wenn all die Genussmenschen und Ausbeuter KEINE Rohstoffe und Waren mehr aus den Übrigeweltländern kaufen und auch nichts exportieren - dann haben die dort auch bald nichts mehr zu beissen, werden sicher nicht weniger Kinder bekommen, Seuchen werden sich noch mehr verbreiten und geholfen wäre ihnen dadurch auch nicht. Allein die Tatsache, dass gerade diejenigen, die sich hier so vehement für die Ärmsten einsetzen, Begriffe wie 1.2. und 3. Welt benutzen, zeigt, dass sie noch nicht verstanden haben, dass wir ONE WORLD sind - Wolfgangs Schwarzmalerei ist mal wieder so ein richtig fetziges Schreibtischtäterstück und überzeugt wohl nur diejenigen, die alles zerreden. Sorry, aber diese Art von Weltanschauung ist mit Verlaub etwas naiv, lieber Wolfgang - fahr doch mal nach Südafrika oder Zimbabwe und sprich dort mit den menschen und überzeug sie mal vin Deiner These .. Du wirst überrascht sein und denk dran: wir leben 2003 und nicht 1603


Angelika antwortete am 13.07.03 (12:45):

barbara: wenn die westliche welt "sich bescheidet" - werden die menschen in der von dir benannten "dritten welt" trotzdem weiterhin unkontrolliert ein kind nach dem anderen auf die welt bringen ...

es sind doch 2 verschiedene schuhe - die "ausbeutung durch die bösen industrieländer" und die geburtenflut der armen, ausgebeuteten....


Wolfgang antwortete am 13.07.03 (13:05):

Ich möchte zitieren aus einem Aufsatz, der mich beim Lesen damals sehr beeindruckt hat und immer noch beeindruckt... Geschrieben hat ihn AMINATA D. TRAORÉ - die ehemalige Kulturministerin von Mali. Erschienen ist ihr Aufsatz unter dem Titel "Afrikanische Nachhaltigkeit" in Le Monde diplomatique in der Ausgabe vom 13.09.2002. Frau TRAORÉ schreibt:

"Im Verhältnis zu Gegenwart und Zukunft herrschte in Afrika bis vor kurzem die Einstellung vor, dass der Tod zwar unvermeidlich, aber doch in dem Maße erträglich sei, als eine neue Generation an die Stelle der vorhergehenden tritt. Diese Möglichkeit des Weiterlebens über die eigene Person hinaus verstand man als 'Nachhaltigkeit'. Kein Mensch wurde für arm gehalten, solange es jemanden gab, auf den er sich verlassen konnte. Deshalb ist in unseren Gesellschaften die Fortpflanzung von so entscheidender Bedeutung; und dies im Sinne nicht nur der Zeugung einer großen Zahl von Kindern, sondern auch von männlichen oder weiblichen Nachkommen mit sozialen und moralischen Qualitäten und körperlicher und geistiger Gesundheit, die gewährleisten, dass das Leben fortdauert."

Das Konzept der Entwicklung und die daraus folgenden Projekte der sogenannten Entwicklungshilfe stehen für sie im Widerspruch zum Begriff der Nachhaltigkeit bzw. Dauerhaftigkeit... Sie sagt, dass sie "[...] der neoliberalen Globalisierung entspringen [und] der gleichen entmenschlichten Logik."

Ihr Fazit:

"[...] für Afrika kommt es darauf an, diesen [westlichen] Begriffen Prinzipien des Lebens und Wertvorstellungen entgegenzusetzen, die den Menschen in den Vordergrund rücken: Demut gegen Arroganz, Respekt vor und Sorge für die anderen Menschen, insbesondere für die künftigen Generationen, gegen die Haltung des Alles-für-sich-selbst und Nur-für-sich-selbst."


Medea. antwortete am 13.07.03 (14:44):

Wolfgang - eine wunderbare Werteeinstellung, unbestritten, so lange es sich die afrikanische Gesellschaft leisten konnte .....
Das hat sich längst verändert - und um Überleben zu wollen, müssen Veränderungen zur Kenntnis genommen werden - hier wie dort ....
Mechthild spricht es an: Reichtum ist nicht nur auf die weiße Hautfarbe beschränkt - Milliardäre gibt es in Europa, Afrika, Asien, Australien, Rußland, Süd- und Nordamerika ...
Auch zu den westlichen Wertvorstellungen gehören Demut gegen Arroganz, Respekt vor und Sorge für die anderen Menschen, insbesondere für die künftigen Generationen (siehe auch unsere Renten-Diskussionen); gegen die Haltung des Alles-für-sich-selbst und Nur-für-sich-selbst ziehen doch Du und ich und mit Sicherheit alle hier Mitschreibenden und Mitlesenden ebenfalls zu Felde.
So gesehen unterscheidet uns nur wenig von Frau Aminata D. Traoré.


dutchweepee antwortete am 13.07.03 (21:57):

solange in der "ersten welt" und der "zweiten welt" das prinzip LIEBER ZWEITES AUTO, ALS ERSTES KIND dominiert, werden alle missionierungen in der "dritten welt" scheitern.

alleine diese bezeichnungen sind rassistisch und stammen nicht von mir.


Wolfgang antwortete am 13.07.03 (22:54):

Wie vielfältig und schwierig Begriffsdefinitionen im Zusammenhang mit diesem Thema sind, kann auf einer Webseite des Geographischen Instituts der Georg-August-Universität Göttingen nachgelesen werden:

Gruppierungen von Entwicklungsländern (von THOMAS WARNECKE)
https://www.geogr.uni-goettingen.de/kus/lehre/e-pol/gruppierung.htm

Wegen der weiten Verbreitung und damit der Verständlichkeit der Begriffe werde ich in Diskussionen unter Nicht-Fachleuten (wie hier im ST) immer von Ländern der 1. (den westlichen Industrieländern), 2. (den östlichen Industrieländern) und 3. Welt (den Nicht-Industrieländern) sprechen.

Ich werde auch von armen und reichen Ländern sprechen.

Selbstverständlich können andere Begriffe denselben Sachverhalt ausdrücken. Strittig sind alle derzeit gehandelten Begriffe.

Internet-Tipp: https://www.geogr.uni-goettingen.de/kus/lehre/e-pol/gruppierung.htm


pilli antwortete am 13.07.03 (23:08):

bereits 1998 erklärte Dr. Nafis Sadik zum damaligen Weltbevölkerungstag, daß auf der Internationalen Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung 1994 die völker der welt reproduktive gesundheit als menschenrecht anerkannt haben.

das recht, die größe der familie und auch den zeitlichen abstand zwischen den schwangerschaften selbst zu entscheiden steht wohl allen menschen zu. und jedes jahr wiederholen sich diese forderungen, ohne daß sich die christlichen würdenträger auch nur den deut drum scheren.

so lange männer in den kirchlichen führungsebenen nicht bereit sind, dieses recht der frauen anzuerkennen, werden weiterhin elend und verzweiflung herrschen. über 500.000 frauen sind es, die jedes jahr an den folgen der schwangerschaft und der geburt sterben. der tod von ca. 78.000 toten frauen, die durch unprofessionelle abtreibungen starben, interessiert das die herren in Rom wirklich mal gelegentlich über wirksame verhütungsmittel nachzudenken?

die studie der Johns Hopkins Universität , daß ein abstand zwischen den schwangerschaften von 3-5 jahren die überlebenschance von müttern und kindern um das 2,5 fache erhöhen kann, wer berücksichtigt das bei dem verkünden neuer hirtenbriefe? ist es unwichtig, daß in einigen ländern die sterblichkeit von kindern unter fünf jahren um die hälfte abnehmen könnte?
(Quelle: Birth Spacing: Three to Five Saves Lives. In: Population Reports Bd. XXX Nr.3 Sommer 2002)

im archiv des ST las ich den folgenden beitrag:

"Aber dann fällt mir die Nestle-Werbung für Baby-Nahrung ein, die in der Dritten Welt zum massenhaften Säuglingssterben führte. Die bettelarmen Mütter hatten ihre letzten Cents für diese Nahrung ausgegeben, da sie aufgrund der Werbung meinten, Nestle-Babymilch wäre für ihre Kleinen besser als Muttermilch. Hinzu kam, dass Nestle genau wusste, dass diese Mütter nicht über einwandfreies Wasser und sterile Flaschen verfügten. Die Kinder sind massenhaft gestorben, bis endlich ein weltweiter Protest Nestle zum Rückzug zwang"

na, darf ich fragen, wer von euch kräftig profitierte, weil er seinerzeit rechtzeitig aktien der nestle-group orderte und dann absprang? nicht weil unbekanntes bekannt wurde, neee...tote säuglinge versauen schon mal den profit ...!

tja, solange wir zulassen, daß sich dieser uralt-veteran in Rom starrsinnig an alten ein- und ansichten klammert, solange besteht doch eigentlich wenig grund zur echten sorge, daß sich die zahlen nach oben verändern.


Wolfgang antwortete am 13.07.03 (23:14):

@Medea... Ich möchte noch etwas sagen zu den von Dir angesprochenen sogenannten "westlichen Werten". Das ist ein weiterere schillernder Begriff und eine exakte und verbindliche Definition gibt es nicht. Es ist auch nicht so, dass alle Menschen im Westen oder anderswo gleichermassen agieren. Menschen sind grundsätzlich nicht über einen einzigen Kamm zu scheren.

Aber es gibt typische Produktions- und Konsumtionsmuster... Diese Verhaltensmuster - übrigens von vielen Sozialwissenschaftlern in vielen Studien beschrieben - sind eben nicht von Demut, Vorsorge, Nachhaltigkeit u. ä. geprägt. Typisch für westliche Verhaltensmuster ist die Effizienz (Wirksamkeit)... Die vernachlässigte Schwester der Effizienz - die Suffizienz (Bescheidenheit) - gehört leider in aller Regel nicht zu unseren vorherrschenden Verhaltensmustern.

Man wird daran arbeiten müssen und Wirtschaftsstrukturen und Machtverhältnisse schaffen müssen, die der Effizienz endlich die Suffizienz gleichberechtigt zur Seite stellt. Denn nur so ist eine friedliche Welt mit einer nachhaltigen Wirtschaftsordnung möglich. Die reichen Länder müssen hier gewaltige Vorleistungen bringen und nicht etwa die armen Länder (wie es so gerne und wie selbstverständlich von den Menschen in den reichen Ländern unterstellt wird). :-)


dutchweepee antwortete am 14.07.03 (02:40):

pilli+rest ....ich hab vor unvordenklichen zeiten im spiegel die statistik gelesen, dass eine frau in somalia durchschnittlich 8 kinder zur welt bringt. in deutschland wäre ein frau mit 8 kindern asozial! erzählt mir jetzt nicht wieder, ich sei rassistisch, aber ich kann mich noch erinnern, dass viele vermieter in deutschland eine somalische mutter mit 8 kindern nicht einziehen lassen würden, selbst wenn sie das geld hätte, weil sonst die wohngegend "versaut" würde.

so funktionieren die hirne in der "ersten welt"! ...dazu brauch ich kein zitat des Geographischen Instituts der Georg-August-Universität Göttingen

p.s.: PILLI ...ich glaube, du verstehst mich, wenn ich schon wieder anschwellende halsadern bekomme, bei soviel intellektueller arroganz.


dutchweepee antwortete am 14.07.03 (02:55):

zitat WOLFGANG:

"Wegen der weiten Verbreitung und damit der Verständlichkeit der Begriffe werde ich in Diskussionen unter Nicht-Fachleuten (wie hier im ST) immer von Ländern der 1. (den westlichen Industrieländern), 2. (den östlichen Industrieländern) und 3. Welt (den Nicht-Industrieländern) sprechen."

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wir sind also "nichtfachleute"! ...sind die kinder in deiner so würdevoll definierten "drittenwelt" auch nichtfachleute?

all die hochbezahlten soziologen werden NICHTS ändern. das militär wird hass erzeugen, die frauen und kinder werden verhungern und die männer erschossen. ich werd mich ducken, dass mich kein splitter einer bombe trifft!


Medea. antwortete am 14.07.03 (08:13):

Wolfgang - mit Deinem letzten Beitrag gehe ich völlig dacore.


Karl antwortete am 14.07.03 (09:04):

@ dutchweepee,

Du schreibst in unreflektierter Pauschalität "in deutschland wäre ein frau mit 8 kindern asozial!" Sorry, aber das sehe ich anders. Ganz abgesehen davon, dass ich die Bekanntschaft von Familien mit vielen Kindern gemacht habe, die eher zur oberen Oberschicht gehören, ist eine Definition von "asozial" über die Kinderzahl von vorneherein selbst asozial (nach meinem Verständnis).


hl antwortete am 14.07.03 (09:58):

Leider sind sie selten geworden bei uns, die kinderreichen Familien. Vor ein paar Jahren lernte ich im Krankenhaus eine Frau kennen, die gerade ihr zehntes Kind bekam. Eine hübsche gesunde Frau, sie war 36 Jahre alt und freute sich auf ihr Kind. Die komplette Familie kam regelmässig zu Besuch und ich habe selten eine so harmonische Familie gesehen.

Wenn man gemeinsam in einem Krankenhauszimmer liegt, kommt man sich etwas näher und so erzählte sie mir viel aus ihrem Leben. Sie haben früh geheiratet, die beiden und Geburtenregelung kam für sie aus religiösen Gründen nicht infrage. Allerdings war das für sie auch keine Belastung.Sie wollten Kinder und sie wollten viele Kinder.

Der Mann war Programmierer von Beruf mit einem mittelmässiges Einkommen. Sie hatten ein kleines Haus gebaut. Es gab es drei Schlafzimmer,eines für die Eltern und das jeweilige jüngste Baby, eines für die Jungen und eines für die Mädchen. Ein Wohnzimmer im üblichen Sinne gab es nicht, dafür eine riesige Wohnküche in der sich das Familienleben abspielte. Das einzige Problem, erzählte sie mir lachend, wären die Duschen und Toiletten. Es gab nur drei Stück und sie planen gerade einen Waschraumanbau mit mehreren Waschbecken und Toilettenkabinen.

Nein, sie habe nicht mehr Arbeit als andere Mütter und Hausfrauen auch, da alle anfallenden Arbeiten gleichmässig auf alle Familienmitglieder aufgeteilt seien. Das sei nur ein Frage der Organisation und des guten Willens.

Warum ich von dieser Familie in diesem Thema erzähle? Weil so viele Schreiberinnen den Kinderreichtum in der "3.Welt" so negativ darstellen, so als würden die Frauen grundsätzlich von ihren egoistischen Männern zur Schwangerschaft gezwungen, so als wären alle diese Frauen bemitleidenswert nur weil sie Kinder bekommen.

Ich glaube nicht, dass wir unsere "emanzipierte" Sichtweise auf die Frauen einer vollkommen anderen Welt und Kultur übertragen können und ich denke, wir haben nicht das Recht, diesen Frauen vorzuschreiben wie sie zu leben haben.
Auch unsere sogenannte Entwicklungshilfe sollte sehr vorsichtig und wohl überlegt angeboten werden, zum Wohle der annehmenden Menschen und nicht zum Wohle der gebenden Wirtschaft.

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sorry, das war jetzt ein bisschen am eigentlichen Thema vorbei ;-)


Tobias antwortete am 14.07.03 (13:19):

Dies war überhaupt nicht am Thema vorbei und ich, als Ältester von 8 Kindern bin stolz auf meine Brüder und Schwestern. Das Wort ASOZIAL passt auf kinderreiche Familien sehr selten, im Gegenteil, es ist eine grosse Frechheit.
Unsere Eltern haben die Namen von uns in der Schnelligkeit durcheinander gebracht aber sie haben uns, ihre Kinder gerufen. Heute rufen Ehepaare ihren Hund: komm zu Mama und Papa, da frag ich mich wie man wohl soetwas bezeichnet ?? Aber dies wäre wirklich ein anderes Thema.


Wolfgang antwortete am 14.07.03 (13:32):

Ich halte Kinderreichtum und die bewährten Strukturen darum herum (die Grossfamile, einen bescheidenen Lebensstil, vorwiegend landwirtschaftliche und handwerkliche und kleinindustrielle Erwerbszweige, viel Selbstversorgung und regionale Versorgungsnetze, geringe Mobilität, geringer Energieverbrauch, Langsamkeit) für einen Segen.

Nur so ist m. E. eine friedliche Welt mit einer nachhaltigen Wirtschaftsordnung möglich. Die Menschen in der 3. Welt sind näher an der Problemlösung dran, als die Menschen in der 1. und 2. Welt.


Karl antwortete am 14.07.03 (16:36):

Kinderreichtum in einer intakten Grossfamilie ist etwas sehr Schönes. Nur lieber Wolfgang, diese Situation liegt in den Mammutstädten und auch auf dem Land der Dritten Welt praktisch nicht mehr vor. Wenn Eltern Kinder als Slaven verkaufen müssen, wie z.B. in Kambodscha, um den Rest der Familie ernähren zu können, gibt es keine Idylle.

Du siehst die dritte Welt durch eine verklärte Brille. Das ist nicht angebracht. Die Bevölkerungsexplosion verschärft dort die Probleme, die zum Teil aus dem Westen importiert, aber zum Teil auch hausgemacht sind - z.B. durch eine verfehlte Bevölkerungspolitik.


Wolfgang antwortete am 14.07.03 (17:02):

Nein, Karl, ich sehe die 3. Welt nicht verklaert... Ich sehe sehr wohl die Probleme der Menschen dort. Ich fuehre deren Probleme nur auf andere Ursachen zurueck, als Du das tust.

Das Verhalten der Menschen in der 1. und 2. Welt, vor allem das Verhalten ihrer wirtschaftlichen und politischen Fuehrer, sind die Ursachen dafuer, dass diese Menschen unter ihren Moeglichkeiten leben muessen. Das sind auch die Ursachen, dass die Menschen in der 3. Welt geplant und systematisch und oft sogar unter Waffengewalt ausgeraubt werden. Ihr Reichtum, ihre natuerlichen Ressourcen, sind seit langer Zeit schon Ziel westlicher Begehrlichkeiten. Ihre vielen Kinder empfinden die weissen Herrenmenschen als Bedrohung. Das hat sich nicht geaendert... Der Kolonialismus lebt.


pilli antwortete am 14.07.03 (18:52):

"Ihre vielen Kinder empfinden die weissen Herrenmenschen als Bedrohung. Das hat sich nicht geaendert... Der Kolonialismus lebt."

und warum schwängern eben diese männer die tansanischen hausmädchen?

die nennung dieser studie spare ich mir jetzt; dürft ihr euch aber gerne anschauen :-)


Wolfgang antwortete am 14.07.03 (20:06):

Weil Du die Situation in Tansania ansprichst, pilli... Dieses Land - früher ein fruchtbares Land (und deshalb begehrtes Ziel der Kolonisatoren), ein gut bestelltes und sozial intaktes Land - gehört heute, nach etwa 150 Jahren westlichem Raubbau, zu den ärmsten Ländern der Welt. Alter Kolonialismus (übrigens deutscher, später britischer) und neuer Kolonialismus (dank Internationalem Währungsfonds und Weltbank) haben das Land ruiniert und seine Menschen (bis auf eine dünne korrupte Oberschicht, die Statthalter der Macht der westlichen privaten und staatlichen Organisationen) arm gemacht.

Die weissen Totengräber (und ihre gekauften schwarzen Erfüllungsgehilfen) sprechen bis heute von der "Entwicklung" und vom "Fortschritt". Die Wirklichkeit sieht anders aus... Der Kolonialismus - alter und neuer - war bzw. ist der Tod Afrikas. Und sie sprechen davon, dass man noch mehr "Entwicklung" und "Fortschritt" bringen müsse. Sie schämen sich noch nicht einmal, wenn sie diese Lügen frech verbreiten.

Ein Webtipp zu dem von Dir angesprochenen Thema...

Terres des Hommes Suisse
Tansania - Hausmädchen in KIWOHEDE
Ein wenig bekanntes Kapitel der Kinderarbeit: weltweit arbeiten Millionen von Mädchen in privaten Haushalten und sind der Willkür ihrer Arbeitgeber ausgeliefert. Hausmädchen sind schwierig zu erreichen, weil sie isoliert bei ihren ArbeitgeberInnen leben und von diesen abhängig sind. In Dar es Salaam, Tanzania, geht die Organisation KIWOHEDE neue und erfolgsversprechende Wege zum Schutz dieser Mädchen.
https://www.terredeshommes.ch/content/themen/kinderarbeit_tansan_projek.html

Internet-Tipp: https://www.terredeshommes.ch/content/themen/kinderarbeit_tansan_projek.html


Barbara antwortete am 14.07.03 (20:51):

Ein Ausschnitt aus einem Bericht eines Vereins zur Aufklärung über Beispiele der Ausbeutung der Dritten Welt durch die Erste Welt (hier in Form des Multikonzerns BAYER), der Wolfgangs These unterstützt. Der Zusammenschluss nennt sich Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) und geht in seiner Arbeit davon aus, dass multinationale Konzerne mitverantwortlich sind für ökologische und soziale Probleme
in aller Welt. Seit mehr als 20 Jahren dokumentiert er die Gefahren, die von BAYER ausgehen:

>>ERSTE & DRITTE WELT

Ausbeutung der “Dritten Welt”

Das kostbare Rohmineral Coltan könnte eine Quelle des Reichtums für ein Land wie Thailand sein, wären da nicht die Gesetze des Weltmarktes, die es der BAYER-Tochter HC STARCK erlaubten, es für einen Spottpreis zu erwerben oder selbst abzubauen, zu Tantalit weiterzuverarbeiten und als Metall teuer z. B. an Handy-Firmen zu verkaufen. 50 Prozent des HC STARCK-Tantalits wird in Thailand hergestellt. Und im Kongo profitiert der Konzern von den dortigen Kriegswirren, um sich preiswert mit dem kostbaren Gut einzudecken (siehe auch SWB 2/01).<<

https://www.cbgnetwork.org/index.html

Internet-Tipp: https://www.cbgnetwork.org/index.html


pilli antwortete am 15.07.03 (00:41):

nein, hl

"grundsätzlich zur schwangerschaft gezwungen", sicherlich nicht und es wird auch nicht ständig vergewaltigt. es ist aber nun mal so, daß es viele wanderarbeiter absolut nicht interessiert, was nun da entsteht. die ständig wachsende gemeinschaft, ich nenne sie die "vaterlosen familien", betrachten den durchziehenden erzeuger als "gast". er wird sicher, wenn es ihm möglcih ist, sein scherflein dazubeitragen, nur, die frau ist es doch, die über jahre, diese gemeinschaft ernährt, schützt und pflegt. wir können doch bei bei aller aufgeklärthiet nicht die unterschiedlichen lebensumstände mit gleichmachenden emanzipatorischen vorstellungen überschütten. was der einen wichtig ist gilt, je nach lebensform für eine andere als nicht erstrebenswert.

genau so wenig darf armut und kindereichtum nicht auf fehlende bildung oder ausschweifendes sexualleben reduziert werden.wir wissen das wohl aber weiß das auch mein vermieter?
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by the way Aminata D. Traorè ist nicht nur Kulturministerin sondern auch Unternehmerin in der drei-millionen-stadt Bamako. kein wunder, daß sie die 50% des bruttosozialproduktes, die für den schuldendienst erbracht werden müssen, kritisch sieht.

https://www.peterfaecke.de


dutchweepee antwortete am 15.07.03 (01:19):

ich habe keine ahnung, wie ich meine auffassung so formulieren könnte, dass sie nicht wieder als rassistisch und inakzeptabel des threads verwiesen wird, aber es ist einfach ÖKOLOGISCH unmöglich, dass jeder afrikaner einen kühlschrank besitzt und jeder chinese ein auto fährt. der lebensstandart der "ersten welt" würde UNSERE EINZIGARTIGE WELT vernichten, wenn die "dritte welt" diesem beispiel folgen würde.

ich weiss nicht, wie man alle menschen glücklich machen kann, aber religionen und kühlschränke schaffen es offensichtlich nicht!

P.S.: ...und genau DAS hab ich mit meinem ersten posting auch sagen wollen. (ich rassist)

wir leben alle auf einundderselben welt!


schorsch antwortete am 15.07.03 (18:00):

Es gibt Staaten, die haben unglaublich viele Resourcen an Erzen, Diamanten usw.. Ich bin der Meinung, dass der Erlös dieser Resourcen der Bevölkerung des betreffenden Landes gehören soll. Es soll seine ihm vom Schicksal anvetrauten Güter aber zu einem Preis an die übrigen Länder abgeben, der 1. dem Erzeugervolk ein Leben in Wohlstand erlaubt, die Käuferländer aber 2. nicht in die Armut führt.


Wolfgang antwortete am 15.07.03 (21:23):

Heutzutage hat der Kolonialismus andere Regeln - aber es ist und bleibt Kolonialismus. Wie der funktioniert, führt uns gerade der ungekrönte Kaiser des american empire vor: Die Baumwollbauern in Mali produzieren ihre Baumwolle nach alter Tradition, naturnah, ohne Umweltgifte, mit viel Hand- und wenig Maschinenarbeit und wenig Energieverbrauch in kleinbäuerlichen Strukturen und versorgen damit regionale Märkte. Kurzum: Sie produzieren nachhaltig.

Nicht so die Farmer in den mächtigen USA... Die erzeugen Baumwolle im industriellen Stil, auf riesigen Feldern als Monokulturen, setzen alle möglichen Gifte ein, verwenden gentechnisch manipulierte Pflanzen, minimieren die Handarbeit, maximieren die Maschinenarbeit, verschwenden viel Energie und brauchen als Absatzgebiete weit entfernte Märkte in der ganzen Welt. Kurzum: Sie produzieren nicht-nachhaltig.

GEORGE W. BUSH hat jetzt klar gemacht, dass Mali seine Handelsbeschränkungen zum Schutze der malinesischen Produkte aufgeben muss. Hoch subventionierte (und dadurch billige) amerikanische Baumwolle wird demnächst Mali überschwemmen und die ökologisch in Mali produzierte Baumwolle vom Markt fegen.

Kolonialismus ist ein Machtverhältnis... In Mali haben die Kolonialherren wieder einmal gesiegt. :-(


dutchweepee antwortete am 17.07.03 (03:46):

• schorsch: ...ich bin deiner meinung
• kennst: ...kennst du das buch "faktor4"?


dutchweepee antwortete am 17.07.03 (03:47):

punkt 2 war für WOLFGANG ...sorry!


Wolfgang antwortete am 19.07.03 (08:50):

Dieser Tage wurde das erste Oel auf die Reise geschickt per neu gebauter Pipeline von den Oelfeldern im südlichen Tschad quer durch die Regenwaelder Kameruns bis zum Atlantik und von dort aus per Oeltanker in die oelhungrigen westlichen Zentren. Ein Werk zur Entwicklung Afrikas, ein Beitrag im Kampf gegen Hunger und Armut, selbstlos gesponsored von der Weltbank - so oder so aehnlich wird das Pipelineprojekt medial aufbereitet.

Schaut man sich die Eigentumsverhaeltnisse an, lichtet sich der ideologische Nebel, den die Nebelwerfer geworfen haben. Wem gehoert also die Pipeline... Sie gehoert den amerikanischen Oelkonzernen ExxonMobil (40 Prozent) und ChevronTexaco (25 Prozent) und dem malaysischen Oelkonzern Petronas (35 Prozent).

Es wird so sein, wie es immer war, wenn der nach Oel hungrige weisse Mann mit seinem Mantra vom "Fortschritt" - Phrase und zugleich Idee, an die er wirklich glaubt - ein Land betritt: Lange gewachsene soziale Strukturen werden in kuerzester Zeit zerstoert sein... Genauso zerstoert, wie die Natur, in diesem Fall die Regenwaelder... Begleitet von Menschenrechtsverletzungen im Konflikt um das Projekt - notwendiger Teil dieses Zerstoerungsprozesses (den der weisse Mann "Entwicklung" nennt).

OLIVER MOKUM - ein Kameruner vom Catholic Relief Services (das ist eine amerikanische Organisation, die das Pipelineprojekt kritisch begleitete) - sagt: "[...] Das [Pipeline-]Konsortium hat alles Moegliche versprochen, dass dies ein 'Entwicklungsprojekt' sei, und dass dies die Armut vermindere [...]. Am Ende hat sich herausgestellt, dass es nur ein Oelprojekt ist." (Quelle... Pipeline's Profits May Bypass Africans (by KEN SILVERSTEIN), Los Angeles Times v. 17.07.2003)


Wolfgang antwortete am 19.07.03 (08:51):

Webtipp... Ein Dossier der schweizerischen WochenZeitung (WoZ)...

WoZ
Serie Erdoel
https://www.woz.ch/WoZHomepage/oel/oeldoss.htm

Internet-Tipp: https://www.woz.ch/WoZHomepage/oel/oeldoss.htm


Barbara antwortete am 21.07.03 (23:25):

Danke für den Link, Wolfgang. Es ist erschreckend, was man dort lesen muss: erst stiehlt man der Bevölkerung die Bodenschätze und später verteilt man Nahrungsmittel als "Entwicklungshilfe" an die Hungernden....

Mich erinnert das irgendwie an die Zeiten, als man mit den Eingeborenen Glasperlen gegen Edelmetall tauschte.

Der große Unterschied zu den Zeiten des Glasperlen-Betrugs ist wohl der, dass man heute wie früher die Menschen betrügt, außerdem jedoch auch noch ihr Land und damit ihre Existenzgrundlage vernichtet.