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THEMA:   Baltikumreise

 3 Antwort(en).

C.B. begann die Diskussion am 27.06.01 (15:29) mit folgendem Beitrag:

Impressionen über eine Studiosusreise durch die Baltischen Staaten vom 15.-24.06.01.
Die Flugreise ging von Frankfurt/M nach Vilnius, dann per Bus über Riga bis nach Tallin. Von dort startete über Stockholm der Rückflug nach Deutschland.

Bei unserer Ankunft auf dem Frankfurter Flughafen empfing uns der deutsche Reiseleiter, ein promovierter Archäologe aus Rostock.
Die Reisegruppe bestand aus 29 Personen aller Altersgruppen, mehrheitlich jedoch über 60 Jahre.
Das Wetter in Vilnius war freundlich einladend. Das Hotel von gehobener Klasse, aber dennoch schlicht.
Es stellte sich heraus, daß der deutsche Reiseleiter mehr oder weniger für die Organistion zuständig war, einheimische Reiseleiterinnen aber die eigentlichen Führungen übernahmen.
Ein erster Rundgang durch die Stadt Vilnius vermittelte den Eindruck, daß es viele schöne alte Bauten gibt, die z.T. erst renoviert wurden und noch werden.
Die Straßen sind sauber. Es gibt Autoverkehr, der aber nicht mit hiesigen Verhältnissen gleichzusetzen ist. Viele gut besuchte Straßenrestaurants mit Tischen und Bänken und Überdachungen machen das Stadtbild lebendig.
Überall schöne alte Baudenkmäler aus vergangenen Zeiten.
Die angekündigte Freizeit war recht kurz bemessen, so daß man nur schnell ein Essen einnehmen konnte.
Am Nachmittag ging des nächsten Tages ging es zur Seefestung Trakai.
Eine schöne Landschaft ähnlich der mecklenburgisch-vorpommerschen Seenplatte erwartete uns dort. Es war eine herrliche Stimmung, die von vielen einheimischen Ausflüglern belebt wurde.
Weiter ging es nach Klaipeda. Dort hatten wir das schönste und komfortabelste Hotel.
Wir besuchten die Kurische Nehrung mit ihren mächtigen Dünen. Die Besichtigung des Ferienhauses von Thomas Mann gehörte natürlich zum Programm.Das als Sommerhaus gedachte Gebäude konnte er mit seiner Familie allerdings nur von 1930-32 bewohnen. Leider hatten wir bei diesem Besuch den regenreichsten Tag der ganzen Reise, so daß die hochgesteckten Erwartungen in ihrer Erfüllung etwas gedämpft blieben.Für Literaturfreunde war der Eindruck jedoch erhebend.

Durch das Memellland ging es nach Riga. Unterwegs Besichtigungen aller Art.
Wir fuhren durch herrliche Wälder mit weiten Feldern , sahen viele Störche und ihre Nester. Nach Übertritt der Grenze nach Lettland bekamen wir eine lettische Reiseleiterin.
Riga ist eine schöne Stadt mit teilweise restaurierten Baujuvelen der Epochen aus Renaissance, Barock und Klassizismus. Auch hohe Jugendstilwohnhäuser ganz besonderer Art kann man hier besichtigen.
Man sieht in den Straßen und Gassen geschäftiges Treiben. Sehr eifrig wird gehämmert, gebaut und restauriert.
Wir besuchten in der Umgebung Reste der alten deutschen Herrenhäuser. Von der alten Pracht ist nur noch selten etwas zu ahnen. Mit viel Aufwand und Unterstützung der schwedischen Regierung wird am Erhalt alter Baudenkmäler gearbeitet, die zum Teil zum Kulturerbe der Welt erklärt wurden.
Durch die livländische Schweiz mit schönen Landstrichen und Wäldern ging es
weiter nach Estland, zunächst nach Tartu mit einer Übernachtung in einem sehr schlechten Hotel , um dann die Reise in Tallin zu beenden.
Die estländische Reiseleiterin, sehr jung noch, komplettierte den Eindruck, daß alle Reiseleiterinnen in den drei Ländern äußerst kompetent, gut deutsch sprechend, vom Studium her Germanistinnen, umfassend, knapp und genau Auskunft geben konnten.
Wir erfuhren alles über die Geschichte der vergangenen Jahrhunderte und der näheren Vergangenheit. Kunst, Baustile, Besiedelung, Herrschertum, derzeitige Lage in Wirtschaft,Politik und Landeskunde, Durchschnittseinkünfte, Mieten, Preise und Angaben über das Sozialversicherungssystem. Es wurde fast nichts ausgelassen.
Hervorgehoben werden muß, daß alle drei Länder sowohl vom Westen als auch vom Osten immer wieder überrollt und beherrscht wurden. Es gab im zwanzigsten Jahrhundert riesige Deportationen und Umsiedelungen der einheimischen Bevölkerung nach Sibirien. Die Menschen hatten Jahrhunderte lange Leibeigenschaft und Knechtung durch die verschiedenen Erobererungsfeldzüge hinter sich.

Der deutsche Reiseleiter war durch seine Funktion als Organisator mit seinem Wissen unausgelastet, so daß er die Reisegruppe mit zusätzlichen Informationen und Ausweitung des Programms nach meiner Meinung etwas überstrapazierte.
Mein Gesamteindruck ist der, daß es in allen drei Ländern noch viel Armut , geringe Einkünfte mit hohen Lebenshaltungskosten, Sozialabgaben und desolater Bausubstanz gibt. Man müht sich wacker, den Anschluß an den Westen zu schaffen, was sich aber als nicht ganz einfach erweist. Litauen, weitgehend auf Landwirtschaft spezialisiert, geht es dabei noch am schlechtesten,zumal der Osten als Markt weggefallen ist. Danach kommt Lettland. Besonders gut scheint die Entwicklung in Estland zu sein.Es war in seiner Geschichte schon immer mehr nach Finnland hin orientiert.
Alle drei Länder sind stolz , sich am Wettbewerb der internationalen Wirtschaftsentwicklung beteiligen zu können. Die Bedrohung der Fremdherrschaft, über Jahrhunderte erfahren, bleibt eine latente Gefahr, besonders durch die räumliche Nähe zu Russland.
Die Armut zeigt sich im Straßenbild durch die armen Alten und Kinder, die teilweise betteln. Ferner durch heruntergekommene Wohnhäuser, vielfach aus Holz gebaut, die der Witterung ausgesetzt, morsch und und verfallen wirken. Überall gibt es auch die bekannten Plattenbauten, die zum größten Teil für uns Westler unvorstellbar ärmlich und heruntergekommen ausssehen.
Überraschend war die Häufigkeit der Handybenutzer, fast wie bei uns.
Die estländishe Reiseleiterin erklärte mir, daß das Telefonieren mit dem Handy vergleichsweise billig sei, da es kein ausreichendes Telefonkabelnetz gab und gibt, so daß man diese technische Erneuerung als gutes Kommunikationsmittel schätzt.
Zu zweit konnten wir zwei Abende in Tallin ein Jazzlokal mit hervorragender Besetzung besuchen. Nur bei dieser Gelegenheit konnten wir Land und Leute beobachten, um einmal abseits von Gruppen-Touristen-Pflichtprogramm einen Eindruck vom Leben der Menschen in einem baltischen Staat zu bekommen. Es waren zwei der schönsten Erlebnisse für mich!
Alles in allem war diese Reise aufschlußreich und sehr anstrengend wegen des strammen Programmablaufs.
Claudine


llse Wedelstaedt antwortete am 30.06.01 (19:28):

..ein bißchen Neid - muß wundervoll gewesen sein!

Gruß Ilse


Johannes Michalowsky antwortete am 07.07.01 (13:23):

Wie wäre es, wenn im Seniorentreff auch eine Rubrik Reisebeschreibungen eingerichtet werden könnte? Da könnte auch mit Bebilderung und Landkarten aufgewartet werden, dann wäre das Thema nicht so dröööch!

(Internet-Tipp: https://www.literaturcafe.de/bf.htm?/reise.htm)


Karl antwortete am 07.07.01 (13:44):

Hallo Jo,


es gibt unter

/seniorentreff/de/autoren/index_autoren.html

die Rubrik Reisebeschreibungen. Falls gewünscht, stelle ich hier reisebeschreibungen mit Bildern ein (s. dort).
/seniorentreff/de/autoren/index_autoren.html

(Internet-Tipp: /seniorentreff/de/autoren/index_autoren.html)