Zur Seniorentreff Homepage
 Bücher suchen:





Neues ChatPartnersuche (Parship)FreundeLesenReisen LebensbereicheHilfe



Archivübersicht | Impressum

THEMA:   Altweibersommer

 9 Antwort(en).

iustitia begann die Diskussion am 24.09.04 (12:31) :

Ich habe im ST-Archiv nachgeschlagen - und zwei Gedichte über den "Altweibersommer" gefunden - von Ingrid Noll und Erich Kästner.
Über den Begriff gab es ja Streitereien - darüber fand ich hier im ST nichts. Ich halte den Begriff auch okay; er stimmt einfach. (Na, gut ich würd auch was Grauhaariges hergeben, wenn m ich die Natur fragt.)

Heute dieses Gedicht, mit Altweiberzwirn..:

PETER HUCHEL:
Oktoberlicht

Oktober, und die letzte Honigbirne
hat nun zum Fallen ihr Gewicht,
die Mücke im Altweiberzwirne
schmeckt noch wie Blut das letzte Licht,
das langsam saugt das Grün des Ahorns aus,
als ob der Baum von Spinnen stürbe,
mit Blättern, zackig wie die Fledermaus,
gesiedet von der Sonne mürbe.

Durchsüßt ist jedes Sterben von der Luft,
vom roten Rauch der Gladiolen,
bis in den Schlaf der Schwalben wird der Duft
die Traurigkeit des Lichts einholen,
bis in den Schlaf der satten Ackermäuse
poltert die letzte Walnuß ein,
die braun aus schwarzgrünem Gehäuse
ans Licht sprang als ein süßer Stein.

Oktober, und den Bastkorb voll und pfündig
die Magd in Spind und Kammer trägt,
der Garten, nur von ihrem Pflücken windig,
hat sich ins müde Laub gelegt,
und was noch zuckt im weißen Spinnenzwirne,
es flöge gern zurück ins Licht,
das sich vom Ast die letzte Birne,
den süßen Gröps des Herbstes bricht.
*
(Gröps = ?? - ist mirunbekannt.)
URL.: Peter Huchel

Internet-Tipp: https://www.leidenuniv.nl/mare/img/peter.huchel.jpg


schorsch antwortete am 24.09.04 (17:42):

Auf transparenten feinem Faden schwingt
ein Spinnlein, soeben ausgeschloffen,
hat mich nun fein am Kopf getroffen,
was mich dann gleich zum Dichten zwingst....

Äxgüsi, grinst der kleine Brommer,
nun hast auch du Altweibersommer!

Schorsch


marie2 antwortete am 25.09.04 (00:28):

Sommer ist es nicht mehr
und noch nicht Herbst.
Die Türen zum Unsichtbaren
öffnen sich leise –
-Fäden spinnen
zwischen drüben
und hier...

-Ilona Bodden-


Deine Einleitung, iustitia, machte mich neugierig. Ich googelte und fand bei frankfurt-interaktiv zu Altweibersommer:
…Der Ursprung führt in die germanische Mythologie. Mit „weiben“ wurde im Altdeutschen das Knüpfen von Spinnweben bezeichnet….
Gibt es noch andere Erkärungen als die in diesem Artikel angeführten?

Marie

Internet-Tipp: https://frankfurt-interaktiv.de/specials/herbst/altweibersommer.html


OnkelC antwortete am 25.09.04 (01:20):

Wenn man dem National Geographic glauben schenken darf (und das tue ich), wird der Begriff von Spinnweben abgeleitet, die im Herbst wie die Haare alter "Weiber" aussehen.
Ich hoffe die Damen nehmen mir das nicht übel, ich habe nur wiedergegeben, was der National Geographic dazu sagt !

Internet-Tipp: https://www.nobelpreis.org


iustitia antwortete am 25.09.04 (10:06):

Schönes Beispiel für "täuschende Wörter", die man auch Volksetymologie nennt.
Heike Olschansky hat ein schönes Buch, ein kleines Lexikon, dazu geschrieben (bei Reclam).
Daraus die Frage:
Was bedeutet "Kohldampf schieben"?
Dampfender Kohl? Der mich satt machen soll?? Aber "schieben"?
Weiß wer was....? (Sozusagen zum dampfenden Kaffee beim Frühstück gefragt.)
*
URL: Die Kleinen im Nest haben Hunger, abe keinen Kohldampf!

Internet-Tipp: https://www.steffensweb.de/HC%20Steffens%20Homepage-Dateien/THAOS_fotoalben/ThaiWeb/images/t287_Kohldampf.jpg


Medea. antwortete am 25.09.04 (19:06):

In den Gefängnissen gab es häufig Kohlsuppe, wahrscheinlich, weil das Gemüse sehr billig war.
Die dampfende Suppe wurde in große Behälter gefüllt, die wiederum auf vierrädrigen Karren, ähnlich den Karreten bei manchen Supermärkten, durch die langen Gänge geschoben wurde. Bei jeder Zelle wurde haltgemacht und die Suppe durch die Türklappe gereicht.
Es war also im wahrsten Sinne des Wortes ein "Kohldampfschieben" .... ;-))


iustitia antwortete am 25.09.04 (22:52):

@ Medea: find ich süß; in der Fachliteratur fand ich's anders; s. neues Thema: Volksetymolgien


Medea. antwortete am 26.09.04 (10:28):

Hallo justitia -
da ist ein wenig die Fantasie mit mir durchgegangen, ich gestehe es ... ;-))

Das wirkliche Kohldampfschieben, was ja ein Synonym für Hunger bedeutet, war mir einfach zu profan.
Ich hoffe, Du verzeihst es mir...? .-)


iustitia antwortete am 26.09.04 (10:36):

Ich verzeihe Menschen erst wieder - wenn ich als Ersatzmann für Rabbi Löws GOLEM auf diese Welt wiederkomme - s. Rilkes "Judenfriedhof"-Gedicht. (S. Gedicht...")

Internet-Tipp: https://www.nickass.com/graphics/golem.jpg


Enigma antwortete am 26.09.04 (14:58):

Altweibersommer

Gleich einer reifen Frau von schönster Sorte
streift jener Sommer noch einmal das Feld, die Flur.
Verwöhnt mit seinem lauen Atem viele Orte,
zeigt unverhüllt die Herrlichkeiten der Natur.

Noch küssen uns des Sommers warme Strahlen,
der Herbst, er scheint so weit und fern zu sein.
Und während Sonnenblumen sich gen Himmel malen,
erfreut den Menschen Obst und neuer Wein.

Wie lange mag der Sommer seine Tage mit uns teilen,
sein helles Antlitz und die übervolle, pure Lust.
Wir wünschten uns, er müsse nicht so schnell enteilen,
und mancher wehe Ton liegt auf der heißen Brust.

Schon bald hat er sein frohes Spiel verloren,
der Herbst tut eisern die Regentschaft kund.
Dann wird die Macht des Windes neu geboren,
der Bäume Blätter werden wieder welk und bunt.

Hansjürgen Katzer