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THEMA:   Susan Sontag - wer ist das eigentlich?

 2 Antwort(en).

tiramisusi begann die Diskussion am 13.10.03 (11:30) mit folgendem Beitrag:

Quelle: swr.de
Scharfe Analysen, provozierende Thesen: Dafür ist Susan Sontag berühmt. Die Schriftstellerin wird gern "Amerikas öffentliches Gewissen" genannt, weil sie sich immer wieder in die Politik einmischt. An diesem Sonntag ist sie in Frankfurt mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet worden. Ende Juni war die 70-jährige Star-Autorin zu Gast in Tübingen, um in einer Reihe von Vorlesungen die Seite von sich zu zeigen, die ihr persönlich viel wichtiger ist: Die Romanautorin und Leserin, deren Liebe der europäischen Literatur gehört.

Sie kam direkt von einem Besuch in Sarajewo und eilte zum Hölderlinturm, fünf Minuten nach ihrer Ankunft in Tübingen. Politik und Poesie sind einfach nicht zu trennen im Leben von Susan Sontag, auch wenn sie noch so oft betont, dass sie lieber Romane schreiben möchte und keine Essays mehr. Dass sie eigentlich keine politischen Kommentare mehr abgeben möchte, sondern lesen, schreiben, inszenieren, ins Kino gehen und reisen:

"Ich habe wahrscheinlich ein überentwickeltes Gewissen, weil ich immer meine, es sei meine Pflicht, mich an öffentlichen Diskussionen über Politik und Kultur zu beteiligen", erklärt sie. "Ich würde mir wirklich wünschen, nicht ständig politische Kommentare abgeben zu müssen. Aber wir erleben gerade eine so radikale Wende in den USA und es gibt so wenig öffentliche Kritik, dass ich mich immer wieder aufgerufen fühle, mich zu äußern."

Und sich einzumischen: "Das Leiden anderer betrachten (Regarding the pain of others)" heißt Susan Sontags neues Buch, das Anfang August auf Deutsch erscheint. Wieder ist es ein Essay geworden - das Thema: Kriegsfotografie.
Der ganze Artikel ist unter dem ganz unten angegebenen Link nachzulesen.

Hier einige Text-Leseproben aus dem Netz:
Susan Sontag über Amerikas Selbstbetrug
gelesen in der American Academy, Berlin, am 13.09.2001
https://sontag.4t.com/

Poetik-Dozentin im Sommer 2003 an der Uni Thübingen
https://www.uni-tuebingen.de/Poetik-Dozentur/sontag/sontag_1.html

Internet-Tipp: https://www.swr.de/thema/archiv/030627_sontag/print.html


Medea. antwortete am 13.10.03 (13:56):

Susan Sontag nannte den Präsidenten Bush nach den Attentaten des 11. September 2001, einen "robotic president", der nur Phrasen dresche - das trug ihr den Vorwurf der unpatriotischen Hetze ein. Sie ist eine Frau, die kräftig austeilen kann, sie prangert an, ihr jüngstes Buch heißt "Das Leiden anderer betrachten". Ihr Kampfplatz ist die Sprache.
Den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels hat ihr die Jury auch deswegen verliehen, weil sie "in einer Welt der gefälschten Bilder und der verstümmelten Wahrheiten ....
für die Würde des freien Denkens" eintrete.


rachel antwortete am 14.10.03 (08:38):

Susan Sontag ist nicht in erster Linie Botschafterin zwischen den Kontinenten. Sie sagt selbst auch, dass sie nicht das personifizierte amerikanische Gewissen sei. Sie ist keine Vorzeige-Intellektuelle. Sie selbst bezeichnet sich als *Geschichtenerzählerin*. Die 70-jährige tauscht gern ihren Schreibtisch in Manhattan gegen die Kriegsschauplätze ein, um sich selbst ein Bild zu machen.
1968 ging sie während des Vietnam-Krieges nach Hanoi, lebte lange Zeit in Sarajewo. Sie ist immer auf der Suche nach der Wahrheit. Zähneknirschend waren ihre Äußerungen zum 11. September. Ihre Kritik dazu brachten ihr Morddrohungen ein.
Sie schreibt, weil für sie Literatur Freiheit bedeutet. "Schriftstellerin zu sein, ist die einzige Autorität, die ich habe" erklärte sie in ihrer Dankesrede ganz bescheiden.