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Übersicht Archiv "Politik und Gesellschaft"

THEMA:   Folgenschwerste Umwälzung der US-Medienlandschaft

 2 Antwort(en).

Barbara begann die Diskussion am 28.05.03 (11:25) mit folgendem Beitrag:

In den USA spielt sich eine ungeheure Monopolisierung der Medienlandschaft ab, die die gesamte Gesellschaft verändern wird. Immer mehr kritische Stimmen melden sich zu Wort, was ihnen jedoch lt. Spiegel-Bericht wenig helfen wird:

>>Washington will die Vorschriften gegen die Medienkonzentration dramatisch lockern. Davon profitieren vor allem der TV- und Zeitungsmagnat Rupert Murdoch und Konglomerate wie Viacom, Disney und AOL Time Warner, die ihre Monopole weiter ausbauen können. Medienwächter und selbst konservative Kongress-Republikaner sind entsetzt.
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Hinter dem Papier mit dem sperrigen Aktenzeichen 02-277/01-235/01-317/00-244 verbirgt sich die folgenschwerste Umwälzung der US-Medienlandschaft seit Jahrzehnten. Demnach darf ein Network fortan nach Belieben Lokalsender aufkaufen, bis es fast die Hälfte des US-Fernsehmarkts besitzt (derzeit liegt die Obergrenze bei 35 Prozent).
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Bei diesen Aussichten wird es selbst einem Murdoch-Konkurrenten der alten Garde mulmig. "Wir rasseln in eine Situation, die unserer Gesellschaft schaden wird", sagt CNN-Gründer Ted Turner, der sich von seinem Mutterhaus AOL Time Warner zusehends distanziert. "Fünf Konzerne, die kontrollieren, was wir lesen, sehen und hören - das ist ungesund." Frank Rich, Chef-Kulturkritiker der "New York Times", prophezeit eine "Konsolidierung der kulturellen Macht". Sein sonst so regierungstreuer Kollege William Safire erschaudert ebenfalls: Er wähnt "das große Medienfressen".

18.000 öffentliche Stellungnahmen gingen nach der Publikation der bislang offiziell geheimen Vorschriften bei der FCC ein. Über 95 Prozent davon waren kritisch. Gewerkschaftsführer und Verbrauchergruppen fordern zumindest eine Proforma-Anhörung. Fast 300 Akademiker haben Petitionen unterzeichnet, unterstützt von Rock-Stars wie Tom Petty und Patti Smith. Das Vorhaben der FCC, fasst Marvin Johnson, Justitiar der Bürgerrechtsorganisation ACLU, den allgemeinen Unmut zusammen, führe am Ende zur kompletten "Eliminierung der Meinungsvielfalt im Rundfunk, im Internet und in der Presse".

Selbst im Kongress stößt das FCC-Szenario auf Gegenwehr. Mehr als 100 Abgeordnete und Senatoren aus allen Fraktionen legten Protest ein. "Einen solchen Aufstand habe ich noch nie erlebt", sagt der frühere FCC-Kommissar James Quello.
Helfen wird es wenig. Zwar haben die Gegner jetzt Gesetzesvorlagen im Repräsentantenhaus und im Senat eingebracht, um eine Änderung der bestehenden Monopolsperren zu blockieren. Doch alle Eingaben müssen von den Handelsausschüssen der beiden Kongresskammern abgesegnet werden, und die sind fest in der Hand der FCC-Fraktion.<<

https://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,250607,00.html

Internet-Tipp: https://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,250607,00.html


Barbara antwortete am 28.05.03 (12:44):

Nachdenkenswertes dazu von Arundhati Roy in einem Artikel der Süddeutschen Zeitung:

>>Auf dem Weg zur imperialen Demokratie

Die Demokratie, heilige Kuh der modernen Welt, steckt in einer tiefen Krise. Empörendes und Schändliches aller Art wird im Namen der Demokratie verübt. Von ihr blieb wenig mehr als ein hohles Wort, eine hübsche Hülse, allen Inhalts und sämtlicher Bedeutung entleert. Demokratie kann alles sein, was man in ihr sehen will. Sie ist die Hure der freien Welt, bereit, sich herauszuputzen und andere niederzumachen; bereit, ein breites Geschmacks-Spektrum zu befriedigen; verfügbar, um nach Belieben benutzt und missbraucht zu werden.
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Es ist eine bittere Ironie, dass gerade die USA mit ihren lautstarken und glühenden Verteidigern der Idee der freien Meinungsäußerung die Grenzen für die tatsächliche Ausübung dieses freiheitlichen Rechts (das dort bis vor kurzem noch durch detaillierte Gesetze geschützt war) jetzt derart eng ziehen. Ton und Vehemenz der Verteidigung helfen auf eigenartig verschlungenen Wegen mit, den rasch voranschreitenden Aushöhlungsprozesses zu maskieren. Es wird ein hartes Ringen nötig sein, um die Demokratie zurückzufordern.

Unsere Freiheiten und Rechte wurden uns nicht von irgend einer Regierung gewährt. Sie wurden von uns mühsam errungen. Wenn wir sie einmal aufgegeben haben, wird der Kampf um ihre Rückgewinnung als „Revolution“ bezeichnet werden. Dieses Ringen muss sich über Länder und Kontinente erstrecken. Es darf nicht an Landesgrenzen Halt machen. Doch wenn es erfolgreich sein soll, muss es in Amerika beginnen. Die einzige Institution, die mächtiger als die US-Regierung ist, ist die amerikanische Bürgergesellschaft.<<

https://www.sueddeutsche.de/sz/politik/red-artikel221/

Internet-Tipp: https://www.sueddeutsche.de/sz/politik/red-artikel221/


schorsch antwortete am 31.05.03 (17:53):

Fast in Vergessenheit gerät der Umstand, dass Berlusconi in Italien dieses Prozedere schon seit Jahren zur Hochblüte getrieben hat......