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THEMA:   Vermisst in Südalgerien

 4 Antwort(en).

schorsch begann die Diskussion am 11.04.03 (16:30) mit folgendem Beitrag:

Wie bekannt werden seit ein paar Monaten etwa 30 Wüstenfahrer aus westlichen Ländern in der algerischen Wüste vermisst. Inzwischen gibt es Hinweise, dass sie entführt wurden. Mein schlimmer Verdacht: Sie werden gesammelt und irgendwann gegen Leute wie Saddam Hussein oder Bin Laden ausgetauscht....


Karl antwortete am 12.04.03 (18:49):

Lieber Schorsch,


falls die mutmasslichen Entführer Fundamentalisten sind, steht Saddam sicherlich nicht oben auf der Liste eines eventuellen Austauschprogramms. Saddam und Bin Laden haben, nach allem was bekannt ist, niemals etwas gemein gehabt. Bin Laden ist ein religiöser Fanatiker, Saddam ein unreligiöser Machtmensch.

Eine Gemeinsamkeit gibt es. Bin Laden und Saddam sind noch nicht gefunden, können also auch gar nicht "befreit" werden.


Angelika antwortete am 12.04.03 (19:58):

Ich kann Karl nur zustimmen. Offen gestanden geht mir bei allem Mitleid für die Familien der betroffenen jedes Mitgefühl für die "Abenteuertouristen" doch ein bisschen ab. Kaum ein Land hatte in den vergangenen Jahren so viele Menschenrechtsverletzungen wie Algerien, in kaum einem Land ausser dem iraq vielleicht gibt es so viele vermisste Bürger (Stand Ende 2002 lag bei geschätzten 10.000).

Drohungen und Einschüchterungen gegenüber Menschenrechtsverteidigern sind in Algerien an der Tagesordnung. Die Menschenrechte galten den Herrschenden nie als unverletzlich. Das Jahr 2002 war geprägt von der Repression gegen viele Menschenrechtsaktivisten: Einschüchterungen, Belästigungen der Familien, willkürliche Verhaftungen, Justizkonstrukte, ungerechte Prozesse usw. Folter ist in Algerischen Gefängnissen an der Tagesordnung. Und die Machthaber rekrutieren ihre mordenden und foltrnden Vasallen aus kriminellen Banden und Stämmen, wie es sie seit Jahrhunderten in der Sahara gibt.

Wer sich als Tourist in deren Regionen begibt, der muss doch bitteschön mit so etwas auch rechnen und nichtt glauben, dass ihn überall freundliche Beduinen mit "Te a la Ment" erwarten.


Burkard antwortete am 13.04.03 (16:39):

Was erwarten sie eigentlich, diese "Abenteurer"? Es werden aus reiner "Abenteuerlust" Expeditionen mit schwerem Gerät in die ärmsten Regionen dieser Erde durchgeführt. Ohne Rücksicht auf die Bewohner wird so richtig 'die Sau rausgelassen' und gleichzeitig ein Reichtum exhibitioniert, der einfach unanständig ist. Ja erwarten diese "Abenteuerer" ernsthaft, daß Menschen, die jeden Tag um ihr nacktes Überleben kämpfen müssen sie in Demut bewundern? Können sie sich nicht vorstellen, welche Begehrlichkeiten sie da wecken?
Vor 20 Jahren untersagte Indien die bis dahin jedes Jahr durchgeführten Rallys quer durch den Indischen Kontinent, weil es zu Übergriffen seitens der Bevölkerung gegen die Teilnehmer kam. Einen Schritt weiter ging vor 10 Jahren Frankreich: Die traditionsreiche Rally Paris-Dakar durfte in Frankreich nicht mehr gestartet werden, weil von Seiten des Veranstalters und der Teilnehmer zu wenig Rücksicht auf die Bewohner des afrikansischen Kontenents genommen würden und das Verhalten der Teilnehmer in den Staaten Afrikas zu sehr an längst vergangene Kolonialzeiten erinnere.
mfg
Burkard


Angelika antwortete am 13.04.03 (18:48):

Da kann ich Dir nur zustimmen, Burkard! Von diesen und anderen "Individualtouristen" werden Pauschalreisende immer gerne belächelt, wenn nicht sogar verachtet oder beschuldigt, die ursprüngliche Landschaft/Mentalität der Menschen in abgelegenen Gegenden zu verletzen und zu beschädigen. Sie vergessen aber, dass gerade die Individualisten, die Abenteuerurlauber der Kopf der Schlange sind - denn SIE stossen vor in Regionen abseits der Touristenkarawanenwege, konfrontieren die Einheimischen völlig unvorbereitet und verwirren sie oft genug, sie reisen heim nach Deutschland, erzählen begeistert von ihrem tollen Trip, im Folgejahr reisen sie dann mit ein paar Freunden und schon im dritten Jahr vermarkten sie es ganz professionell und pauschal ....

Ich kann mir nicht helfen, diese Extremurlaubsreisen und Sportarten schein besonders von denen ausgeübt zu werden, die Ihr eigenes Leben sonst offenbar nicht spüren. Aber wenn es dann doch im Notfall keine Grenzerfahrung mit Vollkaskoversicherung wird, dann ist Holland in Not ...

Ich bin selbst ja nun auch viele Jahre mit Studienreisegruppen und Kreuzfahrtschiffen unterwegs gewesen und habe gesehen, wie Ahnungslos Touristen durch exotische Welten tappen - da hats mich manches Mal geschauert und ich war froh, wenn die touristischen Loipen bereits gezogen und die Einwohner schon "abgebrüht" waren.

Wenn sich in Deutschland ein amerikanischer Tourist das Recht nimmt, zB einfach in eine private Hochzeitsfeir zu platzen und herumzufotografieren, wird er sicher auch nicht nett behandelt.

Aber zum Thema Algerien und vermisste Touristen: Ich hab für die Leute wirklich kein Verständnis und wünsche ihnen, dass sie lebend zurückkommen und dann für die entstandenen Kosten für die Suchmassnahmen zur Kasse gebeten werden.

Angelika
die nur noch dahin reist, wo sie ihre Hunde mit hinnehmen kann :-)