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THEMA:   Achilles und die Schildkröte

 3 Antwort(en).

Johannes Michalowsky begann die Diskussion am 30.09.02 (08:09) mit folgendem Beitrag:

Kennt Ihr das klassische Paradoxon des Zenon (lebte um 300 vor Christus), bekannt unter obigem Namen? Diese beiden Lebewesen stehen nur für zwei Objekte, die sich mit unterschiedlicher Geschwindigkeit daherbewegen, heutzutage könnte man vielleicht sagen: Ferrari und Polo.

Also: Es wird bewiesen, daß der Ferrari einen Polo nie einholen kann, wenn er dem Polo einen Vorsprung läßt. Klar: Wenn der Ferrari an die Stelle kommt, an der der Polo war, ist der Polo schon ein Stück weitergefahren. Und wenn der Ferrari an die nächste Stelle kommt, ist der Polo erneut weitergefahren. Und das setzt sich beliebig fort, also kann der Ferrari den Polo nie einholen.

Das widerspricht natürlich der Alltagserfahrung, aber die Betrachtungsweise des Zenon klingt einleuchtend. Wo liegt der Fehler?

Eine sehr schöne bildliche Darstellung – die hier nicht wiedergegeben werden kann – zur Veranschaulichung dessen, was gemeint ist, findet sich unter der unten angegebenen Adresse.

Internet-Tipp: https://www.roro-seiten.de/info/strukt/wiederholung/achilles_und_die_schildkrote.html


RoNa antwortete am 30.09.02 (08:43):

Die Geschwindigkeit wird hier nicht beachtet.


Hans-Jürgen antwortete am 04.10.02 (17:45):

RoNa hat recht. Selber stelle ich mir Folgendes vor:

Wenn die beiden Autos gleich schnell fahren, bleibt der ursprüngliche, durch den Vorsprung des Polo gegebene Abstand zwischen ihnen erhalten, so daß der Ferrari den Polo niemals ein-, geschweige überholen kann.

Fährt der Polo schneller als der Ferrari, vergößert sich ihr Abstand im Laufe der Zeit; fährt der Ferrari schneller, verkleinert er sich. In diesem Fall, der dem Zeno'schen Paradoxon entspricht, holt der Ferrari den Polo früher oder später unweigerlich ein, um ihn anschließend zu überholen.

Der Fehler, den Zeno machte, bestand m. E. darin, daß er Achilles als Läufer wählte. Hätte er sich eine zweite Schildkröte gedacht, die genauso schnell kriecht wie die erste, wären seine Argumentation und Schlußfolgerung in Ordnung gewesen. Dann aber gäbe es nicht dieses hübsche, verwirrende Gedankenspiel.

(Hab ich auf Bitte von Hans-Jürgen hier hereingestellt, weil er selber Probleme hat, sich einzuloggen / Jo).


Felix antwortete am 07.10.02 (00:23):

Dieses klassische Paradoxon beruht auf der Schwierigkeit ... sich die unendliche Aneinanderreihung von Strecken und Zeiteinheiten vorzustellen.

Nehmen wir die vereinfachte Version:

Ein Pfeil fliegt gegen eine Wand, die 10 m entfernt ist. (Schreiben wir s=10 m) Einfachheitshalber nehmen wir eine konstante Geschwindigkeit von 10m/sec an. Danach müsste der Pfeil nach einer Sekunde auftreffen.
Zerlegen wir aber die Distanz gedanklich in immer kleiner werdende Teil-Strecken z.B. s/2, s/4, s/8 .... bis zu einem Unendlichstel von s also mathematisch null Meter so scheint der Pfeil nie anzukommen. Weshalb? Weil wir gedanklich für jede Teilstrecke eine Zeitspanne einsetzen. Dass diese der Grösse Null zustrebt leuchtet uns nur ein, wenn wir die Teilschritte so darstellen:
Nach einer 1/2 sec hat er 5 m zurückgelegt,
nach einer weiteren 1/4 sec total 3/4 sec sind es 7.5 m ,
nach einer weiteren 1/8 sec total 7/8 sec sind es 8.75 m,
nach einer weiteren 1/16 sec total 15/16 sec 9.375 m
Nach unendlich vielen Zeitabschnitten beträgt die summierte Zeit 1 sec und die zurückgelegte Strecke 10 m, was ja eigentlich zu erwarten war!

Es gibt in der Mathematik Erstaunliches , wenn man das Resultat einer Rechnung selbst wieder in den gleichen Rechenvorgang einsetzt und dies x mal wiederholt. Man nennt dies eine Iteration.

z.B. Der Grenzwert lim n gegen unendlich von (1+1/n) hoch n
für n=1 ist der Wert 2 denn (1 + 1/1) = 2 hoch 1 gleich 2,
für n=2 ist der Wert 2.25
für n=3 ist der Wert 2.37037037...
für n=4 ist der Wert 2.44140625...
:
für n=100 ist der Wert 2.70481383...

für n=unendlich wäre zu erwarten (1 + 0) hoch unendlich oder
1 hoch unendlich und das wäre 1.
Als Grenzwert gerechnet gibt es 2.7182818... die Zahl e. Sie spielt in der Mathematik als Basis der natürlichen Logarithmen eine wichtige Rolle. Die meisten Wachstumsgesetzte in der Natur lassen sich mit der Basis e annähern.
Und nun zum Vergnügen:
Laden sie den Mandelbrotgenerator auf ihren PC und geniessen sie die farbige Wunderwelt der Iterationen in der Gestalt des Apfelmännchens.
Sollt jemand mit diesem Programm nicht zurecht kommen, werde ich gerne eine Gebrauchsanweisung nachliefern!

Internet-Tipp: https://www.hoevel.de/software/wincigd.zip