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THEMA: TSCHETSCHENIEN: Der nicht wahrgenommene Krieg ums kaspische Öl (II)
9 Antwort(en).
Wolfgang
begann die Diskussion am 16.04.03 (19:39) mit folgendem Beitrag:
Der Krieg gegen die tschetschenischen Menschen wird von der russischen Soldateska mindestens genau so grausam, eher grausamer geführt, wie der Krieg der amerikanischen Soldateska gegen die irakischen Menschen.
In beiden Kriegen geht es ums Öl... Die PUTIN- und die BUSH-Bande sind sich in der Beziehung einig: für tschetschenische Menschen und für irakische Menschen gilt das Recht nicht; sie dürfen getötet werden.
Heute der Tiefpunkt der UNO-Menschenrechtskommission: Die Kommission wies einen Antrag europäischer Staaten zurück, in dem Moskau willkürliche Hinrichtungen und Folter in Tschetschenien vorgeworfen wurde. Die russischen Verbrechen werden noch nicht einmal benannt. Die Opfer werden selbst von der UNO verhöhnt.
Internet-Tipp: https://www.unhchr.ch/html/menu2/2/chr.htm
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Barbara
antwortete am 16.04.03 (22:52):
Man muss den Menschen, die man bekriegen will nur andere Namen geben:
Terroristen oder Menschen, die zur Achse des Bösen gehören....
>>Tschetschenien - Gefahr für die Menschenrechte
Die Kämpfe in Tschetschenien haben bis heute rund 300 000 Menschen in die Flucht getrieben, vor allem Frauen und Kinder. Mitte 2002 befanden sich etwa 160 000 Menschen in überfüllten Notunterkünften und in Flüchtlingslagern, wo sie mit harten Lebensbedingungen zu kämpfen haben. Oftmals werden sie zudem von den russischen Behörden unter Druck gesetzt, in ihre Heimat zurückzukehren, obwohl sich die Lage dort noch immer nicht beruhigt hat.
Tausende Zivilisten sind von den russischen Streitkräften willkürlich festgenommen, gefoltert oder getötet worden. Viele Menschen werden auf ihrer Flucht bei Personenkontrollen verhaftet, oder bei Razzien in den Wohngebieten. Im Zuge dieser Razzien kommt es immer wieder zu Menschenrechtsverletzungen an der Zivilbevölkerung. So sollen beispielsweise Frauen und Kinder Entführungen, Vergewaltigungen und anderen Formen der Folter sowie extralegalen Hinrichtungen zum Opfer gefallen sein.
Gefangene werden oft unter katastrophalen Bedingungen - manchmal sogar in Erdlöchern - festgehalten. Der Kontakt zu ihren Familienangehörigen, einem Rechtsbeistand oder überhaupt zur Außenwelt wird ihnen verwehrt. Überlebende berichten von routinemäßiger und systematischer Folter, darunter die Vergewaltigung von Männern und Frauen, Schläge mit Hämmern oder Knüppeln, Elektorschocks und die Anwendung von Trängengas. Vorwürfe über staatliche Morde, "Verschwindenlassen", Folter und Misshandlungen ziehen nur äußerst selten Untersuchungen nach sich.<<
https://www.amnesty.de/
Internet-Tipp: https://www.amnesty.de/
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Günter
antwortete am 16.04.03 (23:11):
Schröder muß sich neben anderen Fragen, die Frage stellen lassen: Warum hat er sich gegen Putin nicht genauso engagiert wie gegen Bush? Also doch nur Wahlkampfgetöse? Und wo bleiben die Friedensfreunde? Sind die Tschetschenen etawa weniger wert als die Iraker?
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York
antwortete am 16.04.03 (23:55):
PUTIN ist der Schlimmste...aus taktischen Gründen mit Schröder gegen den IRAKkrieg wettern,aber zu Hause weiter in Tschetschenien das Kriegsbeil schwingen. Die Politik ist eben ein schmutziges Geschäft und grausam dazu, Gruss York
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Karl
antwortete am 17.04.03 (08:31):
Um es gleich vorneweg zu sagen. Ich verurteile den Krieg und die besonders brutale Ausführung in Tschetschenien entschieden.
Um es aber auch gleich zu sagen: Ich halte das Bemühen des Tschetschenienkrieges als Argument gegen das Anti-Irakkrieg-Engagement für unehrlich.
Der Tschetschenienkrieg ist sehr grausam, gegen ihn sollte auch vermehrt protestiert werden, aber er hat bisher aus folgenden Gründen nicht soviele Menschen in Europa und in der Welt mobilisiert wie der Krieg gegen den Irak:
1. Völkerrechtlich ist der Tschetschenienkrieg ein Bürgerkrieg (auch wenn er als innerrussischer Kolonialkrieg interpretierbar ist).
2. Putin führt diesen Krieg nicht in unserer Stellvertretung. Er hat nie behauptet, dass er in Tschetschenien unsere westlichen Werte verteidigt. Gerade diese Anmaßung der Bush-Administration hat soviele empört und gegen den Irakkrieg mobilisiert.
Diese beiden Punkte sind nur eine Aufzählung der Gründe, die m.E. dazu geführt haben, dass der Tschetschenienkrieg nicht in gleicher Weise Beachtung findet wie der Irakkrieg. Das bedeutet keinesfalls, dass ich der Meinung bin, er hätte diese geringere Beachtung verdient. Es wird nur nicht so leicht fallen, die Menschen dagegen auf die Strasse zu bringen, denn er wird eher als eine innere Angelegenheit Russlands betrachtet.
Und noch einmal: Die Empörung über den Irakkrieg verliert nicht deshalb an Bedeutung, weil viele "unbeachtete Kriege" anderswo auf der Welt geführt werden; achtet einmal darauf, dieses Argument bringen meist nur Heuchler, die dieses Argument erstmals ausgraben, um einen neuen Krieg, den Irakkrieg zu rechtfertigen oder zu verniedlichen.
Mit freundlichen Grüßen
Karl
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Barbara
antwortete am 17.04.03 (10:00):
Das Morden nimmt kein Ende....
Die Frankfurter Rundschau berichtet:
>>Tschetscheniens Regierung bestätigt russische Morde an Zivilisten
Verbrechensliste soll Präsident Putin vorliegen / Geheimdienst-Oberst bekennt sich öffentlich zum "Töten der Rebellen"
Russische Truppen entführen und ermorden im kaukasischen Kriegsgebiet jeden Monat weit mehr als hundert tschetschenische Zivilisten. Das belegen interne Dokumente der moskautreuen Regierung Tschetscheniens, die der FR in Kopie vorliegen.
Von Florian Hassel
MOSKAU, 16. April. In einer "Aufstellung über Morde und Verletzungen auf dem Territorium der Tschetschenischen Republik vom 1. Januar bis 31. Dezember 2002" nennt die Verwaltung 1132 Mordopfer unter der "zivilen Bevölkerung". Dabei sind hunderte Entführte, deren Leichen erst spät oder nie gefunden werden, nicht berücksichtigt. Nach FR-Informationen wurde das Dokument Ende Januar auf einer Sitzung des russischen Sicherheitsrates Präsident Wladimir Putin vorgelegt.
In diesem Jahr hat sich die Lage nicht verbessert. Einer von der Verwaltung erstellten "Tabelle schwerer Verbrechen" zufolge wurden im Januar und Februar 2003 in Tschetschenien 70 Menschen ermordet, und 145 wurden entführt oder verschwanden spurlos. Außerdem wurden die Leichen 25 weiterer Mordopfer aufgefunden. ...... Die Vermisstenkommission der Regierung Tschetscheniens geht laut "Memorial"-Vertreter Tscherkassow von 2800 Entführten und Verschwundenen im zweiten Tschetschenien-Krieg aus. "Auf 10 000 Tschetschenen kommen so 46 Verschwundene", sagt Tscherkassow. "Zur Zeit des Großen Terrors 1937/38 waren es 44 Verschwundene auf 10 000 Einwohner. Russlands Terror in Tschetschenien ist heute schlimmer als unter Stalin." Die Chronik des Schreckens ist damit nicht beendet. Eine der FR ebenfalls vorliegende Aufstellung über Massengräber in Tschetschenien, die auf Zahlen des Katastrophenschutz-Ministeriums beruht, führt 49 Massengräber auf, in denen 2879 Leichen gefunden worden seien: so etwa 260 Leichen auf dem Zentralen Friedhof von Grosny, 109 Leichen bei der "Sowchose 60 Jahre Oktoberrevolution", 106 Leichen im Dorf Prigorodnoje. Bei Goiskoje wurden gar 699 Leichen gefunden: Als die russische Armee im März 2000 das von Rebellen gehaltene Dorf Komsomolskoje in Schutt und Asche legte, wurden dabei angeblich nicht nur hunderte Rebellen, sondern auch unbeteiligte Zivilisten getötet - und im drei Kilometer entfernen Goiskoje beerdigt.<<
https://www.frankfurter-rundschau.de/ressorts/nachrichten_und_politik/international/?cnt=196022
Internet-Tipp: https://www.frankfurter-rundschau.de/ressorts/nachrichten_und_politik/international/?cnt=196022
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Wolfgang
antwortete am 17.04.03 (16:15):
Gerade PUTIN betont in seinen Reden immer wieder, dass der russische Krieg gegen die Tschetschenen ein gerechter, ja christlicher Krieg für die "westlichen Werte" sei und im Interesse aller Europäer und der ganzen westlichen Welt gegen die "islamistischen Terroristen" (so nennt er die tschetschenischen KämpferInnen) geführt werden müsse. PUTIN hat nach dem "11. September" und danach immer wieder den Schulterschluss mit BUSH im angeblichen "Kampf gegen den Terrorismus" gesucht. Ich bin oft verblüfft, wenn ich Reden von PUTIN mit den Reden von BUSH vergleiche... Dieselben Begründungen mit denselben Worthülsen... Freiheit, Demokratie, westliche Werte, Christentum usw. - Manchmal denke ich, sie haben die gleichen Redenschreiber.
Die Argumentation, dass dies ein innerrussischer "Bürgerkrieg" sei, der die Weltöffentlichkeit nichts angehe, ist die Argumentation PUTIN's. Die kämpfenden Tschetschenen sehen das anders... Sie sind widerrechtlich und mit Gewalt dem russischen Staat einverleibt worden, sagen sie. Sie definieren sich als eigenes Volk und wollen ihren eigenen Staat.
Warum ist dieser Krieg ein nicht wahrgenommener Krieg? - Die Antwort ist einfach: Dieser Krieg ist kein Medienspektakel (er war es nie). Vermutlich, weil die zu erwartende Zuschauerquote nicht verlockend genug ist. Dabei ist dieser Krieg viel grausamer als der Irak-Krieg. Aber, da "krampft sich kein Herz"... Seit Jahren wird ein ganzes Volk buchstäblich abgeschlachtet und ein Land in Trümmer gelegt, ohne dass es allzuviele Menschen bei uns überhaupt bemerken (wollen).
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DorisW
antwortete am 17.04.03 (16:54):
In Afghanistan töten die Amerikaner die Taliban, weil diese al-Qaida schützen, die überall in der Welt Amerikaner tötet, welche überall in der Welt Nichtamerikaner töten, die sich gegenseitig umbringen, weil sie schwarz, weiß, braun, groß, klein, Palästinenser, Israeli, Bosnier, Serben, Muslime, Christen, Hindus, Juden, Atheisten sind oder weil sie Afghanen sind, die eigentlich Amerikaner sind, die verkleidete Afghanen sind, deren jeder jemand sein könnte, den wir kennen, aber tatsächlich nicht kennen, der sogar Tony Blair sein könnte, der um die Welt fliegt, um Babytyrannen die Windeln zu wechseln, und sich ständig fragt, ob er genug Deodorant eingepackt hat, gleichwohl froh, daß er das Chaos in Mazar-e-Sharif nicht beseitigen muß, wo die Amerikaner gerade Hunderte von Gefangenen zu Schutt und Asche zerbombt haben, die Rumsfeld tot sehen wollte und die ihnen den Gefallen taten zu revoltieren, so daß sie einige Tage, nachdem sie sich ergeben hatten, alle zerfetzt werden konnten, wobei vielleicht einige Teile in Pakistan auf Musharrafs sternenverzierter Uniform landeten, vorausgesetzt, daß er zu jener Zeit eine trug und nicht gerade in seinen anderen Ornat gekleidet war, als er sich anschickte, der Welt Pakistans Schuld vorzuführen wie eine Mutter, die ihr behindertes Kind vorführt, um Passanten dazu zu bewegen, einige Münzen in ihre verhungerten Hände fallen zu lassen, was manche natürlich auch tun, nicht so aber Putin, der genug eigenen Ärger damit hat, Tschetschenen umzubringen, die Russen umbringen, welche es überdrüssig waren, Afghanen umzubringen, als die Amerikaner sich entschieden hatten, den Afghanen zu helfen, Russen umzubringen, so daß sie sich selbst darauf konzentrieren konnten, den Saudis zu helfen, ihren Ölreichtum zu verprassen, indem sie sie mit Waffen und später mit einer Readymade-Armee ausstatteten, als der Irak günstigerweise nach Kuwait eindrang, wobei die Amerikaner die Gastfreundschaft in einem heiligen Land überbeanspruchten, weswegen jemand, den man Osama Bin Laden nennt, sagt, daß er sich dazu entschlossen habe, seinerseits ein bißchen zu töten, weshalb die Amerikaner nun die Taliban töten, von denen viele nun, so schnell sie können, zur Nordallianz überlaufen, damit sie zu einer Vereinten Front werden können, einer ganz eigenen Art von Vereinigten Staaten oder Vereinten Nationen, was einen mit der Frage allein läßt, ob jemand anderes als Moses jemals Licht in einem Busch erblickt hat.
Shabbir Banoobhai, Kapstadt, Südafrika
Internet-Tipp: https://www.lettre.de/010aktuell/weltlage_dt.html
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Wolfgang
antwortete am 20.04.03 (10:27):
Russlands traurige Wirklichkeit: SERGEJ JUSCHENKOW - Duma-Abgeordneter, Widersacher von PUTIN und einer der wenigen prominenten Gegner des Krieges gegen die Tschetschenen - wurde am Donnerstag vor seinem Haus erschossen. Niemand zweifelt daran, dass JUSCHENKOW einem politischen Auftragsmord zum Opfer gefallen ist.
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Wolfgang
antwortete am 26.04.03 (12:19):
Eine Meldung heute ("Die Leibwache des Präsidenten foltert" - FR v. 26.04.2003):
"Der amtierende Präsident Tschetscheniens [das ist der von PUTIN eingesetzte Statthalter Russlands, W. M.], ACHMED KADYROW, duldet, dass seine Leibwache ein illegales Gefängnis unterhält und foltert. Nach Recherchen von Frankfurter Rundschau und Süddeutscher Zeitung hat die Leibwache Kadyrows mehrfach tschetschenische Bürger entführt und misshandelt. [...]"
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