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THEMA:   Gedichte - Kapitel IX

 95 Antwort(en).

webmaster begann die Diskussion am 19.02.01 (18:13) mit folgendem Beitrag:

Um Abstürze seltener zu machen, hier ist ein neues Kapitel Gedichte eröffnet. Das alte ist im Archiv (s.u.).

(Internet-Tipp: /seniorentreff/de/diskussion/archiv4/archiv.html)


Heidi antwortete am 19.02.01 (18:22):

Habe ich mir doch fast gedacht :-) -- Damit unser "neuer" Dichter nicht im Archiv untergeht -- nocheinmal

Georg Segessenmann (Pseudonym)ist Schweizer, Jahrgang 1932
und schreibt seit seiner Jugend (ca.200 Gedichte bisher).
Es gibt auch zwei Bücher von ihm: "Herbstlaub" (Amazon) und
"Der Armeleutebub" (nur direkt vom Autor). Hier seine
E-Mail-Adresse: gseges@yetnet.ch

Jetzt noch ein weiteres, sehr schönes Gedicht von ihm:

Bergwelt

Berge unter lichten Wolken,
Sturzbach, der zu Tale rauscht,
Herdenkühe, frisch gemolken,
Gemse, die Gefahr erlauscht;
Bergblumen ducken ihre Köpfe,
zwei Murmeltiere halten Wacht,
an Krüppellärchen flattern Zöpfe,
die Wind und Wetter grau gemacht.
Ich wandere dem Licht entgegen,
bestaun` die hehre Alpenwelt,
trotze kaltem Wind und Regen
und bin wie selten aufgestellt.
Rund um mich tanzen Nebelfetzen,
feuchten mir das Haar, die Haut;
Perlenpracht auf Spinnennetzen,
so schön, wie ich noch nie geschaut.
Märchenzauber? Zauberwelten?
ich verlier` mich hoffnungslos darin,
geniess` die Luft, die rein und sauber
und fühle, dass ich glücklich bin.


Die Wolkendecke, nun gerissen,
weicht dem zarten Himmelsblau,
verziert von weissen Wolkenkissen;
Gletscherwind wird lind und lau.
Seufzend pack` ich meine Sachen,
greif` zögernd nach dem Wanderstab,
durch meine Seele zieht ein Lachen,
das ich schon fast vergessen hab`.

Abwärts lenk` ich meine Schritte,
verlass` die hehre Zauberwelt;
hoch zum Himmel geht die Bitte,
dass der Herr sie lange noch erhält.


************************


August 1999 "Bergwelt" Georg Segessenmann


Kristinanne antwortete am 19.02.01 (19:34):

Willst Du lustig leben, geh mit zwei Säcken,
einen zum Verteilen, und einen um einzustecken.
Goethe

(Ich finde, das ist ein gutes Lebensmotto)


Heidi antwortete am 19.02.01 (22:15):

Schöner sind die Gedichte des Glücks.

Wie die Blüte schöner ist als der Stengel
der sie doch treibt
sind schöner die Gedichte des Glücks.

Wie der Vogel schöner ist als das Ei
wie es schön ist wenn Licht wird
ist schöner das Glück.

Und sind schöner die Gedichte
die ich nicht schreiben werde.

H.Domin


Heidi antwortete am 19.02.01 (23:24):

gerade per mail erhalten, passt! :-))


Nutze die Zeit

Eine von den schönsten Gaben
ist, im Leben Zeit zu haben.
Und dass man sie - weis` und gut
dann auch richtig nutzen tut !
Drum bedenkt, ihr alten Knaben
und auch Mädchen: Zeit zu haben
ist vom Schöpfer wohl gedacht,
dass man Gutes damit macht,
und dieses Gute dann auch nutzt,
bevor man einst wird weggeputzt.
Denn, ist man einmal dort oben,
wird der Schöpfer uns nicht loben,
dass wir seine Zeitguthaben
auf Erden nur verplempert haben!

November 1997 "zeitnutz" Georg Segessenmann


("Nutze die Zeit" wurde im "Werk I" der
"Nationalbibliothek des deutschsprachigen Gedichtes" aufgenommen, Seite 159)


Herbertkarl Huether antwortete am 20.02.01 (11:09):



(((o;

Beschränkung

Kannst du das Schönste nicht erringen,
so mag das Gute dir gelingen.
Ist nicht der große Garten dein,
wird doch ein Blümchen für dich sein.

Nach Großem drängt's dich in die Seele?
Daß sie im Kleinen nur nicht fehle!
Tu heute recht - so ziemt es dir;
der Tag kommt, der dich lohnt dafür!

So geht es Tag für Tag; doch eben
aus Tagen, Freund, besteht das Leben.
Gar viele sind, die das vergessen:
Man muß es nicht nach Jahren messen.

Eduard Bauernfeld

Bauernfeld,
Eduard von, österreichischer Schriftsteller,
*Wien 13.1. 1802, †ebenda 9.8. 1890; schrieb
witzig-elegante Konversationsstücke.
(c) Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus AG,
1999


Sieghard antwortete am 20.02.01 (14:42):


Gebet

Herr! schicke, was du willt,
Ein Liebes oder Leides;
Ich bin vergnügt, daß beides
Aus Deinen Händen quillt.

Wollest mit Freuden
Und wollest mit Leiden
Mich nicht überschütten!
Doch in der Mitten
Liegt holdes Bescheiden.

[Eduard Mörike 1804-1875]

.


Heidi antwortete am 20.02.01 (14:50):

Ingeborg Kaiser (aus "heimliches laster lyrik", eFeF-Verlag Zürich-Dortmund)

ich bin kein schweizer
nur ein mensch der
seine sehnsucht im
koffer zum bahnhof
bringt und ins
schließfach sperrt

ich bin kein mensch
nur eine frau die
nachts durch den
regen läuft und
in einer telefonzelle
zwei gramm seele verliert

ich bin keine frau
nur ein kind das
eben geboren in
arme genommen erzogen
zum mann geworden
getötet wird

ich bin kein kind
nur ein baum der
im säureregen noch
fruchtzapfen treibt
ein mahnmal gerippe
am rand unserer zeit

ich bin kein baum
nur ein haus das
verwaist vom einsturz
bedroht zerfällt ein
zeuge der zeit die
allein überlebt

ich bin kein haus
nur ein tier verborgen
in den ritzen der zeit
warte ich auf das
zeichen der taube daß
die tote erde grünt

ich bin kein tier
nur eine sage mit
dem namen noah die
arche ist verrottet
weggefegt seine erben
verseucht und verbrannt

ich bin keine sage
nur ein gerücht das von
der liebe weiß von
frau und mann und kind
von baum und haus und tier
von einer friedfertigen zeit


Brita antwortete am 21.02.01 (08:34):

Hier etwas zum Lächeln:

Einsicht

Ein Mensch beweist uns klipp und klar,
Dass er es eigentlich nicht war.
Ein andrer Mensch mit Nachdruck spricht:
Wer es auch sei - ich war es nicht!
Ein dritter lässt uns etwas lesen,
Wo drinsteht, dass ers nicht gewesen.
Ein vierter weist es weit von sich:
Wie? sagt er, was? Am Ende ich?
Ein fünfter überzeugt uns scharf,
Dass man an ihn nicht denken darf.
Ein sechster spielt den Ehrenmann,
Der es gewesen nicht sein kann.
Ein siebter - kurz, wir sehens ein:
Kein Mensch will es gewesen sein.
Die Wahrheit ist in diesem Falle:
Mehr oder minder warn wirs alle!

Eugen Roth


Sieghard antwortete am 21.02.01 (08:44):

Schön, Brita, dass du das Forum mit dem E. Roth
bereicherst. Dadurch angeregt, dieses hier:



Ein Mensch

Ein Mensch, an sich mit Doktorgrad,
Geht einsam durchs Familienbad.
Dortselbst beäugt ihn mancher hämisch,
Der zweifellos nicht akademisch.
Der Mensch erkennt, hier gelte nur
Der nackte Vorzug der Natur,
wogegen sich der schärfste Geist
Als stumpf und wirkungslos erweist,
Weil, mangels aller Angriffsflächen,
Es ihm nicht möglich, zu bestechen.
Der Mensch, der ohne Anschluß bleibt
An alles, was hier leibt und weibt,
Kann leider nur mit einem sauern
Hohnlächeln diese Welt bedauern,
Wirft sich samt Sehnsuchtsweh ins Wasser,
Verläßt es kalt, als Weiberhasser,
Stelzt quer durchs Fleisch mit strenger Miene
Auf spitzem Kies in die Kabine,
Zieht wieder, was er abgetan,
Die Kleider und den Doktor an
Und macht sich, weil er fehl am Ort,
Zwar nicht sehr geltend, aber fort.

[Eugen Roth 1895-1976]
.
.


Brita antwortete am 21.02.01 (09:31):

Auf Umwegen

Ein Mensch, der, was auch kommen möge,
Niemals die andern glatt belöge,
Lügt drum, denn dies scheint ihm erlaubt
Zuerst sich selbst an, bis ers glaubt.
Was er nun fast für Wahrheit hält,
Versetzt er dreist der ganzen Welt.

Eugen Roth


Herbertkarl Hüther antwortete am 21.02.01 (16:06):


Die Feder der Liebe

In völliger Vertraulichkeit
Allein mit ihrem Herzensfreunde
Ließ eine Dame ganz der Lüsternheit
Den Zügel. – Nach dem Spiel, das innig sie vereinte,
Hielt sie noch mit zufriedner Hand
Den schönsten Szepter, der ein Weib noch je entzückte,
Geheimer Freuden Unterpfand,
Durch welches die Natur die Sterblichen beglückte. –
Nicht beider Welten Gold, kein Blut
Reicht hin, so einen Szepter zu erringen,
Ich würde selbst mit Löwenmut
Um ein so seltnes Kleinod ringen,
Und gäbe obendrein noch all mein Hab und Gut –
Doch wieder zu der Aventüre:
Ein andrer Herr kam ohngefähr dazu
Und sah durchs Schlüsselloch der festverschlossnen Türe
Der ganzen Szene ruhig zu.
Der Szepter wurde nun samt dem Galan entlassen,
Der Riegel leise aufgemacht,
Der fremde Herr hereingelassen,
Zu dem sogleich die Dame sagt:
»Verzeihen Sie, wenn ich Sie warten lassen,
Ich schrieb.« – »Gewiß, Sie sind sehr glücklich,
Madame«, rief jener augenblicklich,
»Daß Amor selbst zum Schreiben sie geführt,
Da Ihre Hand so schön der Liebe Feder führt.«

Johann Georg Scheffner

08.08.1736 Königsberg - 16.08.1820 Königsberg


Sieghard antwortete am 21.02.01 (17:06):


Es ist der Fasching.
Es ist bald Frühling.


Rote Rosen
Rote Lippen
Roter Wein
Laden dich ein
Laden dich ein

Rote Rosen
Rote Lippen
Roter Wein
Laden dich ein
Laden dich ein

.
.


Heidi antwortete am 21.02.01 (17:42):

zum Karneval, Fasching, Altweiber... aus dem Fundus wort- und sinnverändert *g*

Tanzlied

tanz' Mädchen, tanz auf den Straßen
sing deine Lieder wirf
den Kopf in den Nacken
bis die Locken fliegen
und tanz, tanz, tanz

lieb' Mädchen, lieb' auf den Straßen
sing deine Lieder
verkauf dein Liebe
zum Selbstkostenpreis
und tanz, tanz, tanz

lach' Mädchen, lach' auf den Straßen
sing deine Lieder
verschenk deine Küsse
sie sind so heiss
und tanz, tanz, tanz

hl


Georg Segessenmann antwortete am 21.02.01 (20:28):

Nachdem ich nun die vorliegenden Gedichte von bekannten - und zumeist schon verstorbenen - Dichtern gelesen habe, der folgende Vierzeiler, der den Vorteil hat, von einem - noch! - lebenden Dichter verfasst worden zu sein:

Ich bin kein Goethe und kein Schiller,
vielleicht sogar ein Zeilenkiller?!
Doch weil Goethe/Schiller nicht geblieben,
hab` ich nun diesen Vers geschrieben!

Georg von Signau, alias Georg Segessenmann, CH-Obergösgen


Evelyn antwortete am 21.02.01 (21:38):

tauwetter

vom eise befreit ein krokus
schiesst auf die blutbuche
streut müde blätter drauf

am scheunendach gab`s paar schindeln
den rest dort fand eine taube
gefallen am nest

was kaum aus der wiege
stapft munter im matsch die grossmutter
sonnt sich im nachbarsklatsch.

ewe


Heidi antwortete am 21.02.01 (22:32):

Antwort :-))))
bin keine ? und keine Domin
schreib' meine Worte einfach hin
lebendig auch, noch lang' nicht tot
meine Lieblingsfarbe ist immer noch rot

hl




:-)) Hallo Georg, schön, dass Du Deine Gedichte jetzt selbst hier einbringst.


Brita antwortete am 22.02.01 (08:18):

Frühjahr

Der Regen fällt ganz dicht herab
Wasser steht in den Wiesen
Die Bäume sind noch kahl und nackt
Und lassen sich begießen.

Die Nacht ist kühl, die Erde riecht
Die Wurzeln saugen sich ganz voll
Das Leben in die Pflanzen kriecht
Sie sind berauscht und werden toll.

Am frühen Morgen strahlt die Sonne
Die Wolken sind wie weggefegt
Durch Wärme wird erzeugt die Wonne
Und alle Wesen sind erregt.

Die Knospen wollen sich entfalten
Sie platzen auf im lauen Wind
Das Grün ist nicht mehr aufzuhalten
Jetzt kommt der Frühling ganz geschwind.

bk


Heidi antwortete am 22.02.01 (21:55):

Storm - hatten wir lange nicht mehr :-))

Februar

Im Winde wehn die Lindenzweige,
Von roten Knospen übersäumt;
Die Wiegen sinds, worin der Frühling
Die schlimme Winterzeit verträumt.

* * *

Februar

O wär im Februar doch auch,
Wie's andrer Orten ist der Brauch,
Bei uns die Narrheit zünftig!
Denn wer, so lang das Jahr sich mißt,
Nicht einmal herzlich närrisch ist,
Wie wäre der zu andrer Frist
Wohl jemals ganz vernünftig.

* * *

Größer werden die Menschen nicht;
Doch unter den Menschen
Größer und größer wächst
Die Welt des Gedankens.
Strengeres fodert jeglicher Tag
Von den Lebenden.
Und so sehen es alle,
Die zu sehen verstehn,
Aus dem seligen Glauben des Kreuzes
Bricht ein andrer hervor,
Selbstloser und größer.
Dessen Gebot wird sein:
Edel lebe und schön,
Ohne Hoffnung künftigen Seins
Und ohne Vergeltung,
Nur um der Schönheit des Lebens willen.

Theodor Storm


Evelyn antwortete am 23.02.01 (15:22):

Den Frühling rufen

Morgens
pfeife ich deinen Namen
in die frische Luft -

und schon
klappert es Antwort
vom Scheunengiebel zurück -

Kinderlachen
springt übern Weidenzaun
purzelt ins Licht.


Heidi antwortete am 24.02.01 (11:26):

Was Storm über den Frühling schreibt:

Frühlingslied

Und als das Kind geboren ward,
Von dem ich heute singe,
Der Winter schüttelte den Bart:
»Was sind mir das für Dinge!
Wie kommt dies Frühlingsblümelein
In mein bereiftes Haus hinein?
Potz Wunder über Wunder!«

Doch klingeling! Ringsum im Kreis
Bewegt' sich's im geheimen;
Schneeglöckchen hob das Köpfchen weiß,
Maiblümchen stand im Keimen;
Und durch die Lüfte Tag für Tag,
Da ging ein süßer Lerchenschlag
Weit über Feld und Auen.

Herr Winter! greif Er nur zum Stab!
Das sind gar schlimme Dinge:
Sein weißes Kleid wird gar zu knapp,
Sein Ansehn zu geringe! -
Wie übern Berg die Lüfte wehn,
Da merk ich, was das Blümlein schön
Uns Liebliches bedeute.

Th.Storm


:-)) und hl auf die Schnelle:

Bitte

Lieber Frühling komm doch bald
der Winter ist so bitterkalt
hier ist alles weiss verschneit
komm doch, liebe Frühlingszeit!
Bring Wärme, Blumen, Vogelsang
der Winter ist schon viel zu lang
hl

Gruß aus dem tief verschneiten Siegen :-)


Herbertkarl Hüther antwortete am 24.02.01 (12:23):


Phrasendrescherei (((-:

Objektive Paralyse zur Verwirklichung von Skaleneffekten.

Nichtolympische Wizards zur Verstärkung von Spekulationsgewinnen.

Experimentelle Beta-Tests zur Molekularisierung von SQL-Perfomance.

Weitreichende Kapitalerhöhungen zur Sensibilisierung von langfristigen Potentialverbesserungen.

Rationale Hyperlinks zur Segmentierung von Individualisierung.

Kompetente Kooperationen zur Unterstützung von innerer Kündigung

Umfassende Content Management Software zur Protokollierung von unnötigen Warnungen.

Ausgefallene Nutzerverwirrung zur Unterdrückung von innerer Kündigung.

Umfangreiche Web-Apps zur Sensibilisierung von virtuellen Realitäten.

Individuelle Adressierung zur Defragmentierung von Kompetenz-Defiziten.

Strukturierte Kooperationen zur Steigerung von Hardware-Problemen.

Komplette Read-only-Datenbanken zur Erfolgskontrolle von Spekulationsgewinnen.

Kritische Content Management Software zur Genehmigung von Co-Location-Umgebungen.

Multidimensionale Desintegration zur Vermeidung von siliziumbasierten Produkten.


Georg Segessenmann antwortete am 24.02.01 (17:48):

Liebe Närrinnen und Narren.
Es ist Faschingszeit (in der Schweiz heisst sie Fasnacht). Drum erlaube ich mir, ein nicht ganz so ernst zu nehmendes (dafür aber eigenes!) Gedicht beizusteuern. Wer da meint, es sei seinen zarten Nerven nicht zuzumuten, der überspringe es. Herzlich, Schorsch

Sommersprossen
**************

Bill Kramer ging zum Hallenfest;
dort traf sich Prominenz und Rest,
mit wenig und auch viel Vernunft
in des Dorfes Truppenunterkunft,
welche man unterirdisch angelegt
und für das Fest hat sehr gepflegt.
Der Bill hat nicht nur zugeschaut;
Er ass auch Wurst und Sauerkraut;
welch letzeres dann nachts und spät
sehr die Därme ihm hat aufgebläht.
Bill ist dann zur Toilette gehetzt;
doch diese war halt schon besetzt,
von jemand der schon lang gesessen,
weil auch er hat Sauerkraut gegessen.
Bill wand und krümmte sich gar kläglich,
sein Drücken wurde unerträglich;
er weinte fast, er klagte, fluchte,
dann alsbald er das Weite suchte.
Doch draussen an der Halle Wand,
er dann ein finsteres Plätzchen fand.
Dort in einen tiefen Gitterschacht
hat er nun sein Geschäft gemacht.
Erleichtert dann und voller Glück
ging Bill nun zu dem Fest zurück.
Hier wurde er mit Fäusten, Stangen
und mit Mordsgeschrei empfangen.
Man schimpfte Sau ihn und man schlug;
am Ende man ihn aus der Halle trug.
Und die Moral von der Geschicht?
Euch zu warnen ist es meine Pflicht:
Wann immer ihr ein Drücken spürt;
entlässt es nur, wo sich`s gebührt,
nicht an dem Platz, den Bill erkoren,
nicht in den Schacht von Ventilatoren.
Denn was man immer hat genossen:
es verändert sich zu Sommersprossen!

****************

August 1999 „Sommersprossen“ Georg Segessenmann


Brita antwortete am 24.02.01 (21:05):



Gott schreibt
mit jedem Menschen
eine Geschichte.
Keine Story.

Gott schreibt
mit jedem Menschen
eine Geschichte,
seine Geschichte.

Kein Märchen.
Kein Roman.

Ein Buch
Mit sieben Siegen.

(Petrus Ceelen)


eva antwortete am 25.02.01 (13:12):

Der Kürenberger - Mitte 12 Jhdt.,ältester namentlich
bekannter Dichter dt.Sprache. Wohl aus ritterlichem
Geschlecht aus der Gegend um Linz. Eigenständige
Charakteristik, so tritt auch die Frau als Werbende auf.
Auch das "Falkenlied" ist die Klage einer verlassenen
Frau. (ohne mhd. Betonungszeichen, da zu mühsam !!)

Ich zoch mir einen valken mere danne ein jar.
do ich in gezamete als ich in wolte han
und ich im sin gevidere mit golde wol bewant,
er huop sich uf vil hohe und floug in anderiu lant.

Sit sach ich den valken schone fliegen.
er fuorte an sinem fuoze sidine riemen,
und was im sin gevidere alrot guldin.
got sende si zesamene die gerne geliep wellen sin !


Heidi antwortete am 25.02.01 (14:09):

Da es mir schwer fällt, dieses Gedicht zu"lesen", hier die Übersetzung von Max Wehrli:

Ich zog mir einen Falken länger als ein Jahr
Als ich ihn gezähmt, wie ich ihn haben wollte,
und sein Gefieder mit Gold geschmückt hatte,
hob er sich hoch auf und flog davon.

Seither sah ich den Falken schön fliegen:
er führte an seinem Fuß seidene Fesseln
und sein Gefieder war ganz rotgolden.
Gott sende sie zusammen, die einander
gerne liebhaben wollen.


Georg Segessenmann antwortete am 25.02.01 (17:18):

Für eva.krill@chello.at

Das Gedicht von "Der Kürenberger" konnte ich leider nicht ganz entziffern. Als "Revanche" hier ein Schwizerdütsches:

Amslenäscht

**********

Hinderem Huus im Buächlihaag
hockt en Amslemuätter
si brüätet scho der liebläng Taag;
s Männdli bringt äre s Fuätter
**********
Das het ou s Nochbers Büsi gseh,
äs luuret scho am Bode;
Amslewiibli, oh herrjeh,
wotsch du di net verrode?
**********
I schtöik diä Chatz, so guet i chaa,
us em Haag ond Rase.
Zom Dank loht mir der Amslemaa
es Gaggeli uf d`Nase !

**********

April 1995 "amslenäs" G.Segessenmann

Mit herzlichen Grüssen, Georg von Signau, alias G. Segessenmann


Herbertkarl Hüther antwortete am 25.02.01 (17:35):


Starkdeutsch II (((o;


Bleut

Speite Stond.zr Appnstond
kimmt dr Foks dahör,
stoppt süch Heunar in demm Mont,
s Bleut fleiszt hinthör.
Maidul, wann de Jonckfru büst
döncke steitz darannen:
vi dr Foks di Heunar früszt,
fraszen düch die Mannen.

Matthias Koeppel


Bür

Van demm Büre, van dem Büre
kimmt di Tumbenhait herrvüre.
Schaugist tu ze tiff inz Glarz,
kimmt taksdroff de Koppeschmarz.
Trumb min Pursch, ück sach dirr offtn:
drünck nich Bür, drünck Epplsofften!

Matthias Koeppel


Schafft den Duden ab!
"Verstärktes Deutsch" als Waffe gegen die
Sprachlosigkeit

Die Sprache ist schwach geworden. Stumpf
wird geistlos. Zurückgeblieben hinter der
allgemeinen Entwicklung droht sie, zu
verstummen. Die Sprachlosigkeit steht
vor der Tür.
Gegen diesen Trend wendet sich der
"Verein zur Verstärkung der Deutschen
Sprache". Initiator ist Matthias Koeppel,
Jahrgang 1937, Berliner Maler, Allround-
Maler-Kollegen Grützke organisierte er
bisher u. a. die "Trans-Berlinerische-
Sonnenauf-und-untergangs-Beobachtungsgesellschaft",
die "Transhelvetische Kanalgesellschaft",
deren Hauptaufgabe die Schiffbarmachung
der Schweiz ist, und schließlich den
"Verein zur Erneuerung der Fotografie durch
Abschaffung des Verwackelns". Während
Koeppels Malstil der "Kritische Realismus"
ist, steht bei seinen literarischen Experimenten
die Empfindung im Mittelpunkt. Seine Schallplatte
"Miederlieder" (bei Liberty) trug den ersten
Ansatz zur Sprachverstärkung. Jetzt ist das
Ziel erreicht. Koeppel schreibt nur noch
starkdeutsch.


Heidi antwortete am 25.02.01 (20:35):

"hhh hm" würde der Siegerländer dazu sagen (man spricht das nach dem h als kurze stimmlose Mischung zwischen ä und e aus) gibt leider keinen Buchstaben dafür*g*) Aber diese zwei Laute sind für den Siegerländer schon ein komplettes Gedicht (wenn er welche schreiben würde)und ersetzen auch sonst alle nur möglichen Kommentare :-))


Heidi antwortete am 26.02.01 (08:52):

Carne val?

Masken

wie einfach das ist:
Schminke, Papier und Stoff
in bunten Farben
an den Körper gehängt
ein anderer Mensch

wie einfach das ist:
hinter Masken versteckt
Konventionen abgelegt
Erziehung vergessen
hinein ins bunte Leben

wie einfach das ist:
das Leben geniessen
mit Alkohol und Sex
die Welt auf Du und Du
Frohsinn vorgeschrieben

wie einfach das ist:
Lachen um jeden Preis
Vergessen der Realität
ohne Rücksicht auf Verlust
Aschermittwoch ist weit

hl


Wolfgang antwortete am 26.02.01 (11:07):

Eines Morgens wachst Du auf
und bist nicht mehr am Leben.
Über Nacht, wie Schnee und Frost,
hat es sich begeben.
Aller Sorgen dieser Welt
bist du nun enthoben,
Krankheit, Alter, Ruhm und Geld
sind wie Wind zerstoben.
Friedlich sonnst du dich im Licht
einer neuen Küste,
ohne Ehrgeiz, ohne Pflicht,
- wenn man das nur wüßte!

Mascha Kaléko


Iris Berghaus antwortete am 26.02.01 (14:38):

Mit den Schuhen

Was man will, kann man nicht geben,
Und man gibt nur, was man muß,
Also gibt man einen Kuß
Und man gäbe gern das Leben.

Also gibt man einen Strauß
Statt des Gartens um ein Haus,
Gibt das Buch als den Entgeld,
Für die Weisheit aller Welt,

Drängt den Ring an einen Finger,
Schlingt die Kette um den Hals,-
Alles nur wie ein geringer
Abschlag auf die Schuld des Alls!

Jenes Alls, in dem man ist,
Wenn man eine liebt,-
Wer der Gabe Sinn vergißt,
Was hat er, was er gibt?

Alle Gabe ist nur Sinn
Und Bild in einer Hülle,
Seit ich fühle alle Fülle,
Weiß ich erst, wie arm ich bin!

Mach mich du, geliebtes Kind,
Zum reichsten von den Leuten!
Sieh nicht an, was Gaben sind,
Nur an, was sie bedeuten.

Für das ganze Feld der Ähre,
Für den Himmel nimm den Stern,
Und mich selbst für was ich gern
Um Deinetwillen wäre!

Diese Hände mit den Schuhn-
Fühle, was sie nur vertreten,
Sieh nicht, was sie eben tun,
Nur was sie lieber täten!

Nimm sie so, wie ich sie sende
Denn sie meinen, Süße-
Lieber legt ich beide Hände
Unter deine Füße!

Zwar sie stehn für keine Gabe
-Dennoch sei das Spiel verziehn!
Alles ist ja nur geliehn,
Solang ich DICH nicht habe.

Rudolf Borchardt



Heidi antwortete am 26.02.01 (23:20):

Borchardt? :-)) --- hl's reimlose Liebeserklärung :-)

so lange..

solang' ich Dich habe
singt mein Herz zärtliche Lieder
von Freude und Liebesglück

solang' ich Dich habe
gibt es Boden unter meinen Füssen
obwohl ich im Himmel schwebe

solang' ich Dich habe
bin ich reich an Gefühlen
ich schenke sie Dir

solang' ich Dich habe
hast Du auch mich
niemand soll uns trennen

hl


waltraud antwortete am 27.02.01 (02:42):

waltraud antwortet auf Verse von hl:

FÜR DICH

Jeder Tag zählt für mich,
seh ich nur dein Gesicht,
hör das Wort, das du sprichst.

Jeder Tag zählt für mich,
mit gemeinsamem Tun,
mit großen und kleinen Erfolgen.

Jeder Tag zählt für mich
wo ich ganz genau weiß:
ich verstehe dich.

Jeder Tag zählt für mich,
der Vertrauen beweist
und Offenheit preist.

Jeder Tag zählt für mich,
fühl' ich dich
und du mich!

Jeder Tag, jede Nacht,
mit dir verbracht,
zählen für mich.

W.Fuchs


Sieghard antwortete am 27.02.01 (22:10):

Faschings-Ende

Es pfeift der Wind. Konfettiregen.
Seeräuber kommen dir entgegen.
Schneewittchen sitzt die Krone schief,
wer wohl die vielen Narren rief?
Ein algengrüner Wassermann
glotzt dich mit grünen Augen an.
Die Königin der Ballsaison
winkt hoheitsvoll vom Marktbalkon.
Die Cowboykinder sind dabei,
sie schießen sich die Straße frei.
Musik erdröhnt: tanzt rascher, rascher !
Ab Mitternacht ist Mittwoch, Ascher-.

[Verfasser unbekannt]

aufgelesen irgendwo im Internet
.


:-) Heidi antwortete am 28.02.01 (07:57):

Denker und Dichter

Wohlan, ihr neunmal Weisen!
Ich fordre euch heraus!
Baut ihr von Stein und Eisen
Ein sturmgesichert Haus:
Bau' ich aus Blütendüften
Und Mondschein mir ein Schloss,
Drin biete ich euch allen Trutz
Und eurem Schülertross!

Die güldnen Sonnenstrahlen
Sind meine Lanzen scharf,
Die Blumen in den Talen
Sind all mein Schiessbedarf;
Die Tannen auf den Bergen
Sind meine Wächtersleut',
Des Himmels Sterne allzumal
Mein glänzend Heer zum Streit.

Auf, meine Siegstandarte,
Die ist das Abendrot!
Auf, meine Feldherrnwarte,
Die ist das Morgenrot!
Mein Tambour ist der Donner,
Der durch die Lüfte rollt,
Trompeter ist der wilde Sturm,
Der auf den Meeren grollt.

Der Oberfeldzeugmeister
Ist meine Phantasie,
Und ihre tapfern Geister
Verliessen mich noch nie!
Die unerschöpfte Kasse
Der Quellen Silberschaum,
Mein lustig kühles Lagerzelt
Des Waldes grüner Raum.

Die Wolken sind Trabanten,
Die meine Stimme ruft,
Und meine Adjutanten
Die Adler in der Luft,
Die fliegen und die spähen
Hinaus in alle Welt,
Mein leicht' Gemüt ist Feldmarschall,
Das ist ein guter Held!

Ich sende dir entgegen,
O Feind! die Nachtigall,
Die bringt mit ihren Schlägen
Dich alsogleich zu Fall.
Ich lasse auf euch spielen
Mein duftiges Geschütz,
Und euer Eis zerschmelzen muss
An meinem Lanzenblitz!

Gott hat zu seinem Zeugen
Geordnet den Gesang;
Der wird nun nimmer schweigen
Die Ewigkeit entlang.
In seinen Zauberwellen
Versinkt der letzte Spott;
Solange noch ein Dichter lebt,
Lebt auch der alte Gott!

Gottfried Keller


Herbertkarl Hüther antwortete am 28.02.01 (11:59):




einzig

gruene kartoffeln
auf dem acker

schwappende suppe
nur zu heiss

naesse in
den gliedern

spreu vom
weizen getrennt

haare umschlingen
kuehle nacht

meistern die
tat zutage

ein same
gesetzt in
realitaet

hkh


Sieghard antwortete am 01.03.01 (07:47):


Die Frage bleibt

Halte dich still, halte dich stumm,
Nur nicht fragen, warum? warum?

Nur nicht bittere Fragen tauschen,
Antwort ist doch nur wie Meeresrauschen.

Wies dich auch aufzuhorchen treibt,
Das Dunkel, das Rätsel, die Frage bleibt.

[Theodor Fontane]

.
.


Anni möchte ab und zu mitmachen antwortete am 01.03.01 (19:22):

Darf ich mit Fontane weitermachen?

Erscheint dir etwas unerhört,
bist du tiefsten Herzens empört,
bäume nicht auf, versuch's nicht im Streit,
berühr es nicht, überlaß es der Zeit.
Am ersten Tag wirst du dich feige schelten,
am zweiten Tag läßt du dein Schweigen schon gelten,
am dritten hast du`s überwunden,
alles ist wichtig nur auf Stunden,
Ärger ist Zehrer und Lebensvergifter,
Zeit ist Balsam und Friedensstifter

(Theodor Fontane)


Eva antwortete am 01.03.01 (21:32):

Heiter und besinnlich für den späten Abend :

Heimatlose

Ich bin fast
Gestorben vor Schreck:
In dem Haus, wo ich zu Gast
War, im Versteck,
Bewegte sich,
regte sich
Plötzlich hinter einem Brett
In einem Kasten neben dem Klosett,
Ohne Beinchen,
Stumm, fremd und nett,
Ein Meerschweinchen.
Sah mich bange an,
Sah mich lange an,
Sann wohl hin und sann her,
Wagte sich
Dann heran
Und fragte mich :
"Wo ist das Meer ?"

Joachim Ringelnatz


Sieghard antwortete am 01.03.01 (21:34):

Herzlich willkommen Anni hier in
"Gedichte IX"; schön, dass du mit-
machst: Jetzt noch ein kleines
Gedicht von demselben:

------------------------------------------------

Alles still! es tanzt den Reigen
Mondenstrahl in Wald und Flur,
Und darüber thront das Schweigen
Und der Winterhimmel nur.

Alles still! vergeblich lauschet
Man der Krähe heisrem Schrei.
Keiner Fichte Wipfel rauschet,
Und kein Bächlein summt vorbei.

[Theodor Fontane]


.


Georg Segessenmann antwortete am 02.03.01 (09:21):

Seniorentanz

Tanzt, Senioren, tanzt im Reigen;
tanzt nach Keyboarddrums und –geigen;
tanzt wie wild im Kreis herum;
lasst kein einzig Tänzchen aus;
bald schon muss man ja nach Haus;
ach wie schnell die Zeit geht um!

Tanzt, Senioren, tanzt im Reigen;
unser Leben war stets Schweigen;
doch nun bricht alles aus uns raus;
wetzt die Zähne, wetzt die Säbel,
wetzt die Klingen und die Schnäbel;
singt und tanzt; es gibt Applaus!

Tanzt, Senioren, tanzt im Reigen;
denen wollen wirs jetzt zeigen;
zeigen, wer wir wirklich sind;
singt die schönen alten Lieder;
schwingt die müden alten Glieder;
fühlt euch wieder wie das Kind!

März 01, Georg von Signau, alias G. Segessenmann


Herbertkarl Hüther antwortete am 02.03.01 (09:24):



angetan

schaler lachs in
der blechdose

leichtes ruetteln
des koerpers

flammende niederkunft
im hohlen asyl

verrauchte kaffebohnen
im braunen filter

niedergeschlagene regentropfen
im windeshauchen

klirren der schluessel
zur uhr der nacht

begebe dich hinweg
und folge dem weg

hkh


Anni antwortete am 02.03.01 (19:25):

Danke Sieghard für Dein Willkommen. Wäre ich nicht so un-
sicher, hätte ich mich eher eingeklinkt. Lese "Euch" schon
länger.

Märztag

Wolkenschatten fliehen über Felder,
blau umdunstet stehen ferne Wälder.

Kraniche, die hoch die Luft durchpflügen,
kommen schreiend an in Wanderzügen.

Lerchen steigen schon in lauten Schwärmen,
überall ein erstes Frühlingslärmen.

Lustig flattern, Mädchen, deine Bänder,
kurzes Glück träumt durch die weiten Länder.

Kurzes Glück schwamm mit den Wolkenmassen,
wollt' es halten, mußt' es schwimmen lassen.

(Detlev von Liliencron)


:-)) Heidi antwortete am 02.03.01 (23:05):

Regenbogen

Ich tanze auf dem Regenbogen
ich fliege auf den Mond
zünd auf den Sternen die Lichter an
schau nach wer im Himmel wohnt

im Reich der bunten Phantasie
da kann ich glücklich sein
in meinen Träumen ist alles wahr
und niemand ist dort allein


Ich zünd auf den Sternen die Lichter an
ich tanze auf dem Regenbogen
und wenn du willst dann tanz mit mir
bis in den Himmel droben

hl


Brita antwortete am 03.03.01 (07:44):

...ganz schlicht - ein Reim

Poesie-Album

Leise weht der Abendwind
vergiss es nicht, du warst mal Kind ...

Die Sonn' geht auf im Morgentau
Du bist jetzt eine tolle Frau ...

Die Rosen duften, blühen rot
Die Liebe lebt, sie ist nie tot ...

Im Himmel oben flimmert Licht
Das schenkt dir ganz viel Zuversicht.

bk


Wolfgang antwortete am 03.03.01 (21:23):

Fünf Schwierigkeiten beim Schreiben der Wahrheit (von Bertolt Brecht)

Wer heute die Lüge und Unwissenheit bekämpfen und die Wahrheit schreiben will, hat zumindest fünf Schwierigkeiten zu überwinden.

Er muss den MUT haben die Wahrheit zu schreiben, obwohl sie allenthalben unterdrückt wird;
die KLUGHEIT, sie zu erkennen, obwohl sie allenthalben verhüllt wird;
die KUNST, sie handhabbar zu machen als eine Waffe;
das URTEIL, jene auszuwählen, in deren Händen sie wirksam wird,
die LIST, sie unter diesen zu verbreiten.

[...]


Heidi antwortete am 03.03.01 (22:42):

da wir gerade beim Thema Diskussionsforen sind :-)), hier ein Gedicht zum Thema anonyme Schreiber oder Chatter im www, aus dem Fundus ausgegraben:-)

masken, fassaden
anonymität
wer sich hier einlässt
für den ist's schon zu spät:

du liest und verstehst
verstehst nicht und schreibst
du fragst bekommst antwort
deren frage du nicht weißt

du spielst mit den worten
der ball kommt zurück
dein herz spielt nicht mit
der sieg ist missglückt

doch das spiel geht weiter
nicht immer nur heiter
mit maske, fassade
und anonymität

hl


Anni antwortete am 04.03.01 (08:16):

Es ist wohl angenehm, sich mit sich selbst
beschäft'gen, wenn es nur so nützlich wäre.
Inwendig lernt kein Mensch sein Innerstes
erkennen; denn er mißt nach eignem Maß
sich bald zu klein und leider oft zu groß.
Der Mensch erkennt sich nur im Menschen, nur
das Leben lehret jedem, was er sei.

(Goethe)


Herbertkarl Hüther antwortete am 04.03.01 (09:55):


grosstaten


viele koerner
erzeugen gries

kleine haende
formen worte

geruch des befriedetseins
haengt ueber dem nebel

talwaerts schmeckt
dass essen besser

willkommen
haengt in der luft

fuesselt eine junge dame
um den garten herum
waehrend langsam die natur
ihre schweife zurueckzieht
raedert der fuchs noch
durch's feld

hkh


eva antwortete am 04.03.01 (09:55):

Gedanken vor Ostern ...

Denn es gehet dem Menschen wie dem Vieh,
Wie dies stirbt, so stirbt er auch;
Und haben alle einerlei Odem;
Und der Mensch hat´s nichts mehr denn das Vieh :
Denn es ist alles eitel.
Es fährt alles an einen Ort;
Es ist alles von Staub gemacht,
Und wird wieder Staub.
Wer weiss, ob der Geist des Menschen aufwärts fahre,
Und der Odem des Viehes unterwärts unter die Erde fahre ?
Darum sahe ich, dass nichts Besseres ist,
Denn dass der Mensch fröhlich sei in seiner Arbeit;
Denn das ist sein Teil.
Denn wer will ihn dahin bringen, dass er sehe,
Was nach ihm geschehen wird ?

Salomo 3, 19 - 22
(von Johannes Brahms in den "vier ernsten Gesängen" vertont.)


Sieghard antwortete am 04.03.01 (12:15):


LETZTER FRÜHLING

Nimm die Forsythien tief in dich hinein
und wenn der Flieder kommt, vermisch auch diesen
mit deinem Blut und Glück und Elendsein,
dem dunklen Grund, auf den du angewiesen.

Langsame Tage. Alles überwunden.
Und fragst du nicht, ob Ende, ob Beginn,
dann tragen dich vielleicht die Stunden
noch bis zum Juni mit den Rosen hin.

[Gottfried Benn 1886 - 1956]
.
.


:-) Heidi antwortete am 04.03.01 (14:51):

wortbrei

gries und milch
ergibt griesbrei

grosse geister
formen kleinliche weisheit

nebel verdeckt wahrheit
zucker süßt nur den brei

über den bergen
ist die luft klarer

abschied
vom dunstigen tal

die füchsin wechselt
das revier
während der frühling
die fanfare putzt
um mit hochglanz
die natur zu preisen

hl


Heidi antwortete am 04.03.01 (15:01):

:-))

Frühlingstraum

es dauert nicht mehr lang, mein Herz
dann wird es wieder grün
der Vögel süßes Lied, mein Herz
hörst du es? es klingt so schön
und Schmetterlinge fliegen
der Himmel ist so blau
im grünen Gras und in der Sonne liegen
vergessen ist das Grau

Es dauert nicht mehr lang, mein Herz
dann bin ich dir so nah'
die Wärme meiner Hand, mein Herz
fühlst du sie? ja, ich bin da
und deine Lippen streicheln
die meinen zärtlich, süß
mit leis' gesummten Liebesweisen,
erwacht das Paradies

....

hl


Herbertkarl Hüther antwortete am 05.03.01 (11:32):



Schuettelreime III

Fidel hofft, daß es dem Staat nützt,
wenn ihn der Pole im Ornat stützt.
Kaum Brot gibt's in Havanna mehr.
Wie praktisch da doch Manna wär!

Johannes Widi


Ein Doktor, der sonst Pflaster legt,
im Urlaub gern das Laster pflegt.

Erbse

Ein Grund ist schuld daran,
wenn Mädchen in die Kissen weinen:
Sie brauchen dringend einen Mann,
doch ach, sie wissen keinen!

Erbse

Ein jeder hat von Natur Talent,
doch bleibt es oftmals nur latent.

Erbse

Ein Läufer rennt durch Sachsenhausen.
Hei, wie seine Haxen sausen!
Doch bald befällt ihn Beckenreißen,
als würd' ein Hund den Recken beißen,
worauf er stöhnt beim Laufen: "Sag,
ob das wohl am Saufen lag?"

Jürgen Rehm

Ein Moschushauch um Gerda weht
da merkt gleich jeder, wer da geht.

Erbse

Ein nicht geölter Schiebeladen
beim Fensterln kann der Liebe schaden.
Auch lassen kurze Schiebeleitern
beim gleichen Zweck die Liebe scheitern.

Erbse

Ein stürmisches Augusterlebnis
zeigt erst im Mai das Lustergebnis.

Erbse

Ein Teeglas will ich für Susanne kaufen,
dann muß sie nicht mehr aus der Kanne saufen.

Johannes Widi

Einer trank beim Baden Wein,
glitt aus und brach sich's Wadenbein.

Boris Hasselblatt

Ich darf doch wohl verschreckt sein
und "Niemals wieder Sekt!" schrei'n.
Komm, große weiße Pille mein,
und lindere der Promille Pein.

Johannes Widi


Sieghard antwortete am 05.03.01 (14:48):


Zur Wiederholung und Erinnerung:

"Du willst 'ne Harley leasen, Rocker?
Dann mach' schon mal 'nen Riesen locker."

Erbse

"O tempora, o mores!" rief er,
kaum roch des Abflußrohres Mief er.

Johannes Widi

"Oh, Schatz, erhöre meine Bitte!
Laß mich in deiner Beine Mitte!"

Erbse

'ne Flasche Schnaps trank Liebetraut -
dann wurden ihre Triebe laut.

Erbse

Als ich um Geld trotz Manko bat,
verhöhnte mich der Bankomat.

.


Sieghard antwortete am 05.03.01 (14:59):


VORFRÜHLING

Es läuft der Frühlingswind
durch kahle Alleen,
seltsame Dinge sind
in seinem Wehn.

Er hat sich gewiegt,
wo Weinen war,
und hat sich geschmiegt
in zerrüttetes Haar.

Er schüttelte nieder
Akazienblüten
und kühlte die Glieder,
die atmend glühten.

Lippen im Lachen
hat er berührt,
die weichen und wachen
Fluren durchspürt.

Er glitt durch die Flöte
als schluchzender Schrei,
an dämmernder Röte
flog er vorbei.

Er flog mit Schweigen
durch flüsternde Zimmer
und löschte im Neigen
der Ampel Schimmer.

Es läuft der Frühlingswind
durch kahle Alleen,
seltsame Dinge sind
in seinem Wehn.

Durch die glatten
kahlen Alleen
treibt sein Wehn
blasse Schatten

und den Duft,
den der gebracht,
von wo er gekommen
seit gestern Nacht.

[Hugo von Hofmannsthal 1874 - 1929]

.
.


Georg Segessenmann,alias Georg von Signau antwortete am 05.03.01 (16:34):

Limeriks


Ein Schweizer namens Ueli Randern,
der ging im Sommer gerne wandern
Doch auch die Beizen
die taten ihn reizen.
Und er soff auf die Kosten der Andern.


Ein Bauer namens Bitzi Walter,
der war ein übler Sklavenhalter.
Seine sieben Knechte
hatten keine Rechte.
Doch in der Kirche sang er Psalter.


Ein Händler namens Gaston Meier,
der verkaufte Radieschen und Eier.
Doch begann im Dunkeln
man über ihn zu munkeln,
ein übler, alter Gauner, das sei er.


Ein Schwinger namens Chrüsi Max
der erhielt anonym einen bösen Fax:
Er habe zum Entzücken
stets Sägemehl am Rücken.
Seither hat der Max einen Knax.


Ein Bäcker namens Benno Lingen,
der übte beim Backen das Singen.
Er sang hoch und tief,
doch klang das so mief,
dass die Leute lernten zu springen.


Der Pfarrer vom Dorf Unterseehafen,
der predigte sonntags zu seinen Schafen.
Er sprach zwar sehr weise,
doch leider auch so leise,
dass die Frommen begannen zu schlafen.


Ein Maler im schönen Berner Oberland,
bei dem nahm der Wahnsinn Oberhand.
Er warf Pinsel und Farben
wütend in Nachbars Garben.
Dann zerriss er noch sein Obergwand.


Man hört es auf allen Plätzen:
wir Schweizer seien sture Fätzen.
Doch solls einer wagen,
mir solches zu sagen;
er käme bei mir an den Lätzen!


Ein armer Mensch aus poetischen Kreisen,
der wollte sich selber als Dichter beweisen.
Das Publikum staunte;
das Publikum raunte:
„Wir habens geahnt, der ist am Vergreisen!“


Ein armer Mensch aus poetischen Kreisen,
der wollte sich gar dem Publikum beweisen:
Doch das tat nicht staunen;
es tat auch nicht raunen;
es tat ganz einfach klammheimlich verreisen!


Juli 1995 "limeriks" Georg Segessenmann


Schüttelreim

Sie tanzte für Schulz einen Sommer lang.
Im Winter sie Schnulzen für Lommer sang.


Franz-Xaver antwortete am 05.03.01 (17:09):

Hallo,
ich entdecke gerade dieses Forum (bin im Internet-Treffpunkt, komme des öfteren hier her!) und finde es ganz toll.
Kenne mich natürlich noch nicht so aus, habe aber eine Frage: Kennt jemand aus den "Monatsgedichten" von Kästner vielleicht
"Der April".
Ich würde mir das dann hier ausdrucken lassen, weil ich es dringend suche.
Dankeschön im voraus und grüßli bis später. Franzl


Scheira antwortete am 05.03.01 (18:24):

DieTage werden merklich länger,
dieSonne gibt jetzt keine Ruh´,
schon gestern rief ein kleiner Sänger
mir seine frühe Botschaft zu.

Der helle Klang aus kahlen Zweigen
war wie ein schüchterner Versuch,
den fernen Frühling anzuzeigen;
ich blickte auf vom Haushaltsbuch.

Vor dem ich, Geld und Heizanlage
einander auszugleichen, saß,
was ich dann, wie mit einem Schlage
beim ersten Vogelruf vergaß.

Mir wurde plötzlich froh und heiter,
und von mir fiel des Alltags Joch,
und sang der Vogel auch nicht weiter,
mir ist`s als hörte ich ihn noch.

Nun schäme ich mich manchmal leise,
statt laut zu knurren , bin ich still
und denke an die kleine Meise,
wenn mich der Winter ärgern will.


Heidi antwortete am 05.03.01 (19:14):

Aber öffne ...

Aber öffne nur die Türe,
Aber tritt nur auf die Schwelle,
Hebe kaum den Blick und spüre
Schon die ungeheure Helle,
Schon den Glanz der leeren Räume,
Die wie Wiese rasch erblühten,
Schon den Tanz der schweren Träume,
Die sich hoben, die erglühten ...
Zärtliche beschwingte Welle,
Sieh, kein Lufthauch, der nicht rühre - -
Aber tritt nur auf die Schwelle,
Aber öffne nur die Türe!

****

Ich bin sehr müde

Mein Fenster lehnt sich weit in den Abend hinaus,
Die Wolken stehen über den Dächern, ein Blumenstrauß,
Die Luft streichelt mich und ist sanft und voll großer Güte.
Ich aber halte die Hände gefaltet, denn ich bin müde,
Und höre verwundert auf das beschwingte Schreiten
Der Menschen, die auf der Straße vorübergleiten,
So sehr sind ihnen heute die Glieder leicht.
Nur ich liege, schwergebettet in meine Müde.
Manchmal höre ich einen Schritt, der Deinem gleicht,
Dann bin ich, Geliebter, wie die Musik der Schritte leicht
Und wie die Wolken über den Dächern silberne Blüte.

Maria Luise Weissmann

Geboren am 20. 8. 1899 in Schweinfurt,
gestorben am 7. 11. 1929 in München.

Tochter der Klara geb. Ernst und des Gymnasialprofessors Dr. Karl Weissmann. Während des ersten Weltkrieges lebte sie in Nürnberg. Ihre ersten literarischen Veröffentlichungen erschienen 1918 im »Fränkischen Kurier« (auch unter dem Pseudonym M. Wels). Sie war Sekretärin des Nürnberger »Literarischen Bundes«. Seit 1919/20 Mitarbeiterin des Verlages Oskar Schloss in München. Im Juni 1922 heiratete sie den Münchner Verleger Heinrich F. S. Bachmair, mit dem sie abwechselnd in Pasing, Dresden und München lebte. Sie starb 1929 an den Folgen einer schweren Angina. Maria Luise Weissmann schrieb Lyrik, Prosa/Skizzen und Aufsätze.

Literatur: »Kleine Biographie« in: Maria Luise Weissmann: Gesammelte Dichtungen. Pasing: Bachmair 1932.

(Internet-Tipp: https://www.planet-interkom.de/wolf.busch/weissm_b.htm)


Sieghard antwortete am 06.03.01 (10:04):


DER MÄRZ

Sonne lag krank im Bett.
Sitzt nun am Ofen.
Liest, was gewesen ist.
Liest Katastrophen.

Springflut und Havarie,
Sturm und Lawinen, -
gibt es denn niemals Ruh
drunten bei ihnen?

Schaut den Kalender an.
Steht drauf: "Es werde!"
Greift nach dem Opernglas.
Blickt auf die Erde.

Schnee vom vergangenen Jahr
blieb nicht der gleiche.
Liegt wie ein Bettbezug
klein auf der Bleiche.

Winter macht Inventur.
Will sich verändern.
Schrieb auf ein Angebot
aus andern Ländern.

Mustert im Fortgehn noch
Weiden und Erlen.
Kätzchen blühn silbergrau.
Schimmern wie Perlen.

In Baum und Krume regt
sich's allenthalben.
Radio meldet schon
Störche und Schwalben.

Schneeglöckchen ahnen nun,
was sie bedeuten.
Wenn du die Augen schließt,
hörst du sie läuten.

[Erich Kästner 1899 - 1974]

.


Herbertkarl Hüther antwortete am 06.03.01 (11:52):



maximalst


zahnhalsweh

treppenschleicher

wundererwarter

himmelsschleusenwaerter

musenknutscher

luftverschlucker

zeitausnuetzer

spatzenverpfeifer

paradies-ad-absurdum-fuehrer

© hkh


Sieghard antwortete am 06.03.01 (14:54):


minimalstminimalstmi
sumsumsumimmerum
derblumenbrummersu
weristblumeweristbrun
tirilariumbummbumms
tattattatumtattattatumt
sumsumtutoduldeldeii
eideideideideirumsfall
heidschibummbeidsc|
rummsbummsfallerun
tuerummdarummduei
teididdlteididdlplumml
tirritarriduddelduddelll
lanntummtattadulirilal
antummquantummsal
.
.


Iris Berghaus antwortete am 06.03.01 (16:29):

seniorenverdummung
hierwillichnichthaben
zurückzurvernunftkommen
mußpassierenbalde
steheoffenenmundesimwalde
werwilldennwenverdommen
männerbleibenkleineknaben
niewiedervermummung


Mir reichts,
erwarte nun wieder den Schritt zur
Vernunft.
Danke ansonsten den fleißigen Poeten,
den Dichtern und Denkern...


Heidi antwortete am 06.03.01 (17:02):

:-)))

keine Verdummung
nur Spielereien
und winzigkleine
Wortplänkeleien
ein bißchen Spaß
dazwischen kann sein
doch woll'n wir nun wieder
artig sein *sfg*

hl


Heidi antwortete am 06.03.01 (17:16):

:-)) gerade im web gefunden - schööööön!

EIN MODERNES WEIB

Ein Mann beleidigte ein Weib. Es war
Von jenen schnöden Thaten eine, die
Kein Weib vergessen und vergeben kann.

Geraume Zeit verstrich. Da eines Abends
Ward an die Thür des Frevlers laut gepocht.
Er rief: "Herein", und sah voll tiefen Staunens,
In Trauerkleidern eine Frau vor sich.

Sie schlug den Schleier bald zurück. Er blickte
In ihre großen stolzerstarrten Augen,
In diese großen schmerzversengten Augen ...
Er lächelte verlegen, denn ein Schauer
Erfaßte ihn ... Er bot ihr höflich Platz,
Sie aber dankte, und mit ruhiger Stimme
Sprach sie zu ihm: "Du hast mich schwer beleidigt,
Es war nur Gott dabei ... vor diesem Gott,
Vor dir, und mir allein, will ich den Flecken
Den Makel meiner Ehre, zugefügt
Von deiner Hand, verlöschen.
Höre nun!
Um dies zu thun, bleibt mir ein Mittel nur:
Ich kann nicht gehn, um einem fremden Menschen
Das was ich selbst mir kaum zu sagen wage,
Zu offenbaren. Für mich herrscht kein Richter,
Er wär' denn blind und taub und stumm, deshalb
(Ein Schildern des Vergangenen glich' aufs Haar
Der neuen That, hieß' selber mich entehren),
Deshalb gibt's eins nur: hier sind Waffen, wähle!"
Sie stellte auf den Tisch ein Kästchen hin
Und öffnete den Deckel. – –
Lange standen
Die beiden Menschen stumm. Er sah sie an,
Sie hielt das glänzend große Aug' gerichtet
Fest auf die Waffen.
Plötzlich brach er aus
In lautes Lachen. Da durchglühte feurig
Ein tiefes Rot die farbenlosen Wangen
Der jungen Frau. Wie, wenn die ganze Antwort
Dies Lachen wär'? Sie hätte schreien mögen

Vor Wut und Elend. Aber sie bezwang sich,
Und sagte mild: "Wenn dir ein Unvorsichtiger
Zufällig auf den Fuß getreten wäre,
Du würdest ohne lange Ueberlegung
Ihm deine Karte in das Antlitz schleudern,
Nichts Lächerliches fändest du dabei.
Nun denk': nicht auf den Fuß trat mir ein Mensch,
Mein Herz trat er in Stücke, meine Ehre!
Verlang' ich mehr, als du verlangen würdest
Für einen unvorsichtigen Schritt, sag' selbst,
Ist das nicht billig?"

Lächelnd sah er ihr
Ins zornerglühte Antlitz. "Liebes Kind,
Du scheinst es zu vergessen, daß ein Weib
Sich nimmer schlagen kann mit einem Manne.
Entweder geh zum Richter, liebes Kind,
Gesteh ihm alles, gerne unterwerfe
Ich seinem Urteil mich. Nicht? Nun dann bleibt
Dir nur das eine noch: vergesse, was du
Beleidigung und Schmach nennst. Siehst du, Liebe,
Das Weib ist da zum Dulden und Vergeben ..."
Jetzt lachte sie.
"Entweder Selbstentehrung
Wenn nicht, ein ruhiges Tragen seiner Schmach,
Und das, das ist die Antwort, die ein Mann
In unserer hellen Zeit zu geben wagt
Der Frau, die er beleidigt."
"Eine andere
Wär' gegen den Brauch."
"So wisse, daß das Weib
Gewachsen ist im neunzehnten Jahrhundert,"
Sprach sie mit großem Aug', und schoß ihn nieder.

MARIA JANITSCHEK (1859-1927)
Maria Janitschek war das uneheliche Kind einer Offizierswitwe und wuchs in dürftigen Verhältnissen in Ungarn auf. Seit ihrem neunzehnten Lebensjahr lebte sie in Graz und veröffentlichte unter dem Pseudonym Marius Stein journalistische Arbeiten. Nach ihrer Heirat mit dem Straßburger Kunsthistorker Hubert Janitschek widmete sie sich literarischen Arbeiten. Leitmotive ihres Werks sind die Stellung der Frau zum Mann und in der Gesellschaft. Ihren ersten Gedichtband "Irdische und unirdische Träume" veröffentlichte sie 1889; er enthielt das Gedicht "Ein modernes Weib", das heftige Ablehnung hervorrief. Ihre häufig der Prosa angenäherten Gedichte behandeln oft religiöse Themen, vor allem Stoffe aus dem Alten Testament.

Nach dem Tod ihres Mannes (1893) lebte sie in Berlin und später München. Nach der Jahrhundertwende veröffentlichte sie fast ausschließlich Erzählungen, Novellen und Romane.

(Internet-Tipp: https://https://humanities.byu.edu/sophie/brinker/home.htm)


Sieghard antwortete am 06.03.01 (17:22):

Mutters Brille

Hände von der Butter
schimpft die Mutter.
Sprich deutlich sagt sie
ich versteh dich sonst nie!

Töchterlein denkt
Blicke verschenkt
zum Brüderlein hin,
der versteht's mit Gewinn.

Sie lachen nun heimlich
der Mutter wird's peinlich,
sieht nur durch eigene Brille
so ist ihr enger Wille.
.
.


Heidi antwortete am 06.03.01 (17:26):

ein andere Dichterin aus o.g. Seite:

GRÜNE ZEIT

Oben am Berge sangen alle Buchen heut.
Grüne Zeit! sang die eine: grüne, grüne Zeit!
Schwestern! rauschte die zweite und wiegt den Wipfel hoch:
Wißt ihr die weißen Nächte, die Nächte des Todes noch?
Wir streckten die nackten Äste in Frost und bebten sehr,
Die Sonne war längst gestorben, und lebte kein Quellchen mehr!
Wir wissen, sangen die andern, doch die weißen Nächte sind weit –
Grüne Zeit, Schwester Buche, grüne, grüne Zeit!

Und wißt ihr die schwarzen Vögel, die knarrten böse und rauh
Über den bleichen Feldern ins frühe Abendgrau?
Ihre schreienden Schwärme machten dunkler den dunkelsten Tag,
Es krachte in unsern Ästen ihr streitender Flügelschlag! –
Wir kennen die schwarzen Vögel, aber sie flogen weit.
Grüne Zeit, Schwester Buche, grüne, grüne Zeit!

Sonne, hohe Sonne! eine Schlanke sang in den Wind,
Deiner grünen rauschenden Kinder, siehe, wie viele es sind!
Wipfel wiegt sich an Wipfel hinauf die wogende Wand,
Unser sind alle Berge, die blauen über dem Land!
hell über unsern Kronen jauchzt der wilde Weih,
Hoch schwimmen die weißen Wolken zu Häupten uns vorbei,
Höher als Weih und Wolke, Flammende, schreitest du
Aus roten Toren der Frühe rotem Abend zu!
Wir brennen in grünen Feuern entgegen deinem Brand,
Wir winken mit tausend Blättern dir nach ins Abendland,
Wir neigen singende Kronen deinem Angesicht:
Gelobt sei die hohe Sonne! Gelobt das heilige Licht!

Tausend Buchen am Berge hielten den Atem an –
Auf silbernem Stamm die höchste wie träumend halb begann –
Auf einmal sangen sie alle, und rauschten wälderweit:
Gelobt sei die hohe Sonne! Grüne, grüne Zeit!

LULU VON STRAUSS UND TORNEY(1873-1956)

Lulu von Strauß und Torney stammte aus einer alten friesischniedersächsischen Familie. Im traditionsreichen Elternhaus in Bückeburg wuchs sie als wohlbehütete Tochter auf, besuchte die höhere Schule und unternahm früh Reisen durch Europa. Als Fünfundzwanzigjährige veröffentlichte sie ihren ersten Gedichtband, fand aber dann vor allem in der Ballade die ihr gemäße Ausdrucksform. Seit der Jahrhundertwende hatte sie Verbindung zum Göttinger Schriftstellerkreis, der sich um die Erneuerung der Ballade bemühte und zu dem neben Münchhausen auch die Dichterin Agnes Miegel gehörte, mit der sie eine lebenslange Freundschaft verband. In ihren Balladen griff Lulu von Strauß und Torney auf historische Stoffe zurück, die sie zuweilen sozialkritisch schilderte (Französische Revolution, Bauernkriege), beschrieb aber hauptsächlich die ihr vertraute heimatlich-bäuerliche Welt; das führte später im Dritten Reich zu mehreren Neuauflagen ihrer beiden frühen Balladensammlungen von 1902 und 1907.


Heidi antwortete am 06.03.01 (17:34):

:-)))
MEINE Brille ist ein Kaleidoskop
kunterbunt - blau gelb grün rot
mal ernst mal heiter
mal dumm, mal gescheiter
die Poesie sich -wie die Welt-
niemals an Gesetze hält
ich lese und schreibe
was mir gefällt

hl


Eva antwortete am 06.03.01 (20:19):

Am späten Abend ein schaurig-grausliches, makaber-
unheimliches Gedicht aus der Wiener Vorstadt - und zwar von
dem voriges Jahr verstorbenen bekannten und sehr, sehr guten
Dichter H.C. Artmann, der durch sein Buch "Mit aner
schwoazzn Dintn " bekannt wurde, der aber viele ernst
zunehmende Dichtungen und Übersetzungen geschaffen hat.

blauboad I

i bin a ringlschbüübsizza
und hob scho sim weiwa
daschlong
und eanare gebeina
untan schlofzimabon fagrom ...

heit lod i ma r ei di ochte
zu ein einem libesdraum -
daun schdöl i owa s
oaschestrion ei
und bek s me n hakal zaum !


so fafoa r e med ole maln
wäu ma d easchte en gschdis
hod gem -
das s mii amoe darwischn
wean
doss wiad kar mendsch darlem !

i bin a ringlschbüülbsizza
(und schlof en da nocht noa
bein licht
wäu i mi waun s finzta is
fua de dodn weiwa fiacht ...)


Übersetzung

Blaubart I

Ich bin ein Ringlspiel (Karussel) besitzer
und habe schon sieben Weiber erschlagen
und ihre Gebeine
unter dem Schlafzimmerboden vergraben.

Heute lade ich mir ein die achte
zu einem Liebestraum -
dann stelle ich aber das Orchestrion ein
und schlage sie mit einer Hacke zusammen.

So verfahre ich mit allen Mädchen
weil mich die erste verstossen hat -
dass man mich einmal erwischen wir,
das wird kein Mensch erleben.

Ich bin ein Ringelspielbesitzer
(und schlage in der Nacht nur bei Licht,
weil ich mich, wenn es finster wird,
vor den toten Weibern fürchte ...)

Nächstens mehr ... ;-))


Heidi antwortete am 07.03.01 (00:10):

TRAUM

Ich bin so vielfach in den Nächten.
Ich steige aus den dunklen Schächten.
Wie bunt entfaltet sich mein Anderssein.

So selbstverloren in dem Grunde,
Nachtwache ich, bin Traumesrunde
Und Wunder aus dem Heiligenschrein.

Und öffnen sich mir alle Pforten,
Bin ich nicht da, bin ich nicht dorten?
Bin ich entstiegen einem Märchenbuch?

Vielleicht geht ein Gedicht in ferne Weiten.
Vielleicht verwehen meine Vielfachheiten,
Ein einsam flatternd, blasses Fahnentuch . . .

EMMY HENNINGS (1885-1948)


Anni antwortete am 07.03.01 (19:38):

Sternstunden

In jedem Leben gibt es Sternstunden. Seltene
Momente strahlender Freude, strahlenden
Glücks, strahlender Zuversicht.
Sternstunden werden uns geschenkt. Sie
lassen uns strahlen, sichtbar nach außen,
unsichtbar nach innen. Wir können sie
sammeln. Die Strahlen solcher Stunden.

In unseren Herzen. Für dunkle Stunden
unseres Lebens. Für Stunden ohne Mut,
ohne Hoffnung, ohne Glück. Für Stunden
der Trauer und der Einsamkeit. Die
Strahlen in unseren Herzen lassen uns
wieder hoffen. Sie lassen uns hoffen auf neue
Stunden des Glücks, auf Sternstunden des
Lebens.

(Heidi Rose)


Jutta antwortete am 07.03.01 (20:03):

Frühling

Nun ist er endlich kommen doch
In grünem Knospenschuh;
"Er kam, er kam ja immer noch",
Die Bäumke nicken sich's zu.

Sie konnten ihn alle erwarten kaum,
Nun treiben die Schuss auf Schuss;
Im Garten der alte Apfelbaum,
Er sträubt sich, aber muss.

Wohl zögert auch das alte Herz
Und atmet noch nicht frei,
Es bangt und sorgt:"Es ist der März,
Und der März ist noch nicht Mai."

O schüttle ab den schweren Traum
Und die lange Winterruh:
Es wagt der alte Apfelbaum,
Herze wag's auch du.

Theodor Fontane


Heidi antwortete am 07.03.01 (20:21):

ICH

Ich kann, was ich muß! o seltnes Geschick!
Ich will, was ich muß – – o doppeltes Glück.

Mein Herz ist an Stärke dem Felsen gleich,
Mein Herz ist, wie Blumen, sanft und weich.

Mein Wesen gleicht Glocken von strengem Metall:
Schlag kräftig d'ran, gibt es auch kräftigen Schall.

Mein Geist stürmt auf eiligem Wolkenroß hin;
Mein Geist spielt mit Kindern mit kindlichem Sinn.

Ich weiß, was ich will! und weil ich es weiß,
Drum bann' ich's zu mir in den magischen Kreis.

Ich weiß, was ich will! das ist ja die Kraft,
Die sich aus dem Chaos ein Weltall entrafft.

Ich weiß, was ich will! und wenn ich's erreich',
Dann gelten der Tod und das Leben mir gleich.

BETTY PAOLI (1815-1894)


Herbertkarl Hüther antwortete am 08.03.01 (08:10):



Von der Biene und der Wespe


Biene und Wespe schwirren umher,

Ihre Fluegel sind regenschwer.

Die tückische Wespe, die sticht ohn' Erbarmen.

Die Biene haelt schlau sich zurück.

Das ist so ihr Gesellenstueck.

Sagt die Wespe: Es trifft ja doch keinen Armen.


So haut der Knab' die Wespe

Mit einer Zitterespe.

Und die Moral von der Geschicht:

Andere Leute sticht man nicht.

© hkh


Sieghard antwortete am 08.03.01 (09:23):


er siehet wohl,
drüben gibt es
frischen kohl
den er jetzt hol
made in germany
darin eine made
aß sie grade
ohne gnade
fade
arme made
schade
.


:-))) Heidi antwortete am 08.03.01 (14:05):

Ein "böses" Gedicht zum INTERNATIONALEN FRAUENTAG ?)

DIE PUPPE

Liebe Puppe,
Wohlfrisierte kleine Puppe,
Wie hast du es leicht!
Du wendest das Köpfchen
Nach rechts und nach links,
Du lächelst, du schmollst,
Du weinst, du lächelst,
Und wenn man dich aufzieht
Am Knopf des Gefühlchens,
Des einzigen kleinen
Dir eignen Gefühlchens:
Der Liebe zu dir,
Zu dir, kleine Puppe,
So tänzelst du zierlich
Und neigst dich dankend
Dem Schwarm deiner Freunde,
Und äugst unter seidnen
Gebogenen Wimpern,
Ob du ihn nicht siehst,
Den schmerzlich ersehnten,
Ergebenen Diener,
Der an dem Knöpfchen
Des einen Gefühlchens
Dich liebevoll aufzieht
Bis an dein Ende,
Dein Puppenende....
Wir aber, entartet
Und vielfach geschmäht,
Wir andern, wir Ernsten,
Wir Dunklen, wir Schweren,
Wir Trägerinnen
Geheimen Wissen
Wir Deuterinnen
Uralter Runen,
Wir keuchen und brechen
Fast unter der Last
Des gnädigen Schicksals,
Das sie uns gab,
Unsre sehende Seele,
Von der du nichts weißt. –
O liebe Puppe,
Wohlfrisierte kleine Puppe,
Wie hast du es leicht!

MARGARETE BEUTLER (1876-1949)


C.B. antwortete am 08.03.01 (14:26):

Von Carl Michael Bellmann (1740-95), einem berühmten Rokokodichter aus Schweden,sind die folgenden Sprüche und Gedichte:


So troll'n wir uns ganz fromm und sacht,
vom Weingelag und Freudenschmaus,
wenn uns der Tod ruft " Gute Nacht"
dein Stundenglas rinnt aus.

Und noch:

Endlich sinkt mein matter Schattten
wie die Blume in den Grund.
Meine Hülle unterm Spaten
findet Ruh in dieser Stund.
Lebwohl, Schönheit und Gepränge,
Hoffnung, Glücke, Glanz und Licht!
Himmel ,wenn auch Blomberg dränge,
öffne ihm meine Grabtür nicht!
C.M.Bellmann


sylvia antwortete am 08.03.01 (16:48):

Auch zum int. Tag der Frau:

Mutig wie Tamar
standfest wie Schifra und Pua
mitreissend wie Mirjam
besonnen wie Rahab
nachdenklich wie Debora
solidarisch wie Rut
beharrlich wie Hanna

wollen wir reden, Gott

Selbständig wie Maria
freigebig wie Susanna
dialogfähig wie Marta
unerschrocken wie Maria von Magdala
einflussreich wie Phöbe
einsatzfähig wie Junia
gastfreundlich wie Lydia

wollen wir leben, Gott -

und über den zeitlosen Namen
wollen wir nicht vergessen
die Namenlosen aller Zeiten
uns an sie erinnern
Schwestern im Glauben
ihre verschwiegenen Stärken
erneut ins Leben zu rufen

in Gottes Namen.

Christel Voss-Goldstein
aus "Balance zwischen Mundaufmachen und Händefalten"


Gisela antwortete am 08.03.01 (21:51):

Das Alter
Das große Glück noch klein, sieht oft der Mensch als Kind nicht ein. Und möchte daß er ungefähr so sechzehn oder siebzehn wär.
Doch schon mit 18 denkt er :Halt! Wer über 20 wird, ist alt.Kaum ist die 20 dann geschafft, erscheint die 30 greisenhaft.
Und gar die 40, welche Wende, die 50 gilt beinah als Ende. Doch nach der 50 peu a peu schraubt man das Ende in die Höh`. Die 60 erscheint noch sehr passabel und erst die 70 miserabel. Mit 70 aber hofft man still, ich werde 80 - so Gott will.
Und wer die 80 überlebt zielsicher nach der 90 strebt. Dort angelangt zählt er geschwind die


Gisela antwortete am 08.03.01 (21:57):

Entschuldigung die letzten Worte fehlen. Gedicht Gisela
Und wer die 80 überlebt zielsicher nach der 90 strebt.
Dort angelangt zählt er geschwind die Leute die noch übrig sind


Heidi antwortete am 08.03.01 (22:16):

...und hat die 100 er erreicht
dann wird das Zählen für ihn leicht
so war's einmal, doch kurz über lang
macht uns die 100 nicht mehr bang
Seniorentreff hält munter und fit
wir nehmen auch die 110 noch mit

:-))


Anni antwortete am 08.03.01 (23:23):

Ich spüre die Sonne und den Regen auf der Haut.
Das Alter ist für mich kein Kerker,
sondern ein Balkon, von dem man weiter und genauer
sieht - von dem man unter Umständen hinabstürzt,
nicht weil es dunkel und einsam ist, sondern weil
die Sonne übermächtig scheint.

(Marie-Luise Kaschnitz 1901 - 1974)


sylvia antwortete am 09.03.01 (01:19):

Nuindig heds miär träimd
ich sig hindermer här gsi -

Ich vornedra
und ich hindermer.

Und eso zringledum
fascht wiä nä Hund
zringledum.

Nahdisnah isch miär gsi
ich wissi nimmä
sig ich jetz dä vorädra
oder dä hindädra.

Miär zwee -
ich vorädra
ich hinnädri -
hend änand agluägd
und beed hend gfremdet
und hend änand nid ämal
der Gruäss abgnu.

Ich ha mich dernah uberhold
bi witers vornä
bi der Dägerscheidä
stah blibä
und ha uf mich beited.

Wiä nä fremdä Hidel
bin ich a miär verbii.
Äs hed mi tunkt
ich heig jetz ai nu galted.

Julian Dillier 1922 - Februar 2001
in Obwaldnerdialekt

Übersetzung:

Letzthin hat mir geträumt
ich wäre hinter mir her gewesen.

Ich vor mir
und ich hinter mir.

Und so ringsherum
fast wie ein Hund
ringsherum.

Nach und nach war mir
ich wisse nicht mehr
wäre ich der vor mir
oder der hinter mir.

Wir beide
ich vorne
ich hinten
haben einander angesehen
und beide haben
"gefremdet" (?).
und haben einander nicht einmal
gegrüsst.

Ich habe mich danach überholt
bin weiter vorne
bei der "Degerscheide"
stehen geblieben
und habe auf mich gewartet.

Wie ein fremder Landstreicher
bin ich an mir vorbei gegangen.
Mir schien
ich hätte schon sehr gealtert.


Karl antwortete am 09.03.01 (11:31):

Hallo zusammen,



ich verschiebe diese Gedichte jetzt ins Archiv.

MfG Karl