Archivübersicht | Impressum

THEMA:   alter im alltag...festtag oder kompromiss?

 5 Antwort(en).

pilli begann die Diskussion am 21.06.03 (09:45) mit folgendem Beitrag:

"Es gibt eigentlich Jung und Alt nur unter Dutzendmenschen; alle begabteren und differenzierteren Menschen sind bald alt, bald jung, so wie sie bald froh, bald traurig sind.
Hermann Hesse)
---------------

zeit und gelegenheit, pläne und wünsche, die in der jugend entstanden sind, nun nach eigenem gusto zu gestalten, das schenkt die zeit, die "das Alter" bereithält.

nicht mehr hektik und stress hindern an der verwirklichung interessanter möglichkeiten, vielmehr sind es die schwellen, die es oft einfach zu überschreiten gilt, um freude und schöne erlebnisse anstelle von alltäglichem einlass zu gewähren.

ob nun alleine oder zu zweit ist m.e. nicht die frage; nix tun und warten...das alleine hindert!

am beispiel meiner mutter habe ich erfahren dürfen, wie erfüllt auch nach dem tode meines vaters sie die folgenden 30 jahre bis heute alleine erlebt.

anlässlich ihres 80. geburtstages traf ich einige der menschen, deren namen mir zwar aus erzählungen bekannt waren und von denen ich wußte, welchem interessengebiet meiner mutter ich sie zuordnen konnte. aber, wie wichtig es ist, diese neigung, freude auch im alltag zu erleben, wirklich zu wollen und darum selbst initiativ zu werden, das erst erlebte ich an diesem abend in vielerlei gestalt.

auch mal nicht der norm zu entsprechen, die die gesellschaft für "normal" hält, sich den teufel darum scheren, was missgünstige nachbarn denken und auch den kindern und enkeln mal die lange nase zeigen...soviel gelacht habe ich wie selten, als kleine anekdoten aus dieser vergangenen zeit vorgetragen wurden.

warum ich nun denke, eine senioren-wg sei vielleicht nicht der weg, das leben zu führen, das meinen wünschen, träumen und vorstellungen entspricht, ist in diesem text, den ich im internet fand, genannt :-)

..."purpur" im alter zu tragen, das zu verdienen, damit beginne ich gleich morgen :-)

---------------

Wenn ich einmal eine alte Frau bin,
werde ich Purpur tragen zusammen mit einem roten Hut,
der nicht dazu passt und mir auch nicht gut steht

und ich werde von meiner Rente
Cola und Sommerhandschuhe kaufen und Sandalen aus Satin,
und ich werde dann sagen "wir haben kein Geld für Butter".

Wenn ich müde bin, werde ich mich auf dem Bürgersteig hinsetzen und ich werde die Produktproben in den Geschäften verschlingen und ich werde Alarmglocken läuten
und ich werde meinen Stock gegen die Zäune der öffentlichen Anlagen klappern lassen und Schluss machen mit der Angepasstheit meiner Jugend.

Ich werde in meinen Hausschuhen in den Regen rausgehen
und die Blumen pflücken, die in den Gärten anderer Leute wachsen und ich werde spucken lernen....

Aber jetzt müssen wir Kleider haben,
die uns trocken halten und unsere Miete zahlen und keine Schimpfwörter auf der Straße benutzen und gute Vorbilder für die Kinder sein, wir müssen Freunde zum Essen einladen und die Tageszeitung lesen.

Aber sollte ich vielleicht nicht jetzt schon ein bisschen üben?

Damit die Leute, die mich kennen, nicht zu schockiert und überrascht sind, wenn ich plötzlich alt bin und anfange Purpur zu tragen.

Jenny Joseph, geb. 1932

--------------------

liebe Angelika, bevor du in die wilden weißen nächte von St. Petersburg eintauchst, magst du mir vielleicht einen film mit Inge Meysel in erinnerung rufen?

das thema des filmes war die freundschaft einer altersverwirrten frau mit einem jungen mädchen. er zeigte sehr anrührende szenen und besonders ist mir der kleine hut in erinnerung, den sie trug.

:-)


Angelika antwortete am 21.06.03 (12:41):

das war sicher "Die blauen und die grauen Tage (1999)" -


dirgni antwortete am 21.06.03 (19:35):

Hallo pilli,

"..."purpur" im alter zu tragen, das zu verdienen, damit beginne ich gleich morgen"
- ich glaub, ein wenig hast Du längst damit begonnen :-)

Wenn wir in Pension sind, kommt wohl bei vielen der Gedanke: ich muß nicht mehr müssen. Es gibt nur mehr Sonn- und Feiertage, solche an denen die Geschäfte offen, und solche, an denen sie geschlossen sind. Also ein ganz klein wenig bleibt es uns nicht erspart, auch im Alter gesellschaftliche Normen zu akzeptieren.

Mit dem Enkelkind ein wenig "Unfug" zu treiben, macht schon Spaß, für die Erziehung sind ja die Eltern zuständig.


Angelika antwortete am 21.06.03 (20:12):

Also wenn ich mir das mit dem Purpur so durchlese ...dann brauch ich in meinem Leben einfach gar nichts zu ändern :-) Ich trage zum Entsetzen sämtlicher Nachbarn schon seit 6 Jahren keine Strümpfe oder Socken mehr - nur meine warmen Bettsocken :-) Aber bei Schnee und Eis barfuss in den Schuhen - erkältet war ich seitdem nicht, auch wenn die Füsse zwischendurch ziemlich kalt sind :-)

Der Film mit Inge Meysel war einerseits ganz bezaubernd - die Enkeltochter, die sich so süss um ihre Omi kümmert und mit ihrt einen "Komplott" schmiedet - die alte DAme leidet an beginnender Alzheimer und ihre Enkelin verspricht, jeden "klaren" Tag blau und jeden verwirrten Tag grau im Kalender anzustreichen, damit sie alte Dame es an klaren Tagen kontrollieren kann. Allerdingst behandelt sie gleichzeitig ihre Schwiegertochter sehr ungerecht und geradezu gemein ....


Medea. antwortete am 22.06.03 (19:09):

Purpur trage ich zwar noch nicht - lach - , aber auf dem Bürgersteig habe ich neulich auch schon gesessen und mir die Schuhe ausgezogen, da durch "strumpfloses" Tragen an beiden Hacken je eine dicke Blase gelaufen ....
Nun habe ich fast immer Hansaplast-Strips in meiner Handtasche - und so habe ich mich dort erst einmal selbst verarztet - und - die Leute guckten tatsächlich etwas befremdet ;-)
Kann mir allerdings zur Zeit - sofern ich bei Verstande bleibe - auch nicht vorstellen, eine angepaßte Alte zu werden ....


schorsch antwortete am 23.06.03 (09:31):

Kleiner Rat: Es gibt Pflaster in Spray-Form.....

Brennt zwar am Anfang ein Bisschen, ist dann aber viel angenehmer als ein Hansaplast....