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THEMA: Gedichte, Gedichte Teil VI
190 Antwort(en).
webmaster
begann die Diskussion am 22.12.00 (08:52) mit folgendem Beitrag:
Die Kapitel I-V finden sich im Archiv:
/seniorentreff/de/diskussion/archiv4/archiv.html
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Heidi Lachnitt
antwortete am 22.12.00 (09:29):
Morgenandacht
Morgenglanz der Ewigkeit, Licht vom unerschöpften Lichte, Schick uns diese Morgenzeit Deine Strahlen zu Gesichte Und vertreib durch deine Macht Unsre Nacht
Die bewölkte Finsternis Müsse deinem Glanz entfliegen, Die durch Adams Apfelbiß Uns, die kleine Welt, bestiegen, Dass wir, Herr, durch deinen Schein Selig sein.
Deiner Güte Morgentau Fall auf unser matt Gewissen: Lass die dürre Lebensau Lauter süßen Trost genießen Und erquick uns, deine Schar, Immerdar.
Gib, dass deiner Liebe Glut Unsre kalten Werke töte Und erweck uns Herz und Mut Bei entstandner Morgenröte, Dass wir, eh wir gar vergehn, Recht aufstehn. ....
Christian Knorr von Rosenroth (1636-1689)
Einen wunderschönen Guten Morgen an Alle!
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Heidi
antwortete am 22.12.00 (11:55):
im Garten gesehen:
Buschrosen im Winter strecken sich der Sonne entgegen leicht bereift vom Morgenfrost rosane Blüten im Winter die Blätter immer noch grün!
Vereistes Geäst zittert im Winterwind Bambusgras raschelt leise im gefrorenen Teich erstarrt gelbe Blätter des Herbstes Wehmut geht auf die Reise
Buschrosen im Winter träumen vom Frühling und Licht von Wärme und Vogelgezwitscher ... rosane Blüten im Winter die Blätter immer noch grün!
hl
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Sieghard
antwortete am 22.12.00 (13:25):
Frau Dichtung förmlich überschäumt, sie hatte gründlich in ihrem Fundus geräumt. Da stieß sie wieder auf den Busch, Verwendung diesmal weihnachtlich. Husch, husch mit ihm ins Forum Gedichte, sodass erstrahlen Dreikönigs-Lichte. Du weißt Bescheid, ich weiß Bescheid und lobe die Schlagfertigkeit. .
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Heidi :-))
antwortete am 22.12.00 (14:13):
:-))) da soll nochmal eine sagen in Gedichte würde nicht diskutiert..
vier die sich kennen eine von drauss schreiben gedichte auf 'deuwel komm raus' ironisch und heiter geht es nun weiter das Spiel ist noch lange nicht aus..... hl
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Sieghard
antwortete am 22.12.00 (15:05):
Gedichte 6 nicht abgeschnürt vom Fünfer-Teil, wie sich's gebührt
oder doch? der Master im Web mit Dichterinnen im Schlepp?
Nur ein Mensch, das ist auch er. Ansonsten o.k., was will man mehr? .
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Herbertkarl Hüther
antwortete am 22.12.00 (16:30):
Die Lindenwirtin
Keine Tropfen im Becher mehr, Und der Beutel schlaff und leer, Lechzend Herz und Zunge, - "Angetan hat mir's der Wein, Deiner Äuglein heller Schein, Lindenwirtin, du junge!"
"Angekreidet wird hier nicht, Weil's an Kreide uns gebricht", Lacht die Wirtin heiter. "Hast du keinen Heller mehr, Gib zum Pfand dein Ränzel her, Aber trinke weiter!"
Tauscht der Bursch sein Ränzel ein Gegen einen Krug voll Wein, Tät zum Gehn sich wenden. Spricht die Wirtin: "Junges Blut, Hast ja Mantel, Stab und Hut; Trink und laß dich pfänden!
Da vertrank der Wanderknab Mantel, Hut und Wanderstab, Sprach betrübt: "Ich scheide. Fahre wohl, du kühler Trank, Lindenwirtin jung und schlank, Liebliche Augenweide!"
Spricht zu ihm das schöne Weib: "Hast ja noch ein Herz im Leib: Laß mir's, trauter Wandrer!" Was geschah? - Ich tu's euch kund: Auf der Wirtin roter Mund Brannte heiß ein andrer.
Der dies neue Lied erdacht, Sang's in einer Sommernacht Lustig in die Winde. Vor ihm stand ein volles Glas, Neben ihm Frau Wirtin saß Unter der blühenden Linde.
Rudolf Baumbach
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Friedgard
antwortete am 22.12.00 (17:06):
Älterwerden
Sterne der Jugend, wohin Seid ihr hinabgefallen? Keinen mehr von euch allen Seh im Gewölk ich ziehn.
Ihr meiner Jugend Genossen, Ach wie früh mit der Welt Habt ihr Frieden geschlossen! Keiner, der zu mir hält!
Junge, die ihr uns Alten Hohnlacht, wie habt ihr recht! Denn auch ich selber - wie schlecht Hab ich mir Treue gehalten!
Dennoch kämpfe ich weiter, Steh entgegen der Welt. Kann ich nicht siegen als Held, Will ich doch fallen als Streiter.
Hermann Hesse
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Heidi
antwortete am 22.12.00 (18:15):
Horto recreamur amoeno (Im lieblichen Garten erholen wir uns)
Der habe Lust zu Würfeln und zu Karten, Der zu dem Tanz und der zum kühlen Wein. Ich liebe nichts, als was in diesem Garten Mein Drangsalstrost und Krankheitsarzt kann sein. Ihr grünen Bäume, Du Blumenzier, Ihr Haus der Reime, Ihr zwinget mir Dies Lied herfür.
Mir mangelt nur mein Spiel, die süße Geige, Die würdig ist, daß sie mit Macht erschall Hie, wo das Laub und die begrünten Zweige Am Graben mich umschatten überall, Hie, wo von weiten Die Gegend lacht, Wo an der Seiten Der Wiesen Pracht Mich fröhlich macht.
Was mir gebricht an Geld und großen Schätzen, Muß mein Gemüt und dessen güldne Ruh Durch freies Tun und Fröhlichkeit ersetzen, Die schleußt vor mir das Haus der Sorgen zu. Ich will es geben Um keine Welt, Daß sich mein Leben Oft ohne Geld So freudig hält.
Gesetzt, daß ich den Erdenkreis besäße Und hätte nichts mit guter Lust gemein, Wann ich der Zeit in Angst und Furcht genösse, Was würd es mir doch für ein Vorteil sein? Weg mit dem allen, Was Unmut bringt! Mir soll gefallen, Was lacht und singt Und Freud erzwingt.
Ihr alten Bäum' und ihr noch jungen Pflanzen, Ringsum verwahrt vor aller Winde Stoß, Wo um und um sich Freud und Ruh verschanzen, Senkt alle Lust herab in meinen Schoß. Ihr sollt imgleichen Durch dies mein Lied Auch nicht verbleichen, Solang man Blüt Auf Erden sieht.
Simon Dach (1605-1659)
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Friedgard
antwortete am 23.12.00 (17:55):
Zu Weihnachten:
Ich steh an deiner Krippen hier, o Jesu, du mein Leben; ich komme, bring und schenke dir, was du mir hast gegeben. Nimm hin, es ist mein Geist und Sinn, Herz, Seel und Mut, nimm alles hin und laß dirs wohlgefallen.
Da ich noch nicht geboren war, da bist du mir geboren und hast mich dir zu eigen gar, eh ich dich kannt, erkoren. Eh ich durch deine Hand gemacht, da hast du schon bei dir bedacht, wie du mein wolltest werden.
Ich lag in tiefster Todesnacht, du warest meine Sonne, die Sonne, die mir zugebracht Licht, Leben, Freud und Wonne. O Sonne, die das werte Licht des Glaubens in mir zugericht' wie schön sind deine Strahlen!
Ich sehe dich mit Freuden an und kann mich nicht satt sehen; und weil ich nun nicht weiter kann, bleib ich anbetend stehen. O daß mein Sinn ein Abgrund wär und meine Seel ein weites Meer, daß ich dich möchte fassen!
Eins aber, hoff ich, wirst du mir, mein Heiland, nicht versagen: daß ich dich möge für und für in, bei und an mir tragen. So laß mich doch dein Kripplein sein; komm, komm und lege bei mir ein dich und all deine Freuden.
Paul Gerhardt 1653
Frohes Fest allen Freunden!
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Herbertkarl Hüther
antwortete am 23.12.00 (19:00):
Bruno Horst Bull
Am Tag vor Weihnachten
Nur noch einmal wird es dunkel, nur noch einmal wird es Nacht. Wird es wieder Abend werden, hat Knecht Ruprecht was gebracht.
Aus dem Walde wird er kommen, wo verschneite Tannen stehn, und sechs große zahme Hirsche sind vor dem Gefährt zu sehn.
Glocken klingen, und der Schlitten ist bis obenhin bepackt. Ach, was hat der gute Alte für die Kinder eingesackt!
Äpfel, Nüsse und Rosinen, Kuchen, Kekse, Marzipan, Engelshaar und Mandarinen, Hampelmann und Eisenbahn.
Weiß du noch vom letzten Jahre, als der Tannenbaum gebrannt, wie es war, als lang erwartet in der Tür Knecht Ruprecht stand?
Nur noch einmal wird es dunkel, nur noch einmal wird es Nacht. Wird es wieder Abend werden, hat Knecht Ruprecht was gebracht.
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Heidi
antwortete am 23.12.00 (19:59):
Fei(u)ertage
Mutter ist nervös Vater ist nervös Kind ist nervös Oma ist nervös
Oma ist gekommen Um Mutter zu helfen Vater hat gesagt Sei nicht nötig gewesen
Kind steht im Weg Mutter steht im Weg Oma steht im Weg Vater steht im Weg
Alle ham geschafft Mit allerletzter Kraft
Vater hat gebadet Mutter hat gebadet Kind hat gebadet Oma hat gebadet
Alle ham gepackt Und alle sind gerannt Und schließlich hat Der Baum gebrannt
Mutter ist gerührt Vater ist gerührt Kind ist gerührt Oma ist gerührt
Und dann werden Die Pakete aufgeschnürt
Mutter ist gekränkt Vater ist gekränkt Kind ist gekränkt Oma ist gekränkt
Denn jeder hat dem anderen Was Falsches geschenkt
Schwiegermutter kommt Patentante kommt Lieblingsbrunder kommt Großneffe kommt
Kuchen ist zu süß Plätzchen sind zu süß Marzipan zu süß Un der Baum ist mies
Mutter ist beleidigt Vater ist beleidigt Kind ist beleidigt Oma ist beleidigt
Frieden auf Erden Un den Menschen ein Unbehagen
Vater hats am Magen Mutter hats am Magen Oma hats am Magen
Kann nichts mehr vertragen Nach all diesen Tagen
Mutter ist allein Vater ist allein Kind ist allein Oma ist allein Alle sind allein
Doch an Ostern Wolln alle In jedem Falle Wieder zusammen sein
Hans Dieter Hüsch
:-) Wassereimer und Magenbitter nicht vergessen!
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Sieghard
antwortete am 24.12.00 (05:24):
Hymnus an Heilig-Abend
Du, dessen Rechte alle Reiche einzig leitet, zeig deinem Volke deine große Macht. Gewähre ihm das langersehnte Heil. Du, den des Sehers Mund weissagend kündet, hoch von des Himmels heller Burg, steige herab auf unsere Erde. Werde in meinem Herzen geboren. .
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Wolfgang
antwortete am 24.12.00 (11:40):
Ich wünsche allen in diesem Forum ein frohes Weihnachtsfest...
In dere Noocht (von Wilhelm Staudacher)
's kou sei, daß sie manches verwandlt in dere Noocht. Daß Baame oufange z'rejde, ugwount, und nit jeder verstäehts - daß dr Busch am Weechraa vo Wundersch weeche unrui wird und Zaache git mit sene Zweig für Hoose und Räeh und wos um ihn rum is - daß im Stool s' Viech oufengt zu horche um d' Schloefeszeit walls hell is zmoel, doochhell überol, vo en Stäere - 's kou sei, daß si manches verwandlt in dere Noocht, daß dr Booch drunt im Dool still wird für e boer Niidli, wall ebbes durch d'Luft ziecht, vo weit her, mit en glenzede Mantl, daß dr Wind si lejcht zu-ere gewiiße Zeit und rui bleibt übern Land - daß Müedi und Hungrie e Herberg finde, zmoel, nach hunnert vergeblie Froeche ou hunnert Türe, aa wenns nr e Bett is aus Stroeh und aus Hei, nit mäehr, es is e Dach übern Koupf, und wenns nr e Broet is, e Scheibe, und Salz, e boer Körnli, und Wasser, e Schluck, gejche'n Dorscht. 's kou sei, daß si manches verwandlt in dere Noocht.
aus: Petra Hochrein (Hrsg.): Komm, Christkind, flieg über mein Haus. Weihnachtliche Geschichten und Gedichte aus Franken, Echter Verlag, Würzburg 1995
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Herbertkarl Hüther
antwortete am 24.12.00 (11:44):
Nicht aufzuhalten
Dieses verrückte Kind das losrennt das Leben zu umarmen das hinfällt aufsteht und weiterläuft mit zerschlagenen Knien
Dieses verrückte Kind das Hoffnung heißt an Liebe glaubt
Anne Steinwart
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Heidi
antwortete am 24.12.00 (12:03):
Glauben, Hoffen und Lieben - die Fundamente unseres Lebens!
Ich wünsche allen den Glauben an die Zukunft, die Hoffnung auf Leben und die Liebe zum Menschen...
und allen, die das Weihnachtsfest alleine verbringen, Frieden und Ruhe im Herzen
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Sieghard
antwortete am 25.12.00 (05:17):
Wo liegt Betlehem? Betlehem, diese kleine Stadt im Süden Jerusalems, ist nicht nur zufällig Ort der Geburt Jesu. Denn in Bethlehem, nicht in der heiligen Stadt Jerusalem, beginnt die Geschichte der Menschwerdung Gottes und unserer Vermenschlichung. Betlehem liegt überall dort, wo Men- schen unter unmenschlichen Zustän- den leiden und Hunger und Durst ha- ben nach dem Frieden Gottes. Im Um- kreis dieser Menschen wollte Gott ge- boren werden, dort, wo Menschen frieren, kein Licht mehr sehen, ausge- setzt, heimatlos sind. Betlehem finden jede, die kindlich geblieben sind wie das Kind in der Krippe; sie sehen den Stern aufgehen, sie hören die Stimme des Engels. Sie haben eine Vision von der Besserung der Verhältnisse.
Einen Rabbi fragten seine Schüler: Meister, wo wohnt Gott? Was sagt ihr?, fragte der Rabbi zurück. Sie antwor- teten: Wohnt Gott nicht überall? Ist nicht die ganze Welt seiner Herrlich- keit voll? Der Rabbi schüttelte den Kopf: Gott wohnt, wo man ihn einlässt. .
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Heidi
antwortete am 25.12.00 (13:27):
eine Weihnachtsgeschichte
Die Gute Nacht
Der Tag, vor dem der große Christ Zur Welt geboren worden ist War hart und wüst und ohne Vernunft. Seine Eltern, ohne Unterkunft Fürchteten sich vor seiner Geburt Die gegen Abend erwartet wurd. Denn seine Geburt fiel in die kalte Zeit. Aber sie verlief zur Zufriedenheit. Der Stall, den sie doch noch gefunden hatten War warm und mit Moos zwischen seinen Latten Und mit Kreide war auf die Tür gemalt Daß der Stall bewohnt war und bezahlt. So wurde es doch noch eine gute Nacht Auch das Heu war wärmer, als sie gedacht. Ochs und Esel waren dabei Damit alles in der Ordnung sei. Eine Krippe gab einen kleinen Tisch Und der Hausknecht brachte ihnen heimlich einen Fisch (Denn es mußte bei der Geburt des großen Christ Alles heimlich gehen und mit List.) Doch der Fisch war ausgezeichnet und reichte durchaus Und Maria lachte ihren Mann wegen seiner Besorgnis aus Denn am Abend legte sich sogar derWind Und war nicht mehr so kalt, wie die Winde sonst sind. Aber bei Nacht war er fast wie ein Föhn. Und der Stall war warm und das Kind sehr schön. Und es fehlte schon fast gar nichts mehr Da kamen auch noch die Dreikönig daher! Maria und Joseph waren zufrieden sehr. Sie legten sich sehr zufrieden zum Ruhn Mehr konnte die Welt für den Christ nicht tun.
(Bertold Brecht)
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Herbertkarl Hüther
antwortete am 25.12.00 (16:56):
aeusserlich zwar nicht mehr zerissen, aber ...
Und als wir ans Ufer kamen
Und als wir ans Ufer kamen Und saßen noch lang im Kahn Da war es, daß wir den Himmel Am schönsten im Wasser sahn Und durch den Birnbaum flogen Paar Fischlein. Das Flugzeug schwamm Quer durch den See und zerschellte Sachte am Weidenstamm - am Weidenstamm
Was wird bloß aus unseren Träumen In diesem zerissnen Land Die Wunden wollen nicht zugehn Unter dem Dreckverband Und was wird mit unsern Freunden Und was noch aus dir, aus mir - Ich möchte am liebsten weg sein Und bleibe am liebsten hier - am liebsten hier
Wolf Biermann
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Heidi
antwortete am 25.12.00 (17:07):
noch eine Weihnachtsgeschichte
Weihnachten 1942
Es war Weihnacht. Ich ging über die weite Ebene. Der Schnee war wie Glas. Es war kalt. Die Luft war tot. Keine Bewegung, kein Ton. Der Horizont war rund. Der Himmel schwarz. Die Sterne gestorben. Der Mond gestern zu Grabe getragen. Die Sonne nicht aufgegangen. Ich schrie. Ich hörte mich nicht. Ich schrie wieder. Ich sah einen Körper auf dem Schnee liegen. Es war das Christkind. Die Glieder weiß und starr. Der Heiligenschein eine gelbe gefrorene Scheibe. Ich nahm das Kind in die Hände. Ich bewegte seine Arme auf und ab. Ich öffnete seine Lider. Es hatte keine Augen. Ich hatte Hunger. Ich aß den Heiligenschein. Er schmeckte wie altes Brot. Ich biß ihm den Kopf ab. Alter Marzipan. Ich ging weiter.
Friedrich Dürrenmatt
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Herbertkarl Hüther
antwortete am 25.12.00 (18:11):
Vereinsamt Die Krähen schrein und ziehen schwirren Flugs zur Stadt: Bald wird es schnein - Wohl dem, der jetzt noch Heimat hat.
Nun stehst du starr, schaust rückwärts, ach, wie lange schon, was bist du Narr vor Winters in die Welt entflohn?
Die Welt - ein Tor zu tausend Wüsten stumm und kalt; wer das verlor, was du verlorst, macht nirgends halt.
Nun stehst du bleich, zur Winter-Wanderschaft verflucht, dem Rauche gleich, der stets nach kältern Himmeln sucht.
Flieg, Vogel, schnarr dein Lied im Wüstenvogel-Ton. Versteck, du Narr, dein blutend Herz in Eis und Hohn.
Die Krähen schrein und ziehen schwirren Flugs zur Stadt: Bald wird es schnein - Weh dem, der keine Heimat hat.
Friedrich Nietzsche 15.10.1844 - 25.8.1900
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Heidi
antwortete am 25.12.00 (18:39):
Augen in der Groß-Stadt
Wenn du zur Arbeit gehst am frühen Morgen, wenn du am Bahnhof stehst mit deinen Sorgen: da zeigt die Stadt dir asphaltglatt im Menschentrichter Millionen Gesichter: Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick, die Braue, Pupillen, die Lider - Was war das? vielleicht dein Lebensglück... vorbei, verweht, nie wieder.
Du gehst dein Leben lang auf tausend Straßen; du siehst auf deinem Gang, die dich vergaßen. Ein Auge winkt, die Seele klingt; du hasts gefunden, nur für Sekunden... Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick, die Braue, Pupillen, die Lider; Was war das? kein Mensch dreht die Zeit zurück... Vorbei, verweht, nie wieder.
Du mußt auf deinem Gang durch Städte wandern; siehst einen Pulsschlag lang den fremden Andern. Es kann ein Feind sein, es kann ein Freund sein, es kann im Kampfe dein Genosse sein. Es sieht hinüber und zieht vorüber... Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick, die Braue, Pupillen, die Lider. Was war das? Von der großen Menschheit ein Stück! Vorbei, verweht, nie wieder.
Kurt Tucholsky
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Heidi
antwortete am 25.12.00 (18:44):
und natürlich :-)
2. Antwort
Daß Gott erbarm! Der meint, ich sehnte mich zurück Ins deutsche Warm, Ins dumpfe deutsche Stuben-Glück!
Mein Freund, was hier Mich hemmt und hält, ist dein Verstand, Mitleid mit dir! Mitleid mit deutschem Quer-Verstand!
Friedrich Nietzsche
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Herbertkarl Hüther
antwortete am 25.12.00 (21:26):
Wünschelrute Schläft ein Lied in allen Dingen, die da träumen fort und fort, und die Welt hebt an zu singen, triffst du nur das Zauberwort.
Joseph von Eichendorff 10.3.1788, Ratibor - 26.11.1857, Neisse
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Heidi
antwortete am 25.12.00 (21:36):
:-)
...
Was heut müde gehet unter, Hebt sich morgen neugeboren. Manches bleibt in Nacht verloren - Hüte dich, bleib wach und munter!
Eichendorff
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Wolfgang
antwortete am 25.12.00 (22:00):
Wiegenlied (von Clemens Brentano)
Singet leise, leise, leise, singt ein flüsternd Wiegenlied; von dem Monde lernt die Weise, der so still am Himmel zieht.
Singt ein Lied so süß gelinde, wie die Quellen auf den Kieseln, wie die Bienen um die Linde summen, murmeln, flüstern, rieseln.
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Heidi
antwortete am 25.12.00 (22:05):
Hörst du wie die Brunnen rauschen, Hörst du wie die Grille zirpt? Stille, stille, laß uns lauschen, Selig, wer in Träumen stirbt. Selig, wen die Wolken wiegen, Wenn der Mond ein Schlaflied singt, O wie selig kann der fliegen, Dem der Traum den Flügel schwingt, Daß an blauer Himmelsdecke Sterne er wie Blumen pflückt: Schlafe, träume, flieg', ich wecke Bald dich auf und bin beglückt.
Brentano
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Heidi
antwortete am 25.12.00 (22:32):
Herzangst
So schreckt das Wild Wenn hinter dem Kornfeld Der hohe Hut des Jägers Auftaucht Und der blauglänzende Lauf Seiner Büchse. Doch achtlos geht er des Wegs Als hätte das Ziel Er vergessen - Und wieder äst ruhig das Herz im grüngoldnen Abend
Oda Schaefer
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heidi
antwortete am 26.12.00 (00:21):
Das ewige Gedicht
Ich male Lettern, von der Einsamkeit betreut. Der Bambus wellt wie Meer. Aus Sträuchern fällt der Tau wie Perlenschnüre. Ich werfe Verse auf die leuchtenden Papiere, Als seien Pflaumenblüten in den Schnee gestreut.
Wie lange währt der Duft der Mandarinenfrucht bei einem Weibe, Die sie in ihrer Achselhöhe trägt? Wie lange blüht im Sonnenschein der Schnee? Nur dies Gedicht, das ich hier niederschreibe, O daß es ewig, ewig, ewig steh!
Li-tai-pi (nachgedichtet von Klabund)
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heidi
antwortete am 26.12.00 (00:30):
nächtlicher Spaziergang:
Ausgeschlossen
Helle Fenster Im Dunkel, Warm und festlich Sehnsucht greift nach mir.
Das Herz Sucht Einlaß
Aber die Tore Sind alle verschlossen
Maria Holschuh
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Heidi
antwortete am 26.12.00 (01:42):
zum Schluss:
Das reine Gedicht
Du gabst im Schlafe, Gott, mir das Gedicht. Ich werde es im Wachen nie begreifen. Nachbildend Zug um Zug das Traumgesicht, nur sehnen kann ich mich und Worte häufen.
Da es ein Klang war, sollt ich es nicht hören? Da es ein Bild war, sollt ich es nicht sehn? Nun wird die Oberfläche mich betören, im Tonfall wird der Klang zuschanden gehn.
Wie war es doch? Es war in seligem Traume. Nur noch in solchem Wachsein lebe ich. Die Augen schließend, raubt es mich dem Raume. Traum schlägt den Blick auf, und ich schaue ...dich.
Josef Weinheber
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Herbertkarl Hüther
antwortete am 26.12.00 (07:34):
Nachtseele
Schweigsam stieg vom schwarzen Wald ein blaues Wild Die Seele nieder, Da es Nacht war, über moosige Stufen ein schneeiger Quell.
Blut und Waffengetümmel vergangner Zeiten Rauscht im Föhrengrund. Der Mond scheint leise in verfallene Zimmer,
Trunken von dunklen Giften, silberne Larve Über den Schlummer der Hirten geneigt; Haupt, das schweigend seine Sagen verlassen.
O, dann öffnet jener die langsamen Hände Verwesend in purpurnem Schlaf Und silbern erblühen die Blumen des Winters.
Am Waldsaum, erstrahlen die finstern Wege In die steinerne Stadt; Öfter ruft aus schwarzer Schwermut das Käuzchen den Trunkenen.
Georg Trakl
03.02.1887 - 03.11.1914
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Sieghard
antwortete am 26.12.00 (08:47):
Erfurter Handschrift 1394
Sys willekomen heirre kerst, want du onser alre heirre bis, sys willekomen lieve heirre, her in ertriche also schone Kyrieleys.
.
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Heidi
antwortete am 26.12.00 (10:19):
Es hat geschneit! Alles ist weiß und still draußen - schön.
Es ist für uns eine Zeit angekommen die bringt uns eine große Freud durch den Schnee der leise fällt wandern wir, wandern wir durch die weite weiße Welt ....
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Herbertkarl Hüther
antwortete am 26.12.00 (10:25):
engelkeit
sie entkuesste und bekuesste mich mit starkgeisterei wie mit einem stueckgestell
die kuenftigkeit sah mich mit gelust gulden schon vor dem lenzmonat mit weichem lassduenkel an
ohne zu beschoenen war es reitergar wie ein unfreund in rege
fragselig ging die fortschreitung weiter
der angelstern schien noch als wolle er mir ungeschmack zusterben
eine besondere denkzeit wie fuer einen kaufschlag gemacht.
hkh
sol in capricornus 04° 54' 22"
coordinates 51° 31' 01'' n, 08° 32' 02'' e
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Heidi
antwortete am 26.12.00 (10:36):
... Es schlafen Bächlein und See unterm Eise Es träumt der Wald einen tiefen Traum übers schneebeglänzte Feld wandern wir, wandern wir durch die weite weiße Welt
vom hohen Himmel ein leuchtendes Schweigen erfüllt die Herzen mit Seeligkeit durch den Schnee der leise fällt wandern wir, wandern wir durch die weite weiße Welt
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Heidi
antwortete am 26.12.00 (22:15):
Es wird Nacht...
Nachtzauber
Hörst du nicht die Quellen gehen Zwischen Stein und Blumen weit Nach den stillen Waldesseen, Wo die Marmorbilder stehen In der schönen Einsamkeit? Von den Bergen sacht hernieder, Weckend die uralten Lieder, Steigt die wunderbare Nacht, Und die Gründe glänzen wieder, Wie du's oft im Traum gedacht. Kennst die Blume du, entsprossen In dem mondbeglänzten Grund? Aus der Knospe, hell erschlossen, Junge Glieder blühend sprossen, Weiße Arme, roter Mund, Und die Nachtigallen schlagen, Und rings hebt es an zu klagen, Ach, von Liebe todeswund, Von versunk'nen schönen Tagen - Komm, o komm zum stillen Grund!
Eichendorff
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Heidi
antwortete am 26.12.00 (22:39):
noch ein "Nachtgedicht"... :-)
Bitte
Weil auf mir, du dunkles Auge, Übe deine ganze Macht, Ernste, milde, träumerische, Unergründlich süße Nacht!
Nimm mit deinem Zauberdunkel Diese Welt von hinnen mir, Daß du über meinem Leben Einsam schwebest für und für.
Nikolaus Lenau
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Heidi
antwortete am 26.12.00 (23:50):
ein letztes Nachtgedicht...
Es zieht herauf die stille Nacht Und decket alles Land, Groß, ruhig liegt in Sternenpracht Der Himmel augespannt. Es gehet still und leis die Luft, Rings schlummert Blum' und Baum: O nur ein Klang, o nur ein Duft, Ein leiser Schöpfungstraum.
Das ist für mich die süße Zeit, Mein dunkles Herz erglüht, Und Frieden, Schönheit, Seligkeit Durchfühlen mein Gemüt. Mein kühles, ernstes Herze lacht, Das Tags erstarret stand: Mein dunkles Herz, die dunkle Nacht, Sie sind sich ja verwandt.
Wolfgang Müller von Königswinter .... alle Nachtgedichte aus "Deutsche Hausbibliothek "Gedichte" nach der Originalausgabe der J.Cotta'schen Hofbuchhandlung aus dem Jahre 1901, hat mir eine unserer alten Damen im Pflegeheim geliehen :-) .... Gute Nacht!
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Wolfgang
antwortete am 26.12.00 (23:57):
Es wandelt, was wir schauen, Tag sinkt ins Abendrot, Die Lust hat eignes Grauen, Und alles hat den Tod
In Leben schleicht das Leiden Sich heimlich wie ein Dieb, Wir alle müssen scheiden Von allem was uns lieb.
Joseph von Eichendorff
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Wolfgang
antwortete am 27.12.00 (00:00):
Ein Traum, ein Traum ist unser Leben Auf Erden hier. Wie Schatten auf den Wolken schweben Und schwinden wir. Und messen unsre trägen Tritte Nach Raum und Zeit; Und sind (und wissen's nicht) in Mitte Der Ewigkeit...
Johann Gottfried Herder
(Internet-Tipp: https://www.onlinekunst.de/gedichte/Traum.htm)
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Heidi
antwortete am 27.12.00 (00:13):
Zufallsauswahl aus obiger Adresse - :-)
Manche Nacht
Wenn die Felder sich verdunkeln, fühl' ich wird mein Auge heller; schon versucht ein Stern zu funkeln, und die Grillen wispern schneller.
Jeder Laut wird bilderreicher, das Gewohnte sonderbarer, hinterm Wald der Himmel bleicher, jeder Wipfel hebt sich klarer;
Und du merkst es nicht im Schreiten wie das Licht verhundertfältigt sich entringt den Dunkelheiten. Plötzlich stehst du überwältigt.
Richard Fedor Leopold Dehmel (1863-1920)
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Heidi
antwortete am 27.12.00 (00:56):
mein Lieblingsthema - damit der Tag nachher besser anfängt...
Friedrich Halm (Eligius Franz Josef Freiherr von Münch-Bellinghausen) 2.4.1806-22.5.1871
Mein Herz, ich will dich fragen...
Mein Herz, ich will dich fragen: Was ist denn Liebe, sag? - Zwei Seelen und ein Gedanke, Zwei Herzen und ein Schlag!
Und sprich, woher kommt Liebe? - Sie kommt, und sie ist da! Und sprich, wie schwindet Liebe? Die war's nicht, der's geschah!
Und was ist reine Liebe? Die ihrer selbst vergißt! Und wann ist Lieb' am tiefsten? Wenn sie am stillsten ist.
Und wann ist Lieb' am reichsten? Das ist sie, wenn sie gibt! Und sprich, wie redet Liebe? - Sie redet nicht, sie liebt.
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Sieghard
antwortete am 27.12.00 (08:42):
Liebes-Lied
Er: Schön bist du, Liebste dein Mund, deine Haare, deine Haut. Zart, weich, warm dein Leib. Warten will ich und hoffen, geladen zu werden von dir zum Fest der heiligen Hochzeit.
Sie: Vertrauen weckt dein Warten. Will dein Gesicht betrachten. Will hören, was du sagst. Will erkennen, was bleibt, wenn das Glühen der Hitze vergangen.
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Heidi
antwortete am 27.12.00 (20:52):
um beim Thema zu bleiben :-) - mit diesem Dialekt bin ich aufgewachsen
Wos d'Liab oll's is
D'Liab is a Rauba möcht im Herzerle sein; und won ma nit aufmocht, so bricht's oan holt ein.
D'Liab is a Vögerl, in Mai fliegt's daher: tuas fonga, schau, späta do kimts neamamehr.
Und's Vögerl is hoamisch, mei Herz is sei Haus; hiazt, wo ih ah aufmoch', fliagts neamamehr aus.
A hellglingends Glöckl in Herzen is d'Liab; gib Ocht, daß's koan Sprung kriagt, sist leits nocha trüab!
D'Liab is a Wasserl, rinnt unta die Bruck, und mei Herz is a Schifferl, kimt neamamehr zruck.
D'Liab is a Bleamerl, recht guat muaßt es pflegn; schau, d'Liab braucht a Busserl, wia's Bleamerl an Regn.
Peter Rosegger
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Heidi
antwortete am 27.12.00 (22:09):
noch zwei Verse dazugedichtet - :-))
d'Liab is a Sternderl wos am Himmi drom fliagt schaut auf d'Nacht in mei Betterl schickt a Busserl, a lieabs
kimmt eini zu mir sogt "i hob di so gearn" - i brauch di, liabs sternderl auch i hob di gearn
hl
Ich wünsche allen eine sternenklare gute Nacht :-)
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Sieghard
antwortete am 28.12.00 (08:08):
Potenz [verdichteter Text]
Macht der Macher. Omnipotenz. Allmacht der Macher. Intoleranz. Ausschließliche Macht der Macher. Sexismus. Männermacht. Rassismus. Herrenmenschenmacht. Faschismus. Herrenmenschengewalt.
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[Zeitungstext] Das Männerbild ist in der Krise. Wann ist ein Mann ein Mann? Nur als Täter? Männer als Opfer kratzen am Rollenkli- schee. Ein Indianer kennt keinen Schmerz. Dass auch Männer zu Op- fern werden, will die Gesellschaft nicht wahrhaben. Während die Opferrolle von Frauen zum Rollenklischee ge- hört, rührt die Thematisierung männ- licher Opfererfahrungen an den gesell- schaftlichen Grundüberzeugungen von Männlichkeit. Der Erfolg der Frauenbe- auftragten besteht in der Sensibilisie- rung für spezifische Frauenlagen. Der Erfolg von Männerbeauftragten könnte die männlichen Strukturen der institu- tionellen Praxis sichtbar machen. . .
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Heidi
antwortete am 28.12.00 (08:40):
typisch männlich? :-))
Ratskollegium
Der Vorsitzende:
Hochweiser Rat, geehrte Kollegen! Bevor wir uns heute aufs Raten legen, bitt' ich, erst reiflich zu erwägen, ob wir vielleicht, um Zeit zu gewinnen heut sogleich mit dem Raten beginnen, oder ob wir erst proponieren müssen, was uns versammelt und was wir alle wissen? - Ich muß pflichtmäßig voranschicken hierbei, daß die Art der Geschäfte zweierlei sei: Die einen sind die eiligen, die andern sind die langweiligen. Auf jene pfleg' ich cito zu schreiben, die andern können liegenbleiben. Die liegenden aber, geehrte Brüder, zerfallen in wicht'ge und höchstgewicht'ge wieder. Bei jenen - nun - man wird verwegen, man schreibt nach amtlichen Überlegen more solito hier, und dort ad acta, die Diener rennen, man flucht, verpackt da, der Staat floriert und bleibt im Takt da. Doch werden die Zeiten so ungeschliffen, wild umzuspringen mit den Begriffen, kommt gar, wie heute, ein Fall, der eilig und doch höchstwichtig zugleich, dann freilich muss man von neuem unterscheiden: Ob er mehr eilig oder mehr wichtig. - Ich bitte, meine Herrn, verstehn Sie mich richtig! Der Punkt ist von Einfluß. Denn wir vermeiden die species facti, wie billig, sofort, findt sich der Fall mehr eilig als liegend. Ist aber das Wichtige überwiegend, wäre Eile am unrechten Ort.
Meine Herren, Sie haben nun die Prämissen. Sie werden den Beschluß zu finden wissen.
Joseph von Eichendorff
Ich wünsche allen "Herren" einen schönen Tag :-)
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Heidi
antwortete am 28.12.00 (13:05):
männliche Strukturen bei den Spatzen: :-))
Spatz und Spätzin
Auf dem Dache sitzt der Spatz, und die Spätzin sitzt daneben; und er spricht zu seinem Schatz: "Küsse mich, mein holdes Leben!
Bald nun wird der Kirschbaum blühn; Frühlingszeit ist so vergnüglich! Ach, wie lieb' ich junges Grün und die Erbsen ganz vorzüglich!"
Spricht die Spätzin:" Teurer Mann, denke doch der neuen Pflichten! Fangen wir noch heute an, uns ein Nestchen einzurichten!"
Spricht der Spatz:" Das Nesterbaun, Eier brüten, Junge füttern und dem Mann den Kopf zu kraun, liegt den Weibern ob und Müttern."
Spricht die Spätzin: "Du Barbar, soll ich bei der Arbeit schwitzen, und du willst nur immerdar zwitschern und herumstibitzen?"
Spricht der Spatz:" Ich will dir hier mit zwei Worten kurz berichten: Für den Spatz ist das Pläsier, für die Spätzin sind die Pflichten!"
Karl Mayer
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Heidi
antwortete am 29.12.00 (00:14):
nachfolgendes ist besser als "Rollenverhalten", egal ob Mann oder Frau:
Dich dich sein lassen ganz dich
Sehen daß du nur du bist wenn du alles bist was du bist das Zarte und das Wilde das was sich losreißen und das was sich anschmiegen will
Wer nur die Hälfte liebt der liebt dich nicht halb sondern gar nicht der will dich zurechtschneiden amputieren verstümmeln
Dich dich sein lassen ob das schwer oder leicht ist? Es kommt nicht darauf an mit wieviel Vorbedacht und Verstand sondern mit wieviel Liebe und mit wieviel offener Sehnsucht nach allem - nach allem was DU ist.
Nach der Wärme und nach der Kälte nach der Güte und nach dem Starrsinn nach deinem Willen und Unwillen nach jeder deiner Gebärden nach deiner Ungebärdigkeit Unstetigkeit Stetigkeit
Dann ist dieses dich dich sein lassen vielleicht gar nicht so schwer
Erich Fried
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Meggy Laurin
antwortete am 29.12.00 (00:27):
Meggy findet, Ihr sollt so weitermachen! Finde die Gedichte,die Heidi aussucht, sehr schoen!
,
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Heidi
antwortete am 29.12.00 (09:05):
bald beginnt das erste Jahr des neuen Jahrtausend...
Abschied vom alten Jahr
Du hast vieles gegeben und einiges genommen ein alter Weg endet ein neuer hat begonnen
Perspektiven sind anders Rückschau hat ein dunkles Kleid es gibt nichts zu bereuen Wunden heilen in neuer Zeit
Abschied von Gewohntem ein radikaler Schnitt doch die Liebe zum Menschen die nehme ich mit
Leb' wohl, altes Jahr - du bist müde - viel ist geschehen dank dir für alles Gute kannst jetzt in Ruhe gehen
hl
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Heidi
antwortete am 29.12.00 (17:47):
da jetzt wohl auch der letzte "Poet" hier in Urlaub ist, kann ich mich ja ausbreiten :-)
Gedanken vor dem Jahreswechsel, mit Gedichten von Lothar Zenetti, geboren 1926, Pfarrer in Frankfurt(M.), alle "Wir sind noch zu retten" , J.Pfeiffer Verlag, München
Der Alte .... (spricht für viele unserer Altenheimbewohner)
Hier siehst du sie, alle die Bücher, die heute keiner mehr liest. Und manches hab ich vor Augen, was du, mein Kind, noch nicht siehst.
Ach, vieles könnt' ich erzählen, was niemand mehr hören mag. Ich spreche aus langer Erfahrung, doch keiner nimmt ernst, was ich sag.
Was nützt mir die richtige Antwort auf Fragen, die niemand mehr stellt? Es waren halt andere Zeiten, ich passe nicht mehr in die Welt.
Nun ja, da sind Kinder und Enkel, die lieben zumindest mein Geld. Man sollte wohl rechtzeitig enden, bevor man zur Last ihnen fällt.
So halte ich mich auf den Beinen, solang es noch irgendwie geht, und ziehe allein meiner Wege und sag' vor mich hin ein Gebet.
Mag sein, daß der Herrgott im Himmel uns Alte noch sieht und versteht, Und winkt er mich schließlich nach oben, dann wird es halt Zeit, daß man geht.
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Erinnert Ihr Euch? ......(in der Großstadt geschrieben)
Kann doch, was sag' ich, es könnte doch sein, daß es einmal noch hell wird und Tag nach der endlosen dröhnenden Nacht, daß der Dunst sich über uns lichtet und am Morgen ein Vogel zu singen beginnt so wie früher, erinnert ihr euch? Das war, als es noch Bäume gab, richtige Bäume und Sträucher mit Beeren. Und früh lag funkelnd der Tau auf den Wiesen, es stieg aus dem Nebel glühend die Sonne empor. Weiß das, so frag' ich, weiß das noch einer, daß Ähren wuchsen im Sommer, so weit man sah, und daß Menschen waren, damals, die sangen?
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Man lebt
Ich höre, daß man damit leben kann: Mit Schlaf und Arbeit, Spaß und gutem Essen. Habt ihr dabei nicht einiges vergessen? Und überhaupt, was soll das heißen: man?
Und das soll wirklich alles sein, wofür wir leben, das soll uns genügen: der Tisch gedeckt, gelegentlich Vergnügen und Händchen halten und ein Lottoschein?
Man lebt, und mehr fällt euch nicht ein als Geld verdienen und ein Auto fahren und Steuern zahlen und für'n Urlaub sparen und abends Fernsehn oder Sportverein?
Es ist nicht viel, was man so Leben nennt: Erst Kinderspiel, dann selber Kinder kriegen, dann einmal jährlich in der Sonne liegen und Rentenanspruch und ein Testament.
Und das soll alles dann gewesen sein für uns, und sonst soll es nichts geben? In mir ist Sehnsucht, mehr möcht' ich erleben und Träume haben und unsterblich sein!
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Der Wind ..(er hat auch sehr schöne Liebesgedichte geschrieben)
Der Wind den es mir zuweht aus milderem Land, streicht mir über die Wangen, so sanft, als habe er unterwegs und sehr weit von hier deine Lippen berührt im Vorübergehn und trüge nun ganz behutsam deinen Atem herüber zu mir.
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Heidi
antwortete am 29.12.00 (23:27):
weil es in Gedichte VI doch ein bißchen einsam geworden ist :-)) ....Nietzsche!
Der Einsamste
Nun, da der Tag Des Tags müde ward, und aller Sehnsucht Bäche Von neuem Trost plätschern, Auch alle Himmel, aufgehängt in Gold-Spinnetzen, Zu jedem Müden sprechen:"Ruhe nun!" - Was ruhst du nicht, du dunkles Herz, Was stachelt dich zu fußwunder Flucht ... Wes harrest du?
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Gerlinde
antwortete am 30.12.00 (11:20):
Schneeblüten
Statt Blatt und Blüten, die vom nackten Leibe der Nordwind abgeschüttelt hat den Bäumen, statt Blum und Gras, die von des Rockes Säumen Herbst hat entpflückt Natur, dem armen Weibe,
sät jetzt der Winter an des Fensters Scheibe Frostblumen aus und auf den öden Räumen Schneeblüten, daß damit, als blassen Träumen vom Lenz, ihr Spiel des Lenzes Sehnsucht treibe.
Die Sehnsucht aber sitzt bei mir im Zimmer blickt aus nach dem von ihr getrennten Lenze, den sie dort sitzen sieht in einem Stübchen;
dort sitzt er hell im eignen Sonnenschimmer, auf seine Locken alle Liebeskränze, und alle Rosen um der Wange Grübchen.
Friedrich Rückert
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Heidi :-))
antwortete am 30.12.00 (14:09):
Aber wieder Aber du bist wiedergekommen Du bist wieder gekommen Du du bist du bist wieder Ich bin wieder weil du bist Du bist gekommen du wieder und immer wieder wieder du Du du du und ich immer wieder und wieder (Erich Fried)
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Heidi
antwortete am 30.12.00 (20:30):
Rückblicke überall .. ich schaue vorwärts:
Frühlingstraum
es dauert nicht mehr lang, mein Herz dann wird es wieder grün der Vögel süßes Lied, mein Herz hörst du es? es klingt so schön und Schmetterlinge fliegen der Himmel ist so blau im grünen Gras und in der Sonne liegen vergessen ist das Grau
...
hl
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Heidi
antwortete am 30.12.00 (23:40):
in meinem Lieblingsbuch geblättert (Deutsche Liebeslyrik)
Geständnis
Ich habe ein großes Gefühl für dich.
Wenn ich an dich denke, gibt es mir einen Schlag. Wenn ich dich höre, gibt es mir einen Stoß. Wenn ich dich sehe, gibt es mir einen Stich: Ich habe ein großes Gefühl für dich.
Soll ich es dir vorbeibringen, oder willst du es abholen?
Robert Gernhardt
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Heidi
antwortete am 30.12.00 (23:59):
Um Mitternacht
Gelassen stieg die Nacht ans Land, Lehnt träumend an der Berge Wand, Ihr Auge sieht die goldne Waage nun Der Zeit in gleichen Schalen stille ruhn; Und kecker rauschen die Quellen hervor, Sie singen der Mutter, der Nacht, ins Ohr Vom Tage, Vom heute gewesenen Tage.
Das uralt alte Schlummerlied, Sie achtet's nicht, sie ist es müd; Ihr klingt des Himmels Bläue süßer noch, Der flüchtgen Stunden gleichgeschwungnes Joch. Doch immer behalten die Quellen das Wort, Es singen die Wasser im Schlafe noch fort Vom Tage, Vom heute gewesenen Tage.
Eduard Mörike
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Sieghard
antwortete am 31.12.00 (07:44):
ZUM JAHRESWECHSEL
Wendepunkte Gebündelte Zeit Wagnis Entscheidung Altes Neues
Wendepunkte Rettung oder Gefahr Gelingen oder Misslingen Hinwendung oder Abwendung
Wendepunkte Ende des Jahres Beginn eines Jahres Altes zurücklassen Neues zulassen Mensch werden Heilen
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Wolfgang
antwortete am 31.12.00 (11:19):
Um Mitternacht endet heute das zweite und beginnt das dritte Jahrtausend... Ich wünsche allen in diesem Forum ein guten Rutsch ins Neue Jahr.
Neujahrslied ´(von Johann Peter Hebel)
Mit der Freude zieht der Schmerz traulich durch die Zeiten, schwere Stürme, milde Weste, bange Sorgen, frohe Feste wandeln sich zur Seiten, wandeln sich zur Seiten.
Und wo manche Thräne fällt, blüht auch manche Rose, schon gemischt, noch eh`wir`s bitten ist für Thronen und für Hütten Schmerz und Lust im Loose, Schmerz und Lust im Loose.
War`s nicht so im alten Jahr? Wird`s im neuen enden? Sonnen wallen auf und nieder, Wolken geh´n und kommen wieder, und kein Wunsch wird`s wenden, und kein Wunsch wird`s wenden.
Gebe denn, der über uns wägt mit rechter Wage, jedem Sinn für seine Freuden, jedem Muth für seine Leiden in die neuen Tage, in die neuen Tage.
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Johannes Michalowsky
antwortete am 31.12.00 (11:44):
Siegfried's (Dr. Siegfried Günther, Bonn) unveröffentlichte Gedichte unter der unten angegenen URL zu finden.
(Internet-Tipp: /seniorentreff/de/hp/kluge/el50.htm)
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Heidi
antwortete am 31.12.00 (12:26):
Lasst uns fröhlich sein!
lasst uns fröhlich sein und tanzen in das neue Jahr frohe Lieder singen und vergessen was im alten war
lasst uns fröhlich sein und vorwärts blicken nicht mehr zurück Freude soll das neue bringen und Glück
Lasst uns fröhlich sein und dankbar daß wir leben, Zukunft haben neues kommt mit neuen Gaben vorbei das alte Jahr
hl
das Schöne und Gute aus diesem Jahr nehmen wir natürlich mit in das neue!
in diesem Sinne, allen einen guten Start
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Sieghard
antwortete am 31.12.00 (13:22):
Theodor Fontane
Ein neues Buch, ein neues Jahr Was werden die Tage bringen?! Wird's werden, wie es immer war, Halb scheitern, halb gelingen?
Ich möchte leben, bis all dies Glühn Rücklässt einen leuchtenden Funken. Und nicht vergeht, wie die Flamm' im Kamin, Die eben zu Asche gesunken.
Silvester 1897 (sein letzter) schrieb er in sein Tagebuch:
Punschlos (!!!!!!) einen einzigen Pfannkuchen in der Hand, traten wir ins neue Jahr. .
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Friedgard
antwortete am 31.12.00 (18:47):
Der dreizehnte Monat von Erich Kästner
Wie säh er aus, wenn er sich wünschen ließe? Schaltmonat wär? Vielleicht Elfember hieße? Wem zwölf genügen, dem ist nicht zu helfen. Wie säh er aus, der dreizehnte von zwölfen?
Der Frühling müßte blühn in holden Dolden. Jasmin und Rosen hätten Sommerfest. Und Äpfel hingen, mürb und rot und golden, im Herbstgeäst.
Die Tannen träten unter weißbeschneiten Koratenmützen aus dem Birkenhain und kauften auf dem Markt der Jahreszeiten Maiglöckchen ein.
Adam und Eva lägen auf der Wiese. Und liebten sich in einem Veilchenbett, als ob sie niemand aus dem Paradiese vertrieben hätt.
Das Korn wär gelb. Und blau wären die Trauben. Wir träumten, und die Erde wär der Traum. Dreizehnter Monat, laß uns an dich glauben! Die Zeit hat Raum!
Verzeih, daß wir so kühn sind, dich zu schildern. Der Schleier weht. Dein Antlitz bleibt verhüllt. Man macht, wir wissen's, aus zwölf alten Bildern kein neues Bild.
Drum schaff dich selbst! Aus unerhörten Tönen! Aus Farben, die kein Regenbogen zeigt! Plündre den Schatz des ungeschehnen Schönen! Du schweigst? Er schweigt.
Es tickt die Zeit. Das Jahr dreht sich im Kreise. Und werden kann nur, was schon immer war. Geduld, mein Herz. Im Kreise geht die Reise. Und dem Dezember folgt der Januar.
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Soweit Erich Kästner. Und nun noch von mir ein Gedanke zum Jahreswechsel:
Ein Neues Jahr. Und von Fortunas Harfe fallen Töne wie Tropfen, wenn es einer hören will.
Er sammelt sie in seiner Hand: mal ist es schimmernd eine Perle, mal zerfließend eine Träne - dann jauchzt er freudig oder hält erbebend still.
Ich wünsche allen ein gesegnetes Neues Jahr.
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Heidi
antwortete am 31.12.00 (21:50):
Das meist gehörte Wort heute abend im Altenpflegeheim war "ach, Schwester...".
Vergesst sie nicht, unsere alten Menschen, die meisten von ihnen werden heute nacht wach, wenn es draussen knallt und böllert und sie wissen, dass da draußen andere Menschen das neue Jahr feiern und begrüßen und nicht alle können sich mit uns freuen.
Ach, Schwester schon wieder ein neues Jahr das alte war schon schwer genug was soll das neue bringen? nur neuen Schmerz und Überdruß? ich hab' so viel erlebt bin müde jetzt und alt ach, lieber Gott, hol' mich doch bald
Ach, Schwester mir ist nicht zumut nach feiern und nach fröhlich sein ich bitt' sie sehr, lassen sie mich doch heute ganz allein die Kinder feiern, die Enkel sind weit ich will allein sein mit meinem Leid
Ich möchte schlafen, Schwester das Jahr war lang mir ist heute im Herzen nur traurig und bang wie wird es werden ? ich bin so müd' lasst mich schlafen....
Ach, Schwester, das Lachen mit ihnen tut so gut es freut mich und bringt mir neuen Mut... die Türe bitte offen lassen fühl' mich sonst eingesperrt wie hinter einer Gefängnistür Ach Schwester, liebe Schwester sind sie morgen wieder hier?
Na, Schwester, gibt's Sekt heut' und gute Sachen? am letzten Tag im Jahr da woll'n wir lachen und scherzen und guter Dinge sein am letzten Tag im Jahr bleiben wir nicht allein
Gute Nacht, Schwester der Tag war lang schlafen sie gut und kommen sie morgen gesund wieder und ohne Sorgen ich schlafe jetzt auch die kleinen blauen Pillen werden dabei helfen - und Gottes Willen
hl ........
Trotzdem woll'n wir fröhlich sein und das neue Jahr mit Freude begrüßen, aber lasst uns diese alten Menschen im kommenden Jahr nicht vergessen!
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Heidi
antwortete am 01.01.01 (00:24):
Tausend bunte Sterne steigen aus der Stadt über die Dächer in den Himmel hinauf strahlen, funkeln immer heller und verlöschen im Nebel - Feuerwerk Dein Glanz und dein Strahlen bleibt in meinem Herzen Willkommen Neues Jahr!
hl
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Sieghard
antwortete am 01.01.01 (09:25):
Friedrich von Logau (1604-1655)
Abermals ein neues Jahr! Immer noch die alte Not! O, das Alte kommt von uns, und das Neue kommt von Gott.
Gottes Güt ist immer neu, immer alt ist unsre Schuld; neue Reu verleih uns, Herr, und beweis uns alte Huld! .
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Heidi
antwortete am 01.01.01 (16:16):
Proteus
Was oben und unten in Fülle und Kraft Die ewige Mutter erschuf und erschafft, Sie hat es in Formen, in steife, gehüllt, In starrende Normen das Leben gefüllt.
Und wie's in den Formen auch brauset und zischt, So bleibt es doch immer mit Erde gemischt, Nie kann sichs entreißen der dumpfen Gewalt, Da wird es so trübe, da wird es so kalt.
Doch mich hat sie nimmer gebannt in den Ring, Mit welchen sie grausam die Wesen umfing, Ich steige hinunter, ich steige empor Nach eignem Behagen im wirbelnden Chor.
Ich schlürfe begierig aus jeglichem Sein Mit tiefem Entzücken den Honig hinein, An keines gebunden, muß jedes mir schnell Die Pforten entriegeln zum innersten Quell.
Ich bins, der die Welle des Lebens bewegt, Der ihre gewaltigste Strömung bewegt, Und dann, was sie innerlich eigen besitzt, Enteilend, in dürstende Weltall verspritzt.
Ha! oben in Wolken in bläulichen Glanz Mit brausenden Stürmen der schwindelnde Tanz! Als Blitz dies Verflammen im nächtlichen Blau! Als Regen dies Tränken der durstigen Au!
Im Kelche der Blume, im farbigen nun Das stille Verschließen, das liebliche Ruhn! Und wenn ich entsteige der tauigen Gruft, Umströmt mich, entbunden, der glühendste Duft!
O seliges Wohnen in Nachtigallbrust! O süßes Zerrinnen in heimlichster Lust! Ich hauch ihr die Liebe ins klopfende Herz, Dann scheid ich, da singt sie in ewigem Schmerz.
In Seelen der Menschen hinein und hinaus! Sie möchten mich fesseln, o neckischer Strauß! Die fromme des Dichters nur ists, die mich hält, Ihr geb ich ein volles Empfinden der Welt
Hebbel
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Gerlinde
antwortete am 02.01.01 (19:45):
Jänner
Das Jahr geht an mit weißer Pracht. Drei König stapfen durch die Nacht. Das Rehlein scharrt den harten Grund, klar ziehn die Stern in ernster Rund. Der Weg verweht, das Haus so still der Bauer liest in der Postill, der Ofen singt, die Stund vergeht, nur sacht! Wir kommen nie zu spät. Um Fabian, Sebastian hebt neu der Baum zu saften an, und an dem Tag von Pauls Bekehr ist halb der Winter, hin und her.
Josef Weinheber
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Heidi
antwortete am 03.01.01 (00:25):
Gingo Biloba
Dieses Baumes Blatt, der von Osten Meinen Garten anvertraut, Gibt geheimen Sinn zu kosten, Wie's den Wissenden erbaut.
Ist es ein lebendig Wesen, Das sich in sich selbst getrennt? Sind es zwei, die sich erlesen, Daß man sie als eines kennt?
Solche Frage zu erwidern, Fand ich wohl den rechten Sinn; Fühlst du nicht an meinen Liedern, Daß ich eins und doppelt bin?
Johann Wolfgang von Goethe
*Goethe nimmt das Fächerblatt des Gingo Biloba mit seinem tiefen Einschnitt als Bildsymbol für die unentscheidbare Frage, ob die Liebe zwei getrennte Einzelwesen zusammenführt oder ob ein ursprünglich Eines in der Liebe zusammenstrebt.
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Heidi
antwortete am 03.01.01 (00:43):
ein zweites Gedicht über
Die Liebe
Wenn ihr Freunde vergeßt, wenn ihr die Euern all, O ihr Dankbaren, sie, euere Dichter schmäht, Gott vergeb es, doch ehret Nur die Seele der Liebenden.
Denn o saget, wo lebt menschliches Leben sonst, Da die knechtische jetzt alles, die Sorge, zwingt? Darum wandelt der Gott auch Sorglos über dem Haupt uns längst.
Doch, wie immer das Jahr kalt und gesanglos ist Zur beschiedenen Zeit, aber aus weißem Feld Grüne Halme doch sprossen, Oft ein einsamer Vogel singt,
Wenn sich mählich der Wald dehnet, der Strom sich regt, Schon die mildere Luft leise von Mittag weht Zur erlesenen Stunde, So ein Zeichen der schönern Zeit,
Die wir glauben, erwächst einzig genügsam noch, Einzig edel und fromm über dem ehernen, Wilden Boden die Liebe, Gottes Tochter, von ihm allein.
Sei gesegnet, o sei, himmlische Pflanze, mir mit Gesange gepflegt, wenn des ätherischen Nektars Kräfte dich nähren, Und der schöpfrische Strahl dich reift.
Wachs und werde zum Wald! eine beseeltere, Vollentblühende Welt! Sprache der Liebenden Sei die Sprache des Landes, Ihre Seele der Laut des Volks!
Friedrich Hölderlin
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Heidi
antwortete am 03.01.01 (00:50):
:-)) und Nr.3
Die Liebe
Die liebe ist eine wilde rose in uns Sie schlägt ihre wurzeln in den augen, wenn sie dem blick des geliebten begegnen Sie schlägt ihr wurzeln in den wangen, wenn sie den hauch des geliebten spüren Sie schlägt ihre wurzeln in der haut des armes, wenn ihn die hand des geliebten berührt
Sie schlägt ihre wurzeln, wächst wuchert und eines abends oder eines morgens fühlen wir nur: sie verlangt raum in uns
Die liebe ist eine wilde rose in uns, unerforschbar vom verstand und ihm nicht untertan Aber der verstand ist ein messer in uns
Der verstand ist ein messer in uns, zu schneiden der rose durch hundert zweige einen himmel
Reiner Kunze
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Herbertkarl Hüther
antwortete am 03.01.01 (01:08):
Wärst Du eine Träne ... Wenn Du eine Träne in meinem Auge wärst, würde ich nie weinen, um Dich nicht zu verlieren. Wenn ich eine Träne in Deinem Auge wäre, würde ich über Deine Wange rollen, um auf Deinen Lippen zu sterben
Denis Röher
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Herbertkarl Hüther
antwortete am 03.01.01 (01:13):
Härte Du bist hart Gegen Dich selbst. Du verlangst Härte Von Deiner Umgebung. Du erwartest Stärke Von anderen Mit einer Härte Die weh tut.
Deine Härte Kann jedes Gefühl Ersticken, So daß am Ende Nur noch Ruinen bleiben.
Ruinen aufbauen ist unendlich schwer. Fast unmöglich. Das hast Du In Deiner Härte Vergessen.
Marina Mühlfellner
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Herbertkarl Hüther
antwortete am 03.01.01 (01:46):
Rosenkreutz, Christian, 1378-1484; der legendäre Begründer der Idee vom Rosenkreuz und ebenso der Gründer des Rosenkreuz-Ordens. Seine Existenz ist zuweilen in Zweifel gezogen worden, zumal sein Familienname sonst nirgends vorkommt. Auch seine Lebensdaten sind nur indirekt überliefert; in der "Fama" ist sein Geburtsjahr mit 1378 angegeben und sein Sterbealter mit 106 Jahren. Möglicherweise handelt es sich um eine sogenannte Mystifikation. So schreibt Rijkenborgh (in: Apokalypse der neuen Zeit, S. 18): "Dieser Name weist nicht so sehr auf ein Wesen, das besteht oder bestanden hat, sondern auf einen Seinszustand, der in jedem Menschen zur Entwicklung kommen muß".
Horst E. Miers: Lexikon des Geheimwissens. Verlag Hermann Bauer KG. Freiburg i. Br.
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Herbertkarl Hüther
antwortete am 03.01.01 (09:41):
anmutige
leuchtende rosen schimmernd wie alabaster gekreuzt mit ebenholz wollt' ich dir wohl schenken erinnernd an die vornehme blaesse deiner haut
doch dann merkt' ich dass kein ird'scher tand deine gestalt beschreiben koennt'
so sitz ich und sinne
waehrend dein leben weiter geht den gang des mechanischen getriebes
dabei sollte auf duftenden blueten dein leib gebettet sein und alle essenzen des orients und okzidents sollten nur dir zustroemen und odalisken dem zarten wink deiner hand folgen duerfen
hkh sol in capricorn 13° 01' 46" (mi 03.01.2001 09.25)
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Gerlinde
antwortete am 03.01.01 (10:52):
Ich möchte einen Becher haben
Ich möchte einen Becher haben, aus blaßem Glas mit zarten Zeichen; den möcht ich meinem Liebsten reichen, damit die kleinen, armen Gaben ihm dünken wie ein Wunderwein. Ich möchte wie verzaubert sein zu einer Blume, die er liebt. Doch Gott, der uns die Herzen gibt, hat mich so fremd für ihn gemacht. Nun weine ich oft Tag und Nacht und fülle meinen dunklen Krug mit Tränen wie mit roten Beeren, die sich von Stund zu Stunde mehren, und manchmal kommt ein schwerer Flug von schwarzen Vöglen, welche klagen. Ich weiß nicht: soll ich sie verjagen und meinen Tränenkrug beschützen? Mein Liebster wird ihn nie benützen, weil er aus hellen Bechern trinkt, vielleicht, wenn heut der Abend sinkt, ruf ich die Vögel, die schon lauern?- Mein Liebster wird deshalb kaum trauern.
Christine Lavant
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Sieghard
antwortete am 03.01.01 (16:17):
. worte sind schatten schatten werden worte
worte sind spiele spiele werden worte
sind schatten worte werden worte spiele
sind spiele worte werden worte schatten
sind worte schatten werden spiele worte
sind worte spiele werden schatten worte
[Eugen Gomringer] .
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Sylvia
antwortete am 03.01.01 (21:52):
Einst haben Worte uns umkreist und beredtes Schweigen Windvögel in Schatten und Licht
Wir waren nicht auf der Hut
Die Worte sind uns entflogen und das Schweigen hockt mit lahmen Schwingen stumm und gelangweilt zwischen uns
svr
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Heidi
antwortete am 03.01.01 (22:06):
Die mit der Sprache
Ich beneide die mit der großen Sprache die reden von den Leuten als ob es die Leute gäbe sie reden vom Vaterland als ob es ein Vaterland gäbe und von Liebe und von Tapferkeit und von Feigheit als gäbe es alle drei Tapferkeit Feigheit Liebe und sie reden vom Schicksal als ob es ein Schicksal gäbe
Und ich bestaune die mit der scharfen Sprache die reden von den Leuten als ob es sie gar nicht gäbe und vom Vaterland als ob es kein Vaterland gäbe und von Liebe und von Tapferkeit und von Feigheit als wäre es klar daß es das alles nicht gibt und sie reden vom Schicksal als ob es kein Schicksal gäbe
Und manchmal weiß ich nicht wen ich beneide und wen ich bestaune als gäbe es nur Staunen und keinen Neid oder als gäbe es nur Neid und kein Staunen als gäbe es nur Größe aber nicht Schärfe oder als gäbe es nur Schärfe und keine Größe und ich weiß dann nicht ob es etwas gibt wie Reden und Wissen oder wie Geben und mich nur daß es so nicht geht
Erich Fried
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Heidi :-)
antwortete am 03.01.01 (22:11):
Reden ist leicht.
Aber Wörter kann man nicht essen. Also backe Brot. Brot backen ist schwer. Also werde Becker.
Aber in einem Brot kann man nicht wohnen. Also bau Häuser. Häuser bauen ist schwer. Also werde Maurer.
Aber auf einen Berg kann man kein Haus bauen. Also versetze den Berg. Berge versetzen ist schwer. Also werde Prophet.
Aber Gedanken kann man nicht hören. Also rede. Reden ist schwer. Also werde was du bist
und murmle weiter vor dich hin, unnützes Geschöpf.
Hans Magnus Enzensberger
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Heidi
antwortete am 03.01.01 (22:18):
letztes zum Thema Worte/Reden/Sprache
Drei Wünsche
Beim dritten Wunsch überlegte der nicht mehr junge Dichter sehr lange.
Fürs Alter, sagte er schließlich, wünsche ich mir eine Sprache wie Grummet -
ja, wie Gras nach dem zweiten Schnitt Ende August:
trocken, unauffällig duftend, gut für ein warmes Lager bei Wind und Wetter und auch als Nahrung vorhaltend für die Genügsamen unter uns Wirbeltieren, den Winter hindurch.
Heinz Piontek
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Heidi
antwortete am 04.01.01 (00:26):
manchmal manchmal bin ich müde müde der worte lebensmüde todmüde müde des kampfes hundemüde
doch niemals werde ich müde der liebe
die liebe weckt worte weckt leben weckt kampf
manchmal bin ich hellwach vor liebe
hl
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Heidi
antwortete am 04.01.01 (15:57):
Das Wörtlein
Kürzlich kam ein Wort zu mir, staubig wie ein Wedel, wirr das Haar, das Auge stier, doch von Bildung edel.
Als ich, wie es hieße, frug, sprach es leise: "Herzlich." Und aus seinem Munde schlug eine Lache schmerzlich.
Wertlos ward ich ganz und gar, riefs, ein Spiel der Spiele, Modewort mit Haut und Haar, Kaviar für zu viele.
Doch ich wusch's und bot ihm Wein, gab ihm wieder Würde, und belud ein Brieflein fein mit der leichten Bürde.
Schlafend hats die ganze Nacht weit weg reisen müssen. Als es morgens aufgewacht, kam ein Mund - es - küssen.
(Christian Morgenstern)
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Herbertkarl Hüther
antwortete am 04.01.01 (16:16):
Ich kenn ein Haus, ein Freudenhaus, Es hat geschminkte Wangen, Es hängt ein bunter Kranz heraus, Drin liegt der Tod gefangen. In meinem Mantel trag ich hin Biskuit und süße Weine, Der Himmel weiß wohl, wer ich bin, Die Welt schimpft, was ich scheine.
Die eine liest mir in der Hand Sie will mein Unglück lesen, Die andre malt mich an die Wand, Und nennt mich holdes Wesen.
Die dritte weiß sich flink zu drehn Es schwindeln mir die Sinne Und jede dieser bösen Feen Sucht, wie sie mich umspinne.
Doch dorten auf den Arm gelehnt Sitzt eine stumm und weinet, Sie hat sich längst mit Gott versöhnt, Und sitzet doch und weinet.
Was will sie noch in diesem Haus, Sie muß den Spott erleiden, Es zischt der freche Chor sie aus, Du kannst uns doch nicht meiden.
Sie schweigt und weint und trägt den Hohn Den schweren Büßerorden. Man zuckt die Achseln, kennt sie schon, Sie ist zur Närrin worden.
Doch ich berühr um sie allein Die himmelschreinde Schwelle, Bei ihr, tret ich zum Saal herein, Ist meine feste Stelle.
Sie achtet's nicht, sie blickt nicht auf. Wenn alle tanzend fliegen, Seh ich mit stetem Tränenlauf Das bleiche Haupt sie wiegen,
So hundert Tage ohne Ruh Sah ich sie wanken, weinen Und sprach, o Weib, welch Kind wiegst du? Will denn kein Schlaf erscheinen?
Du hast dem Leid genug getan, Gib mir's, ich will dir's tragen. Da schrie ihr Blick mich schneidend an, Doch konnt ihr Mund nichts sagen,
Und neulich nachts, um Mitternacht, Kam ich mit meiner Laute, Die Pforte hat sie aufgemacht, Die noch am Fenster schaute.
Sie zieht mich in den Garten fort, Sitzt auf ein Hüglein nieder, Gibt keinen Blick und gibt kein Wort, Und weinet stille wieder.
Zu ihren Füßen saß ich hin, Und ehrte ihren Kummer, Da hat mir Gott ein Lied verliehn, Ich sang sie in den Schlummer.
Ich sang so kindlich, sang so fromm, Ach säng ich je so wieder! O Ruhe komm, ach Friede komm, Küß ihre Augenlider!
Und da sie schlief, da stieg so hold Ein Kindlein aus dem Hügel, Trug einen Kranz von Flittergold Und einen Taschenspiegel,
Und brach ein Zweiglein Rosmarin, Das ihm am Herzen grünet, Und legt' es auf die Mutter hin, Und sprach: Gott ist versühnet.
Und wo den Rosmarin es brach, Da bluteten zwei Wunden, Und als es kaum die Worte sprach, Ist es vor mir verschwunden.
Die Mutter ist nicht mehr erwacht Noch schläft sie in dem Garten, Ich steh und sing die ganze Nacht, Kann wohl den Tag erwarten,
Da ruft mich Zucht und Ehr und Pflicht Aus diesem Haus der Sünde, Doch von der Mutter laß ich nicht Ob ihrem armen Kinde.
Es winkt zurück, wenn ich will gehn, Sitzt an des Hügels Schwelle, Und kann nicht aus dem Spiegel sehn, Sein Flitterkranz glänzt helle.
Es brach das Haus, der Kranz fiel ab, Fiel auf den Sarg der Frauen, Ich blieb getreu, tät bei dem Grab Mir eine Hütte bauen.
Und daß die Schuld nicht mehr erwacht, Will ich da ewig singen, Bis Jesus richtend bricht die Nacht, Bis die Posaunen klingen.
Oft mit dem Kind in Sturm und Wind, Sing ich auf meinen Knieen, O Jesus! du gemordet Kind Du hast ja auch verziehen!
Ein Tröpflein deines Blutes nur Laß auf die Mutter fallen, Das macht uns rein und klar und pur, Daß wir zum Lichte wallen.
Clemens Brentano
Geboren am 8.9.1778 in Ehrenbreitstein starb am 28.7.1842 in Aschaffenburg.
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Sieghard
antwortete am 04.01.01 (16:48):
Volkslied
Lass rauschen Ich hört ein Sichelein rauschen, Wohl rauschen durch das Korn, Ich hört ein fein Magd klagen, Sie hätt ihr Lieb verlorn.
"Lass rauschen, Lieb, lass rauschen, Ich acht nit, wie es geh; Ich hab mir ein Buhlen erworben In Veiel und grünem Klee."
"Hast du einen Buhlen erworben In Veiel und grünem Klee, So steh ich hier alleine, Tut meinem Herzen weh." .
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Heidi
antwortete am 04.01.01 (16:59):
Möwenflug
Möwen sah um einen Felsen kreisen ich in unermüdlich gleichen Gleisen, auf gespannter Schwinge schweben bleibend, eine schimmernd weiße Bahn beschreibend, und zugleich in grünem Meeresspiegel sah ich um diesselben Felsenspitzen eine helle Jagd gestreckter Flügel unermüdlich durch die Tiefe blitzen. Und der Spiegel hatte solche Klarheit, daß sich anders nicht die Flügel hoben tief im Meer als hoch in Lüften oben, daß sich völlig glichen Trug und Wahrheit.
Allgemach beschlich es mich wie Grauen, Schein und Wesen so verwandt zu schauen, und ich fragte mich, am Strand verharrend, ins gespenstische Geflatter starrend: Und du selber? Bist du echt beflügelt? Oder nur gemalt und abgespiegelt? Gaukelst du im Kreis mit Fabeldingen? Oder hast du Blut in deinen Schwingen?
Conrad Ferndinand Meyer
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Heidi
antwortete am 04.01.01 (23:22):
Zum Abend zwei weitere Gedichte von Lothar Zenetti:
Aufbruch
Es wird kommen der Tag, da verlasse ich, zaghaft zuerst, dann beherzt meine einsame Insel.
Wage mich endlich hervor aus dem bewährten Versteck und der sicheren Deckung, fast ohne Angst und ohne noch einmal mich umzusehn.
Meine Rüstung tue ich ab und alle die Waffen, das Wenn und das Aber und steige ins Boot.
Wehrlos werde ich sein und verwundbar, ich weiß, auf dem offenen Meer und einzig beschützt von der Liebe. (Lothar Zenetti)
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Heidi
antwortete am 04.01.01 (23:27):
Die Umarmung
Ich hörte sagen, jeder von uns, jeder Mensch, trage verborgen eine Sehnsucht in sich wie einen Flügel.
Unsichtbar entfalte er sich in der Liebe.
Vielleicht, wenn einer sich selber vergäße, um sich zu finden in einem andern, fügten sich beider Schwingen zusammen.
Und es höbe ein neues Verlangen die Liebenden auf, und ein Flügelpaar trüge sie fort und empor miteinander, einer umfassenden Liebe entgegen. (Lothar Zenetti)
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Sylvia
antwortete am 04.01.01 (23:42):
Manchmal fliegen Gedanken windgetragene Vögel im endlosen Rund suchen kreisend neue Mittelpunkte und finden immer nur dich
svr
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Heidi
antwortete am 05.01.01 (00:31):
Wie schön! Eine neue Dichterin in unserem Kreise - herzlich Willkommen, Sylvia!
.. Ein letztes Gedicht von Lothar Zenetti:
Spät am Abend
Es ist nun still geworden hier im Haus. Der bunte Tag, der so viel Lärm gebracht, verging. In dunklem Kleide kommt die Nacht herbei und löscht die letzten Lichter aus
ringsum. Sie geht auf Zehenspitzen sacht durch alle Räume bis hierher zu mir und sieht gebeugt mich über ein Papier. Hast du dir endlich einen Reim gemacht,
fragt sie, auf Gott und Welt? Ich zeige ihr, was ich geschrieben; viel sei noch zu tun, bevor ich wagen könnte, auszuruhn. Geh schlafen, lächelt sie, ich schenke dir
im Schlummer, was du suchst. So lasse nun getrost, was du am Tage nicht vollbracht. Es kommt ein Traum zu dir in dieser Nacht mit Silberflügeln und auf Sternenschuhn. (Lothar Zenetti)
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Herbertkarl Hüther
antwortete am 05.01.01 (03:05):
Das Fegefeuer des westphälischen Adels
Wo der selige Himmel, das wissen wir nicht, Und nicht, wo der greuliche Höllenschlund, Ob auch die Wolke zittert im Licht, Ob siedet und qualmet Vulkanes Mund; Doch wo die westphälischen Edeln müssen Sich sauber brennen ihr rostig Gewissen, Das wissen wir alle, das ward uns kund.
Grau war die Nacht, nicht öde und schwer, Ein Aschenschleier hing in der Luft; Der Wanderbursche schritt flink einher, Mit Wollust saugend den Heimatduft; O bald, bald wird er schauen sein Eigen, Schon sieht am Lutterberge er steigen Sich leise schattend die schwarze Kluft.
Er richtet sich, wie Trompetenstoß Ein Hollah ho! seiner Brust entsteigt – Was ihm im Nacken? ein schnaubend Roß, An seiner Schulter es rasselt, keucht, Ein Rappe – grünliche Funken irren Über die Flanken, die knistern und knirren, Wie wenn man den murrenden Kater streicht.
»Jesus Maria!« – er setzt seitab, Da langt vom Sattel es überzwerg – Ein eherner Griff, und in wüstem Trab Wie Wind und Wirbel zum Lutterberg! An seinem Ohre hört er es raunen Dumpf und hohl, wie gedämpfte Posaunen, So an ihm raunt der gespenstige Scherg:
»Johannes Deweth! ich kenne dich! Johann! du bist uns verfallen heut! Bei deinem Heile, nicht lach noch sprich, Und rühre nicht an was man dir beut; Vom Brode nur magst du brechen in Frieden, Ewiges Heil ward dem Brode beschieden, Als Christus in froner Nacht es geweiht!« –
Ob mehr gesprochen, man weiß es nicht, Da seine Sinne der Bursche verlor, Und spät erst hebt er sein bleiches Gesicht Vom Estrich einer Halle empor; Um ihn Gesumme, Geschwirr, Gemunkel, Von tausend Flämmchen ein mattes Gefunkel, Und drüber schwimmend ein Nebelflor.
Er reibt die Augen, er schwankt voran, An hundert Tischen, die Halle entlang, All edle Geschlechter, so Mann an Mann; Es rühren die Gläser sich sonder Klang, Es regen die Messer sich sonder Klirren, Wechselnde Reden summen und schwirren, Wie Glockengeläut, ein wirrer Gesang.
Ob jedem Haupte des Wappens Glast, Das langsam schwellende Tropfen speit, Und wenn sie fallen, dann zuckt der Gast, Und drängt sich einen Moment zur Seit; Und lauter, lauter dann wird das Rauschen, Wie Stürme die zornigen Seufzer tauschen, Und wirrer summet das Glockengeläut.
Strack steht Johann wie ein Lanzenknecht, Nicht möchte der gleißenden Wand er traun, Noch wäre der Flimmernde Sitz ihm recht, Wo rutschen die Knappen mit zuckenden Braun. Da muß, o Himmel, wer sollt es denken! Den frommen Herrn, den Friedrich von Brenken, Den alten stattlichen Ritter er schaun.
»Mein Heiland, mach ihn der Sünden bar!« Der Jüngling seufzet in schwerem Leid; Er hat ihm gedienet ein ganzes Jahr; Doch ungern kredenzt er den Becher ihm heut! Bei jedem Schlucke sieht er ihn schüttern, Ein blaues Wölkchen dem Schlund entzittern, Wie wenn auf Kohlen man Weihrauch streut.
O manche Gestalt noch dämmert ihm auf, Dort sitzt sein Pate, der Metternich, Und eben durch den wimmelnden Hauf Johann von Spiegel, der Schenke, strich; Prälaten auch, je viere und viere, Sie blättern und rispeln im grauen Breviere, Und zuckend krümmen die Finger sich.
Und unten im Saale, da knöcheln frisch Schaumburger Grafen um Leut und Land, Graf Simon schüttelt den Becher risch, Und reibt mitunter die knisternde Hand; Ein Knappe nahet, er surret leise – Ha, welches Gesumse im weiten Kreise, Wie hundert Schwärme am Klippenrand!
»Geschwind den Sessel, den Humpen wert, Den schleichenden Wolf1) geschwinde herbei!« Horch, wie es draußen rasselt und fährt! Barhaupt stehet die Massoney, Hundert Lanzen drängen nach binnen, Hundert Lanzen und mitten darinnen Der Asseburger, der blutige Weib!
Und als ihm alles entgegen zieht, Da spricht Johannes ein Stoßgebet: Dann risch hinein! sein Ärmel sprüht, Ein Funken über die Finger ihm geht. Voran – da »sieben« schwirren die Lüfte »Sieben, sieben, sieben«, die Klüfte, »In sieben Wochen, Johann Deweth!«
Der sinkt auf schwellenden Rasen hin, Und schüttelt gegen den Mond die Hand, Drei Finger die bröckeln und stäuben hin, Zu Asch und Knöchelchen abgebrannt. Er rafft sich auf, er rennt, er schießet, Und ach, die Vaterklause begrüßet Ein grauer Mann, von keinem gekannt,
Der nimmer lächelt, nur des Gebets Mag pflegen drüben im Klosterchor, Denn »sieben, sieben«, flüstert es stets, Und »sieben Wochen« ihm in das Ohr. Und als die siebente Woche verronnen, Da ist er versiegt wie ein dürrer Bronnen, Gott hebe die arme Seele empor!
Der schleichende Wolf ist das Wappen der Familie Asseburg.
Annette von Droste-Hülshoff
Geboren am 10. Januar 1797 auf Schloß Hülshoff bei Münster. Sie starb am 24. Mai 1848 in Meersburg am Bodensee.
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Herbertkarl Hüther
antwortete am 05.01.01 (07:24):
Das Mädel, das ich meine
O was in tausend Liebespracht, Das Mädel, das ich meine, lacht! Nun sing, o Lied, und sag mir an! Wer hat das Wunder aufgetan: Daß so in tausend Liebespracht Das Mädel, das ich meine, lacht? Wer hat, wie Paradieseswelt, Des Mädels blaues Aug erhellt? - Der liebe Gott! der hat's getan, Der 's Firmament erleuchten kann; Der hat, wie Paradieseswelt, Des Mädels blaues Aug erhellt.
Wer hat das Rot auf Weiß gemalt, Das von des Mädels Wange strahlt? - Der liebe Gott! der hat's getan, Der Pfirsichblüte malen kann; Der hat das Rot auf Weiß gemalt, Das von des Mädels Wange strahlt.
Wer schuf des Mädels Purpurmund So würzig, süß, und lieb und rund? - Der liebe Gott! der hat's getan, Der Nelk' und Erdbeer' würzen kann; Der schuf des Mädels Purpurmund So würzig, süß, und lieb und rund.
Wer ließ vom Nacken, blond und schön, Des Mädels seidne Locken wehn? - Der liebe Gott! der gute Geist! Der goldne Saaten reifen heißt; Der ließ vom Nacken, blond und schön, Des Mädels seidne Locken wehn.
Wer gab, zu Liebesred und Sang, Dem Mädel holder Stimme Klang? - Der liebe, liebe Gott tat dies, Der Nachtigallen flöten hieß; Der gab, zu Liebesred und Sang, Dem Mädel holder Stimme Klang.
Wer hat, zur Fülle süßer Lust, Gewölbt des Mädels weiße Brust? - Der liebe Gott hat's auch getan, Der stolz die Schwäne kleiden kann; Der hat, zur Fülle süßer Lust, Gewölbt des Mädels weiße Brust.
Durch welches Bildners Hände ward, Des Mädels Wuchs so schlank und zart? - Das hat die Meisterhand getan, Die alle Schönheit bilden kann; Durch Gott, den höchsten Bildner, ward Des Mädels Wuchs so schlank und zart.
Wer blies, so lichthell, schön und rein, Die fromme Seel dem Mädel ein? - Wer anders hat's als er getan, Der Seraphim erschaffen kann; Der blies so lichthell, schön und rein Die Engelseel dem Mädel ein. -
Lob sei, o Bildner, deiner Kunst! Und hoher Dank für deine Gunst! Daß du dein Abbild ausstaffiert, Mit allem, was die Schöpfung ziert. Lob sei, o Bildner, deiner Kunst! Und hoher Dank für deine Gunst!
Doch ach! für wen auf Erden lacht Das Mädel so in Liebespracht? O Gott! bei deinem Sonnenschein! Bald möcht ich nie geboren sein, Wenn nie in solcher Liebespracht Das Mädel mir auf Erden lacht.
Gottfried August Bürger; auch: Jocosus Hilarius
31.12.1747 Molmerswende bei Quedlinburg - gest. 8.6.1794 Göttingen
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Herbertkarl Hüther
antwortete am 05.01.01 (09:26):
Ein Lied für Schwindsüchtige
Weh mir! Es sitzt mir in der Brust, Und drückt und nagt mich sehr; Mein Leben ist mir keine Lust Und keine Freude mehr.
Ich bin mir selber nicht mehr gleich, Bin recht ein Bild der Not, Bin Haut und Knochen, blaß und bleich, Und huste mich fast tot.
Die Luft, drein herrlich von Natur Gott seinen Segen senkt, Und daraus alle Kreatur Mit Heil und Leben tränkt;
Die ist für mich nicht frei, nicht Heil. Mein Atem geht schwer ein; Ich muß um mein bescheiden Teil Mich martern und kastein.
Und doch labt's und erquickt's mich nicht, Macht's mir nicht frischen Sinn; Die Blume, die der Wurm zersticht, Welkt jämmerlich dahin!
Auch Schlaf, der alle glücklich macht, Will nicht mein Freund mehr sein, Und lässet mich die ganze Nacht Mit meiner Not allein.
Die Ärzte tun zwar ihre Pflicht, Und fuschern drum und dran; Allein sie haben leider nicht Das, was mir helfen kann.
Mein Hülf allein bleibt Sarg und Grab, O sängen an der Tür Sie schon, und senkten mich hinab! Wie leicht und wohl wär's mir!
O sängen doch an meiner Tür Sie laut: "Ich habe meine Sach etc." Und trügen mich, und folgten mir In langer Reihe nach,
Rund um die Kirch ans Grab heran, Und senkten mich hinein! - Ich läg und hätte Ruhe dann, Und fühlte keine Pein.
Doch ich will leiden, bis Gott ruft, Gern leiden bis ans Ziel. Nur deinen Trost! und etwas Luft! Du hast der Luft so viel.
Matthias Claudius
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Sylvia
antwortete am 05.01.01 (10:08):
Ich war wie ein Stern ohne Himmel in keiner Sonne Licht liess mich fallen in die Unendlichkeit wo die Parallelen sich schneiden in eine vierte Dimension
svr
Gott streckte die Hand aus nach mir bremste sanft meinen Fall hob mich hinein ins Universum schob mich in meine Bahn und lehrte mich leuchten wie ein Stern am Himmel
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Heidi
antwortete am 05.01.01 (10:53):
Einen Augenblick lang
Manchmal in seltenen Stunden, spürst du auf einmal nahe dem Herzen, am Schulterblatt schmerzlich die Stelle, an der uns wie man erzählt, vor Zeiten ein Flügel bestimmt war, den wir verloren.
Manchmal regt sich dann etwas in dir, ein Verlangen, wie soll ich's erklären, ein unwiderstehliches Streben, leichter und freier zu leben und dich zu erheben und hoch über allem zu schweben.
Manchmal, nur einen Augenblick lang - dann ist es vorbei - erkennst du dein wahres Gesicht, du ahnst, wer du sein könntest und solltest. Dann ist es vorbei. Und du bist, wie du bist. Du tust, was zu tun ist. Und du vergißt.
(Lothar Zenetti)
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Heidi
antwortete am 05.01.01 (11:42):
wie hieß doch das schöne Wort? - diametral :-) :
AUF DER STRASSE
Hält mich einer an und sagt: "Sie haben mir geholfen, die letzten zwei Jahre durchzuhalten. Ich hätte nie gedacht dass wir uns mal begegnen ..."
"Danke", sage ich. "Aber wer hilft mir durchhalten?"
Auf diese Frage ernte ich jedesmal nur ein höfliches Lächeln. Trotzdem ist es eine gute Frage.
Denen kommt nie in den Sinn, dass ich vielleicht dreimal die Woche an Selbstmord denke.
Sie haben ein paar Bücher von mir gelesen, und das reicht ihnen.
Aber ich schreibe das Zeug nur. Ich kanns nicht auch noch lesen.
Aus: Charles Bukowski, Umsonst ist der Tod. (c) 1999 by Verlag Kiepenheurer&Witsch Köln
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Herbertkarl Hüther
antwortete am 05.01.01 (15:35):
danke dir, heidi, fuer bukowski; wenn es nicht "meine eigenen gedichte" sind, nehm ich oft die "klassik"- [[[o:->+
Der Seelchenbaum.
Weit draußen, einsam im öden Raum steht ein uralter Weidenbaum noch aus den Heidenzeiten wohl, verknorrt und verrunzelt, gespalten und hohl. Keiner schneidet ihn, keiner wagt vorüberzugehn, wenn's nicht mehr tagt, kein Vogel singt ihm im dürren Geäst, raschelnd nur spukt drin der Ost und West; doch wenn am Abend die Schatten düstern, hörst du's wie Sumsen darin und Flüstern.
Und nahst du der Weide um Mitternacht, du siehst sie von grauen Kindlein bewacht: Auf allen Ästen hocken sie dicht, lispeln und wispeln und rühren sich nicht. Das sind die Seelchen, die weit und breit sterben gemußt, eh' die Tauf' sie geweiht: Im Särglein liegt die kleine Leich', nicht darf das Seelchen ins Himmelreich. Und immer neue, - siehst es du? - in leisem Fluge huschen dazu.
Da sitzen sie nun das ganze Jahr wie eine verschlafene Käuzchenschar. Doch Weihnachts, wenn der Schnee rings liegt und über die Länder das Christkind fliegt, dann regt sich's, pludert sich's, plaudert, lacht, ei, sind unsre Käuzlein da aufgewacht! Sie lugen aus, wer sieht was, wer? Ja freilich kommt das Christkind her! Mit seinem helllichten Himmelsschein fliegt's mitten zwischen sie hinein: »Ihr kleines Volk, nun bin ich da - glaubt ihr an mich?« Sie rufen: »Ja!« Da nickt's mit seinem lieben Gesicht und herzt die Armen und ziert sich nicht. Dann klatscht's in die Hände, schlingt den Arm ums nächste - aufwärts schwirrt der Schwarm ihm nach und hoch ob Wald und Wies' ganz graden Weges ins Paradies.
Ferdinand (Ernst Albert) Avenarius
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Friedgard
antwortete am 05.01.01 (17:14):
Hier noch ein Nachtrag zu den fliegenden Gedanken - und danke für die schönen Gedichte von Sylvia -
Mauersegler lautlos huschen vorbei vor meinem Fenster durchschneiden die Luft windschnell mit ihren schmalen dunklen Schwingen so wie Gedanken unruhig kreisen und schwirren durch meinen Geist auf der Suche nach irgendetwas: Erkenntnis? Begegnung? Ich wünsche mir einer käme herein durch's Fenster ließe sich nieder auf meiner Hand.
fs
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Friedgard
antwortete am 05.01.01 (17:26):
Und noch zwei Gedichte aus aktuellem Anlaß: Den Januar von Erich Kästner schulde ich Euch - denn wir fingen die "13 Monate" mit dem Mai an. Nun, hier ist er:
Der Januar
Das Jahr ist klein und liegt noch in der Wiege. Der Weihnachtsmann ging heim in seinen Wald. Doch riecht es noch nach Krapfen auf der Stiege. Das Jahr ist klein und liegt noch in der Wiege. Man steht am Fenster und wird langsam alt.
Die Amseln frieren. Und die Krähen darben. Und auch der Mensch hat seine liebe Not. Die leeren Felder sehnen sich nach Garben. Die Welt ist schwarz und weiß und ohne Farben. Und wär so gerne gelb und blau und rot.
Umringt von Kindern wie der Rattenfänger, tanzt auf dem Eise stolz der Januar. Der Bussard zieht die Kreise eng und enger. Es heißt, die Tage würden wieder länger. Man merkt es nicht. Und es ist trotzdem wahr.
Die Wolken bringen Schnee aus fremden Ländern Und niemand hält sie auf und fordert Zoll. Silvester hörte man's auf allen Sendern, daß sich auch u n t e r m Himmel manches ändern und, außer uns, viel besser werden soll.
Das Jahr ist klein und liegt noch in der Wiege. Und ist doch hunderttausend Jahre alt. Es träumt vom Frieden. Oder träumt's vom Kriege? Das Jahr ist klein und liegt noch in der Wiege. Und stirbt in einem Jahr. Und das ist bald.
Der zweite akutelle Anlaß: Alfred Brendel wird heute 70 Jahre alt. Ich höre ihn Schubert spielen - Wißt Ihr, daß er auch Dichter ist? Es sind skurrile Gedichte, die er macht, hier eines zur Probe:
Alfred Brendel schreibt:
Wenn nachts das Gespenst erscheint und sich ums Klavier herumtreibt dann wissen wir Brahms ist gekommen Das wäre weiter nicht schlimm wenn nicht dieser Zigarrengeruch das Musikzimmer tagelang verpesten würde Schlimmer noch ist allerdings sein Klavierspiel Dieses Gewühl durch Akkorde und Doppeloktaven weckt sogar die Kinder aus ihrem Tiefschlaf Schon wieder Brahms heulen sie und halten sich die Ohren zu Verstimmt und rauchend steht der Flügel da wenn Brahms sich erhebt Brahms sagt er mehrmals mit klagender Tenorstimme bevor er verschwindet.
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Heidi
antwortete am 05.01.01 (22:31):
auf Brahms folgt "Musik" von Brentano
Phantasie (Für Flöte, Klarinette, Waldhorn und Fagott)
Flöte Stille Blumen, In der Liebe Heiligtumen Nicht entsprossen, Welken nieder. Süße Lieder, Ohne Echo hingeflossen, Kehren nimmer wieder. Klarinette Doch zeiget der Spiegel im Quelle, So freundlich und helle, Das eigne Gebild; Wie's flüchtig in rastloser Schnelle Sich eilend geselle, Und Welle an Welle Dem Leben entquillt. Fagott Wohnen nicht klar in mir Des Geistes Gestalten; Leben, so will ich Dir Den Busen entfalten; Wer den eignen Ton nicht hört, Lausche, bis er wiederkehrt – Widerschein Blickt ins dunkle Herz herein. Waldhorn Des Vorhangs leises Beben Erschreckt mich nicht, Und kann ich nicht erstreben Das eigne Licht: So wandl' ich schön und stille Ein Kind dahin: Mich grüßt durch fromme Hülle Ein heilger Sinn. Alle Es eilet jed' Leben die eigene Bahn; Es schauet der Spiegel den Menschen nicht an; Es küsset die Welle die Welle so gerne, Und reißet vom Ganzen nicht Einer sich los; Doch blüht einem jeden das Ganze im Schoß, Und tief durch den Schleier, da weht es von ferne. Flöte Helle Sterne Blinken aus der weiten Ferne Fremdes Licht – Und die Tränen, Die sich nach dem Freunde sehnen, Siehst Du nicht. Waldhorn Es wandelt voll Liebe im Leben Die Sonn und das Mondlicht herauf; Doch, wenn wir das eigne nicht geben, Schließt nimmer der Schatz sich uns auf. Fagott Was wir suchen, ach, das wohnet, Unerkannt Uns im Herzen, unbelohnet; Und die Hand Haschet stets nach äußerm Schimmer. Was wir nicht umfassen, Das müssen wir lassen; Denn wir fassen's sicher nimmer. Klarinette Die ganze Welt Umwölbet ein Zelt, Über jeglicher Pforte Stehn goldne Worte. Das Aug der Sonne glühet Zur Blume, die aufsteht, Den heißen Gruß; Auf Mondeslippen blühet Der Blume, die heimgeht, Der stille Kuß. Und wer mit beiden Nicht kindlich spricht, Dem leuchtet kein Licht, Der findet den Ein- und den Ausgang nicht, Der kann nicht kommen, nicht scheiden. Alle Und wer sich mit Liebe nicht selber umarmt, Für den ist das Leben zum Bettler verarmt. In eigenem Busen muß alles erklingen, Und daß der Sinn leicht finden es kann, Hat's viele buntfarbige Kleider an, Und Hülle und Geist sich zum Leben verschlingen.
Clemens v. Brentano
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Heidi
antwortete am 05.01.01 (23:52):
Zeit zum Schlafen :-)
An den Schlaf
Somne levis! quanquam certissima mortis imago, Consortem cupio te tamen esse tori. Alma quies, optata, veni! nam sic sine vita Vivere, quam suave est, sic sine morte mori! Meibom
Schlaf! süßer Schlaf! obwohl dem Tod wie du nichts gleicht, Auf diesem Lager doch willkommen heiß ich dich! Denn ohne Leben so, wie lieblich lebt es sich! So weit vom Sterben, ach, wie stirbt es sich so leicht!
Mörike
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Sylvia
antwortete am 05.01.01 (23:55):
Danke für die nette Begrüssung und die Rückmeldungen! Ich habe mich sehr darüber gefreut. Sylvia
Mit Musikalischem kann ich nicht aufwarten. Aber ein "Bettmümpfeli" wie wir in der Schweiz die Süssigkeiten nennen, die man vor dem Schlafengehen nascht, das kann ich offerieren. Und es schadet auch ganz bestimmt den Zähnen nicht!
Nachtschlafene Strasse Meine Schritte helles Staccato auf hartem Asphalt Mein Schatten holt mich ein unter der letzten Laterne eilt wachsend vor mir her verblasst
Bin ich noch im schattenlosen Dunkel
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Ich möchte in deine Nacht fallen wie ein Stern mit unbestimmter Bahn
leuchtend deine Dunkelheit erhellen dir Spuren brennen ins Herz wenn ich am Rand deines Traums verglühe
svr ------------------
Frag die Nacht nach meinen Träumen lausche den Worten die der Wind dir zuträgt streck deine Hand aus nach der Zärtlichkeit die sich löst aus meinen Händen schliesse die Augen und schaue die Erinnerung
svr
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heidi
antwortete am 06.01.01 (00:43):
die nacht ist leer und dunkle schatten drohen kein stern der mond ist kalt
das herz ist schwer und müde die gedanken kein trost die welt ist alt
die zeit ist lang und einsam sind die tage kein schlaf nächte sind ...
die nacht ist leer
hl
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Friedgard
antwortete am 06.01.01 (08:00):
Dreikönig heute. Für die, die es noch nicht kennen, hier von Rainer Maria Rilke:
DIE HEILIGEN DREI KÖNIGE Legende
Einst, als am Saum der Wüste sich auftat die Hand des Herrn wie eine Frucht, die sommerlich verkündet ihren Kern, da war ein Wunder: Fern erkannten und begrüßten sich drei Könige und ein Stern.
Drei Könige von Unterwegs und der Stern Überall, die zogen alle (überlegs!) so rechts ein Rex und links ein Rex zu einem stillen Stall.
Was brachten die nicht alles mit zum Stall von Bethlehem! Weithin erklirrte jeder Schritt, und der auf einem Rappen ritt, saß samten und bequem. Und der zu seiner Rechten ging, der war ein goldner Mann, und der zu seiner Linken fing mit Schwung und Schwing und Klang und Kling aus einem runden Silberding, das wiegend und in Ringen hing ganz blau zu rauchen an.
Da lachte der Stern Überall so seltsam über sie, und lief voraus und stand am Stall und sagte zu Marie:
Da bring ich eine Wanderschaft aus vieler Fremde her. Drei Könige mit magenkraft* (mittelhochdeutsch:>Macht< RMR.) von Gold und Topas schwer und dunkel, tumb und heidenhaft, - erschrick mir nicht zu sehr. Sie haben alle drei zuhaus zwölf Töchter, keinen Sohn, so bitten sie sich deinen aus als Sonne ihres Himmelblaus und Trost für ihren Thron. Doch mußt du nicht gleich denken: bloß ein Funkelfürst und Heidenscheich sei deines Sohnes Los. Bedenk, der Weg ist groß. Sie wandern lange, Hirten gleich, inzwischen fällt ihr reifes Reich weiß Gott wem in den Schooß. Und während hier, wie Westwind warm, der Ochs ihr Ohr umschnaubt, sind sie vielleicht schon alle arm und so wie ohne Haupt. Drum mach mit deinem Lächeln licht die Wirrnis, die sie sind, und wende du dein Angesicht nach Aufgang und dein Kind; dort liegt in blauen Linien, was jeder dir verließ: Smaragda und Rubinien und die Tale von Türkis.
Einen schönen Feiertag wünsche ich Euch, trotz Sturm und Regen.
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Koloman Stumpfögger (Neue Mail-Adresse:)
antwortete am 06.01.01 (09:25):
Der Stern
Hell leuchtet der Stern: Viele starren, - sehen nichts. Auf hohlem Holzweg stolpern blindlings sie einher, begegnen Ochs und Esel.
Hell leuchtet der Stern: Viele gaffen, - sehen nichts. In öden Wüsten irren sie erregt im Sand und verfehlen die Krippe.
Ein Stern leuchtet hell. Viele schauen, - sehen nichts. Auf dem Herzensweg folgen Drei Weise dem Licht; sie finden ihren König.
kNs
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Koloman Stumpfögger
antwortete am 06.01.01 (09:55):
Herzliche Grüße zum Dreikönigstag:
meine neue Mailanschrift lautet: kns.rv@t-online.de
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Sieghard
antwortete am 06.01.01 (10:06):
Dreikönige Da! da ist er wieder der Stern - lange verborgen.
Aufbruch geschah in seinem Licht. Doch dann - vergebliche Suche an jedem dunklen Morgen. Aber der Ruf verstummte nicht.
Wie im Traum fanden die Schritte den Weg vorbei an Herodes und seiner Macht durch winterlichen Raum.
Noch ist Nacht aber erhellt vom Dennoch der Hoffnung seh ich den Stern finde im Kind den wartenden Herrn und beuge mich nieder. .
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Gerlinde
antwortete am 06.01.01 (10:53):
Die Luft riecht schon nach Schnee
Die Luft riecht schon nach Schnee, mein Geliebter Trägt langes Haar, ach der Winter, der Winter, der uns Eng zusammenwirft steht vor der Tür, kommt Mit dem Windhundgespann. Eisblumen Streut er uns ans Fenster, die Kohlen glühen im Herd, und Du Schönster Schneeweißer legst mir deinen Kopf in den Schoß Ich sage das ist Der Schlitten der nicht mehr hält, Schnee fällt uns Mitten ins Herz, er glüht Auf den Aschenkübeln im Hof Darling flüstert die Amsel.
Sarah Kirsch
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Eva Krill
antwortete am 06.01.01 (10:59):
Kein Gedicht, aber :
Ich erfahre das Glück, daß mir in meinem hohen Alter Gedanken aufgehen, welche zu verfolgen und in Ausübung zu bringen eine Wiederholung des Lebens wohl werth wäre. Also wollen wir uns, solange es Tag ist, nicht mit Allotrien be- schäftigen !
Goethe am 29.4.1830
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Herbertkarl Hüther
antwortete am 06.01.01 (13:26):
____hab' es (leider) nicht so mit der religion, aber versuche mein bestes, "je nach tagesform"- [[[#o;
____gruesse aber alle, ohne ausnahme, lieb' zu diesem tag-
____ach, ja: grad' waren die sternsinger hier und haben mit kreide und freude das segenszeichen C+M+B (lateinisch "christus mansionem benedicat": christus segne das haus) auf dem tuerrahmen hinterlassen- [o:
schreite
schritte hier schritte da
schritt um schritt schreitet wer mit schrittweise schritt vor schritt schritt er mit
schritt nach vorn schritt zurueck krebsgangsweise schreite ich vorwaerts mit schrittweite und schrittfehler
hkh
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Sylvia
antwortete am 06.01.01 (15:49):
Der Dreikönigstag scheint Sie alle sehr zu beschäftigen. In unserm Dorf wird ein alter Brauch noch immer gepflegt. Am Neujahrstag werden abends um fünf nach einer kleinen Feier in der Kirche die "drei Könige" ausgesandt. Das sind Jugendliche und junge Männer, die jeden Abend bis zum 6. Januar unterwegs sind und alle Häuser in der Gemeinde besuchen. Das ist eine recht strenge Aufgabe, denn unser Dorf ist gross (gegen 5000 Einwohner und Einwohnerinnen). Sie klopfen an oder läuten. Sobald Ihnen geöffnet wird, treten sie ein und stellen sie sich mit folgenden Worten vor:
alle: Tiänd numä uif, verchlipfid nid, miär sind ja alles fridlich Lyt. Diä heiligä Dry Kenigä sind da; diä settid iär scho inä laa.
Miär chemid usem Morgäland dur Bärg und Tal und Wiäschtäsand.
Ä Schtärn hed ys hiä anä zindt und ys der Gottessohn agchindt.
Caspar: Der Fridä winschid miär is Huis, der Chummer fort und ds Unglick druis.
Melchior: Und Huis und Hei und Hab und Lyt sell alles graatä jederzyt,
Balthasar: und Sunnäschyn und Gottesfreid Bewahr ych God vor Nod und Leid.
alle: Das wynschid miär zum nywä Jahr: der Chasper, Melk und Balthasar.
Der Schtärn gahd fort; miär folgid em. Sy Wäg fiärd ys uf Bethlehem. Miär sägid Dank fir ywi Spend, won iär ys eppä mitgä wennd.
Dabei schwenkt der eine unermüdlich den Weihrauchkessel.... Man legt Ihnen Geld in die "Goldschatulle". Es ist für karitative Zwecke bestimmt. Dann schreiben sie mit geweihter Kreide ihren Haussegen oben an die Haustüre: C + M + B und die Jahreszahl. Das heisst: Christus segne dieses Haus (lateinisch, was ich nicht beherrsche). Im Volksmund stehen diese drei Buchstaben aber für Caspar, Melchior und Balthasar.
Ich hoffe, sie verstehen diese Verse in Obwaldnerdialekt. sonst müsste ich eine Übersetzung nachliefern.
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Heidi
antwortete am 06.01.01 (17:01):
Kein Gedicht aber zum Thema
Das Evangelium nach Matthäus berichtet über Weise, die dem neugeborenen Kind Gold, Weihrauch und Myrrhe überbringen.
Gold, Weihrauch und Myrrhe Statussymbole? angestrebte Werte?
Gold - Geld, Reichtum, Macht...
Weihrauch - Duft, Wohlgeruch aber auch Rauch, betäuben, verschleiern...
Myrrhe - Gesundheit, Stärke, Wellness, Fitness...
Hat sich nicht viel verändert seit damals!
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kns
antwortete am 06.01.01 (21:08):
Der, dem von den Drei Weisen Gold, Weihrausch und Myrrhe zuteil geworden ist, wird von Pilatus gefragt: "Bist Du ein König?" Antwort: "Ja, ich bin es. Aber mein Reich ist nicht von dieser Welt." Auch daran hat sich nichts geändert.
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Heidi
antwortete am 07.01.01 (03:14):
Dein Lied erklang, ich habe es gehöret, Wie durch die Rosen es zum Monde zog; Den Schmetterling, der bunt im Frühling flog, Hast du zur frommen Biene dir bekehret, Zur Rose ist mein Drang, Seit mir dein Lied erklang! Dein Lied erklang, die Nacht hat's hingetragen, Ach, meiner Ruhe süßes Schwanenlied! Dem Mond, der lauschend von dem Himmel sieht, Den Sternen und den Rosen muß ich's klagen, Wohin sie sich nun schwang, Der dieses Lied erklang!
Dein Lied erklang, es war kein Ton vergebens, Der ganze Frühling, der von Liebe haucht, Hat, als du sangest, nieder sich getaucht Im sehnsuchtsvollen Strome meines Lebens, Im Sonnenuntergang, Als mir dein Lied erklang!
Brentano
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Heidi
antwortete am 07.01.01 (04:10):
Wer nicht schlafen kann, darf lesen :-)) heute morgen ist es wieder Brentano
Sprich aus der Ferne Heimliche Welt, Die sich so gerne Zu mir gesellt. Wenn das Abendrot niedergesunken, Keine freudige Farbe mehr spricht, Und die Kränze still leuchtender Funken Die Nacht um die schattigte Stirne flicht:
Wehet der Sterne Heiliger Sinn Leis durch die Ferne Bis zu mir hin.
Wenn des Mondes still lindernde Tränen Lösen der Nächte verborgenes Weh; Dann wehet Friede. In goldenen Kähnen Schiffen die Geister im himmlischen See.
Glänzender Lieder Klingender Lauf Ringelt sich nieder, Wallet hinauf.
Wenn der Mitternacht heiliges Grauen Bang durch die dunklen Wälder hinschleicht, Und die Büsche gar wundersam schauen, Alles sich finster tiefsinnig bezeugt:
Wandelt im Dunkeln Freundliches Spiel, Still Lichter funkeln Schimmerndes Ziel.
Alles ist freundlich wohlwollend verbunden, Bietet sich tröstend und traurend die Hand, Sind durch die Nächte die Lichter gewunden, Alles ist ewig im Innern verwandt.
Sprich aus der Ferne Heimliche Welt, Die sich so gerne Zu mir gesellt. Brentano
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Herbertkarl Hüther
antwortete am 07.01.01 (09:24):
____hi, all, "nicht so gedichtisches, aber wohl besinnliches"- [:
____einen schoenen sonntag auch-
hkh
Bettina Catharina Elisabetha Ludovica Magdalena von Arnim geb. Brentano
04.04.1785 Frankfurt/Main - 20.01.1859 Berlin
Bettina von Arnim Clemens Brentanos Frühlingskranz aus Jugendbriefen ihm geflochten, wie er selbst schriftlich verlangte
Und liebes Kind bewahre meine Briefe, lasse sie nicht verlorengehen, sie sind das Frömmste, Liebevollste, was ich in meinem Leben geschrieben, ich will sie einstens wieder lesen und in ihnen in ein verschloßnes Paradies zurückkehren. Die Deinigen sind mir heilig! - Heidelberg 1805
Verliere keinen meiner Briefe, halte sie heilig, sie sollen mich einst an mein besseres Selbst erinnern, wenn mich Gespenster verfolgen, und wenn ich tot bin, so flechte sie mir in einen Kranz. - Holland 1808
Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Waldemar von Preußen
fske (fortsetzung kann erfolgen {o: )
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Friedgard
antwortete am 07.01.01 (18:02):
Wie wäre es denn, wenn wir ein Kapitel "Briefe" aufmachten? Das ist doch auch eine Fundgrube, neben den Gedichten - was meint Ihr? Koloman herzlichen Dank: ja, auch die Botschaft ist dieselbe geblieben! Schönen Sonntagabend noch!
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Wolfgang
antwortete am 07.01.01 (21:58):
Eigentlich auch kein Gedicht, sondern ein Lied, getextet von der Chanteuse Edith Piaf und natürlich auch damals in den 50ern selbst gesungen von ihr. Aber es passt zum Lieblingsthema hier im Forum und es ist soooo schön zum Anhören. :-) - Mon amour, crois-tu qu'on s'aime?...
l'Hymne à l'Amour (von Edith Piaf)
Le ciel bleu sur nous peut s'effrondrer Et la terre peut bien s'écrouler. Peu m'importe si tu m'aimes. Je me fous du monde entier. Tant que l'amour inondera mes matins, Tant que mon corps frémira sous tes mains, Peu m'importent les grands problèmes, Mon amour, puisque tu m'aimes...
J'irais jusqu'au bout du monde. Je me ferais teindre en blonde Si tu me le demandais... J'irais décrocher la lune. J'irais voler la fortune Si tu me le demandais... Je renierais ma patrie. Je renierais mes amis Si tu me le demandais... On peut bien rire de moi, Je ferais n'importe quoi Si tu me le demandais...
Si un jour, la vie t'arrache à moi, Si tu meurs, que tu sois loin de moi, Peu m'importe, si tu m'aimes Car moi, je mourrai aussi... Nous aurons pour nous l'éternité Dans le bleu de toute l'immensité. Dans le ciel, plus de problèmes. Mon amour, crois-tu qu'on s'aime?... ...Dieu réunit ceux qui s'aiment!
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Sylvia
antwortete am 07.01.01 (22:33):
Ich will nicht mit den Wölfen heulen will nicht registrierte Nummer nicht Spielball irgendeiner Ordnung sein
Ich will im Meer Korallengärten pflegen Sandrosen in der Wüste pflücken im Teich den Silbermond einfangen und barfuss auf dem Regenbogen gehn svr
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Heidi
antwortete am 07.01.01 (22:52):
:-) Goethes Hymne
Woher sind wir geboren? Aus Lieb. Wie wären wir verloren? Ohn Lieb. Was hilft uns überwinden? Die Lieb. Kann man auch Liebe finden? Durch Lieb. Was lässt uns lange weinen? Die Lieb. Was soll uns stets vereinen? Die Lieb.
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Sylvia
antwortete am 07.01.01 (23:11):
Wie soll ich meine Seele halten, dass sie nicht an deine rührt? Wie soll ich sie hinheben über dich zu andern Dingen? Ach gerne möcht ich sie bei irgenwas Verlorenem im Dunkel unterbringen an einer fremden, stillen Stelle, die nicht weiterschwingt, wenn deine Tiefen schwingen. Doch alles, was uns anrührt, dich und mich, nimmt uns zusammen, wie ein Bogenstrich, der aus zwei Saiten e i n e Stimme zieht. Auf welches Instrument sind wir gespannt? und welcher Geiger hält uns in der Hand? O süsses Lied.
Rainer Maria Rilke
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Sylvia
antwortete am 07.01.01 (23:34):
Für alle , die liebemässig nicht auf der Sonnenseite stehen. Die gibts nämlich auch...
Dastehn mit hängenden Armen und stumm
Die gewohnten Gebärden die vertrauten Worte passen nicht mehr
Später vielleicht wenn du fort bist atme ich auf
svr
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Friedgard
antwortete am 08.01.01 (14:02):
Das schönste französische Liebesgedicht, das ich kenne, stammt - soviel ich weiß - von Paul Verlaine. Ich garantiere nicht für den genauen Wortlaut, nicht sicher für die Orthographie. Vielleicht kennt jemand das Gedicht und hat eine gute Übersetzung - ich habe es versucht, aber nicht zustande gebracht -
Ah, sie vous saviez comme on pleure de vivre seul et sans foyer quelquefois devant ma demeure vour passeriez.
Si vous saviez ce que fait naître dans l'âme triste un pur regard vous regarderiez ma fenètre comme au hazard.
Si vous saviez quel baume apporte au coeur la présence d'un coeur vous vous assoiriez sous ma porte comme une soeur.
Si vous saviez que je vous aime, surtout si vous saviez comment vour entreriez, peut être, même tout simplement.
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Heidi
antwortete am 08.01.01 (16:18):
darf's auch was englisches(amerikanisches) sein?
poetry it takes a lot of
desperation
dissatisfaction
and disillusion
to write
a few good poems.
it's not for everybody
either to
write it
or even to
read it.
Charles Bukowski
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Heidi
antwortete am 08.01.01 (16:29):
oder japanische Lyrik? :-))
Wir lächeln, wenn ein Kind versucht, eine Schneeflocke nach Hause zu tragen. Was tun denn aber die Dichter? Toyotama Tsuno
***** Liebe Laß nur die Sonne hinter dem Berg untergehn, dann komme ich geschwind zu dir hinaus! In dunkler Nacht wirst du mir entgegentreten, der Morgenröte gleich, so schön wie eine kaum erblühte Blume, und meine zärtliche Hand, heiß vor Leidenschaft und Liebe zu dir, meine Hand lege ich auf deine Brust. Wir werden uns aneinanderschmiegen, im Liegen werden wir uns küssen und die Hände anstelle von Kissen unter unsere Köpfe legen. Unsere Schenkel rücken wir näher. Oh wie liebe ich, wie liebe ich dich, leidenschaftlich, zärtlich, meine Freude.
Laß nur die Sonne hinter dem Berg untergehn, dann komme ich geschwind zu dir hinaus!
Ötsuno Öji (7. Jhd.)
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Herbertkarl Hüther
antwortete am 08.01.01 (18:05):
Heute und ...
heut' an dich gedacht sorgen mir gemacht
klar gesehen anzuflehen
wind und hoelle fordern zoelle
spiegelfechterei was ist da dabei
grosse wunden abgefunden
stoeckchen lacht abgemacht
so ist sein bluemelein
hkh (o:
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Sylvia
antwortete am 08.01.01 (18:12):
Noch ist die Haut warm haftet an ihr der vertraute Geruch noch ist das Haar zerwühlt und das Kleid sitzt schief noch sind die Lippen feucht und der Herzschlag ist ausser Takt noch sind die Hände schwer von zärtlicher Erinnerung svr
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Sylvia
antwortete am 08.01.01 (19:09):
Weils doch nicht immer nur so schön und einfach ist....
Fein umgarnt von Liebgewordenem wie aufgehoben erst
Allmählich gedankenlos verstrickt in unveränderten Mustern
Letztlich gelangweilt gefangen im zähen Filz der Gewohnheit
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Friedgard
antwortete am 08.01.01 (19:52):
Aus "Zeit" - Gedichte von Jehuda Amichai
Es war Sommer oder Sommerende, und ich hörte damals deine Schritte, als du von Ost nach West zum letzten Mal gingst. Und in der Welt wurden Tücher und Bücher und Menschen vergessen.
Es war Sommer oder Sommerende, Nachmittag war, du warst. Und zum ersten Mal trugst du dein Totenhemd und ahntest nichts. Da es bestickt mit Blumen war. _____ und dies noch:
Ich bin wie ein Blatt, das seine Grenzen kennt, das sich nicht ausbreiten, nicht aufgehen will in die Natur, nicht fließen will in die große Welt.
Ich bin so still jetzt, daß ich nicht denken kann, daß ich je schrie, sogar nicht als Säugling.
Und mein Gesicht und was davon blieb, nachdem herausgehauen wurde für die Liebe wie aus einem Steinbruch. Einem schon verlassenen.
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Heidi
antwortete am 08.01.01 (22:31):
Voraus gesetzt: "We don't see things as they are, we see things as we are." (Anais Nin) .....
Ausgesetzt auf den Bergen des Herzens
Ausgesetzt auf den Bergen des Herzens. Siehe, wie klein dort, siehe: die letzte Ortschaft der Worte, und höher, aber wie klein auch, noch ein letztes Gehöft von Gefühl. Erkennst du's? Ausgesetzt auf den Bergen des Herzens. Steingrund unter den Händen. Hier blüht wohl einiges auf; aus stummen Absturz blüht ein unwissendes Kraut singend hervor. Aber der Wissende? Ach, der zu wissen begann und schweigt nun, ausgesetzt auf den Bergen des Herzens. Da geht wohl, heilen Bewußtseins, manches umher, manches gesicherte Bergtier, wechselt und weilt. Und der große geborgene Vogel kreist um der Gipfel reine Verweigerung. - Aber ungeborgen, hier auf den Bergen des Herzens...
*** Ausgesetzt auf den Bergen des Herzens ... (Entwürfe zur Fortsetzung)
(A) Lächeln Lächeln du hast es gekonnt; mehrmals haben es dir geneigte Augen vom Antlitz gepflückt. Aber das war in den Tälern des Herzens. Dort auch weintest du oft. Wie war es dort zärtlich zu weinen.
(B) ausgesetzt. Plötzlich dennoch zu lieben. In zehrenden Nächten, unter durstender Glut, die Hände auf Steingrund. Dennoch.... vermag es. Denn dann Aber verstoßen herauf unter die zehrenden Nächte unter den brennenden Mond
Rainer Maria Rilke (Dies Alles von mir)
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Sieghard
antwortete am 08.01.01 (22:48):
[aus Badische Heimat 4/2000 von mir übersetzt]
Ferdi du Sau Rosa du Kuh Rita du Schaf und die Gerda das Huhn gehört auch dazu
Christe, du Lamm Gottes wer wollte es denn? Dies ist mein Leib hat er gesagt und Fleisch zu Fleisch ja weißt Hostien machen halt nicht satt.
-Joh.Kaiser- .
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Sylvia
antwortete am 08.01.01 (23:39):
Zu Sieghards Beitrag: Diese Zeilen mag ich nicht....Sie gehn mir gegen den Strich, und das gründlich.
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Heidi
antwortete am 09.01.01 (00:31):
Mir auch, Sylvia - aber wie ich Sieghard kenne, hat er sich etwas dabei gedacht :-) - erklärst Du es uns, Sieghard?
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Heidi
antwortete am 09.01.01 (07:50):
Ökolyrik aus www.seilnacht.tuttlingen.com/Gedichte:
Wasserflohgedicht Nummer zwei
Ein Wasserfloh im Paletot verirrt sich außerst selten,
gewöhnlich liebt das kleine Tier ganz klare Wasserwelten.
Da schmust es mit dem Borstenwurm, da jagt es Flagellaten,
treibt sich mit Rädertierchen rum, anstatt durchs Watt zu waten.
Turnt albern durch das Nass dahin und ärgert Wasserwanzen und dennoch hat es seinen Sinn als kleiner Teil vom Ganzen.
Das Ganze, das sind Du und Ich, das Tier und auch die Pflanze,
die Elemente und das Licht und Wasser, Krug und Kranze.
Als Mensch muss man das nicht verstehen, doch sollte man es schonen;
denn eines wird bestimmt nicht gehen: So eine Welt zu klonen. (Werner Rohrmoser)
***
Es steht geschrieben Die Welt, was ist sie schön, und schön ist sie gewachsen, schön rund und wohlgenährt schaut sie in die Weite des Weltalls hinaus.Wie schön muß es sein, die Welt von dort zu sehen. Achtung! Näherkommen unerlaubt. Betreten auf eigene Gefahr. Ein Schild steht dort weit draußen im All. Schlaue Wesen, die einst hiergewesen, haben's hingestellt.Und noch ein Schild steht dort.Warte noch ein Weilchen - so ein paar Jahre noch. Heute sind die Schilder ausgetauscht und man kann dort lesen, Blauer Planet um die Jahrtausendwende Farbe gewechselt, heute grau. Und wieder steht geschrieben, Betreten auf eigene Gefahr. Strahlenanzug Pflicht, nur giftiges Gas, keine Luft zum Atmen dort. In den Märchenbüchern der Welten stand, es war einmal vor langer Zeit ein blauer Planet, so schön und einmalig im Universum, schaute er majestätisch in die Weite des Weltalls hinein. Ein neues Schild wird bemalt, wo drauf geschrieben steht, in allen Sprachen, die es je gab, Warnung an alle Welten, so nicht! Die Menschheit war doch für etwas nütze, nicht zum Überleben, sondern als Warnung für andere Wesen. Im Geschichtsbuch des Universums steht geschrieben: Zeitrechnung fängt neu an, Millionen Jahre später, im selben Buch steht aus Trümmern blauer Planet entsteht. (Edgar Selbach)
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Herbertkarl Hüther
antwortete am 09.01.01 (16:04):
Limerick-???- [o:
Es war eine Maid in Kamen,
die machte grosse Dramen;
so lief ihr manches Herz zu.
Doch hat es damit seine Ruh',
seit ihrem letzten Examen.
hkh
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Heidi
antwortete am 09.01.01 (17:12):
Limerick!! :-))
Es war ein Pater in Lippstadt der hatte so manches bis hier satt da schrieb er in Eilen gerade fünf Zeilen danach war er müde und matt.
hl
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Sylvia Hilpisch
antwortete am 09.01.01 (17:15):
Es war eine Dame aus Siegen die wollte ein Reimchen hinkriegen Sie dachte im Kreise auf jedwede Weise konnt' doch nichts Gescheites verbiegen.
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Heidi
antwortete am 09.01.01 (17:33):
:-)))
Es war eine Dame aus Xtal die ihrer Schwester den Reim stahl ich lieb' sie zwar herzlich doch das war sehr schmerzlich "versprich mir, du machst es nicht noch mal!"
hl
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eva Krill
antwortete am 09.01.01 (17:36):
Hier ein unveröffentlichtes Gedicht einer Amerikanerin, das mir bemerkenswert erscheint und das adäquat zu übersetzen mir nicht gelungen ist :
Maturity
Black currant berries along the path, luscious and red, they lure me. I taste, spit out their sour juice. Over the summer they darken, wrinkled, ripe, sweet. If you had not begged the bitter cup to pass you by, I would get up, fold my coat and leave, thinking I had suffered enough. Having pleaded for grace of perception, I see my antagonist is afraid. Although my reflection is less proud than I desire, like you, I will bend m knee. Watch me drink, until, I, too, am shriveled to black perfektion.
IFerr.
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Sieghard
antwortete am 09.01.01 (18:01):
leute aus kamen lippstadt und siegen die machten gedichte harmonisch gediegen auch andre schrieben fast jeden tag was so mancher hier mag oder auch nicht bisweilen verstiegen .
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eva Krill
antwortete am 09.01.01 (18:01):
Ich hatt´ eine Tante in Posen, die trug nur lederne Hosen. Man fragte, warum ? doch sie blieb stumm und duftete schweigend nach Rosen.
Aber besser ist :
Ein Wiesel sass auf einem Kiesel mitten im Bachgeriesel. Wisst ihr, weshalb ? Das Mondkalb verriet es mir im Stillen : Das raffinier- te Tier tats um des Reimes willen.
Christian Morgenstern
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eva Krill
antwortete am 09.01.01 (18:01):
Ich hatt´ eine Tante in Posen, die trug nur lederne Hosen. Man fragte, warum ? doch sie blieb stumm und duftete schweigend nach Rosen.
Aber besser ist :
Ein Wiesel sass auf einem Kiesel mitten im Bachgeriesel. Wisst ihr, weshalb ? Das Mondkalb verriet es mir im Stillen : Das raffinier- te Tier tats um des Reimes willen.
Christian Morgenstern
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Herbertkarl Hüther
antwortete am 09.01.01 (18:52):
Limerick II -???- (((#o:
Ein kleiner Furz aus Heidelberg
hielt Isabel fuer einen Zwerg.
Das machte sie sehr verwundert
hier noch in diesem Jahrhundert,
im schoenen Baden-Wuerttemberg.
hkh
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Sieghard
antwortete am 09.01.01 (19:18):
Ein Riese groß aus Paderborn gab seinem Gaul nicht schlecht die Sporn es drängte ihn zu seiner Jule sein Glieder sprangen aus der Spule nicht lang, da war er schon ganz vorn .
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Sylvia
antwortete am 09.01.01 (19:20):
Es war ein Herr, der spielte Geige mit Inbrunst und schielte dabei auf Frau Klett. Die dachte nicht nett: Oh, wenn er doch innehielte!
svr
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Sylvia
antwortete am 09.01.01 (19:46):
Es sassen zwei Dichter beim Weine. Der eine schrieb Verse alleine. Der andre sass stumm und guckte nur dumm. Er fand der Dichtungen keine.
svr
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eva Krill
antwortete am 09.01.01 (20:05):
Hier wurde wohl eine Lawine losgetreten -
Es war ein rühriger Frater, der wäre so gern schon ein Pater, lang wartet er schon auf die Approbation - ach hilf ihm doch, Himmlischer Vater !!
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Sieghard
antwortete am 09.01.01 (21:40):
Er denkt in seinem Friedensgarten mal was Französisches zu starten. Nicht immer Busch, vielmehr Verlaine ist heute mal ganz schön. Ganz schön, in Liebe mit dem Paule aufzuwarten. .
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Sylvia
antwortete am 09.01.01 (21:47):
Ein paar Damen, ein paar Herrn, limerickten schrecklich gern. Jetzt die Ruhe - frag mich bloss: Was ist nur mit denen los? Ich glaub ich hab's, die sehen fern!
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Heidi
antwortete am 09.01.01 (22:57):
:-)))
Im Forum gab's nen Limrick Kick Ich hab' genug vom Limerick O liebe Göttin Poesie erleuchte sie, erleuchte sie sonst krieg ich noch den Limricktick
:-)))
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Heidi
antwortete am 09.01.01 (23:51):
Ich bin zu Hause zwischen Tag und Traum
Ich bin zu Hause zwischen Tag und Traum. Dort wo die Kinder schläfern, heiß vom Hetzen, dort wo die Alten sich zu Abend setzen, und Herde glühn und hellen ihren Raum.
Ich bin zu Hause zwischen Tag und Traum. Dort wo die Abendglocken klar verklangen und Mädchen, vom Verhallenden befangen, sich müde stützen auf den Brunnensaum.
Und eine Linde ist mein Lieblingsbaum; und alle Sommer, welche in ihr schweigen, rühren sich wieder in den tausend Zweigen und wachen wieder zwischen Tag und Traum.
Rainer Maria Rilke
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heidi
antwortete am 10.01.01 (00:38):
nachts
unten, tief unten wurzeln die worte die ich nicht schreiben will das schwarze zerrt an meinen blättern zerrt an den wurzeln meiner worte die sich lösen von der tiefe, freigeworden in das dunkle fliegen - das schwarze fliegt mit
hl
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Sylvia
antwortete am 10.01.01 (00:58):
In manchen Nächten fasse ich meine Gedanken in Licht um sie ins All zu setzen
Neue Sternbilder am Himmel nur mit dem Herzen zu lesen
svr
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Herbertkarl Hüther
antwortete am 10.01.01 (09:00):
zuse
weisses blut der vergangenen zukunft
brodelt kalt den berg hinauf
farbige schatten der lauten stille gellen in meiner taubheit und blenden meine blindheit
mechanische elektrizitaet schleicht stehend hoelzernem metall entlang leeren raum einnehmend
zieh' langsam eilig den stecker aus dem hellen dunkel
hkh
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Herbertkarl Hüther
antwortete am 10.01.01 (13:17):
Als Gott der Herr auf Erden ging
Als Gott der Herr auf Erden ging, Da freute sich ein jedes Ding; Ein jedes Ding, ob groß, ob klein, Es wollte doch gesegnet sein.
Die Kreatur in ihrer Not, Der Mensch in Kümmernis und Tod, Der breite Strom, das weite Land, Sie fühlten Gottes Gnadenhand.
Es hört der Frosch zu quaken auf, Der Hund hält inn in seinem Lauf, Der Regen hätt geregnet nicht, Bevor ihn Gott gesegnet nicht.
Der hohe Turm verneigte sich, Die Antilope zeigte sich. Und Efeulaub und Wiesengrün Erkannten und lobpriesen ihn.
Von aller Art der Mensch allein Geriet in Schand und Sündenpein. Hätt er nicht Gott so oft verkannt, Er ging noch heute durch das Land.
Hätt er nicht Gott so oft gesteint, Wir wären noch mit ihm vereint. Die Erde wär das Himmelreich Und jeder Mensch ein Engel gleich.
Klabund
Geboren am 4.11.1890 in Crossen an der Oder. Eigentlich Alfred Henschke. Apothekerssohn. Ab seinem 16. Lebensjahr lungenkrank; häufig in Schweizer Sanatorien. Studierte Philosophie und Literatur in München und Lausanne; dann freier Schriftsteller in München und Berlin. War mit Benn befreundet, in moralische und politische Skandale verwickelt, wegen Gotteslästerung angeklagt, immer vom Tode bedroht. Klabund starb am 14.8.1928 in Davos.
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B.R.
antwortete am 10.01.01 (13:42):
;-) Da war noch die Tochter im Rheinland, die schwitzte bis sich ein Reim fand, doch was mußt' sie sehen, der Lim'rick mußt' gehen, und doch sie die Zeilen ins Netz sand.
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Herbertkarl Hüther
antwortete am 11.01.01 (13:57):
klassischt (:
Die Hölle
Ach! und weh! Mord! Zetter! Jammer! Angst! Creutz! Marter! Würme! Plagen. Pech! Folter! Hencker! Flamm! Stanck! Geister! Kälte! Zagen! Ach vergeh!
Tieff' und Höh'! Meer! Hügel! Berge! Felß! wer kan die Pein ertragen? Schluck abgrund! ach schluck' eyn! die nichts denn ewig klagen. Je und Eh!
Schreckliche Geister der tunckelen hölen / Ihr die ihr martert und Marter erduldet Kan denn der ewigen Ewigkeit Feuer / nimmermehr büssen dis was ihr verschuldet? O grausamm' Angst / stets sterben sonder sterben Diß ist die Flamme der grimmigen Rache / die der erhitzte Zorn angeblasen: Hier ist der Fluch der unendlichen Strasse; hier ist das immerdar wachsende rasen: O Mensch! Verdirb / umb hier nicht zuverderben.
Andreas Gryphius
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Eva
antwortete am 12.01.01 (09:58):
Literatursplitter" - Briefe
Clemens BRENTANO im Juli 1803 an Sophie MEREAU (seine spätere Gattin) :
...ich war schon auf dem Wege nach Jena zu gehen, und dort zu schlafen, denn in der ganzen Stadt war alles zu Bette, nur die Liebe meine Liebe, Deine Liebe, die liebste Liebe wachte noch, kennst Du mich noch Sophie, nach solcher Ver- traulichkeit, wenn Du wüstest, wie schön, wie allmächtig schwach Du bist, in meinen Armen so ergeben, so gebend, Du könntest noch beßer verstehen, wie ich so kühn bin, Alles zu durchbrechen, ach es ist mir dann, als hätte ich die Welt in Flammen gesteckt, und Du allein seist unzerstörbar und ich müste mich flüchten in Dich, um Dir Deinen Gelieb- ten zu erretten, und wenn alles ausgeglüht sei, so lägen wir geschmolzen in eins, ein goldner Kern voll unendlicher Kraft im Mittelpunckt und Gottes Wille sei in uns gefangen, so daß eine neue Welt sich um uns anlegen mäßte. ...
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Herbertkarl Hüther
antwortete am 12.01.01 (17:10):
(:
Ein Lied hinterm Ofen zu singen
Der Winter ist ein rechter Mann, kernfest und auf die Dauer; sein Fleisch fühlt sich wie Eisen an und scheut nicht süß noch sauer.
War je ein Mann gesund, ist er's; er krankt und kränkelt nimmer, weiß nichts von Nachtschweiß noch Vapeurs und schläft im kalten Zimmer.
Er zieht sein Hemd im Freien an und läßt's vorher nicht wärmen und spottet über Fluß im Zahn und Kolik in Gedärmen.
Aus Blumen und aus Vogelsang weiß er sich nichts zu machen, haßt warmen Drang und warmen Klang und alle warmen Sachen.
Doch wenn die Füchse bellen sehr, wenn's Holz im Ofen knittert, und um den Ofen Knecht und Herr die Hände reibt und zittert;
wenn Stein und Bein vor Frost zerbricht und Teich' und Seen krachen; das klingt ihm gut, das haßt er nicht, dann will er sich tot lachen. -
Sein Schloß von Eis liegt ganz hinaus beim Nordpol an dem Strande; doch hat er auch ein Sommerhaus im lieben Schweizerlande.
So ist' er denn bald dort, bald hier, gut Regiment zu führen. Und wenn er durchzieht, stehen wir und sehn ihn an und frieren.
Matthias Claudius
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Sieghard
antwortete am 12.01.01 (17:20):
Ballade vom schweren Leben des Ritters Kauz vom Rabensee von Peter Hacks
Es war ein alter Ritter, Herr Kauz vom Rabensee. Wenn er nicht schlief, dann stritt er. Er hieß: der Eiserne.
Sein Mantel war aus Eisen, aus Eisen sein Habit. Sein Schuh war auch aus Eisen. Sein Schneider war der Schmied.
Ging er auf einer Brücke über den Rhein - pardauz! Sie brach in tausend Stücke. So schwer war der Herr Kauz.
Lehnt er an einer Brüstung, es macht sofort: pardauz! So schwer war seine Rüstung. So schwer war der Herr Kauz.
Und ging nach solchem Drama zu Bett er, müd wie Blei: Sein eiserner Pyjama brach auch das Bett entzwei.
Der Winter kam mit Schnaufen, mit Kälte und mit Schnee. Herr Kauz ging Schlittschuh laufen wohl auf dem Rabensee.
Er glitt noch eine Strecke aufs stille Eis hinaus. Da brach er durch die Decke und in die Worte aus:
Potz Bomben und Gewitter, ich glaube, ich ersauf! Dann gab der alte Ritter sein schweres Leben auf. . .
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Heidi
antwortete am 12.01.01 (19:11):
:-)), statt Gedicht:
..."Denn die einzig wirklichen Menschen sind für mich die Verrückten, die verrückt danach sind zu leben, verrückt danach zu sprechen, verrückt danach, erlöst zu werden, und nach allem gleichzeitig gieren - jene, die niemals gähnen oder etwas Alltägliches sagen, sondern brennen, brennen, brennen wie phantastische gelbe(rote!) Wunderkerzen. "... (Jack Kerouac)
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Heidi
antwortete am 12.01.01 (22:07):
Lieblingsthema statt "Winter" :-))
Was für ein Feuer, o was für ein Feuer Warf in den Busen mir der Liebe Hand! Schon setzt es meinen zarten Leib in Brand Und wächst an deiner Brust doch ungeheuer. Zwei Fackeln lodern nun in eins zusammen: Die Augen, die mich anschaun, sind zwei Kerzen, Die Lippen, die mich küssen, sind zwei Flammen, Die Sonne selbst halt ich an meinem Herzen.
Ricarda Huch
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Heidi
antwortete am 12.01.01 (22:22):
und zweimal Stefan George:
Als wir hinter dem beblümten tore Endlich nur das eigne hauchen spürten Warden uns erdachte seligkeiten? Ich erinnere dass wie schwache rohre Beide stumm zu beben wir begannen Wen wir leis nur an uns rührten Und dass unsere augen rannen - So verbliebest du mir lange zu seiten.
.....
Im windes-weben War meine frage Nur träumerei Nur lächeln war Was du gegeben. Aus nasser nacht Ein glanz entfacht - Nun drängt der mai Nun muss ich gar Um dein aug und haar Alle tage In sehnen leben. ..... Stefan George
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Herbertkarl Hüther
antwortete am 13.01.01 (06:18):
Die Stille
Hörst du, Geliebte, ich hebe die Hände - Hörst du: es rauscht... Welche Gebärde der Einsamen fände sich nicht von vielen Dingen belauscht? Hörst du, Geliebte, ich schließe die Lider, und auch das ist Geräusch bis zu dir. Hörst du, Geliebte, ich hebe sie wieder... ...aber warum bist du nicht hier.
Der Abdruck meiner kleinsten Bewegung bleibt in der seidenen Stille sichtbar; unvernichtbar drückt die geringste Erregung in den gespannten Vorhang der Ferne sich ein. Auf meinen Atemzügen heben und senken die Sterne sich. Zu meinen Lippen kommen die Düfte zur Tränke, und ich erkenne die Handgelenke entfernter Engel. Nur die ich denke: Dich seh ich nicht.
Rainer Maria Rilke
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Evelyn
antwortete am 13.01.01 (12:52):
MIt 20 Jahren lernte ich Ricarda Huch auswendig.Wie lange ist das her........ Auch folgendes Gedicht:
Ich werde nicht an deinem Herzen satt Nicht satt an deiner Küsse Glutergiessen Ich will dich,wie der Christ den Heiland hat Er darf als Mahl den Leib des Herrn geniessen - So will ich dich,du meine Gottheit haben mein Fleisch in deinem Fleisch und Blut begraben - so will ich deinen süssen Leib empfangen bis du in mir und ich in dir vergangen.
immernoch auswendig und hoffenlich korrekt niedergeschrieben
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Sieghard
antwortete am 13.01.01 (14:37):
Für Evelyn
Von allen Zweigen perlt der goldne Schaum, Auf allen Bäumen flammen Blütenbrände, Unzählbar lacht der Kuckuck durch den Raum, Frag ich ihn bang nach meines Lebens Ende. Es blühlt und lebt bis an der Erde Saum, Wird blühn und leben, singt er, ohne Wende, Als wäre Frühling nicht ein kurzer Traum. Auch du bist ewig! Spare nicht, verschwende!
[Ricarda Huch 1864-1947] .
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Heidi
antwortete am 13.01.01 (16:30):
Ricarda Huch
Ich bin dein Schatten, du bist, der mich schafft, Du gibst Gestalt und Maß mir und Bewegen. Mit dir nur kann ich heben mich und legen, Ich dein Geschöpf, du Willen mir und Kraft.
Dir angeschmiegt bin ich in deiner Haft, Wie die von Ketten schwer den Fuß nicht regen. Was du mir tust, ich kämpfe nicht entgegen, Durch dein Gebot belebt und hingerafft.
Doch bin ich dein, auch du gehörst den Deinen. Du kannst mir nicht entfliehn, dich neu gewänn ich, Mich nicht verstoßen, neu würd ich erkoren.
Solange Sonn und Sterne dich bescheinen, Siehst du zu deinen Füßen unzertrennlich Die Liebende, für dich aus dir geboren.
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Sylvia
antwortete am 13.01.01 (17:33):
Wie könnt' ich es zulassen dass du deinen Meissel ansetzst mich behaust meine Ecken und Kanten schleifst mich polierst
selbst meinen Standort bestimmst
Ich würde mich verlieren und wäre nichts als dein Standbild
svr
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:-)) Heidi
antwortete am 13.01.01 (17:57):
ein Liebeslied
schön will ich sein, mein Geliebter wie die Sonne am Tag wie der Stern in der Nacht strahlen für dich
singen will ich, mein Geliebter Liebeslieder, süß wie der Nachtigall Lied zärtlich für dich
stark will ich sein, mein Geliebter das Dunkle wandeln in helles Licht halten nur dich
schwach will ich sein, mein Geliebter in deinen Armen vergehen im Glück lieben nur dich
hl
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Herbertkarl Huether
antwortete am 13.01.01 (18:31):
Ärgerliches Mädchen
Es ist schon spät. Ich muß verdienen. Aber die gehn heute alle vorbei mit blasierten Mienen Nicht einen Glücksgroschen wolln sie mir geben. Es ist ein jämmerliches Leben. Komme ich ohne Geld nach Haus, Wirft mich die Alte hinaus. Fast kein Mensch ist auf der Straße mehr. Ich bin todmüde und friere sehr. So elend zumute war mir noch nie. Ich laufe umher wie ein Stück Vieh. Da endlich kommt drüben einer an: Ein ganz anständig angezogener Mann – Doch auf das Äußere darf man in diesem Leben Nicht viel geben. Er ist auch schon älter. (Die haben mehr Geld, Von den Jungen wird man eher geprellt.) Er ist mir vis-à-vis. Ich heb die Kleddage bis über das Knie. Ich kann mir dies leisten. Es zieht am meisten. Die Kerle kommen wie Fliegen Ins Licht zu uns Ziegen... Der Kavalier bleibt wirklich drüben stehen. Er glotzt. Er winkt. Ich will schon bei ihm hingehn... Ich denke: Der wird mir ein großes Goldstück schenken. Dann besauf ich mich heimlich mit teuren Getränken. Das ist noch das Schönste: einmal – allein Still für sich besoffen sein – Oder ich kann neue Schuhe kaufen Muß nicht mehr in gestopften Strümpfen laufen – Oder ich geh einmal nicht auf den Bummel hinaus. Und ruhe mich von den Kerlen aus – Oder ach, ich freu mich schon so... Ich bin so froh – Da kommt die Kitti an. Und versaut den Mann.
Alfred Lichtenstein
Alfred Lichtenstein wurde am 23.08.1889 in Berlin geboren. Er fiel am 25.09.1914 in Vermandevillers/Reims an der Westfront.
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Heidi
antwortete am 13.01.01 (19:03):
wir sind ja flexibel :-))
Die Nacht
Verträumte Polizisten watscheln bei Laternen. Zerbrochne Bettler meckern, wenn sie Leute ahnen. An manchen Ecken stottern starke Straßenbahnen, Und sanfte Autodroschken fallen zu den Sternen. Um harte Häuser humpeln Huren hin und wieder, Die melancholisch ihren reifen Hintern schwingen. Viel Himmel liegt zertrümmert auf den herben Dingen ... Wehleidge Kater schreien schmerzhaft helle Lieder.
Quelle: Alfred Lichtenstein: Gesammelte Gedichte. Zürich: Die Arche 1962
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Eva
antwortete am 13.01.01 (19:33):
Sapphische Ode - von Hans SCHMIDT, einem heute vergesenen baltischen Dichter aus der 2. Hft. des 19. Jhdts. :
Rosen brach ich Nachts mir am dunklen Hage; Süßer hauchten Duft sie als je am Tage, Auch verstreuten reich die bewegten Aeste Thau, der mich näßte.
Auch der Küsse Duft mich wie nie berückte, Die ich Nachts vom Strauch Deiner Lippen pflückte: Doch auch Dir, bewegt im Gemüth gleich jenen, thauten die Thränen.
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Heidi
antwortete am 13.01.01 (19:34):
Friedrich Nietzsche
Das Wort
Lebendgem Worte bin ich gut: Das springt heran so wohlgemut, das grüßt mit artigem Geschick, hat Blut in sich, kann herzhaft schnauben, kriecht dann zum Ohre selbst dem Tauben und ringelt sich und flattert jetzt und was es tut, das Wort ergötzt. Doch bleibt das Wort ein zartes Wesen, bald krank und aber bald genesen. Willst ihm sein kleines Leben lassen, mußt du es leicht und zierlich fassen, nicht plump betasten und bedrücken, es stirbt oft schon an bösen Blicken - und liegt dann da, so ungestalt, so seelenlos, so arm und kalt, sein kleiner Leichnam arg verwandelt, von Tod und Sterben mißgehandelt. Ein totes Wort - ein häßlich Ding, ein klapperdürres Kling-Kling-Kling. Pfui allen häßlichen Gewerben, an denen Wort und Wörter sterben.
(Internet-Tipp: https://www.uni-giessen.de/~gi04/MM/gedichte/nie_f06.html)
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Sylvia
antwortete am 13.01.01 (21:00):
Du hast mich zu oft gegen den Strich gestreichelt
Die Flausen sind mir aus dem dicken Fell geflohen mich juckt nichts mehr
Ich bin frei von dir
svr
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Heidi
antwortete am 13.01.01 (21:49):
O LEBEN Leben, wunderliche Zeit, von Widerspruch zu Widerspruche reichend; Im Gange oft so schlecht so schwer so schleichend und dann auf einmal, mit unsäglich weit entspannten Flügeln, einem Engel gleichend: o unerklärlichste, o Lebenszeit.
Von allen groß gewagten Existenzen kann Eine glühender und kühner sein? Wir stehn und stemmen uns an unsre Grenzen und reißen ein Unkenntliches herein.
Rainer Maria Rilke
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Heidi
antwortete am 13.01.01 (23:24):
O sage, Dichter, was du tust? - Ich rühme. Aber das Tödliche und Ungetüme, wie hältst du's aus, wie nimmst du's hin? - Ich rühme. Aber das Namenlose, Anonyme, wie rufst du's, Dichter, dennoch an? - Ich rühme. Woher dein Recht, in jeglichem Kostüme, in jeder Maske wahr zu sein? - Ich rühme. Und daß das Stille und das Ungestüme wie Stern und Sturm dich kennen?: - weil ich rühme.
Rainer Maria Rilke
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Sylvia
antwortete am 13.01.01 (23:44):
Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen, die sich über die Dinge ziehn. Vielleicht wird der letzte mir nicht gelingen, aber versuchen will ich ihn.
Ich kreise um Gott, um den uralten Turm, und ich kreise jahrtausende lang; und ich weiss nicht: bin ich ein Falke, ein Sturm oder ein grosser Gesang.
Rainer Maria Rilke
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Herbertkarl Hüther
antwortete am 14.01.01 (09:03):
Kaiser Heinrich.
Die Rheines-Adler mit lastendem Flug, sie zogen den schwebenden Kreis, als Heinrich kam auf Schloß Hammerstein, Kaiser Heinrich, ein flüchtender Greis. Der Abendsonne verscheidende Glut lag zitternd auf Tälern und Höh'n; Kaiser Heinrich sah in den strömenden Rhein: »O Deutschland, wie bist du so schön! Ihr Berge mit rebendurchglühter Brust, du herdenbewandelte Trift, ihr steht mir geschrieben tief in das Herz wie eine heilige Schrift. Wie ein rauschendes Buch voll Märe und Lehr', Deutschland, so liegst du vor mir; deine Kaiser machten zum Griffel das Schwert und schrieben den Inhalt dir. Und wenn er zu Ende sein Tagewerk schrieb, tat jeder den Griffel zur Ruh', er gab das Buch in des Nächsten Hand, und sprach: »Lies und schreibe nun du.« Doch als mir der Vater das Buch übergab, war kindisch und schwach meine Hand, es nahmen's die andren und lasen mir draus, was nicht in dem Buche stand. Und als in dem Buch ich zu schreiben begehrt, da kamen die Tage des Fluchs! Es hob sich von Mittag und Abend der Sturm und griff in die Seiten des Buchs. Er warf sie herauf, er warf sie herab, er warf sie die kreuz und die quer; mein Auge ward trübe vom wirbelnden Staub, und das Schreiben ward schwer, ward schwer. So ist meine Schrift nun verworren, verzerrt, daß niemand sie lesen kann; sie schütteln die Häupter und nennen mich heut einen alten, verworrenen Mann. Mein Tag geht zur Neige, mein Werk ist getan, heut schreib' ich das letzte Blatt, den Griffel tauch' ich ins eigene Herz, da trink' er am Blute sich satt. Und ich schreibe hinein mit wankender Hand, und ich schreibe mit eigenem Blut, daß die Schrift soll leuchten durch Länder und Zeit in roter flammender Glut: Der Ehre verlustig, am Leben bedroht, vertrieben von Land und von Thron, so flüchtet der Kaiser vor seinem Volk, der Vater vor seinem Sohn.«- Die Sonne versank, dumpf rauschte der Rhein, an die Türe schlug es mit Macht: »Deines Sohnes Reiter sprengen im Tal, zur Flucht, noch birgt uns die Nacht!« Kaiser Heinrich trat in das schwankende Schiff: »O Warner, du mahntest mich recht, die Nacht gehört dem versunkenen Mann und die Sonne dem neuen Geschlecht.«
Ernst von Wildenbruch Geb. 3.2.1845 Beirut, gest. 15.1.1909 Berlin
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Sylvia
antwortete am 14.01.01 (12:46):
Die jodelnden Schildwachen
Am Üetliberg im Züribiet, Da steht ein Pulverturm im Riet; Herr Pestalozzi, der Major, Pflanzte drei Mann als Wacht davor.
"Hier bleibt ihr stehn, ihr Sakerlott! Und daß sich keiner muckst und rodt! Sonst - Strahl und Hagel - gibt's etwas! Verstanden? - Also merkt euch das!"
Drauf bog er um den Albisrank, Wo er ein Tröpflein Roten trank. Ein Schöpplein schöpft' er oder zwei, Da weckt' ihn eine Melodei.
Dreistimmig wie ein Engelchor Scholl's hinterm Pulverturm hervor. Da half kein Zweifel: das ist klar! Die Schildwach jodelte fürwahr.
Wer galoppiert jetzt ventre à terre Wie Blitz und Strahl vom Albis her? "Vor allem haltet dieses fest: Drei Tage jeder in Arrest!
Jawohl! Das käm mir just noch recht! Um eines bitt ich, sprecht, Wie diese Frechheit euch gelingt, Daß einer auf dem Posten singt?
Da sprach der erste: "Kommandant! Dort unten liegt mein Heimatland. Ich schütz' es mit der Flinte mein. Wie sollt ich da nicht lustig sein?"
Der zweite sprach: "Herr Pestaluzz! Seht ihr das Rathaus dort am Stutz? Dort wähl' ich meine sieben Herrn. Drumm bin ich froh; drum leist ich gern."
Der dritte sprach: "Ich halt's als Norm: 's ist eine Freud, die Uniform. 's ist eine mut'ge Mannespflicht. Da muß man jauchzen. - Oder nicht?"
Der Junker schrie: "Zum Teufel hin! Die erste Pflicht heißt Disziplin! Ihr Lauser wart'! Euch krieg ich schon! Glaubt mir's!" und wetterte davon.
Am selbigen Abend spät indes Meint' Oberst Bodmer in der Meß: "Was Kuckucks hat nur der Major? Er kommt mir heut ganz närrisch vor!
Singt, pfeift und mögt in seinen Bart. Das ist doch sonst nicht seine Art." Der Pestalozzi hörte das, Sprang auf den Stuhl und hob sein Glas:
"Mein lieber Vetter Ferdinand, Stadtrat und Oberst zubenannt! Wenn einer kommt und hat die Ehr Und dient in solchem Militär
Von wetterfestem Bürgerholz, Gesteift von Trotz, gestählt von Stolz, Lausketzer, die man büßen muß, Weil ihnen schildern ein Genuß,
Mannschaften wo der letzte Hund Hat ein Ideal im Hintergrund - Komm her beim Styx! Stoß an beim Eid! Wer da nichtmitmögt, tut mir leid."
Carl Spitteler
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Eva
antwortete am 14.01.01 (16:20):
Und immer wieder Goethe ...
Unüberwindlich
Hab´ ich tausendmal geschworen, dieser Flasche nicht zu trauen, bin ich doch wie neugeboren, läßt mein Schenke fern sie schauen.
Alles ist an ihr zu loben, Glaskristall und Purpurwein. Wird der Pfroph herausgehoben, sie ist leer, und ist nicht mein.
Hab ich tausendmal geschworen, dieser Falschen nicht zu trauen, und doch bin ich neugeboren, läßt sie sich ins Auge schauen.
Mag sie doch mit mir verfahren, Wie´s den stärksten Mann geschah. Deine Scher´in meinen Haaren, allerliebste Delila.
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Evelyn
antwortete am 14.01.01 (17:35):
Hier nochmal ` ne Ballade-und die passierte grade:
Der Dichter
Vorm Stadtrat am Wirtshaustresen hat einer Gedichte gelesen -
band säuberlich fein die Reime ans Bein Kopf unter der Decke das Herz auf der Strecke schlief ein.-
Wie rührige Milben verwandelten Silben gewöhnliches Schimmeln zu Höllen und Himmeln drin hilfreiche Mythen das Windei bebrüten -
und ein postmodern esoterischer Hauch besorgte den Durchfall vom Kopf in den Bauch.
Für jene am Tresen war`s Literatur. Sie zahlten ihm Spesen ganz wild nach Kultur dazu ein Stipendium -
Der Mann braucht das Geld und die Stadt ihren Dichter als Zeichen von Welt. e.vw
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Herbertkarl Hüther
antwortete am 14.01.01 (17:51):
Es ist alles eitel
Du siehst, wohin du siehst nur Eitelkeit auf Erden. Was dieser heute baut, reist jener morgen ein: Wo itzund Städte stehn, wird eine Wiese sein Auf der ein Schäferskind wird spielen mit den Herden: Was itzund prächtig blüht, soll bald zertreten werden. Was itzt so pocht und trotzt ist Morgen Asch und Bein Nichts ist, das ewig sei, kein Erz, kein Marmorstein. Itzt lacht das Glück uns an, bald donnern die Beschwerden. Der hohen Taten Ruhm muß wie ein Traum vergehn. Soll denn das Spiel der Zeit, der leichte Mensch bestehn? Ach! was ist alles dies, was wir für köstlich achten, Als schlechte Nichtigkeit, als Schatten, Staub und Wind; Als eine Wiesenblum, die man nicht wiederfind't. Noch will was ewig ist kein einig Mensch betrachten!
Andreas Gryphius: zu Prediger 1,2
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Sieghard
antwortete am 14.01.01 (18:51):
Menschliches Elende
Was sind wir Menschen doch! Ein Wohnhaus grimmer Schmerzen, Ein Ball das falschen Glücks, ein Irrlicht dieser Zeit, Ein Schauplatz herber Angst, besetzt mit scharfem Leid, ein bald verschmelzter Schnee und abgebrannte Kerzen.
Dies Leben fleucht davon wie ein Geschwätz und Scherzen. Die vor uns abgelegt des schwachen Leibes Kleid Und in das Totenbuch der großen Sterblichkeit Längst eingeschrieben sind, sind uns aus Sinn und Herzen.
Gleich wie ein eitel Traum leicht aus der Acht hinfällt Und wie ein Strom verscheußt, den keine Macht aufhält, So muss auch unser Nam, Lob, Ehr und Ruhm verschwinden.
Was itzund Atem holt, muss mit der Luft entfliehn, Was nach uns kommen wird, wird uns ins Grab nachziehn. Was sag ich? Wir vergehn, wie Rauch von starken Winden.
[Andreas Gryphius 1616 - 1664] .
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:-)) Heidi
antwortete am 14.01.01 (19:11):
Ein süßes Lied!
Hör doch! Die Nachtigall singt vor ihrem süßen Lied Trauer und Sorge flieht
Sieh doch! der Mond scheint hell sein goldener Schein dringt ins Herz hinein
Lach doch! statt grübeln und sorgen das Leben ist schön - bevor wir gehn
hl
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Sylvia
antwortete am 14.01.01 (21:49):
Mond Pfannkuchengesicht am Nachthimmel es ist gut dass du grösser bist als es scheint
Sonst hätten sie dich längst heruntergeholt dich wissenschaftlich seziert analysiert und definiert
So aber müssen sie sich hinaufbemühn
Und wir dürfen weiter aufsehn zu dir sehnsüchtig seufzen und innerlich heulen wie die Wölfe
svr
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Heidi
antwortete am 15.01.01 (09:03):
Wie sich auch die Zeit will wenden, enden Will sich nimmer doch die Ferne, Freude mag der Mai mir spenden, senden Möcht' Dir alles gerne, weil ich Freude mir erlerne, Wenn Du mit gefaltnen Händen Freudig hebst der Augen Sterne.
Alle Blumen mich nicht grüßen, süßen Gruß nehm' ich von Deinem Munde. Was nicht blühet Dir zu Füßen, büßen Muß es bald zur Stunde, eher ich auch nicht gesunde, Bis Du mir mit frohen Küssen Bringest meines Frühlings Kunde.
Wenn die Abendlüfte wehen, sehen Mich die lieben Vöglein kleine Traurig an der Linde stehen, spähen Wen ich wohl so ernstlich meine, daß ich helle Tränen weine, Wollen auch nicht schlafen gehen, Denn sonst wär' ich ganz alleine.
Vöglein euch mag's nicht gelingen, klingen Darf es nur von ihrem Sange, Wie des Maies Wonneschlingen, singen Alles ein in neuem Zwange; aber daß ich Dein verlange Und Du mein, mußt Du auch singen, Ach das ist schon ewig lange.
Clemens Brentano
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Herbertkarl Hüther
antwortete am 15.01.01 (09:19):
Östliches Taglied
Ist dieses Bette nicht wie eine Küste, ein Küstenstreifen nur, darauf wir liegen? Nichts ist gewiß als deine hohen Brüste, die mein Gefühl in Schwindeln überstiegen.
Denn diese Nacht, in der so vieles schrie, in der sich Tiere rufen und zerreißen, ist sie uns nicht entsetzlich fremd? Und wie: was draußen langsam anhebt, Tag geheißen, ist das uns denn verständlicher als sie?
Man müßte so sich ineinanderlegen wie Blütenblätter um die Staubgefäße: so sehr ist überall das Ungemäße und häuft sich an und stürzt sich uns entgegen.
Doch während wir uns aneinanderdrücken, um nicht zu sehen, wie es ringsum naht, kann es aus dir, kann es aus mir sich zücken: denn unsre Seelen leben von Verrat.
Rainer Maria Rilke
Geboren 04.12.1875 in Prag. Er starb am 29.12.1926 im Sanatorium Val-Mont bei Montreux an Leukämie.
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Heidi
antwortete am 15.01.01 (09:27):
Ich warf mich auf die Meer-Klippen. In die Schäume der Träume. Da überraschten mich die Albatrosse. Herz brach auf. Und Seele weinte.
Sie deckten kühle Schwingen über mein Haupt. An den Fieber-Händen rieben Schnäbel. Freie Meer-Herzen pochten in meine Innen-Wüste. Die Albatrosse klangen:sangen:
In einem frühen Leben war über Meere hin dein Schweben. Unser Bruder du auf starken Schwingen, du mochtest in die wildesten Schäume dringen. Stürme konnten nie dich zwingen.
Zu deinen Wogen, zu deinen freien Meeren wirst du, Bruder, einstmals wiederkehren. Wirst das große Schwebe-Glück vermehren. Wirst uns deine Schwebe-Seele lehren.
Alfred Mombert
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Sieghard
antwortete am 15.01.01 (12:24):
e.v.w., hl, hkh., svr, fs. kNs, etc. und alle, besonders webmaster:
und heiter weiter ihr Lieben wann kommt Gedichte sieben [7, VII] das Laden bei Gedichte VI braucht so lang, verhext .
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