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THEMA: Islamisten
12 Antwort(en).
Günter
begann die Diskussion am 13.05.03 (22:52) mit folgendem Beitrag:
Ich habe ein Verständnisproblem! Der Bundesinnenminister Otto Schily hat heute erklärt, daß für unser Land auch weiterhin Terrorgefahr besteht. Er erklärte weiter: Die Islamisten und mögliche Terroristen sind bekannt und sie stehen unter Beobachtung , man hat sie unter Kontrolle. Mein Problem und die Frage ist, warum weist man diese Leute nicht aus und schickt sie in ihre Heimatländer zurück. Oder kann man dies nicht mehr, weil sie inzwischen Dank der Rot-Grünen Regierung die doppelte Staatsbürgerschaft haben ? Das wäre allerdings ein selbst geschaffenes Problem.
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Wolfgang
antwortete am 13.05.03 (23:54):
Du darfst halt nicht alles glauben, was unser Innenminister sagt. Denn, hätte er die Beweise für Terroristen, könnte er diese hinter Schloss und Riegel bringen. So aber spekuliert er nur, dass es möglicherweise seiner Einschätzung nach soundsoviel und dieunddie Terroristen geben könnte. Kein Richter aber ist bereit, einen Menschen nur aufgrund eines vagen Verdachtes und einer geschickten Pressekonferenz eines Innenministers einzusperren oder abzuschieben.
Es scheint bei Dir noch nicht angekommen zu sein, Günter: Wir leben in einem Rechtsstaat. :-)
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Barbara
antwortete am 13.05.03 (23:57):
Ich vermute, dass diese Leute lediglich unter Verdacht stehen, jedoch noch nicht gegen geltendes Recht verstoßen haben. Solange jemand nicht gegen ein Gesetz verstoßen hat, wird man ihn kaum belangen können.
Wenn Du Deinen Nachbarn verdächtigst, evtl. gegen Dich etwas im Schilde zu führen, wirst Du mit einer Klage gegen ihn ja auch wenig Erfolg haben.
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MariaM.
antwortete am 14.05.03 (01:12):
Wolfgang, nur zwischendurch zu Deiner Bemerkung: Wir leben nicht in einem Rechtsstaat, wir leben in einem Rechtsmittelstaat. Der Rechtsstaat erinnert mich an die salomonische Entscheidung (2 Mütter werden in den Ring geschickt, die leibliche Mutter zerrt nicht, sie läßt die Hand ihres Kindes los). Das zählt aber heute nicht mehr, was Du aus dem Bauch heraus als "Gerechtigkeit" empfindest. Was zählt, ist der Rechtsmittelstaat: Wer hat den besseren, nein, brutaleren Rechtsanwalt, der klotzt und den anderen "notfalls" auch unterhalb der Gürtellinie trifft. Der gewinnt. Der Rechtsstaat läßt schön grüssen...
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schorsch
antwortete am 14.05.03 (08:50):
Kürzlich sah ich bei "Fliege" Frauen, die seit Jahren von Männern terrorisiert werden. Die Männer sind der Polzei bekannt - sie haben den Terror schon bei anderen Frauen angewendet. Auf die Frage an den anwesenden Polizei-Experten, ob man denn diese Verbrecher nicht hinter Schloss und Riegel bringen könne, bevor sie ihre Drohungen gegen Leib und Leben in die Tat umsetzen können, antwortete der Hohe Polizist sinngemäss: "Nein - erst wenn sie zur Tat geschritten sind!"
Wie soll denn die Polizei Tausende von Islamisten ausweisen oder vorsorglich hinter Gitter bringen, nur weil unter ihnen - vielleicht - 1 (ein) Täter steckt?
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Wolfgang
antwortete am 14.05.03 (13:54):
Ein Rechtsstaat bindet die Staatsgewalt an das Recht und lässt zu, dass staatliche Maßnahmen durch unabhängige Gerichte überprüft werden können - unter Umständen zu Ungunsten der staatlichen Massnahmen. Das Individuum soll so vor einem über- oder gar allmächtigen Staat geschützt werden. So weit die Theorie. Die Praxis, Maria, das sehe ich auch so, sieht oft ganz anders aus.
Keine Frage: Der Rechtsstaat ist in Gefahr. Ihn gefährden derzeit aber nicht Terroristen, sondern Innenminister, die im Gefolge des "11. September" m. E. viel zu viel Rechte und damit Macht über andere Menschen bekamen - über Menschen, die in aller Regel wenig Macht haben, sich zu wehren. HERIBERT PRANTL - selber früher Staatsanwalt und jetzt Redakteur bei der SZ - hat vor längerer Zeit einen lesenswerten Artikel geschrieben. Hier ein Zitat daraus:
"Dieser Tag [der 14.12.2001, W. M.] markiert, mit einer Kaskade von Sicherheitsgesetzen, die Gründung eines neuen Staatstypus’: des Präventionsstaates, der seine Bürger, um Sicherheitsrisiken zu minimieren, massiven Misstrauens- und Überwachungsmaßnahmen aussetzt, die auf keinem konkreten Verdacht beruhen. Es handelt sich um eine Entrechtung des bisher gewohnten Rechts. Der Geist des Präventionsstaates sieht so aus: Jeder Bürger ist potenziell gefährlich; es muss also erst einmal festgestellt werden, dass er konkret nicht gefährlich ist - er muss sich also entsprechende Überprüfungen gefallen lassen. Bisher war dies umgekehrt. Man nannte das: Rechtsstaat."
Quelle... Man nannte ihn Rechtsstaat (von HERIBERT PRANTL), SZ v. 14.12.2001
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schorsch
antwortete am 14.05.03 (15:25):
Es liegt wohl im Unverständnis des Individuums, dass wir einerseits immer dann lauthals nach den staatlichen Organen - z.B. der Polizei - rufen, wenn wir in Not sind, in Zeiten der "Un-Not" aber am liebsten möglichst keinen Aufpasser um uns sehen würden.....
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Wolfgang
antwortete am 14.05.03 (15:50):
Ich habe noch nie nach mehr Staat gerufen (schon oft aber nach weniger) - egal in welchen Zeiten. Fehlt mir vielleicht das "Unverständnis des Individuums", Schorsch, das Du ausgemacht hast als angebliche Ursache für das Verhalten unserer Agenten der Mächtigen? Oder, ist es nicht vielmehr so, dass trotz des Protestes und entgegen dem Willen von Millionen Individuen Stück für Stück der Rechsstaaat systematisch demontiert wird und damit der Schutz vor den Mächtigen? Ist es nicht so, dass der Präventionsstaat von den Mächtigen promotet wird, weil der Rechtsstaat ihnen Zügel angelegt hatte? Ist es nicht so, dass Terroranschläge den Mächtigen äusserst willkommen sind und manchmal sogar von ihnen selbst inszeniert werden, um sich dieser Zügel leichter entledigen zu können?
Deinem "Unverständnis des Individuums" stelle ich eine andere Erklärung entgegen: Der Rechtsstaat wird demontiert, weil er den Interessen der Mächtigen - das ist eine kleine, aber äusserst radikale Minderheit - im Wege steht.
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Barbara
antwortete am 14.05.03 (15:59):
Der frühere Innenminister Gerhart Baum (FDP) hat öffentlich wiederholt moniert, dass nach den Terrorattentaten der RAF und auch heute wieder Bürgerrechte massiv eingeschränkt werden, diese Maßnahmen in ruhigeren Zeiten jedoch nie wieder aufgehoben werden.
Erinnern möchte ich daran, dass kürzlich in mehreren Bundesländern der Versuch unternommen wurde, das polizeiliche Abhören von Telefongesprächen von Anwälten, Journalisten und Ärzten zu erlauben. In Hamburg wurde der Versuch nach massivem öffentlichen Protest zurückgezogen. Bisher ist das Abhören nur nach richterlichem Beschluss möglich, wenn die Personen Kontakt zu einem mutmaßlichen Täter haben, dem schwerwiegende Straftaten vorgeworfen werden.
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Medea.
antwortete am 14.05.03 (18:55):
@ Wolfgang Wenn es so ist, daß der Rechtsstaat immer weiter demontiert wird, dann ist doch abzusehen, wann er wíeder in einer Diktatur endet. Alle europäischen Staaten künftig Diktaturen? Doch wohl schlecht vorstellbar? Oder? Gesetzesverschärfungen werden doch auch in unseren Nachbarländern vorgenommen.
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Wolfgang
antwortete am 14.05.03 (19:21):
@Medea... Ich vermag ja auch nicht in die Zukunft schauen und betätige mich nicht gerne als Prophet. Wenn die Entwicklung allerdings so weiter geht, dann ist es bald nicht mehr weit her mit dem, was wir einmal zu Recht Rechtsstaat nannten. Besonders weit fortgeschritten ist die unselige Entwicklung in den USA... National und international wird dort mittlerweile so schwerwiegend gegen das Recht verstossen, ja, das Recht mit Füssen getreten, dass ich nicht mehr von einem Rechtsstaat sprechen mag.
Bei uns ist die Entwicklung noch nicht so weit. Aber immer stärker wird an den Fundamenten des Rechts gerüttelt. Ich weiss nicht, wie das ausgehen wird. Manche, die Optimisten, sagen, es ist fünf vor zwölf; manche, die Pessimisten, sagen, es ist schon zwölf. - Ich weiss eines: Die Zeichen stehen auf Sturm. Der Rechtsstaat muss verteidigt werden. So lange zu warten, wie es die amerikanischen KämpferInnen um den Rechtsstaat getan haben, und auf ein Ende des Spuks zu hoffen, war ein schwere Fehler. für den werden wir einen hohen Preis bezahlen müssen.
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Barbara
antwortete am 14.05.03 (21:37):
In Belgien kann man z.Zt. beobachten, wie dort geltendes Recht durch die USA gebeugt wurde:
>>17 Iraker und zwei Jordanier haben bei der belgischen Justiz Klage gegen den Oberbefehlshaber der US-Truppen im Irak-Krieg, General Tommy Franks, eingereicht. Die Kläger werfen ihm Kriegsverbrechen vor. Der Vorgang belastet die Beziehungen zwischen den USA und Belgien. ....... Grundlage für die Klage ist ein belgisches Gesetz, das die Ahndung von Kriegsverbrechen weltweit möglich macht. Das Gesetz war vom belgischen Parlament allerdings kürzlich auf Druck der amerikanischen Regierung geändert worden. Danach ist es jetzt kaum mehr möglich, Bürger eines demokratischen Landes in Belgien zu verklagen.
Da die Vorwürfe keine Verbindung mit Belgien haben, muss der belgische Generalanwalt zunächst über die Zulässigkeit der Klage entscheiden. Wenn er diese für gegeben hält, kann die belgische Regierung die Klage laut dem geänderten belgischen Völkermord-Gesetz an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag oder an die US-Justiz weiterreichen.<<
https://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,248591,00.html
Man darf gespannt sein, wie mit der Klage umgegangen wird.
Internet-Tipp: https://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,248591,00.html
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schorsch
antwortete am 15.05.03 (08:52):
Dass nicht jedes Land aufgrund seiner speziellen Gesetzgebung Klagen gegen Menschen zulassen können, die nicht auf ihrem Hoheitsgebiet wohnen, scheint mir plausibel zu sein. Dass aber Gerechtigkeit liebende Menschen nicht mehr auf die Potenz der UNO oder das Gericht in Den Hag glauben, und die Geechtigkeit auf anderem Weg suchen, ist mir auch klar.
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