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THEMA:   Die Wiederkehr einer multipolaren Welt?

 8 Antwort(en).

Barbara begann die Diskussion am 22.05.03 (10:10) mit folgendem Beitrag:

Der amerikanische Politologe Charles A. Kupchan sieht unsere Welt in der Phase eines großen Umbruchs hin zum Multilateralismus. Sollte sein Volk auf seinen Führungsanspruch pochen und nicht die Vorteile dieser Entwicklung sehen, werde Amerika eine hässliche Scheidung anstatt einer freundschaftlichen Trennung erleben.

In der einem Artikel, der in der Zeit zu lesen ist, schreibt er:

>> Die USA haben ihre neue Doktrin vom Präventivkrieg und ihren Anspruch auf Vorherrschaft in die Tat umgesetzt. Aber sie haben damit auch gegen das Urteil der Weltmeinung gehandelt und ihre internationale Legitimation beschädigt. Amerikas gütige Hegemonie ist nicht mehr gar so gütig. Von jetzt an werden sich die anderen Nationen dem amerikanischen Führungsanspruch eher widersetzen, als sich hinter den USA zu sammeln.
.........
Obwohl Amerikas militärische Überlegenheit über Jahrzehnte hinweg unantastbar bleiben dürfte, wird dieser grundlegende Wandel in der Wahrnehmung amerikanischer Macht und ihrer Ziele die Stellung der USA als einzige unangefochtene Supermacht langsam, aber sicher untergraben. Viele Länder gehen jetzt auf Distanz zu den Vereinigten Staaten und befördern damit den Übergang in eine Welt, die aus mehreren Machtzentren besteht. Die Wiederkehr einer multipolaren politischen Landschaft wird die Konkurrenzinstinkte wieder erwecken, die durch die Vorherrschaft der USA in Schach gehalten worden waren. Es gehört zu den zentralen Herausforderungen der Weltgemeinschaft, sich auf diesen Umbruch vorzubereiten.
.........
Zurzeit befindet sich die EU in einem Niemandsland. Sie ist zu stark, um Amerikas Vasall, aber auch zu schwach und zu gespalten, um entweder ein effektiver Partner oder ein nennenswerter Gegenspieler der USA zu sein. Das fordert die Geringschätzung Washingtons heraus. Wenn die USA es aber mit einem starken und zielstrebigen Europa zu tun haben werden, wird es für sie zumindest eine Option sein, eine ausgewogenere, reife Partnerschaft mit Europa zu pflegen. Ob sich nun Amerika als vernünftig genug erweist, den Multilateralismus wiederzubeleben oder nicht, die EU wird am Ende als ein verantwortliches Machtzentrum dastehen, das seinen Teil dazu beiträgt, einer unsicheren Welt Halt zu geben.<<

https://www.zeit.de/2003/22/Essay_Kupchan

Internet-Tipp: https://www.zeit.de/2003/22/Essay_Kupchan


Karl antwortete am 22.05.03 (18:50):

Das ist ein sehr interessanter Link, Barbara. Allerdings wird es einen langen Atem brauchen, wenn man diese Visionen noch als Realität erleben will.


cilia antwortete am 22.05.03 (18:56):

Hallo Barbara, ich kann dir nur ein Buch empfehlen und zwar Emmanuel Todd - "Weltmacht USA ein Nachruf", da steht einfach alles drinn.


dutchweepee antwortete am 28.06.03 (23:00):

die USA versuchen zwar jede Information über alles auf der welt zu erlangen (koste es was es wolle), aber sie werden die welt nie verstehen, geschweige den beherrschen. Die USA werden immer nur versuchen, mit ihrem enormen kapital ihre grössten fehler wieder auszubügeln, wenn sie sie nicht verschweigen können.

ich habe nicht angst vor der macht der usa, sondern vor der unvergleichlichen ignoranz und dummheit, mit der die us-amerikanische aussenpolitik vor allem in europa und nah-ost rumtrampelt!


Barbara antwortete am 01.07.03 (12:09):

Lt. dem zu den schärfsten Kritikern der Bush-Administration zählenden, an der Stanford University lehrenden Philosophen Richard Rorty, braucht die Welt einen Weltpolizisten. Da Europa keine eigene Militärmacht aufbaut, müssen die Vereinigsten Staaten seiner Meinung nach zwangsweise diese Rolle übernehmen.

In einem Interview der Frankfurter Rundschau sagt er:

>>Die europäischen Demokratien sind das einzige Gegengewicht zu den USA, doch wenn sie keine eigene Militärmacht aufbauen wollen, dann wollen sie die USA als Polizisten. Und wenn sie das nicht wollen, müssen sie etwas dagegen tun.

Sie haben geäußert, Sie könnten für die Verachtung, die Washington Europa entgegenbringt, einiges an Verständnis aufbringen.

Als Milosevic den Genozid in Bosnien veranstaltete und später bei den Problemen in Kosovo sah Europa nicht sehr gut aus.

Was aber schätzen Sie an Europa?

Europa ist im Vergleich zu den USA moralisch fortgeschrittener, zivilisierter. Europa hat einen Wohlfahrtsstaat, wir nicht; wir haben die Todesstrafe, Europa nicht. Aber in Bezug auf internationale Beziehungen gibt es nicht so viel, wofür man Europa rühmen könnte.<<

https://www.fr-aktuell.de/ressorts/kultur_und_medien/feuilleton/?cnt=241390

Internet-Tipp: https://www.fr-aktuell.de/ressorts/kultur_und_medien/feuilleton/?cnt=241390


Wolfgang antwortete am 02.07.03 (12:04):

Die USA erscheinen in der veröffentlichten Meinung allzu oft als stark, ja als übermächtig. Ich meine, das sind sie gerade nicht. Im Gegenteil: Sie sind schwach... Wirtschaftlich brauchen sie zum Überleben mittlerweile die ganze Welt (die Welt aber braucht nicht sie)... Und politisch hat die BUSH-Administration jeglichen Kredit verspielt.

Bleibt ihre beschworene "erfolgreiche" Söldnertruppe. In diesen Tagen aber erleben wir, wie der für BUSH's Mob plakatierte Nimbus der angeblich siegreichen US-Söldner von der afghanischen und irakischen Guerilla systematisch demontiert wird.

M. E. nach hat EMMANUEL TODD recht, wenn er vom beginnenden "Untergang des US-Imperiums" spricht. Die Zeit arbeitet gegen die USA. - Eine Bemerkung noch, Karl... Wir sollten uns davor hüten, politische Entwicklungen danach zu beurteilen, ob sie in unseren persönlichen Zeithorizont passen oder nicht. ;-)

Webtipp...

Der Untergang des US-Imperiums
Amerika verliert zusehends seine Macht und setzt daher auf einen demonstrativen Militarismus. Dagegen müssen sich Europäer mit Russen verbünden und die UNO stärken
Von EMMANUEL TODD
https://www.taz.de/pt/2003/03/15/a0161.nf/text

Internet-Tipp: https://www.taz.de/pt/2003/03/15/a0161.nf/text


Gudrun antwortete am 02.07.03 (12:54):

Der Untergang des US-Imperiums
*Amerika verliert zusehends seine Macht und setzt daher auf einen demonstrativen Militarismus. Dagegen müssen sich Europäer mit Russen verbünden und die UNO stärken
Von EMMANUEL TODD*

..schon----aber,ich sehe gerade darin eine sehr grosse Gefahr für einen Welt-en-krieg!

zumindest bei der jetzigen Bush-Ära


Wolfgang antwortete am 02.07.03 (13:47):

Deshalb ist es ja so wichtig, Gudrun, gegen die BUSH-Krieger vorzugehen... Denn es ist in der Tat nicht auszuschliessen, dass sie in ihrem Wahn, die Welt beherrschen zu wollen und zu können, noch mehr Unheil anrichten, als sie es jetzt schon getan haben. Oft schon haben Imperatoren versucht, die Welt mit sich zu reissen in ihren persönlichen Untergang.

'Appeasement' ist fehl am Platze... Die europäischen Regierungen - ich meine die, die sich gegen die BUSH-Krieger gestellt haben, vorneweg die Regierungen Frankreichs und Deutschlands - müssen den BUSHies noch deutlicher und auf allen Gebieten klar machen: Stopp! Bis hierhin und nicht weiter! Wir lassen uns von Euch nicht länger drangsalieren!

Ausserdem müssen sie (wir) den AmerikanerInnen den Rücken stärken, die in den USA derzeit zu retten suchen, was zu retten ist. Das bessere Amerika braucht unsere Unterstützung.


Gudrun antwortete am 02.07.03 (15:29):

Da muss ich Dir,Wolfgang,etwas widersprechen.Meiner Ansicht nach wäre es sehr unklug,auf biegen und brechen,den "Bush-Amis" aufzeigen zu wollen,was sie falsch machen,oder wo absolut ihre Grenzen sind!
SIE haben mit Sicherheit keine Skrupel wieder in Europa
ihre militärische Übermacht zu beweisen!
Ganz viel Diplomatie ist erforderlich,um einer gewissenlosen Kriegsmaschinerie nicht auch noch den Weg zu ebnen!