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THEMA:   Wiederentdeckt ....

 14 Antwort(en).

Medea. begann die Diskussion am 14.05.04 (19:18) :

Da sagte die Hexe mit einem Seufzer: "So sprecht, wie meint ihr die Sache?" Und Spiegel setzte ihr alles zierlich auseinander, wie es gemeint sei und was sie zu tun hätte. "Das ist allenfalls noch auszuhalten, wenn es nicht anders sein kann!" sagte sie und ergab sich unter den stärksten Formeln, die eine Hexe binden können.
Da taten die Tiere das Gefängnis auf und ließen sie heraus. Sie bestieg sogleich den Besen, die Eule setze sich hinter sie auf den Stiel und Spiegel zuhinterst auf das Reisigbündel und hielt sich da fest, und so ritten sie nach dem Brunnen, in welchen die Hexe hinabfuhr, um den Schatz herauszuholen.

Am Morgen erschien Spiegel bei Herrn Pineiß und meldete ihm, daß er die bewußte Person ansehen und freien könne; sie sei aber allbereits so arm geworden, daß sie, gänzlich verlassen und verstoßen, vor dem Tore unter einem Baum sitze und bitterlich weine.
Sogleich kleidete sich Herr Pineiß in sein abgeschabtes gelbes Samtwämschen, das er nur bei feierlichen Gelegenheiten trug, setzte sich die bessere Pudelmütze auf und umgürtete sich mit seinem Degen; in die Hand nahm er einen alten grünen Handschuh, ein Balsamfläschchen, worin einst Balsam gewesen und das noch ein bißchen roch, und eine papierne Nelke, worauf er mit Spiegel vor das Tor
ging, um zu freien.

Dort traf er ein weinendes Frauenzimmer sitzen unter einem Weidenbaum, von so großer Schönheit, wie er noch nie gesehen; aber ihr Gewand war so dürftig und zerrissen, daß, sie mochte sich auch schamhaft gebärden, wie sie wollte, immer da oder dort der schneeweiße Leib ein bißchen durchschimmerte.
Pineiß riß die Augen auf und konnte vor heftigem Entzücken kaum seine Bewerbung vorbringen. Da trocknete die Schöne ihre Tränen, gab ihm mit süßem Lächeln die Hand, dankte ihm mit einer Himmlischen Glockenstimme für seine Großmut und schwur, ihm ewig treu zu sein.
Aber im selben Augenblicke erfüllte ihn eine solche Eifersucht und Neideswut auf seine Braut, daß er beschloß, sie vor keinem menschlichen Auge jemals sehen zu lassen.


Medea. antwortete am 14.05.04 (19:25):

Er ließ sich bei einem uralten Einsiedler mit ihr trauen und feierte das Hochzeitsmahl in seinem Hause, ohne andere Gäste als Spiegel und die Eule, welche ersterer mitzubringen sich die Erlaubnis erbeten hatte.
Die zehntausend Goldgulden standen in einer Schüssel auf dem Tisch und Pineiß griff zuweilen hinein und wühlte in dem Golde; dann sah er wieder die schöne Frau an, welche in einem meerblauen Sammetkleide dasaß, das Haar mit einem goldenen Netze umflochten und mit Blumen geschmückt, und den weißen Hals mit Perlen umgeben.
Er wollte sie fortwährend küssen, aber sie wußte verschämt und züchtig ihn abzuhalten, mit einem verführerischen Lächeln und schwur, daß sie dieses vor Zeugen und vor Anbruch der Nacht nicht tun würde.
Dies machte ihn nur noch verliebter und glückseliger und Spiegel würzte das Mahl mit lieblichen Gesprächen, welche die schöne Frau mit den angenehmsten, witzigsten und einschmeichelndsten Worten fortführte, so daß Herr Pineiß nicht wußte, wie ihm geschah vor Zufriedenheit.


Sofia204 antwortete am 14.05.04 (20:28):

wird die Nacht die Verzauberung in Obhut nehmen ?
bin gespannt ...


wanda antwortete am 15.05.04 (08:42):

bin auch gespannt, wie es weitergeht......


schorsch antwortete am 15.05.04 (09:29):

Medea, solltest vielleicht noch angeben, von wem die Geschichte ist.....?


Medea. antwortete am 15.05.04 (10:03):

Freue mich, daß Ihr gespannt seid;
hier gehts weiter:

Als es aber dunkel geworden, beurlaubten sich die Eule und die Katze und entfernten sich bescheiden; Herr Pineiß begleitete sie bis unter die Haustüre mit einem Lichte und dankte dem Spiegel nochmals, indem er ihn einen trefflichen und höflichen Mann nannte, und als er in die Stube zurückkehrte, saß die alte weiße Begine, seine Nachbarin, am Tisch und sah ihn mit einem bösen Blick an.
Entsetzt ließ Pineiß den Leuchter fallen und lehnte sich zitternd an die Wand. Er hing die Zunge heraus, und sein Gesicht war so fahl und spitzig geworden wie das der Begine.
Diese aber stand auf, näherte sich ihm und trieb ihn vor sich her in die Hochzeitskammer, wo sie mit höllischen Künsten ihn auf eine Folter spannte, wie noch kein Sterblicher erlebt.
So war er nun mit der Alten unauflöslich verehelicht, und in der Stadt hieß es, als es ruchbar wurde: "Ei seht, wie stille Wasser tief sind! Wer hätte gedacht, daß die fromme Begine und der Herr Stadthexenmeister sich noch verheiraten würden! Nun, es ist ein ehrbares und rechtliches Paar, wenn auch nicht sehr liebenswürdig!"

Herr Pineiß aber führte von nun an ein erbärmliches Leben; seine Gattin hatte sich sogleich in den Besitz aller seiner Geheimnisse gesetzt und beherrschte ihn vollständig. Es war ihm nicht die geringste Freiheit und Erholung gestattet, er mußte hexen vom Morgen bis zum Abend, was das Zeug halten wollte, und wenn Spiegel vorüberging und es sah, sagte er freundlich" "Immer fleißig, Herr Pineiß?"

Seit dieser Zeit sagt man zu Seldwyla: Er hat der Katze den Schmer abgekauft!, besonders wenn einer eine böse und widerwärtige Frau erhandelt hat.


Medea. antwortete am 15.05.04 (10:05):

Erraten?

- Ich warte noch ein wenig, dann nenne ich Titel und Verfasser. -


lisa1 antwortete am 15.05.04 (10:23):

...erraten und verstanden :-)))
uns so vornehm nebensächlich rübergebracht !


hugo1 antwortete am 15.05.04 (10:23):

na ist doch klar wem diese Ehre gebührt::
er hat einen Gottesfürchtigen Vornamen und scheint es wohnlich nicht mal bis zur Parterrewohnung geschweigedenn in die Erste Etage geschafft zu haben.
,,und hier aus dem Flachland stammt er auch nicht *gg*


Medea. antwortete am 15.05.04 (10:43):

Hugo1:
Blattschuß
es ist Gottfried Keller,
ein früher Kollege von Schorsch ... ;-))

Lisa1:
Ja, sie haben es in sich, diese schönen kleinen Novellen ...-
Vor ein paar Tagen in der antiquarischen Grabbelkiste entdeckt - erschienen im Insel-Verlag zu Leipzig 1921 -

Der vorgestellte Text war aus "Spiegel das Kätzchen"


pilli antwortete am 15.05.04 (11:42):

"lisa1 antwortete am 15.05.04 (10:23):

...erraten und verstanden :-)))
uns so vornehm nebensächlich rübergebracht"
------------

lisa1 :-)meintest du

"vornehm"...im sinne von würdevoll, erhaben, noblesse?

oder vielleicht eher

"vornehmlich" dann aber nicht im sinne von "nebensächlich" sondern m.e. "hauptsächlich" oder auch "in erster linie" ?

magst du eine erläuternde interpretation insbesondere zur von dir gewählten sichtweise des "nebensächlich" nachreichen?

welche empfindung und welcher bezug hat dich besonders
angesprochen und an was erinnert es dich ?

vielleicht gelingt es mir mit deiner hilfe, einen anderen bezug herzustellen...im augenblick sehe ich z.bsp. weniger

"vornehmes"...

:-)


iustitia antwortete am 15.05.04 (22:55):

Vorvornehme: pilli, pilla, pillum!
Ach, das heißt "pilum"? Jai, oh, jau!! Und was heißt das?
*
Aber, lies wirklich mal, nimm und lies ein Buch: Keller! Den Gottfried!
Die Stelle, wo rauskommt - nein, nicht in: "Pilli, das Kätzchen"! - eine andere Novelle ist gemein-t: Pilli die Schmollerin? Nein: Wie Sali Vrenchens Vater mittem Knollenstein (watten dat???) schlägt, dass er ihn im Alten- und Idiotenheim aufsuchen muss - weil es ihm Lied, nein: Leid - tut: Amen!
Ah? "A-women" Nein: Singular: A-woman!!
*
Grüße für Sonntag - nicht länger! Musst mal wieder recherarchivieren! Fürre micke! Was heißt vor-nehm??


schorsch antwortete am 16.05.04 (09:14):

"...es ist Gottfried Keller, ein früher Kollege von Schorsch ...." Danke für die Ehre, Medea. Ich hoffe, er möge sich nicht im Grabe umdrehen..... (;--)))

"...Pilli die Schmollerin?...". Hat der nicht Pankraz geheissen, iustitia ?


iustitia antwortete am 16.05.04 (11:01):

Ja, schönen Sonntag, schorsch - ja, Pankraz!
Und Sali hieß "Romeo" und Vrenchen hieß "Julia" ("auf dem Dorfe").
Und die anderen Seldwyler Geschichten, ja, auch - man sollte Literatur lesen - das war mein Hinweis - und sich nicht die Laune vermiesen. Gerade "Unbelesene", die alles loben, was andere zur "Klassik" erarbeitet haben, verbreiten viel "Literatur".
Naja: Wodurch wurde denn der "Schmoller" geheilt...?
Und wer zu "Romeo und Julia..." eine Interpretation der Familienverhältnisse (früher - bis heute) lesen will - kann auf meiner website was lesen, auch lernen.


pilli antwortete am 16.05.04 (11:43):

wiederentdeckt...

"Wenn ihr mal viel Zeit habt, lest mal nach, es macht
richtig Spass, manche alten Geschichten wieder zu lesen."

las ich eben an anderer stelle...

ich kann dem gesagten nur zustimmen...recherchen im archiv-schatzkästlein des ST sind lichte momente...

heute lasse ich mich von den geschichten von schorsch verzaubern...sorry justitia...da bleibt wenig zeit auf deiner webseite zu lesen und ob ich da watt lernen kann...datt will ich nicht hoffen...

:-)))