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THEMA:   Rätseltext: Der Schriftsteller

 5 Antwort(en).

iustitia begann die Diskussion am 15.10.03 (10:50) mit folgendem Beitrag:

Der Autor konnte den Text erst nach 45 veröffentlichen:

Anonymus: DER SCHRIFTSTELLER

Der Schriftsteller muß dem Haus, an dem alle bauen, den Na-men geben. Auch den verschiedenen Räumen. Er muß das Kran-kenzimmer «Das traurige Zimmer» nennen, die Dachkammer «Das windige» und den Keller «Das düstere». Er darf den Keller nicht «Das schöne Zimmer» nennen.
Wenn man ihm keinen Bleistift gibt, muß er verzweifeln vor Qual. Er muß versuchen, mit dem Löffelstiel an die Wand zu rit-zen. Wie im Gefängnis: Dies ist ein häßliches Loch. Wenn er das nicht tut in seiner Not, ist er nicht echt. Man sollte ihn zu den Straßenkehrern schicken.
Wenn man seine Briefe in anderen Häusern liest, muß man wis-sen. Aha. Ja. So also sind sie in jenem Haus. Es ist egal, ob er groß oder klein schreibt. Aber er muß leserlich schreiben. Er darf in dem Haus die Dachkammer bewohnen. Dort hat man die toll-sten Aussichten. Toll, das ist schön und grausig. Es ist einsam da oben. Und es ist da am kältesten und am heißesten.
Wenn der Steinhauer Wilhelm Schröder den Schriftsteller in der Dachkammer besucht, kann ihm womöglich schwindelig werden.
Darauf darf der Schriftsteller keine Rücksicht nehmen. Herr Schröder muß sich an die Höhe gewöhnen. Sie wird ihm gut tun.
Nachts darf der Schriftsteller die Sterne begucken. Aber wehe ihm, wenn er nicht fühlt, daß sein Haus in Gefahr ist. Dann muß er posaunen, bis ihm die Lungen platzen!
*
Zu seiner Soldatenzeit hatte der Dichter mal einen Politiker parodiert, hinkend vor seinen Kameraden:

Das "Gericht der Wehrmachtkommandantur Berlin" machte daraus ein Verfahren: Berlin, den 3. 1. 1944. St. L. X 2661 / 43 - und hielt in der Anklage den Witz fest, den ein "Kamerad" angezeigt hatte:

«Das Deutsche Volk kann ruhig sein, Lügen haben kurze Beine, aber es ist meinem Orthopäden gelungen, mein rechtes Bein auf die normale Länge zu bringen, Volksgenossen und Volksgenossinnen, unsere Führung hat euch luftige und helle Wohnungen versprochen, wir haben unser Versprechen gehalten, die Wohnungen habt ihr jetzt; der deutsche Soldat wird kämpfen bis zur letzten Patrone, dann wird er das große Laufen kriegen, Ihr werdet erlauben, daß ich schon jetzt vorauslaufe, da ich am Gehen behindert hin.»
*
P.S.: Der in der Parabel benannte Schröder ist nicht unser Agenda-Schröder. Oder doch, gerade...?


pilli antwortete am 15.10.03 (10:59):

na...:-)

wer wars denn noch mal...mmmhhh...antonuis oder antonia oder mmmhhh...na...muß doch noch mal nachdenken?

:-)


dirgni antwortete am 15.10.03 (12:33):

Hallo iustitia,

das Drama des Autors "Draußen vor der Tür" ist wohl bekannter.


Medea. antwortete am 15.10.03 (13:08):

Mir kam zwar auch W. B. in den Sinn .....
aber ich kenne seine anderen schriftstellerischen Werke nicht ....


mart antwortete am 15.10.03 (19:58):

Hurra gefunden, eindeutig - dank Internet - Wolfgang Borchert!

Internet-Tipp: https://www.kreidestriche.de/onmerz/pdf-docs/borchert_schriftsteller.pdf


iustitia antwortete am 16.10.03 (00:01):

Okay, okay, es war natürlich Wolfgang B.!
*
Den neuen Rätseltext habe ICH im Internet nicht gefunden. Vielleicht ist jemand ja cleverer!