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THEMA: Gedichte Kapitel 30
93 Antwort(en).
forum-admin
begann die Diskussion am 16.05.03 (21:56) mit folgendem Beitrag:
Ein neues Kapitel für die Gedichte.
Kapitel 29 wird archiviert und kann unter
/seniorentreff/de/diskussion/archiv4/a437.html
nachgelesen werden.
Die Mailliste wird, wie immer, übertragen.
Internet-Tipp: /seniorentreff/de/diskussion/archiv4/a437.html
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sieghard
antwortete am 17.05.03 (14:27):
Wolfgang Bauer
Er ging die Straße entlang bis zur Haustür. Er öffnete die Haustür und verschwand im Haus. Im Haus machte er Licht und lief die Treppe empor. Bei Nr. 10 hielt er und klingelte mehrmals. Seine Frau öffnete die Wohnungstür und ließ ihn eintreten. Das Nachtmahl stand auf dem Tisch und zwar gab es Eierspeis mit Salat. Um elf löschte er das Licht und begab sich mit ihr zu Bett. Im Bett puderten sie noch eine Zeit lang, dann entschliefen sie und erwachten zugleich um 7 Uhr als der Wecker schellte. .
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hl
antwortete am 17.05.03 (14:59):
Novalis (Freiherr Friedrich Leopold von Hardenberg)
*2.Mai 1772 in Gut Oberwiederstedt bei Mansfeld/Harz, +25.März 1801 in Weißenfels
Sehnsucht nach Entgrenzung und unerreichbare Ferne
Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren
Sind Schlüssel aller Kreaturen,
Wenn die, so singen oder küssen,
Mehr als die Tiefgelehrten wissen,
Wenn sich die Welt ins freie Leben,
Und in die Welt wird zurück begeben,
Wenn dann sich wieder Licht und Schatten
Zu echter Klarheit werden gatten,
Und man in Märchen und Gedichten
Erkennt die ew`gen Weltgeschichten,
Dann fliegt vor Einem geheimen Wort
Das ganze verkehrte Wesen fort.
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hl
antwortete am 17.05.03 (15:02):
William Wordsworth
*1770, +1850
Sonett
Die Welt umgarnt uns rastlos; früh und spät, Gebend und nehmend - unsere Kräfte hausen Verschwenderisch: Du, Erde, nur bleibst draußen. Wir haben unser Herz verkauft, verschmäht!
Dies Meer, das seinen Leib dem Mond verrät, Die Winde, die nun Stund um Stunde brausen, Nun, schlafende Blumen, unbeweglich hausen -, Wie all dies unserm Aug und Ohr entgeht!
Es rührt uns nicht. - O Himmel! lieber wär Ich Heide, tränk an alten Glaubens Born: Ich fühlte mich vor dieser Dühnenwehr
Auf Augenblicke weniger verlorn - Säh Proteus jählings steigen aus dem Meer, Hört Triton blasen sein bekränztes Horn.
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hl
antwortete am 17.05.03 (15:06):
Abdülhak Hamid
*1852 in Istanbul/Türkei, +1937
Was ist die Allmacht...
Was ist die Allmacht für einen Dichter! Auch die Werke, die sie hinstreut, dichten! Aue,Meer, Bergland und Frühlingsmorgen: Ein Dichter muss werden, wer hier geboren ist.
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Erika Kalkert
antwortete am 18.05.03 (18:52):
Frühlingsnacht
So selge Stille traf ich nie! Kaum lispelt's in den Zweigen, als hätten ein Geheimnis sie den Menschen zu verschweigen.
Kaum plätschert noch die Welle fort, kaum knospet's in den Hecken, als gelte es, die Sterne dort am Himmel nicht zu wecken.
Die guten Geister senken sich auf ihren Strahlen nieder, und bringen, die bei Tag entwich, die Ruh den Träumen wieder.
Mein Schifflein treibt im Sturm allein, und niemand will es retten; so müd dies Haupt, schläft's doch nicht ein, ich muß es tiefer betten.
Georg Herwegh (1818 in Stuttgart geboren, 1875 in Baden-Baden verstorben)
Gedicht der Woche der Rhein-Zeitung
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sieghard
antwortete am 22.05.03 (12:34):
Ludwig Uhland
Einkehr
Bei einem Wirte, wundermild; da war ich jüngst zu Gaste; ein goldner Apfel war sein Schild an einem langen Aste.
Es war der gute Apfelbaum, bei dem ich eingekehret; mit süßer Kost und frischem Schaum hat er mich wohl genähret.
Es kamen in sein grünes Haus viel leichtbeschwingte Gäste; sie sprangen frei und hielten Schmaus und sangen auf das beste.
Ich fand ein Bett zu süßer Ruh auf weichen, grünen Matten; der Wirt, er deckte selbst mich zu mit seinem kühlen Schatten.
Nun fragt' ich nach der Schuldigkeit, da schüttelt' er den Wipfel. Gesegnet sei er allezeit von der Wurzel bis zum Gipfel! .
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sieghard
antwortete am 23.05.03 (18:11):
Ludwig Uhland
Schwäbische Kunde
Als Kaiser Rotbart lobesam Zum heil'gen Land gezogen kam, Da musst' er mit dem frommen Heer Durch ein Gebirge, wüst und leer. Daselbst erhub sich große Not, Viel Steine gab's und wenig Brot, Und mancher deutsche Reitersmann Hat dort den Trunk sich abgetan. Den Pferden war's so schwach im Magen,
Fast musste der Reiter die Mähre tragen. Nun war ein Herr aus Schwabenland, Von hohem Wuchs und starker Hand, Des Rösslein war so krank und schwach, Er zog es nur am Zaume nach,
Er hätt es nimmer aufgegeben Und kostet's ihn das eigne Leben. So blieb er bald ein gutes Stück Hinter dem Heereszug zurück; Da sprengten plötzlich in die Quer
Fünfzig türkische Reiter daher, Die huben an, auf ihn zu schießen, Nach ihm zu werfen mit den Spießen. Der wackre Schwabe forcht sich nit, Ging seines Weges Schritt vor Schritt, Ließ sich den Schild mit Pfeilen spicken Und tät nur spöttlich um sich blicken, Bis einer, dem die Zeit zu lang, Auf ihn den krummen Säbel schwang. Da wallt dem Deutschen auch sein Blut, Er trifft des Türken Pferd so gut, Er haut ihm ab mit einem Streich Die beiden Vorderfüß zugleich. Als er das Tier zu Fall gebracht, Da fasst er erst sein Schwert mit Macht,
Er schwingt es auf des Reiters Kopf, Haut durch bis auf den Sattelknopf, Haut auch den Sattel noch zu Stücken Und tief noch in des Pferdes Rücken; Zur Rechten sieht man wie zur Linken Einen halben Türken heruntersinken. Da packt die andern kalter Graus, Sie fliehen in alle Welt hinaus, Und jedem ist's, als würd ihm mitten Durch Kopf und Leib hindurchgeschnitten.
Drauf kam des Wegs 'ne Christenschar, Die auch zurückgeblieben war; Die sahen nun mit gutem Bedacht, Was Arbeit unser Held gemacht. Von denen hat's der Kaiser vernommen. Der ließ den Schwaben vor sich kommen, Er sprach: "Sag an, mein Ritter wert! Wer hat dich solche Streich gelehrt?" Der Held bedacht sich nicht zu lang: "Die Streiche sind bei uns im Schwang, Sie sind bekannt im ganzen Reiche, Man nennt sie halt nur Schwabenstreiche." .
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Medea.
antwortete am 23.05.03 (20:47):
Hallo Sieghard, kennst Du zufällig Siegi?
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Rosmarie
antwortete am 25.05.03 (07:51):
Sieghard, das Türkenstreich-Uhland-Gedicht fand ich als Kind köstlich-übertrieben und lustig, heute empfinde ich es seiner Tendenz wegen nur noch als geschmacklos - Uhland hin oder her. Und es hier kommentarlos einzusetzen, finde ich noch geschmackloser!
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Richard (alias burlala)
antwortete am 25.05.03 (09:40):
Sieghard hat ja manchmal an nette Gedichte erinnert, aber hier bin völlig auf deiner Seite Rosmarie. seid gegrüßt von Richard
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Richard (alias burlala)
antwortete am 25.05.03 (10:11):
Ich möchte einmal an eine Dichterin erinnern, die von vielen Lexika als naive bäuerliche Dichterin abgetan wird. Ein Gedicht von ihr über ein Inseldorf auf Föhr: Witsum
Stine Andresen 1849 - 1927
Witsum, fern am Inselstrande, kleines, stilles Dörfchen du, mit dem Schilfrand am Gewande, sei gegrüßt in deiner Ruh'!
Kommst mir immer wie ein sinnend, scheues Friesenmägdlein vor, das, an seinen Träumen spinnend, sich in Einsamkeit verlor.
Das sich aus dem bunten Kreise der Gespielen hat entfernt, das auf eigne stille Weise aus dem Buch der Schöpfung lernt.
Wie ein Kind, das an der Schwelle seiner Heimat lauschend sitzt, unbekümmert ob die Welle seines Kleides Saum bespritzt.
Unbekümmert ob die Locken aufgelöst im Winde weh'n und des Meergischts weiße Flocken auf der Wange ihm zergeh'n.
Mit den tück'schen Wasserfrauen, die an ihre Brust dich zieh'n, spielst du ohne Furcht und Grauen, weißt zur rechten Zeit zu flieh'n.
Und so ruhst du am Gestade friedlich schon jahrein, jahraus, mit dem Fuß im Wasserbade, mit dem Haupt in Sturm und Braus.
Tauchst dein Blick in blaue Weiten, leihst dein Ohr dem Wogensang, siehst die Schiffe meerwärts gleiten, deutest nachts der Sterne Gang.
Bin schon oft dein Gast gewesen, durfte ruh'n auf deiner Flur, ungestört bei dir zu lesen in dem Buche der Natur.
Stunden waren's heil'ger Feier, die ich dort hab' zugebracht, mir vom Auge sank der Schleier und ich sah der Bilder Pracht.
Sah die Schrift, die Gold umsäumte, die der Gottheit Finger schrieb, Witsum, einsame, verträumte, Friesenmaid, ich hab' dich lieb.
Segnest Jeden, der vom lauten Markt des Lebens sich befreit, sei gegrüßt ind deiner trauten Gott geweihten Einsamkeit.
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Das war eine Frau, ohne höhere Schulbildung, die sich autodidaktisch durch Literatur weiterildete und sogar viermal den Hebbel-Preis verliehen bekam.
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sieghard
antwortete am 25.05.03 (11:09):
Liebe GedichtfreundInnen! Die letzten Einträge hier ermuntern mich, folgende Mail, die aufgrund ähnlicher Impulse gestern an eine TN ging, zu ver- öffentlichen: [ausnahmsweise, denn das ist kein Diskus- sionsforum]
Nun der Uhland. Jedenfalls hättest du ein anderes Gedicht von ihm eingestellt. Aber ich nicht. Was kann mich dazu bewogen haben?
Damals musste es auswendig aufgesagt werden, vor der Klasse, versteht sich. Und gut betont, dass dieser wackere Schwabe nicht nur das Reittier, sondern auch den Reiter, also den Türken, tödlich traf. Und wie anschaulich das geschildert wird! Und gelobt wurde nur, wer das auch gut und richtig betonte! Der Inhalt mit seiner Grausamkeit stand mit keiner Silbe zur Diskussion. Wieso mir das jetzt einfiel? Das Thema Irak ist noch lange nicht abgeschlossen, dasjenige der Schoah erst recht nicht. Wenn unbedarft, aber möglicherweise auch mit hinterhältigem Bedacht, solches durch die Jahrhunderte gelehrt und gelernt wird, ist es klar, dass auch heute Fremdenhass sehr weit oben steht und dass Ausbeutung zu Gunsten der "1." Welt fraglos gilt. Wenn man nur mal an die Beschlagnahme des irakischen Öles denkt und vor allem die Begründungen dafür. Sicher kommt im Gedichte-30-Forum mancher auch auf diese Gedanken? Aber wer äußert so etwas schon! Ist es doch mehr eine Art angenehmer Freizeitgestaltung, das Gedichteforum. Der Schwabenstreich sagt mir also nicht zu: gerade das Gegen- teil ist der Fall, und es hat wenigstens dich zu fragen ermuntert.
Den siggie kenne ich nicht. Hätte nachgefragt, aber die E-Mail- Adresse war nicht angegeben. .
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dela
antwortete am 25.05.03 (11:31):
...und auch nur ausnahmsweise hier einen auszug aus meiner antwortmail:
deine sachliche info hat mir ein erleichtertes aufatmen entlockt. ich schrieb dir frueher einmal, dass ich im forum ohne namensangabe schon wissen wuerde, welche lyrik du dort eingestellt hast. und der richard hat recht, du bringst uns die gedichte wieder naeher, die wir aus der schulzeit kennen und lieben....danke.
natuerlich sind wir uns einig, die amerikaner haben nicht nur die absicht gehabt, freiheit und demokratie in den irak zu tragen. nur dem kleinsten braunen anstrich moechte ich hier paroli bieten, indem ich fragen stelle.
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dela
antwortete am 25.05.03 (13:22):
....und diese ballade ist uns sicherlich weniger bekannt?
Lob der edlen Musika Ein lustiger Musikante marschierte einst am Nil, da kroch aus dem Wasser ein großer Krokodil. Der wollt ihn gar verschlucken, wer weiß, wie das geschah? Juchheirasa, o tempora! Gelobet seist du jederzeit, Frau Musika!
Da nahm der Musikante seine alte Geige und tät mit seinem Bogen fein darüber streichen, allegro, dolce, presto, wer weiß, wie das geschah? Juchheirasa, o tempora! Gelobet seist du jederzeit, Frau Musika!
Und wie der Musikante den ersten Streich getan, da fing der Krokodile gar schön zu tanzen an, Menuett, Galopp und Walzer, wer weiß, wie das geschah? Juchheirasa, o tempora! Gelobet seist du jederzeit, Frau Musika!
Er tanzte wohl im Sande im Kreise herum und tanzte sieben alte Pyramiden um, denn die sind lange wacklicht, wer weiß, wie das geschah? Juchheirasa, o tempora! Gelobet seist du jederzeit, Frau Musika!
Und als die Pyramiden das Teufelsvieh erschlagen, da ging er in ein Wirtshaus und sorgt´ für seinen Magen, Tokayerwein, Burgunderwein, wer weiß, wie dies geschah? Juchheirasa, o tempora! Gelobet seist du jederzeit, Frau Musika! Emanuel Geibel
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Koloman Stumpfögger
antwortete am 25.05.03 (15:36):
Ludwig Uhland-Diskussion
Was ist das, leicht so hingesagt, Fremdenhaß? Ist der Kontrast dazu Eigenliebe? Oder ist es dies: Was wissen wir von uns, was von den anderen?
Ich war noch nie im Irak, Vom denken des Koran und derer, die ihn leben, weiß ich im Vergleich zum alten Testament (davon nicht viel), fast nix.
In Ravensburg gibt es eine Moschee. Ich war noch nie drinnen, sah nur Kinder davor spielen. Hörte sie singen in einer mir unbekannten Sprache.
Ich bitte um Entschuldigung für mir mein (eigentliches Nicht-) Mitmischen, aber mich selbst fragen wollen.
Koloman
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Rosmarie
antwortete am 25.05.03 (17:34):
Hallo Sieghard,
soso. Erlebst du das schweigende Forum hier als eine Klasse Zwölfjähriger, die den Bemühungen ihres Lehrers zuviel Stumpfheit entgegenbringt? Müssen wir von oben, d.h. von dir, also von der kompetenten und sehenden Seite her, wachgerüttelt werden? Weißt du, ich bin 57 und habe durchaus noch andere Interessen, als auf alles einzugehen, was so gepostet wird. Außerdem habe ich - wie alle hier - noch ein Realleben. Jemanden, der meine kritische Wachheit püfen will, brauche ich wirklich nicht. Sätze von dir wie "...und es hat wenigstens dich zu fragen ermuntert" empfinde ich als herablassend gönnerhaft.
Danke, Koloman, für deinen vielschichtigen Text!
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hl
antwortete am 27.05.03 (10:56):
Frühlingsgefühle
Gänseblümchen, Krokus rot, Vögel zwitschern Lieder, immer wieder
Bomben fallen, Menschen tot, Duft von weissem Flieder, immer wieder
Sonnengold auf Frühlingsgrün, Schmerz, zerfetzter Glieder, immer wieder
Rotes Blut auf gelbem Sand, blauer Himmel darüber, immer wieder
Stacheldraht und Carepaket, gebracht vom fremden Sieger, immer wieder
Kriegsgetöse, Frühling erwacht, Friedensruf gegen Hohn der Macht, immer wieder
ach, wie schön ist unsre Welt, es riecht nach Blumen, Blut und Geld, immer wieder, immer wieder..
hl
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hl
antwortete am 27.05.03 (11:20):
Friedrich Ludwig Uhland,
Dichter, Literaturwissenschaftler und politischer Kopf, wird 1787 in Tübingen geboren. Schon während des Jurastudiums in seiner Heimatstadt beschäftigt er sich in einem Kreis Gleichgesinnter mit «altdeutscher» Literatur und Volkspoesie. Ein Aufenthalt in Paris nach seiner juristischen Promotion gibt ihm 1810 Gelegenheit zu intensiven Studien der altfranzösischen Epik. 1814 läßt er sich als Rechtsanwalt in Stuttgart nieder. Er greift aktiv in den württembergischen Verfassungsstreit ein und wird 1819 freisinniger Abgeordneter im württembergischen Landtag. 1829 erhält er eine Professur für deutsche Sprache und Literatur an der Universität Tübingen. Diese legt er nach Auseinandersetzungen mit der Regierung 1833 nieder. 1848 sitzt er als Konstitutionalist auf der Linken der Frankfurter Nationalversammlung und setzt sich 1849 öffentlich für die von Erschießung bedrohten badischen Revolutionäre ein. Den preussischen Orden «Pour-le-mérite», den ihm 1853 Alexander von Humboldt anträgt, und den bayrischen Maximiliansorden lehnt er mit dem Hinweis auf die Opfer staatlicher Repression ab. Er stirbt 1862 in Tübingen. Nach seinem Tod wird der unerschrockene Demokrat mehr und mehr von chauvinistischen Kreisen vereinnahmt und diskreditiert.
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hl
antwortete am 27.05.03 (11:34):
eine weitere Kurzbiographie :-)
Ludwig Uhland (1787 - 1862)
Lyriker, Politiker, Demokrat
In schwäbischen Schulen gehörten die Gedichte, Balladen und Lieder von Ludwig Uhland zum Allgemeingut, darunter jene blutrünstige Stelle aus "Schwäbische Kunde" ("Als Kaiser Rotbart lobesam / zum Heil’gen Land gezogen kam"), die die Jugend in den Schulbänken erschaudern ließ:
"Zur Rechten sieht man, wie zur Linken,
Einen halben Türken heruntersinken".
- "Schwabenstreich" nannte sich jener Schwerthieb.
Vieles aus Uhlands Werk ist bis heute populär, da auch vertont, denkt man an sein Gedicht "Der gute Kamerad" ("Ich hatt’ einen Kameraden..."), "Es zogen drei Bursche wohl über den Rhein" und das traurige "Die Kapelle" ("Droben stehet die Kapelle..."). Einerseits romantischer Lyriker, galt der Schwabe zudem als Wegbereiter des politischen Gedichts im Vormärz, war er doch als Politiker sehr beliebt.
Grillparzer sprach von ihm als "der letzte deutsche Dichter", Hebbel als "der erste Dichter der Gegenwart". Die 1815 erstmals erschienenen "Gedichte" von Uhland erreichten bis 1875 60 Auflagen, das entsprach über 200 000 Exemplaren. Damit war Uhland neben Heine der populärste Lyriker jener Zeit.
Am 26.April 1787 in Tübingen am Neckar geboren, verfasste Ludwig Uhland seit um 1800 erste Gedichte, die erstmals 1807 publiziert wurden. Der promovierte Jurist arbeitete ab 1814 als Advokat in Stuttgart. 1818 wurde der Schwabe Mitglied der "Berlinischen Gesellschaft für deutsche Sprache", 1819 als Abgeordneter des Oberamtes Tübingen in die verfassungsgebende Versammlung der württembergischen Landstände gewählt; bis 1826 bleibt er Landtagsabgeordneter.
Für Griechenland, für Polen
Politisch war Uhland auch im Stuttgarter Griechenverein aktiv, der den griechischen Freiheitskampf gegen die osmanische Besatzung unterstützte. Engagiert hat er sich später für das polnische Volk, dessen Aufstand gegen die russische Herrschaft gescheitert war.
1829 erhält der Jurist und Schriftsteller, der u.a. die Erstausgabe der Gedichte von Hölderlin besorgt hat, eine außerordentliche Professur für deutsche Sprache und Literatur an der Universität Tübingen. Der spätere Privatgelehrte wird 1845 Ehrendoktor der Universität und korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Berlin, beteiligt sich im Jahr darauf am ersten deutschen Germanistenkongreß in Frankfurt/M.
Neben Hölderlin gehören zu seinen Freunden und Bekannten Kerner, Hebel, Schwab, Jean Paul, Hoffmann von Fallersleben, Mörike, Annette von Droste-Hülshoff und die Gebrüder Grimm.
Paulskirchen-Abgeordneter
Als die Regierung 1833 den Landtag wegen oppositioneller Tendenzen auflöst, ist Uhland als Stuttgarter Abgeordneter betroffen. Im Revolutionsjahr 1848 lehnt er das Angebot, württembergischer Innenminister zu werden, ab. Uhland ist Abgeordneter im ersten gesamtdeutschen Parlament in der Frankfurter Paulskirche, wo er seine Rede gegen das Erbkaisertum hält; politisch wird er dem linken Zentrum zugerechnet. Nach dem Scheitern der Revolution lehnt er aus politischen Gründen hohe Auszeichnungen wie den "Pour le mérite" und den Maximiliansorden ab.
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Medea.
antwortete am 27.05.03 (12:53):
Danke hl für den umfassenden Lebenslauf von Ludwig Uhland. Ich habe mich seit Schülerinnentagen nicht mehr mit ihm beschäftigt - die drei vertonten Gedichte sind mir aber gut bekannt, ich habe sie auch gesungen. "Ich hatt' einen Kameraden" ist wohl auch deshalb besonders bekannt, weil stets bei Umzügen des Schützenvereins Halt vor dem Kriegerdenkmal gemacht wurde und dann spielte die Kapelle das Lied, bevor sich dem fröhlichen Feiern zugewandt wurde. Durch Deinen Beitrag kam eben die Erinnerung daran wieder.
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dela
antwortete am 27.05.03 (13:37):
danke hl! du hast uns mit den biographien ludwig uhland in seiner zeit sehr viel naeher gebracht....eine wichtige, notwendige information.
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hl
antwortete am 27.05.03 (13:41):
Mir ging es genauso, Medea und Dela, deshalb habe ich ein bißchen im www gekramt. :-)
Es ist gut, wenn Gedichte zum Nachdenken anregen. Nicht gut ist es, einzelne Texte zu aktualisieren um sie darauf hin in eine Schublade zu legen. Wenn mir ein Text auf den ersten Blick hin nicht zusagt, versuche ich zu ergründen warum und in welcher Zeit er geschrieben wurde.
lg ..Heidi
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dela
antwortete am 27.05.03 (15:05):
...es gibt jedoch auch die moeglichkeit, einen text zu benutzen. wenn ich dem leser ueberlasse, die zeitlichen hintergruende selbst zu erfragen.- er wird es oft versaeumen.....danke fuer die "ehrenrettung" ludwig uhlands, hl. zum eingestellten text den kommentar, den vermisste ich. fuer mich ist "der sturm im wasserglas" abgeschlossen.
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sieghard
antwortete am 27.05.03 (17:19):
Gottfried August Bürger (1747-1794)
Die Schatzgräber
Ein Winzer, der am Tode lag, Rief seine Kinder an und sprach: "In unserm Weinberg liegt ein Schatz, Grabt nur danach!" - "Auf welchem Platz?" Schrie alles laut den Vater an. "Grabt nur!" - O weh, da starb der Mann!
Kaum war der Alte beigeschafft, So grub man nach aus Leibeskraft. Mit Hacke, Karst und Spaten ward Der Weinberg um und um gescharrt. Da war kein Kloß, der ruhig blieb, Man warf die Erde gar durchs Sieb Und zog die Harken kreuz und quer nach jedem Steinchen hin und her; Allein, da ward kein Schatz verspürt, Und jeder hielt sich angeführt.
Doch kaum erschien das nächste Jahr, So nahm man mit Erstaunen wahr, Daß jede Rebe dreifach trug. Da wurden erst die Söhne klug; Sie gruben nun jahrein, jahraus Des Schatzes immer mehr heraus. .
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dela
antwortete am 27.05.03 (21:28):
Hoffnung
Hoffnung wiegt sich auf dem Aste Meines Herzens; bleibe, raste Noch ein Weilchen in der Laube Meiner Brust, du wilde Taube!
Flügel, wie sein Rad der Pfau Spannt sie, hundertäugig, blau; Duckt sich, schwingt sich auf; es wanken Meines Herzens leichte Ranken.
Ricarda Huch
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hl
antwortete am 28.05.03 (23:00):
Rainer Maria Rilke
Abend
Der Abend wechselt langsam die Gewänder, die ihm ein Rand von alten Bäumen hält; du schaust: und von dir scheiden sich die Länder, ein himmelfahrendes und eins, das fällt; und lassen dich, zu keinem ganz gehörend, nicht ganz so dunkel wie das Haus, das schweigt, nicht ganz so sicher Ewiges beschwörend wie das, was Stern wird jede Nacht und steigt - und lassen dir (unsäglich zu entwirrn) dein Leben bang und riesenhaft und reifend, so daß es, bald begrenzt und bald begreifend, abwechselnd Stein in dir wird und Gestirn.
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hl
antwortete am 28.05.03 (23:02):
Rainer Maria Rilke
Nachthimmel und Sternenfall
Der Himmel, groß, voll herrlicher Verhaltung, in Vorrat Raum, ein Übermaß von Welt. Und wir, zu ferne für die Ausgestaltung, zu nahe für die Abkehr hingestellt. Da fällt ein Stern! Und unser Wunsch an ihn, bestürzten Aufblicks, dringend angeschlossen: Was ist begonnen, und was ist verflossen? Was ist verschuldet? Und was ist verziehn?
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hl
antwortete am 28.05.03 (23:49):
Rainer Maria Rilke
....Wie Vögel, welche sich gewöhnt ans Gehn und immer schwerer werden, wie im Fallen: die Erde saugt aus ihren langen Krallen die mutige Erinnerung von allen den großen Dingen, welche hoch geschehn, und macht sie fast zu Blättern, die sich dicht am Boden halten, - wie Gewächse, die, kaum aufwärts wachsend, in die Erde kriechen, in schwarzen Schollen unlebendig licht und weich und feucht versinken und versiechen, - wie irre Kinder, - wie ein Angesicht in einem Sarg, - wie frohe Hände, welche unschlüssig werden, weil im vollen Kelche sich Dinge spiegeln, die nicht nahe sind, - wie Hilferufe, die im Abendwind begegnen vielen dunklen großen Glocken, - wie Zimmerblumen, die seit Tagen trocken, wie Gassen, die verrufen sind, - wie Locken, darinnen Edelsteine blind geworden sind, - wie Morgen im April vor allen vielen Fenstern des Spitales: die Kranken drängen sich am Saum des Saales und schaun: die Gnade eines frühen Strahles macht alle Gassen frühlinglich und weit; sie sehen nur die helle Herrlichkeit, welche die Häuser jung und lachend macht, und wissen nicht, dass schon die ganze Nacht ein Sturm die Kleider von den Himmeln reißt, ein Sturm von Wassern, wo die Welt noch eist, ein Sturm, der jetzt noch durch die Gassen braust und der den Dingen alle Bürde von ihren Schultern nimmt, - dass Etwas draußen groß ist und ergrimmt, dass draußen die Gewalt geht, eine Faust, die jeden von den Kranken würgen würde inmitten dieses Glanzes, dem sie glauben. -
...... Wie lange Nächte in verwelkten Lauben, die schon zerrissen sind auf allen Seiten und viel zu weit, um noch mit einem Zweiten, den man sehr liebt, zusammen drin zu weinen, - wie nackte Mädchen, kommend über Steine, wie Trunkene in einem Birkenhaine, - wie Worte, welche nichts Bestimmtes meinen und dennoch gehn, ins Ohr hineingehn, weiter ins Hirn und heimlich auf der Nervenleiter durch alle Glieder Sprung um Sprung versuchen, - wie Greise, welche ihr Geschlecht verfluchen und dann versterben, so dass keiner je abwenden könnte das verhängte Weh, wie volle Rosen, künstlich aufgezogen im blauen Treibhaus, wo die Lüfte logen, und dann vom Übermut in großem Bogen hinausgestreut in den verwehten Schnee, - wie eine Erde, die nicht kreisen kann, weil zuviel Tote ihr Gefühl beschweren, wie ein erschlagener verscharrter Mann, dem sich die Hände gegen Wurzeln wehren, - wie eine von den hohen, schlanken, roten Hochsommerblumen, welche unerlöst ganz plötzlich stirbt im Lieblingswind der Wiesen, weil ihre Wurzel unten an Türkisen im Ohrgehänge einer Toten stößt....
Und mancher Tage Stunden waren so. Als formte wer mein Abbild irgendwo, um es mit Nadeln langsam zu misshandeln. Ich spürte jede Spitze seiner Spiele, und war, als ob ein Regen auf mich fiele, in welchem alle Dinge sich verwandeln.
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ianna
antwortete am 29.05.03 (19:21):
Und einmal lös ich in der Dämmerung der Pinien von Schulter und vom Schooß mein dunkles Kleid wie eine Lüge los und tauche in die Sonne bleich und bloß und zeige meinem Meere : ich bin jung.
Dann wird die Brandung sein wie ein Empfang, den mir die Wolken festlich vorbereiten. Und eine jede zittert nach der zweiten, - wie soll ich ganz allein entgegenschreiten; das macht mich bang... Ich weiß: die hellgesellten Wellen weben mir einen Wind; und wenn der erst beginnt, so wird er wieder meine Arme heben -
Rainer Maria Rilke aus: mir zur Feier
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hl
antwortete am 29.05.03 (22:40):
Rainer Maria Rilke
Einmal nahm ich zwischen meine Hände dein Gesicht. Der Mond fiel darauf ein. Unbegreiflichster der Gegenstände unter überfließendem Gewein.
Wie ein williges, das still besteht, beinah war es wie ein Ding zu halten. Und doch war kein Wesen in der kalten Nacht, das mir unendlicher entgeht.
O da strömen wir zu diesen Stellen, drängen in die kleine Oberfläche alle Wellen unsres Herzens, Lust und Schwäche, und wem halten wir sie schließlich hin?
Ach dem Fremden, der uns mißverstanden, ach dem andern, den wir niemals fanden, denen Knechten, die uns banden, Frülingswinden, die damit entschwanden, und der Stille, der Verliererin.
Aus den Gedichten an die Nacht (Nachlaß)
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hl
antwortete am 29.05.03 (22:55):
Schlußstück
Der Tod ist groß. Wir sind die Seinen lachenden Munds. Wenn wir uns mitten im Leben meinen, wagt er zu weinen mitten in uns.
Rainer Maria Rilke
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hl
antwortete am 31.05.03 (23:27):
Erich Fried
Meer
Wenn man ans Meer kommt soll man zu schweigen beginnen bei den letzten Grashalmen soll man den Faden verlieren
und den Salzschaum und das scharfe Zischen des Windes einatmen und ausatmen und wieder einatmen
Wenn man den Sand sägen hört und das Schlurfen der kleinen Steine in langen Wellen soll man aufhören zu sollen und nichts mehr wollen wollen nur Meer
Nur Meer
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hl
antwortete am 31.05.03 (23:28):
Erich Fried
Grenze der Verzweiflung Ich habe Dich so lieb daß ich nicht mehr weiß ob ich Dich so lieb habe oder ob ich mich fürchte
ob ich mich fürchte zu sehen was ohne Dich von meinem Leben noch am Leben bliebe
Wozu mich noch waschen wozu noch gesund werden wollen wozu noch neugierig sein wozu noch schreiben wozu noch helfen wollen wozu aus den Strähnen von Lügen und Greueln noch Wahrheit ausstrählen ohne Dich
Vielleicht doch weil es Dich gibt und weil es noch Menschen wie Du geben wird und das auch ohne mich
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hl
antwortete am 31.05.03 (23:29):
Erich Fried
Morgenstund
Ich sagte: Abends fehlt uns manchmal der Mut zur Wahrheit und zum Kampf für die Welt und für unser Leben. Aber am nächsten Morgen wachen wir auf und haben über Nacht wieder Kraft gewonnen. Beim Erwachen am nächsten Morgen sagte ich: Ich will sterben.
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Antonius
antwortete am 31.05.03 (23:54):
Wilhelm Lehmann: IN SOLOTHURN
Vor hundert Jahren suchte ich die schöne Magelone. Sie liebte mich, ich war ihr gut genug. Vor hundert Jahren, als mein Fuß mich schwebend trug.
Ich bin in Solothurn. Frag ich, ob sie hier wohne? Die weiße Kathedrale fleht den Sommerhimmel an. Auf hoher Treppe sitze ich, ein junggeglühter Mann. Die alten Brunnenheiligen stehn schlank; Die Wasser rauschen, Eichendorff zu Dank.
Hôtel de la Couronne. Mit goldnen Gittern schweifen die Balkone. Ein Auto hielt. War sie's, die in den Sitz sich schwang? Adieu! Dein Reiseschal des Windes Fang.
Die Brunnen rauschen. Ihre Stimme spricht Uns hundert Jahre wieder ins Gedicht: Mich, Peter von Provence, dich, Magelone. (W.L.: Werke. Bd. I. Gedichte. S. 191)
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Erika Kalkert
antwortete am 01.06.03 (09:16):
Juni Nächte (Aus "Dreizehnlinden")
Lieblich sind die Juninächte, wenn des Abendrots Verglimmen und des Morgens frühe Lichter dämmern ineinander schwimmen;
Wenn der Lenz in roten Rosen rasch verblutet und die kleinen Nachtigallen um den Toten ihre letzten Lieder weinen;
Wenn im Kelch der Lindenblüte unterm Blätterbaldachine schläft, gewiegt von lauen Lüften, die verirte müde Biene.
Träumerisch im Nest der Schwalbe zirpt die Brut und zwischert leise von dem großen blauen Himmel und der großen Südlandreise.
Und im Weizen schlägt die Wachtel, jedem Pflüger liebe Laute, liebe Laute all den Körnern, die er fromm der Flur vertraute.
Durch die frisch entsproßnen Ähren, haucht ein Säuseln und ein Singen, als ob holde Himmelsgeister segnend durch die Saaten gingen.
Friedrich Wilhem Weber
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Medea.
antwortete am 01.06.03 (09:29):
Ruhe, Süßliebchen im Schatten der grünen dämmernden Nacht, es säuselt das Gras auf den Matten, es fächelt und kühlt Dich der Schatten, und treue Liebe wacht. Schlafe, schlaf ein, leiser rauschet der Hain - ewig bin ich Dein.
Schweigt, ihr versteckten Gesänge, und stört nicht die süßeste Ruh! Es lauscht der Vögel Gedränge, es ruhen die lauten Gesänge, schließ, Liebchen, dein Auge zu. Schlafe, schlaf ein, im dämmernden Schein - ich will Dein Wächter sein.
Murmelt fort Ihr Melodieen, rausche nur, Du stiller Bach, schöne Liebesphantasieen sprechen in den Melodieen, zarte Träume schwimmen nach. Durch den flüsternden Hain schwärmen goldene Bienelein und summen zum Schlummer Dich ein.
(Schlummerlied für die schöne Magelone gesungen von Peter von Provence) (Ludwig Tieck)
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Antonius
antwortete am 02.06.03 (10:51):
Wilhelm Lehmann schrieb das Gedicht "In Solothurn", nachdem er im Sommer 1948 in der Schweiz zu Besuch gewesen war.
"30. August 1948 Der letzte Tag im Lande Jeremias Gotthelfs. Es bezeugt die Macht der Dichtung, »daß uns die Häuser und Bäume auf dem Schauplatz seines Lebens mehr als andere Häuser und Bäume ergreifen«. Ein sanfter Wind lockert den warmen Augustnachmittag, Die Zweige der Weinreben schwingen sacht. Das seitliche Fenster des Gartenpavillons bekleiden mit grünem Licht die Blätter der Osterluzei. Sie drängt einen Stengel durch den Fensterrahmen zu dem altmodischen Stahlstich an der Wand, der einen zusammengesunkenen Alten zeigt, wie er dem Klavierspiel eines jungen Mädchens lauscht in der »Wonne der Wehmut«. Darunter steht: Les Exilés (Un Air national). Um mein Glas Most schwirren Wespen. Die südliche Tür des Pavillons führt in den Bauerngarten, in dem Basilikum, Bohnenkraut, Thymian ihre Düfte brauen. An der heißen Planke hängt ein Pfirsich von der Art, die man Venusbrust nennt, Die blauen Dolden der Agapanthe, der Liebesblume, als Knospen unter den Riemenblättern verborgen bei meiner Ankunft, blühen jetzt zum Abschiede. In der Märchenstadt Solothurn führt eine großartige, von zwei köstlichen Brunnen flankierte Freitreppe zu der barock-klassizistischen Ursenkathedrale. Den Jurastein, aus dem sie gebaut ist, verwandelt das brennende Mittagslicht in weißen Marmor. Die Brunnen spielen wie in den Versen Eichen-dorffs. Am Hotel de la Couronne am Fuße der Kathedrale. mit vergoldeten Balkongittern, fährt der Reisewagen aus dem »Taugenichts« vor, und ihm entsteigt die schöne Magelone. Ich strich durch den Sommerfrieden. Unter den Bäumen saßen Menschen und schauten ins Land oder lasen. Eine Schulklasse zeichnete eine efeubewachsene Mauer und trieb Possen hinter dem Rücken des Lehrers. (...)" * (W. L.: Gesammelte Werke. Bd. 8. 1999. S. 318) Lehmann war Lehrer (für Biologie und Englisch; Deutscharbeiten wollte er nicht korrigieren müssen in der Schule.) "Osterluzei" ist die "Aristolochia clematitis".
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Medea.
antwortete am 02.06.03 (13:41):
Danke Antonius, daß Du die Tagebuchaufzeichnung Wilhelm Lehmanns vom 30. August 1948 hier eingesetzt hast. So verstehe ich auch viel besser seine Gemütslage, ausgelöst durch den Abschied von Solothurn, die dieses schöne Gedicht entstehen ließ.
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Antonius
antwortete am 03.06.03 (10:35):
Dorothee Sölle: über die auferstehung
sie fragen mich nach der auferstehung sicher sicher gehört habe ich davon dass ein mensch dem tod nicht mehr entgegenrast dass der tod hinter einem sein kann weil vor einem die liebe ist dass die angst hinter einem sein kann die angst verlassen zu bleiben
weil man selber gehört habe ich davon so ganz wird dass nichts da ist das fortgehen könnte für immer
ach fragt mich nicht nach der auferstehung ein märchen aus uralten zeiten das kommt dir schnell aus dem sinn ich höre denen zu die mich austrocknen und klein machen ich richte mich ein auf die langsame gewöhnung ans totsein in der geheizten wohnung den großem stein vor der tür
ach fragt mich nach der auferstehung ach hört nicht auf mich zu fragen * Dorothee Sölle verstarb im 73. Lebensjahr kurz vor dem ersten ökumenischen Kirchentag, am 27. April 2003. * (Nachgedruckt aus der "strassengazette", einer Obdachlosen-Zeitung aus Erlangen, mit folgender Bemerkung: "Kurz vor dem Tode von Regine Hildebrandt (Sozialministerin in Brandenburg) fand ein Gespräch zwischen ihr und Sölle statt. Beide warten sich dabei einig, dem Tod wie dem Leben Würde zu geben. Rein technische Verlängerungen des materiellen Daseins, künstliche Lebensverlängerung, lehnten beide Frauen ab."
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forum-admin
antwortete am 03.06.03 (21:11):
Die Interpretationsanfrage von Schnitte 2002 wurde als neues Thema eröffnet
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hl
antwortete am 04.06.03 (09:49):
Dorothee Sölle
Gebet nach den 90. Psalm
Gott, du bist unsere Heimat von Generation zu Generation. Ehe die Berge wurden und die Meere, ehe unser kleiner blauer Planet, auf dem sich das Leben durch Liebe und Vereinigung ausbreitet, von dir geboren wurde nach langer Schwangerschaft, warst du schon vor allem da und wartetest auf uns. Du läßt Menschen sterben und rufst neue zum Leben: Kommt wieder ihr Kinder von Adam und Eva! Du läßt Kulturen zugrunde gehen, wenn sie sich von dir trennen, und rufst andere ins Leben. Was uns tausendjährig scheint und unauf- hebbar, die blutige Gewalt, ist dir eine kurze Nachtwache. Auch Tyrannen brechen erschöpft zusammen, Wirtschaftskonzerne lösen sich auf, und das Wissen unfehlbarer Parteien wird zum Schnee vom vergangenen Jahr.
Es blühte die Sklaverei und war profitreich, aber am Abend deines Tages war sie verdorrt. Es kletterten die Erträge der Rüstung bis in den Himmel, aber dein Zorn läßt sie zugrunde gehen, und dein Grimm wird den geraubten Wohlstand vernichten. Unsere Ausplünderung der Armen machst du offenkundig, unsere gut verschleierten Verbrechen stellst du ins Licht. So fährt unsere Zeit schnell dahin in Angst vor der Wahrheit, wir verbringen unsere Jahre wie auf einem Drogentrip, der umkippt zum Horror.
Unser Leben hier siebzig Jahre, in andern Ländern werden viele nicht einmal vier. Hier treiben wir's achtzig Jahre und länger, aber die Freude ist schal geworden, es schleppen die Apparate uns weiter.
Wer schenkt dir schon Glauben, armer Gott ohne Atombomben und ohne Banken, und wer fürchtet sich schon, wenn deine Fische sterben? Erinnere uns, daß wir klein sind, kurzfristig hier auf geliehener Erde wohnend! Lehr uns, daß wir sterben müssen, keine Zeit haben für all den Haß, der unsere Tiefflieger aufheulen macht. Lehr uns die Tage zählen, an denen wir an dich denken und dich wieder rufen.
Dreh dein Gesicht zu uns, Gott, komm zu denen die nach dir Ausschau halten. Mach uns satt am Morgen von deinem Licht, daß wir Musik machen und kein Tag ohne Freude sei. Freu uns doch wieder, Gott, nach all den Jahren der Leere im Land der Plünderer, da Blut an unsern Bankpalästen klebt. Bring uns Brot und Rosen mit, Gott, deinen Glanz steck den Kindern ins Haar. Sei hell über uns, mach uns leicht zu kommen und zu gehen und hilf uns deine Welt zu bewahren, und treib das Werk unserer Hände voran, die gute Arbeit der Befreiung.
Luise Schottroff/Dorothee Sölle: Hannas Aufbruch, Aus der Arbeit feministischer Befreiungstheologie: Bibelarbeiten, Meditationen, Gebete, Gütersloh 1990
Internet-Tipp: https://www.gewalt-ueberwinden.de/soelle.htm
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hl
antwortete am 04.06.03 (09:51):
Dorothee Sölle: Geboren 1929 in Köln, studierte Philosophie und alte Sprachen in Köln und Freiburg, sowie Evangelische Theologie und Germanistik in Göttingen und promovierte 1954 über das literaturwissenschaftliche Thema "Untersuchungen zur Struktur der Nachtwachen von Bonaventura". 1968-72 "Politische Nachtgebete" in Köln. 1971 Habilitation an der Philosophischen Fakultät der Universität Köln. 1975-1987 Professorin für Systematische Theologie am Union Theological Seminary in New York, hernach zeitweise Gastprofessorin an der Gesamthochschule Kassel und an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Basel. Dorothee Sölle war verheiratet, hatte vier Kinder und lebte zuletzt als freie Schriftstellerin und Theologin in Hamburg. Sie starb am 27. April 2003. Auszeichnungen: Theodor-Heuss-Medaille (1974), Dr.theol.h.c. der Faculté Protes-tante in Paris, Droste-Preis für Lyrik der Stadt Meersburg (1982), Salzburger Landespreis für Zukunftsfragen (1996).
Zu ihren neueren Veröffentlichungen gehören: Verrückt nach Licht. Gedichte (1984); Gott denken. Einführung in die Theologie (1990); Zivil und Ungehorsam. Gedichte (1990); Es muß doch mehr als alles geben. Nachdenken über Gott (1992); Gott im Müll. Eine andere Ent-deckung Lateinamerikas (1992); Gewalt. Ich kann mich nicht gewöhnen (1994); Gegenwind. Erinnerungen (1995); Zwietracht in Eintracht. Ein Religionsgespräch (mit Fulbert Steffensky, 1996); Den Himmel erden. Eine ökofeministische Annäherung an die Bibel (mit Luise Schot-troff, 1996); Du stilles Geschrei. Mystik und Widerstand
Internet-Tipp: https://www.grupo-sal.de/soelle.html
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hl
antwortete am 04.06.03 (09:57):
Vom baum lernen
der jeden tag neu sommers und winters nichts erklärt niemanden überzeugt nichts herstellt
Einmal
werden die bäume die lehrer sein das wasser wird trinkbar und das lob so leise wie der wind an einem septembermorgen
Dorothee Sölle
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britt
antwortete am 04.06.03 (12:09):
.... Oh - das alles von und über Dorothee Sölle ist ein Geschenk....
.... da wir gerade bei der Theologie/Religion sind - hat jemand noch ein Gedicht von Ernst Thrasolt? Mir gefällt so gut: Gottlieder eines Gläubigen...
Das Dasein Gottes beweisen oder bezweifeln, heißt das Dasein des Daseins beweisen oder bezweifeln.
Jean Paul
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hl
antwortete am 05.06.03 (08:43):
Ernst Thrasolt
Spe’itsummernoaat
Doo leest u leest mett waachen Aaen un doo seeßt zum Fennster eroos enn de Goaad un ent Feld. Sou stell es et emm Hoos, un dabooßen scheint de Moand en de Goaad un en de Welt. Un de Welt es sou weet un se leet sou hell un sou stell, dat käan Aa seech dir zoudoun well. Un doo seehst - un deen Häärz seeht, watt alles sou weet, sou weet dach schunn leet. Seehst deech näaß mett dn Kameroaden beim Spill vir der Kirch, noa der Kirch, vir der Schoul, noa der Schoul, Un seehst dn Vatter dahäam opp seim aalen Wiawstouhl, un seehst n umm Plou oopp Krangels, oopp der Mill. Un noon seehst de n Hoas, seehst n Vuggelnescht, Seehst, we’i daat alles begäat un zerbrecht, Seehst sou vill, sou vill... U wenn es noon noch doa vunn dn Aalen, vunn dn Kameroaden? Denn un de'i - äwwer watt senn se all schunn alt u groa! Oa joa, oa joa! Oa Welt! Sou leest de - unn watt hässt de nett alles gedoat, watt net alles gese'ihn enn äaner äanzigen Noat?! U noon fällt dabooßen en Aapel un noon noch en Aapel eroap un schläat ennen oopp- Watt de Bäam emmer noch tre'in! Un doo hiawst de Koap, steepst deech oopp de Ellenbuggen un de Hänn, emm besser ze se'ihn, Lä deech le’iwer hin u schloaf enn!
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Spätsommernacht
Du liegst und liegst mit wachen Augen und du siehst zum Fenster hinaus in den Garten und ins Feld. So still ist es im Haus, und draußen scheint der Mond in den Garten und in die Welt. Und die Welt ist so weit und sie liegt so hell und so still, daß kein Auge sich dir zutun will. Und du siehst - und dein Herz sieht, was alles so weit, so weit doch schon liegt. Siehst dich wieder mit den Kameraden beim Spiel vor der Kirch (Messfeier), nach der Kirch, vor der Schule (vor Schulbeginn) und nach der Schule (nach Schulschluß), Und siehst den Vater daheim auf seinem alten Webstuhl, und siehst ihn am Pflug auf Krangels, auf der Mühle. (Flurnamen) Und nun siehst du einen Hasen, siehst ein Vogelnest, Siehst, wie das alles vergeht und zerbricht, Siehst so viel, so viel... Und wer ist nun noch da von den Alten, von den Kameraden ? Der und die - aber was sind sie alle schon alt und grau! Oh ja, oh ja ! Oh Welt! So liegst du - und was hast du nicht alles gedacht, was nicht alles gesehn in einer einzigen Nacht?! Und nun fällt draußen ein Apfel herunter und schlägt unten auf– Was die Bäume immer noch tragen! Und du hebst den Kopf, stützest dich auf die Ellenbogen und die Hände, um besser zu sehen, Leg dich lieber hin und schlafe ein!
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hl
antwortete am 05.06.03 (08:45):
Ernst Thrasolt
Oawendfridden
Un de Krompern senn geroaden un de Säck ste'ihen voll un deck änen dicht henner dem annern dorch dat ganze Steck. Un de Kenner broaden Krompern enn hirem Feier un en Flamm hun se, ungeheier, un se schären seech un hollen de Krompern oos de Koollen, un die senn esou doftig un esou weeß bennsenwennig, un esou heeß un se verbrennen seech unn denn Dengern et Mool un de Fengern. Gott Dank ! De Krompern senn geroaden! Un noon loaden se de Säck bes uawenhin op de Woan, en stärken Mann gehiirt doazou se ze hiawen un ze troan. Un de Damp vun dem Fe’er es esou bloa un kemmt esou noa, ma seet koom me’ih de Leit doadrenn. Un all, all Fuuren senn vooll un ganz roud vum Oawendliet un jidd Gesieht es roud un frouh vum Oawendliet un jidd Gesieht es roud un frouh vum Oawendglanz. Hiir, doa laudt et schunn enn denn Rousenkranz un de Kenner laafen, die miessen erenn. Un gemächlich un zefridden fihrt jidden Woan häm den Gottes—sä’hn. Un opp allen Wäen kemmt Woan noa Woan, un se setzen sou me'id un sou zefridden uawen drop. Un et es schun spe'it un donkel, un op stääht schunn de Scheier= un de Keller=dir un op dem Desch stäht schunn de Zopp, un de Kenner kommen oos der Kirch gestirmt.
Abendfrieden
Und die Kartoffeln sind geraten und die Säcke stehen voll und dick einer dicht hinter dem ändern durch das ganze Stück.(Feld) Und die Kinder braten Kartoffeln in ihrem Feuer und eine Flamme haben sie, ungeheuer, und sie scharren sich und holen die Kartoffeln aus den Kohlen,(Glut) und die sind so duftig und so weiß innendrin, und so heiß und sie verbrennen sich an den Dingern das Maul und die Finger. Gott Dank ! Die Kartoffeln sind geraten! Und nun laden sie die Säcke bis obenhin auf den Wagen, ein starker Mann gehört dazu sie zu heben und zu tragen. Und der Qualm von dem Feuer ist so blau und kommt so nah, man sieht kaum mehr die Leute dadrin. Und alle, alle Furchen sind voll und ganz rot vom Abendlicht und jedes Gesicht ist rot und froh vom Abendglanz. Hör, da läutet es schon in den Rosenkranz und die Kinder laufen, die müssen hinein. Und gemächlich und zufrieden fährt jeder Wagen heim den Gottessegen. Und auf allen Wegen kommt Wagen nach Wagen, und sie sitzen so müde und so zufrieden oben drauf. Und es ist schon spät und dunkel, und auf steht schon die Scheunen- und die Kellertür und auf dem Tisch steht schon die Suppe, Und die Kinder kommen aus der Kirch gestürmt.
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hl
antwortete am 05.06.03 (08:50):
Ernst Thrasolt
Mir...
U mir Ple'ien u mir se'ien Kuur– werden mir et me'ihen? U mir planzen Bäm un Räwen; Werden mir et noch erläwen, dat se ble'ihen, dat se troan? Mir geheien uus u mir ploan uus u mir ge'ihn hennerm Plou, hennerm Plou: Baal gäat de Plou iwwer uus - joa dann hummer re'ischt Rouh.
Wat semmer me'ih als Gras un Halm?: De Se'ins es schunn schärf un de Scheier stäat schunn oopp. Wat semmer me'ih als en Haafel Qualm iwwerm Schuachten ? Kuck emoal eroopp enn de He'ih - schunn seehst de n nett me'ih. Mir froan net u mir kloaen nett, mir haalen uus drunn - haal deech drunn un drunn, et kemmt oopp deech unn- fir de'i , die noa uus kommen.
Wir ...
Und wir pflügen und wir säen Korn – werden wir es mähen? Und wir pflanzen Bäume und Reben: Werden wir es noch erleben, daß sie blühen, daß sie tragen? Wir mühen uns und wir plagen uns und wir gehen hinter dem Pflug, hinter dem Pflug: Bald geht der Pflug über uns–ja dann haben wir erst Ruh. Was sind wir mehr als Gras und Halm?: Die Sense ist schon scharf und die Scheune steht schon auf. Was sind wir mehr als eine Handvoll Qualm über dem Schornstein ? Guck mal hinauf in die Höh – schon siehst du ihn nicht mehr. Wir fragen nicht, und wir klagen nicht, wir halten immer Schritt und Tritt. Und wir halten uns dran - halte dich dran und dran, es kommt auf dich an- für die, die nach uns kommen.
Biographie und mehr Gedichte findet man hier:
https://www.irsch-saar.de/thrasolt.htm
Internet-Tipp: https://www.irsch-saar.de/thrasolt.htm
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britt
antwortete am 05.06.03 (09:40):
... das war jetzt noch ein Geschenk... ganz vielen Dank für die Gedichte von Ernst Thrasolt (er ist einfach unverwechselbar)...und auch für den Biographie Tipp.... Einen ganz schönen Sommertag wünscht britt...
Haiku
Tief beugt die Rose sich unter funkelndem Tau: Bürde der Schönheit.
Heinrich Kraus
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sieghard
antwortete am 05.06.03 (21:27):
Adelbert von Chamisso 1781-1838
Die alte Waschfrau
Du siehst geschäftig bei dem Linnen Die Alte dort in weißem Haar, Die rüstigste der Wäscherinnen Im sechsundsiebenzigsten Jahr.
So hat sie stets mit sauerm Schweiß Ihr Brot in Ehr und Zucht gegessen, Und ausgefüllt mit treuem Fleiß Den Kreis, den Gott ihr zugemessen. Sie hat in ihren jungen Tagen
Geliebt, gehofft und sich vermählt; Sie hat des Weibes Los getragen, Die Sorgen haben nicht gefehlt; Sie hat den kranken Mann gepflegt; Sie hat drei Kinder ihm geboren;
Sie hat ihn in das Grab gelegt, und Glaub' und Hoffnung nicht verloren. Da galt's, die Kinder zu ernähren; Sie griff es an mit heiterm Mut, Sie zog sie auf in Zucht und Ehren, Der Fleiß, die Ordnung sind ihr Gut. Zu suchen ihren Unterhalt Entließ sie segnend ihre Lieben, So stand sie nun allein und alt, Ihr war ihr heitrer Mut geblieben. Sie hat gespart und hat gesonnen Und Flachs gekauft und Nachts gewacht, Den Flachs zu feinem Garn gesponnen, Das Garn dem Weber hingebracht; Der hat's gewebt zu Leinewand; Die Schere brauchte sie, die Nadel, Und nähte sich mit eig'ner Hand Ihr Sterbehemde sonder Tadel. Ihr Hemd, ihr Sterbehemd, sie schätzt es, Verwahrt's im Schrein am Ehrenplatz; Es ist ihr Erstes und ihr Letztes, Ihr Kleinod, ihr ersparter Schatz. Sie legt es an, des Herren Wort Am Sonntag früh sich einzuprägen, Dann legt sie's wohlgefällig fort, Bis sie darin zur Ruh sie legen. Und ich, an meinem Abend, wollte, Ich hätte, diesem Weibe gleich, Erfüllt, was ich erfüllen sollte In meinen Grenzen und Bereich; Ich wollt, ich hätte so gewusst Am Kelch des Lebens mich zu laben, Und könnt am Ende gleiche Lust An meinem Sterbehemde haben. .
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hl
antwortete am 05.06.03 (22:16):
Indische Poesie von Panyala Jagannath Das
So ist es Einige Sätze sind so Wie ein beim Visieren aus dem Auge verlorenes Ziel.
Einige Träume sind so Wie das Überqueren der Geleise vor einem wegfahrenden Zug.
Dichter sind so Sie glauben an Träume, schaffen Ozeane und Stürme auf Papier und werfen ein paar Schlagwörter in den Wind.
Der Staat ist so Er würde am liebsten den Wind gesetzlich regeln.
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hl
antwortete am 05.06.03 (22:17):
Panyala Jagannath Das
Situation Es ist nicht die dunkle und gefährliche Nacht. Es ist nicht der brennende Sommernachmittag. Es ist ein unentschiedener Abend, pendelgleich.
Es ist nicht das Wort, das Gefühl schafft. Es ist nicht das leere Blatt, das still daliegt. Es ist eine Erinnerung, die Berührung einer aufgesogenen Träne, eine Insel.
***
Es ist vielleicht Poesie oder ein marschierender Traum, eine Reise, die ihren Ausgangspunkt erreicht. Die ersten Worte eines Liebesbriefes, eine Erinnerung besiegelt durch eine Unterschrift.
***
Es ist nicht die gefrorene Stille des Eises. Es ist nicht das Schmelzen von Gebirgen. Es ist die Qual einer brennenden Fackel vor ihrem Abwurf.
***
Es ist nicht die im Internet durchfahrene Welt. Es ist nicht die Fingerbewegung auf der Tastatur, die aufgehört hat. Es ist eine Situation wie der schwarze Bildschirm nach dem Ausschalten des Computers.
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hl
antwortete am 05.06.03 (22:20):
Panyala Jagannath Das
Es sei mir verziehen
Die Zeit wird nicht immer vor der Zeit davonlaufen. Der Bildschirm zeigt keine virenbefallenen Daten an.
***
Mond, oh Mond! Es sei mir verziehen, dass ich dein Licht beim Gang durch diese Straßen übersah.
***
Tage verstrichen, bevor ich endlich Morgen– und Abenddämmerung bemerkte. Der Frühling verlor Blätter wie der Herbst.
***
Mond, oh Mond! Es sei mir verziehen, dass ich die dich umgebenden glitzernden Sterne übersah, während ich in schlafloser Nacht Wörter sammelte.
Panyala Jagannath Das, geboren 1975, ist Lyriker und Journalist. Er lebt im Staat Orissa an der Ostküste Indiens und schreibt auf Telugu, einer dravidischen Sprache, die weltweit von mehr als 80 Millionen gesprochen wird. Kaufmännisches und Literaturstudium an der Universität Berhampur. Zur Zeit arbeitet er für die Zeitung EENADU Daily. Seine Gedichte wurden in verschiedenen Zeitschriften veröffentlicht und vom All India Radio in Hyderabad gesendet.
***Deutsche Übersetzung von Johannes Beilharz
Internet-Tipp: https://www.jbeilharz.de/poetas/pjd/index-d.html
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Medea.
antwortete am 06.06.03 (17:52):
Drache und Zwerg
Drache von Geburt der eine, mit dem ungeheuren Schlund, neben ihm hockt still der Kleine und er klagt mit spitzem Mund: "Ewig muß ich bei dir sitzen als Dein Freund und Hof-Fourier, will ich etwas selbst besitzen, saugt Dein Atem es zu Dir!
Greift Pepito nach dem Brote, Schlup, der Drache schlürft es weg, aus der braunen Zwergenpfote, rutscht wie Seife das Gebäck. Riecht Pepito schief am Glase, zieht der Drache ihm den Duft mit dem Sog der breiten Nase schlürfend aus bewegter Luft.
Ach, die schöne Riedgras-Nymphe, die die Schachtelhalme hegt, läßt ihr Vaterland der Sümpfe, ganz von Liebe fortgefegt zu Pepito, zu dem Kleinen, und sie liegt an seiner Brust.... wirbelnd mit den Strampelbeinen hat sie wieder fortgemußt.
Denn der Drache, der im Traume tief aufseufzte, sog sie her, in der wulstigen Lippen Schaum klebt sie, plötzlich liebeleer. Doch Pepito ohne Zagen, wild dem Freund entgegenschreit: Vieles habe ich ertragen, was zu weit geht, geht zu weit!
Gähnt der Drache sanft und mächtig auf getürmten Reisigbett, sein Gebiß war wirklich prächtig und bis hinten hin komplett Mit Geräkel und Geranke er die Nymphe von sich niest und die häutge Riesenpranke um des Zwerges Hand sich schließt.
"Nimm Dein Dürrbein und genieß es, aber red nicht solches Blech, wenn etwas, so ist doch dieses konstitutionelles Pech! Daß mein Hauch in tiefen Zügen fortsaugt, was juristisch dein - glaubst Du denn, mir zum Vergnügen, schnupf ich deinen Kleinkram ein?
Jungfraunfleisch in weißen Scheiben, das ist Drachen-Marzipan, Deine piepsgen Semmel bleiben stecken mir im hohlen Zahn! Fliegt Dein Liebchen durchs Gemach hin, schrei nicht gleich, als ob Du brennst, - schaff mir lieber eine Drachin, statt dem Schachtelhalmgespenst! ;-)
Wenn sich in der Wiege dehnen, meine Schwänzelkinder erst, dann versuch doch, ob Du denen, bessere Manieren lehrst - kannst uns nicht zum Vorwurf machen, unsres Atem Wirbelwind, weil wir doch nun eben Drachen und nicht zarte Zwerge sind!
(Börries von Münchhausen)
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Antonius
antwortete am 07.06.03 (15:48):
Noch ein (altes) Gedicht von Dorothee Sölle, ein Credo - für die ganze Welt; Frau Sölle ist eine poetische u n d eine theologische Schwester in Christus...
Glaubensbekenntnis im Politischen Nachtgebet
Ich glaube an gott der die welt nicht fertig geschaffen hat wie ein ding das immer so bleiben muß der nicht nach ewigen gesetzen regiert die unabänderlich gelten nicht nach natürlichen Ordnungen von armen und reichen sachverständigen und uninformierten herrschenden und ausgelieferten ich glaube an gott der den widerspruch des lebendigen will und die veränderung aller zustände durch unsere arbeit durch unsere politik. ich glaube an jesus christus der recht hatte als er >ein einzelner der nichts machen kann< genau wie wir an der veränderung aller zustände arbeitete und darüber zugrundeging. an ihm messend erkenne ich wie unsere intelligenz verkrüppelt unsere phantasie erstickt unsere anstrengung vertan ist weil wir nicht leben wie er lebte. jeden tag habe ich angst daß er umsonst gestorben ist weil er in unsern kirchen verscharrt ist weil wir seine revolution verraten haben in gehorsam und angst vor den behörden. ich glaube an jesus christus der aufersteht in unser leben, daß wir frei werden von vorurteilen und anmaßung von angst und haß und seine revolution weitertreiben auf sein reich hin. ich glaube an den geist der mit jesus in die welt gekommen ist, an die gemeinschaft aller völker und unsere verantwortung für das was aus unserer erde wird, ein tal voll jammer hunger und gewalt oder die stadt gottes. ich glaube an den gerechten frieden der herstellbar ist an die möglichkeit eines sinnvollen lebens für alle menschen an die zukunft dieser welt gottes. amen. (Von Dorothee Sölle. Köln 1969)
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hl
antwortete am 07.06.03 (16:06):
Türkische Poesie
Raum
Tag fuer Tag gestalte ich mich meinem Raume nach, verfeinere diese seufzende Existenz von neuem, wer weiss, wohl empfinde ich das Schicksal eines Insekten, das einen dürren Ast von innen fressend allmählich zu einem Ast wurde, jenes seine seltsame Schicksal
ähnlich weder der Unsterblichkeit noch dem Tode.
Edip Cansever
übersetzt von Mustafa Ziyalan
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hl
antwortete am 07.06.03 (16:07):
Ich kann es nicht erklären
Wenn ich weine, hören Sie meine Stimme? In meinen Zeilen? Können Sie berühren, Meine Tränen mit ihren Händen?
Ich wusste nicht, dass die Lieder so schön, Und auch die Wörter so hilflos sein können, Bevor ich in diesem Kummer versank.
Es gibt einen Ort, ich weiss es, Alles zu sagen ist dort möglich, Ich bin dem Ort ziemlich nah, höre: Ich kann es nicht erklären.
Orhan Veli Kanik übersetzt von Aysen Doymaz
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hl
antwortete am 07.06.03 (16:09):
Eine Nacht
In der Nacht Schlaf... In dem Schlaf ich.. Ich schlafe, Bin im Schlaf, Neben mir Du.
In dem Schlaf ein Traum, In meinem Traum eine Nacht, In der Nacht ich, Ich gehe irgendwohin, Ganz verrückt... In meinen Gedanken Du.
Ich liebe Dich, Heimlich.. Voller Hochachtung, Schaue dein Gesicht, Ohne zu sagen Eine Silbe.
Ich verliere dich, In einem ganz dunklen Moment.... Plötzlich wache ich auf; Sehe, es ist schon hell... Du schläfst neben mir.... So schön.
Özdemir Asaf übersetzt von Aysen Doymaz
Quelle: https://www.aysen.net/
Internet-Tipp: https://www.aysen.net/
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hl
antwortete am 10.06.03 (21:51):
tod der stadt wenn die stadt stirbt gebiert die erde aus der geplatzten stahlschale kriecht der fötus mensch geworden aufs neue
wenn die stadt stirbt vermählt sich sonne mit regen aus befruchteter erde spriessen triebe grün geworden aufs neue
wenn die stadt stirbt lehrt die natur mensch, tier und pflanze harmonie der erde lebendig aufs neue
hl/2003
Internet-Tipp: https://www.hl-lyrik.de/lyrik-bild/stadt_gross.jpg
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Marie2
antwortete am 12.06.03 (10:15):
Sei still
Vor lauter Lachen und Staunen Sei still Du mein tieftiefstes Leben, Dass du weißt, was der Wind will Eh noch die Birken beben.
Und wenn dir einmal das Schweigen sprach Laß deine Sinne besiegen. Jedem Hauch gib dich, gib nach Er wird dich lieben und wiegen.
Und dann meine Seele, Sei weit, sei weit, Dass dir das Leben gelinge. Breite dich wie ein Federkleid Über die sinnenden Dinge.
- Rainer Maria Rilke -
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Adolf
antwortete am 16.06.03 (01:05):
Ich wünsch' dir einen guten Tag! Geh ihm nur froh entgegen und achte auf den Stundenschlag als sanfte Mahnung, dich zu regen. Doch lass dich nur nicht ständig treiben von viel zuviel Terminen. Es soll vom Tag das Wissen bleiben: Die Sonne hat mir heut geschienen! Ich wünsch' dir einen guten Tag zu jeder Stunde seiner Zeit. Denn was er dir zu sein vermag, ist mehr als nur Geschäftigkeit. Wie du ihn nützt, wie du ihn hegst, nur das allein wird zählen in den Gedanken, die du pflegst. Lass dir den Tag nicht stehlen! Elli Michler
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sieghard
antwortete am 21.06.03 (22:45):
An Anna Blume
Oh Du, Geliebte meiner 27 Sinne, ich liebe Dir ! Du, Deiner, Dich Dir, ich Dir, Du mir, - - - - wir ? Das gehört beiläufig nicht hierher ! Wer bist du, ungezähltes Frauenzimmer, Du bist, bist Du ? Die Leute sagen, Du wärest. Laß sie sagen, sie wissen nicht, wie der Kirchturm steht. Du trägst den Hut auf Deinen Füßen und wanderst auf die Hände, Auf den Händen wanderst Du. Halloh, Deine roten Kleider, in weiße Falten zersägt, Rot liebe ich Anna Blume, rot liebe ich Dir, Du, Deiner, Dich Dir, ich Dir, Du mir, - - - - - wir ? Das gehört beiläufig in die kalte Glut! Anna Blume, rote Anna Blume, wie sagen die Leute?
Preisfrage: 1.)Anna Blume hat ein Vogel. 2.)Anna Blume ist rot. 3.)Welche Farbe hat der Vogel.
Blau ist die Farbe Deines gelben Haares, Rot ist die Farbe Deines grünen Vogels, Du schlichtes Mädchen im Alltagskleid, Du liebes grünes Tier, ich liebe Dir ! Du Deiner Dich Dir, ich Dir, du mir, - - - - wir! Das gehört beiläufig in die - - - - Glutenkiste. Anna Blume, Anna, A - - - - N - - - - N - - - - A! Ich träufle Deinen Namen. Dein Name tropft wie ein weiches Rindertalg, Weißt du es Anna, weißt Du es schon, Man kann dich auch von hinten lesen. Und Du, Du Herrlichste von allen, Du bist von hinten, wie von vorne: A - - - - - - N - - - - - - N - - - - - - A. Rindertalg träufelt STREICHELN über meinen Rücken. Anna Blume, Du tropfes Tier, Ich - - - - - - - liebe - - - - - - - Dir!
Kurt Schwitters 1919
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hl
antwortete am 22.06.03 (09:51):
:-))
Dadaismus,
auch kurz Dada genannt, ist eine künstlerische und literarische Bewegung im frühen 20. Jh., die durch den Eindruck des Ersten Weltkrieges entstanden ist. Der Begriff dada [<frz.> „Steckenpferd/Pferdchen“, oder Kinderstammellaut] soll angeblich rein zufällig aus einem französischen Wörterbuch ausgewählt worden sein. Der Dadaismus spiegelt den nihilistischen Protest gegen bürgerliche Werte, ins-besondere gegen den Militarismus dieser Zeit, wider. Die verlogenen und scheinheiligen Werte und Ideale sollten enttarnt und zerstört werden; alle herkömmlichen Idealbegriffe des Bürgertums (wie Moral, Religion, Kunst) wurden in Frage gestellt. Etablierten Kunstformen und ästhetischen Wertmaßstäben stellte man provokative Anti-Programme entgegen: Lärmmusik, Zufalls- und Lautgedichte, Materialmontagen und Collagen aus Alltagsgegenständen etc. Zur Provokation gehörte das Banale, Unsinnige, Absurde, Ironische sowie die Rolle des Zufalls (wie schon bei der vermeintlichen Namensgebung der Bewegung). Ziel der Dadaisten war es, die bürgerliche Gesellschaft durch einen Schock zu befreien. Die Phase des Dadaismus erstreckte sich ungefähr von 1916 bis 1922. Dadaistische Impulse bestimmten und bestimmen bis heute die folgenden Kunstrichtungen. Die internationale Bewegung ging von mehreren Zentren aus. Bekannte Vertreter: Hugo Ball, Tristan Tzara, Hans Arp in Zürich (Gründungsbewegung 1916); Richard Huelsenbeck, Roal Hausmann, George Grosz, Hannah Höch, John Heartfield (Berliner Dada, 1918-20); Max Ernst, Hans Arp (Kölner Dada, 1919/20); Marcel Duchamp in New York. Aus Hannover stammt „Merz“, die unpolitische Dada-Sonderrichtung von Kurt Schwitters. Die Pariser Dada-Bewegung ging 1922 im Surrealismus auf.
Quelle: https://www.galli-institut.de/schwitters.htm
Internet-Tipp: https://www.galli-institut.de/schwitters.htm
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Marie2
antwortete am 22.06.03 (21:03):
Blaue Hortensie So wie das letzte Grün in Farbentiegeln sind diese Blätter, trocken, stumpf und rauh, hinter den Blütendolden,die ein Blau nicht auf sich tragen, nur von ferne spiegeln.
Sie spiegeln es verweint und ungenau, als wollen sie es wiederum verlieren, und wie in alten blauen Briefpapieren ist Gelb in ihnen, Violett und Grau.
Verwaschnes wie an einer Kinderschürze, Nichtmehrgetragnes, dem nichts mehr geschieht: wie fühlt man eines kleinen Lebens Kürze.
Doch plötzlich scheint das Blau sich zu verneuern in einer von den Dolden, und man sieht ein rührend Blaues sich vor Grünem freuen.
Rainer Maria Rilke
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sieghard
antwortete am 25.06.03 (17:40):
brulba dori daula dalla sula lori wauga malla lori damma fusmalu
Dasche mame came rilla schursche saga moll vasvilla suri pauge fuzmalu
Dolli gamba bokamufti sabel ize spogagufti palazuma polja gei
mula dampe dori villa alles virds schavi drestilla offi lima dozapau pozadau
[Hugo Ball 1886-1928] .
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Antonius
antwortete am 25.06.03 (23:42):
Ingeborg Bachmann: Ängste
Was wird denn bleiben? Ich seufze, leide, suche, und meine Wanderschaften werden niemals enden. Der dunkle Schatten, dem ich schon seit Anfang folge führt mich in tiefe Wintereinsamkeiten. Dort steh ich still. Der Frost streicht mir das Haar Und Kälte flammt an meinen Gliedern auf. Zum Tanz spielt Totenstille Melodien, die enden los sich um sich selber drehen. Blaue Gespenster springen in den Raum. -- Die Abgeschiedenen, die vor mir irrten Verlangen herrengleich ein altes Recht. Nun werden sie bezahlt mit Blüten, die viele Sommer sahen und diesen Winter brechend niederfallen. Die Bäume brüten Kälte vor sich hin und Tränen, die mir Mondenglanz entlockte hängen als dürre Zapfen sich ins Eis. So, wie dort drüben, überm Gletscherhang, die Langverblichenen ihr Blut verströmten, so folg ich nach, auch ihnen gleich zu tun. Ich horche den Jahrhunderten entgegen und ganz erloschen will ich dort nicht sein. Dem Schatten, der so weit will gehen versuch ich meine Spuren einzudrücken, nur fürchtend mich vergeblich zu verschwenden.
(Ein sogenanntes Jugendgedicht der Bachmann; abgedruckt in VOLLTEXT. Nr. 3/2003. S. 4)
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Marie2
antwortete am 26.06.03 (22:09):
Weltanschauung
Der Sommer färbt die Äpfel rot, die Trauben und die Beeren. Der Mohn in Farbenflammen loht, sein Leuchten zu entzünden droht die strahlend gelben Ähren.
Nur Farbenpracht, wohin man schaut, wohin man hört ein Klingen. Der weite Sommerhimmel blaut, in lichten Höhen jubelnd laut die kleinen Lerchen singen.
Der Maulwurf in der Erde gräbt, weiß nichts von diesen Dingen. Er hat das Schöne nie erlebt. Der Finsterling nach unten strebt und wühlt nach Engerlingen.
Es findet jeder, wie er kann, auf seine Art Erbauung. Schaut man die Welt von oben an – von unten – so hat jedermann die beste Weltanschauung.
Fred Endrikat
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Rosmarie V.
antwortete am 02.07.03 (19:37):
Eigenschaftsworte _________________
Unsere Liebe kommt aus der Seele, geht durch Mark und Bein, liegt uns am Herzen, hat Hand und Fuß und Köpfchen obendrein.
Aus " Nur Du " von Hans Kruppa
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Erika Kalkert
antwortete am 05.07.03 (17:53):
Der Rosengarten
Ich weiß einen Garten hübsch und fein, da blüht ein rotes Röselein; und darum ist ein Heckenzaun, im Sommer grün, im Winter braun.
Und wer das Röslein brechen will, muß kommen bei der dustern Nacht, wenn weder Mond noch Sternlein wacht.
Ich woillte meinem Glück vertraun, stieg heimlich übern Gartenzaun; das rote Röslein war geknickt, ein anderer hatte es gepflückt.
Das Gärtchen ist nun kahl und leer, das rote Röslein blüht nicht mehr, betrübt muß ich von weitem stehn und nach dem Rosengarten sehn.
Hermann Löns(1866-1914)
Gedicht der Woche der Rhein-Zeitung
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hl
antwortete am 07.07.03 (08:34):
Theodor Storm
Abseits
Es ist so still; die Heide liegt Im warmen Mittagssonnenstrahle, Ein rosenroter Schimmer fliegt Um ihre alten Gräbermale; Die Kräuter blühn; der Heideduft Steigt in die blaue Sommerluft.
Laufkäfer hasten durchs Gesträuch In ihren goldnen Panzerröckchen, Die Bienen hängen Zweig um Zweig Sich an der Edelheide Glöckchen, Die Vögel schwirren aus dem Kraut - Die Luft ist voller Lerchenlaut.
Ein halbverfallen niedrig Haus Steht einsam hier und sonnbeschienen; Der Kätner lehnt zur Tür hinaus, Behaglich blinzelnd nach den Bienen; Sein Junge auf dem Stein davor Schnitzt Pfeifen sich aus Kälberrohr.
Kaum zittert durch die Mittagsruh Ein Schlag der Dorfuhr, der entfernten; Dem Alten fällt die Wimper zu, Er träumt von seinen Honigernten. - Kein Klang der aufgeregten Zeit Drang noch in diese Einsamkeit.
Internet-Tipp: https://www.hl-gedichte.de/downloads/hummel.jpg
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hl
antwortete am 08.07.03 (21:59):
Oft ist das Leben lauter Licht und funkelt freudefarben und lacht und fragt nach denen nicht die litten, die verdarben. Doch immer ist mein Herz bei denen, die Leid verhehlen und sich am Abend voller Sehnen, zu weinen in die Kammer stehlen. So viele Menschen weiß ich, die irren leidbeklommen, all ihre Seelen heiß ich mir Brüder und willkommen. Gebückt auf nasse Hände, weiß ich sie abends weinen, sie sehen dunkle Wände und keine Lichter scheinen. Doch tragen sie verborgen verirrt, und wissen´s nicht, durch Finsternis und Sorgen der Liebe süßes Licht. HH
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hl
antwortete am 10.07.03 (20:19):
Damit keine Missverständnisse aufkommen: obiges Gedicht ist von HERMANN HESSE :-)
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hl
antwortete am 14.07.03 (11:09):
Zephyrin Zettl (Geboren am 14.7.1876, gestorben am 4. 7.1935 )
s tägli Brout
Da Lehra fragt a' Moiderl Bo ana Schulvisit: "Sog ma vo' n Vaterunsa Schö' af de vierte Bitt!"
Des Moiderl zupft in' Fürderl Und wird a' wengl rout, Aft wisplt's: "D vierte Bitt geht: Gib uns das tägli Brout."
"Is guat gwen," sagt a Schulrot, "Eitz muasst mar ah daklärn, We bitt ma' denn grod netta Um s tägli Brout den Herrn?"
We net gleih für a' Wocha, Wohl für an Monat goar, We net für n gonzn Winta, We net für s gonze Joahr?
Da Lehra schaut ejtz selba, Olls lust, is mäuserlstat, Do sagt der kloane Fürwitz: "Wal s Brout süst hirt wern tat!"
Internet-Tipp: https://projekt.gutenberg.de/autoren/zettl.htm
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Erika Kalkert
antwortete am 14.07.03 (13:28):
Sich Zeit gönnen für ein Buch für einen Spaziergang für ein Bad für Träume.
Sich Zeit nehmen für eine Blume für ein Kind für einen Nachbarn.
Sich Zeit lassen für einen Besuch für ein Kunstwerk für eine Entscheidung.
Zeit haben für ein Gespräch für ein Gebet für ein Hobby.
Zeit sparen Zeit verschwenden Zeit verschenken bevor der letzte Abend die Tür zur Zeit zuschlägt.
Gerhard Eberts
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waltraud fuchs
antwortete am 19.07.03 (23:34):
Hallo, alle im Forum, ich lebe noch und habe mich heute eingeloggt, weil ich beim Stöbern im Buchladen einen kleinen Band Gedichte von Hans Kruppa fand und erstandt. Weil Hans Kruppa durch seine Arbeiten Hoffnung, Kraft und Lebensbewältigung vermittelt und ihn dies so wichtig macht, ein Gedichtvon ihm:
KEINE ANGST
Hast du ein wenig Platz in deinem Herzen übrig? Es sieht so groß aus - auf den ersten Blick.
Keine Angst, ich mache mich nicht breit, bin auch nicht aus auf Ewigkeit; mir genügt deine Zärtlichkeit.
Oder hast du keine Zeit für die zeitlosen Stunden und Momente, von denen das Leben lebt?
aus Liebesgedichte, vollständige Taschenbuchausgabe, KNAUR
Wer über Hans Kruppa mehr Informationen haben möchte: www.hans-kruppa.de Schöne Grüsse aus Thüringen Waltraud
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iustitia
antwortete am 23.07.03 (17:44):
Segelnd, schreibend...
Dichten ist Sichten was hinter Geschicken geschah, lange vor Weltenaufgang, lange vor Ithaka. Schwermut wiegt schwer auf der Waage schwankenden Gleichgewichts Da hilft keine süße Praline, keine blendend weiße Gardine, kein Schlager im Rundfunk, nichts. Nur, nur die papierdünne Knospe zukünftigen Gedichts. Lerne daraus: in Sirenen Sinn der Verwandlung sehn, Versuchung und Odysseen ohne Wachs im Gehörgang bestehn. * (Für Rosmarie V.)
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hl
antwortete am 31.07.03 (10:46):
Zur Urlaubszeit:
Erich Fried
Meer
Wenn man ans Meer kommt soll man zu schweigen beginnen bei den letzten Grashalmen soll man den Faden verlieren
und den Salzschaum und das scharfe Zischen des Windes einatmen und ausatmen und wieder einatmen
Wenn man den Sand sägen hört und das Schlurfen der kleinen Steine in langen Wellen soll man aufhören zu sollen und nichts mehr wollen wollen nur Meer
Nur Meer
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Marie2
antwortete am 31.07.03 (12:26):
@ Heidi Das ist eines meiner Lieblingsgedichte. Es weckt immer wieder einige wunderschöne Urlaubserinnerungen. Marie
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Marie2
antwortete am 31.07.03 (12:34):
Gedichte lesen
Wer von einem Gedicht seine Rettung erwartet der sollte lieber lernen Gedichte zu lesen
Wer von einem Gedicht keine Rettung erwartet der sollte lieber lernen Gedichte zu lesen
(Erich Fried)
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Marie2
antwortete am 02.08.03 (09:23):
Besuch
Heute kommt der Sommer zu mir. Er kommt aus seinem ländlichen Giebelhaus, hellgrün und weiß, mit Bohnen im Garten, Malven und Rittersporn. Er duftet nach herben Äpfeln, sein Haar knistert in der Hitze wie Spreißelholz. Er geht durch den Staub gedroschenen Korns. Er öffnet das Tor – das Hoftor – das Scheunentor – Sein Gastgeschenk: Die glühende rollende Sonne...
-Hilde Leiter-
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Erika Kalkert
antwortete am 02.08.03 (20:06):
August
Das war des Sommers schönster Tag, nun klingt er vor dem stillen Haus in Duft und süßem Vogelschlag unwiederbringlich leise aus.
In dieser Stunde goldnen Born gießt schwelgerisch in roter Pracht der Sommer aus sein volles Horn und feiert seine letzte Nacht.
Hermann Hesse
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Bente
antwortete am 10.08.03 (19:12):
Die große fracht des sommers ist verladen das sonnenschiff im hafen liegt bereit, wenn hinter dir die möwe stürzt und schreit. Die große fracht des sommers ist verladen.
Das sonnenschiff im hafen liegt bereit, und auf den lippen der galionsfiguren tritt unverhüllt das lächeln der lemuren. Das sonnenschiff im hafen liegt bereit.
Wenn hinter dir die möwe stürzt und schreit, kommt aus dem westen der befehl zu sinken, doch offnen augs wirst du im licht ertrinken, wenn hinter dir die möwe stürzt und schreit.
ingeborg bachmann
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sieghard
antwortete am 16.08.03 (21:50):
Um Mitternacht
Gelassen stieg die Nacht ans Land, Lehnt träumend an der Berge Wand, Ihr Auge sieht die goldne Waage nun Der Zeit in gleichen Schalen stille ruhn; Und kecker rauschen die Quellen hervor, Sie singen der Mutter, der Nacht, ins Ohr Vom Tage, Vom heute gewesenen Tage.
Das uralt alte Schlummerlied, Sie achtets nicht, sie ist es müd; Ihr klingt des Himmels Bläue süßer noch, Der flüchtgen Stunden gleichgeschwungnes Joch, Doch immer behalten die Quellen das Wort, Es singen die Wasser im Schlafe noch fort Vom Tage, Vom heute gewesenen Tage.
[Eduard Mörike 1804 - 1875] .
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ianna
antwortete am 21.08.03 (00:03):
Rat einer Alten
Bin jung gewesen, Kann auch mitreden, Und alt geworden, Drum gilt mein Wort.
Schön reife Beeren am Bäumlein hängen; Nachbar, da hilft kein Zaun um den Garten; Lustige Vögel Wissen den Weg.
Aber, mein Dirnchen, Du laß dir raten; Halte dein Schätzchen Wohl in der Liebe, Wohl im Respekt! Mit den zwei Fädlein, In eins gedrehet, Ziehst du am kleinen Finger ihn nach.
Aufrichtig Herze, Doch schweigen können, Früh mit der Sonne Mutig zur Arbeit, Gesunde Glieder, Saubere Linnen - Das machet Mädchen und Weibchen wert.
Bin jung gewesen, Kann auch mitreden, Und alt geworden, Drum gilt mein Wort
Eduard Mörike
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aknediw
antwortete am 06.09.03 (01:54):
Ein Dach wünsch ich dir, unter dem du geborgen, eine Hütte, eine Zuflucht jeden Abend, jeden Morgen. Einen Schutz wünsch ich dir, vor Hitze, vor Regen, einen Mund, der dich tröstet, eine Hand, dir zum Segen. Die Barmherzigkeit Gottes. Sie hüllt schützend dich ein Sie behütet und bewart dich Du bist nicht allein. Verfasser unbekannt
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eika
antwortete am 19.09.03 (19:18):
Mittag im September
Es hält der blaue Tag für eine Stunde auf der Höhe Rast. Sein Licht hält jedes Ding umfaßt, wie man`s in Träumen sehen mag: daß schattenlos de Welt, in Blau und Gold gewiegt, in lauter Duft und reifem Frieden liegt.
-Wenn auf dies Bild ein Schatten fällt!-
Kaum hast du es gedacht, so ist die goldene Stunde aus ihrem leichten Traum erwacht, und bleicher wird, indes sie stiller lacht, und kühler wird die Sonne in der Runde,
Hermann Hesse
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aknediw
antwortete am 20.09.03 (01:26):
Abendfrieden Als hätten Engel viel tausend Lichter entfacht so senkt sich der Tag und bald wird es Nacht.
Der Himmel getaucht in ein goldenes Licht, magisches Strahlen in den Bergen sich bricht.
Nachtigall zaubert ein Schlaflied vom Baum, versunken schon im Abendtraum.
Vereinzelte Sterne am Himmelszelt, Abendfrieden senkt sich über die Welt. Verfasser unbekannt Ich wünsch allen ein gutes Wochenende Adolf
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poetax
antwortete am 23.09.03 (16:15):
Dir allein! Möchte Jedem gern die Stelle zeigen, Wo mein Herz so schwer verwundet worden: Aber dir möcht' ich mein Leid verschweigen, Doch nur dir! denn du allein Hast den Dolch, der mich vermag zu morden.
Möchte Keinem meine Leiden klagen, Aber dir enthüllen alle Wunden, Die gar tief mein Herz sich hat geschlagen; Doch nur dir! denn du allein Hast den Balsam, der mich macht gesunden.
Anastasius Grün (1808-1876) .
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nopi
antwortete am 27.09.03 (15:29):
Numeriert
Ich sprach, doch niemand hörte mich, ich wollte Antworten, doch niemand konnte sie mir geben, ich wollte verstehen und verzweifelte, ich rief, aber sie waren nicht da, und ich sah sie, wo sie nicht waren.
Ein Rauschen im Gleichklang erfüllte die Leere, ein Wispern verschwommen, und doch wahrnehmbar, ein heer von Soldaten richtet auch mich Gewehre, ich sollte nicht fragen, das wurde mir klar.
Ein Wald voller Tafeln, drauf standen Gesetze, dazwischen als mahnmal der Galgen mit Strick, mir drohte das Hängen, wenn ich sie verletze, die Augen starr und gebrochen der Blick.
Du sollst, und du mußt, so stand dort geschrieben, der Ort, die Stunde, der Tag und das Jahr, es gab kein zurück, kein Weg um zu fliehen, nur dienen, gehorchen, das wurde mir klar.
Aufgabe des Seins, Verzicht auf das Leben, Empfänger und Nummer implantiert im Genick, marionettengleich, die Welt lag im Nebel, durch Drogen gefügig, darin lag der Trick.
Ich schrie, und ich tobte, mit Fekalien ich warf, der Henker die Schlinge um den Hals mir schon legte, ich sollte büßen, und ich wußte ich darf, doch nur Freude und keine Reue sich regte.
Ich bat um den Strick, um die Gnade zu sterben, drauf die Strafe sich wandelt in lebenslang leben, ich wollte verlassen den Haufen voll Scherben, war bereit, den Stoß ins Herz mir zu geben.
Mich verfluchte die Zeit, und ich sah ihr Gesicht, Kolonnen von Zahlen, doch verstand ich sie nicht, Gesichter wie Masken, wie Stahl und wie Stein, und das Heer der Mäuse, grau winzig und klein.
Am Ende der Zeit bekam ich zu hören, daß mein Sinn sich gewandelt, und die Richtung nun klar, die Kraft war gebrochen um das zu zerstören, was aus mich gemacht, das wurde mir klar.
Ich sprach Worte, die banal nun verstanden, ich brauchte nicht antworten, denn keiner stellte Fragen, ich brauchte nicht verstehen, denn ich war programmiert, ich brauchte nicht rufen, weil sie alle es wußten, was ich sah, war allgegenwärtig, und das Öffnen der Lider, war ein Öffnen zu viel.
G. Nopens
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iustitia
antwortete am 29.09.03 (23:10):
Ein Gedicht von einem Freund:
Helmut Platting: Das kommt davon oder Die gestörte Entwicklungstheorie
Am Anfang schuf, in alter Frische, der HERR am fünften Tag die Fische. Mit dem Geheiß, nach einer Weile, - nicht unbedingt in höchster Eile - sich auf das Festland zu begeben und dort reptilisch fortzuleben .
Von den besagten Lebewesen ist nur ein Teil so brav gewesen. Der andre Teil, die tauben Toren, - zudem mit Wasser in den Ohren - die scherten sich nicht viel darum und schwimmen heute noch herum.
So kommt es, daß man dann und wann sich einen Thun-*, Schell-*, Gold-*, Brat-*, Backfisch*, Hering* fangen kann.
* Nichtzutreffendes bitte streichen!
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poetax
antwortete am 01.10.03 (15:20):
Ach, wie eilte doch geschwinde dieser Sommer durch die Welt! Herbstlich rauscht es in der Linde, ihre Blätter mit dem Winde wehen über's Stoppelfeld!
[Wilhelm Busch 1832-1908] .
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Medea.
antwortete am 01.10.03 (15:40):
Laß Leuchten!
Weißt du noch, wie du noch Kletten im Haar, Knöpfe in der Kollekte ... als das Leben anfänglich war und nach weiterem schmeckte?
Weißt du noch, wie du noch Wasser im Blick, flußweise oder im Kübel - Spar dir die Zeit und vertreib nicht das Glück mit deinem Rückwärtsgegrübel.
Alles ist schon son bißchen Schieschie, nichts geht mehr lustig vonstatten; wie sich auf einer Beerdigung die Lebensbäume begatten.
Langsam bis in die Krone verfilzt; Ausfälle nicht mehr zu leugnen. Dabei weißt du genau, was du willst: einmal dich richtig ereignen -
Aus dem Kopf oder nach der Natur deine Blätter entrollen.... Ich selber habe auch eigentlich nur diesen Herzschlag mitteilen wollen.
Wie mir die Welt in die Augen da sticht, Wünsche, die wir verscheuchten - Mach nicht son blödes blindes Gesicht. Laß deine Anlagen leuchten!
(Peter Rühmkorf)
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nopi
antwortete am 03.10.03 (17:46):
Halt mich
Halt mich, wenn ich keine Antwort weis, wenn mein Blick sich irgend wo verliert, halt mich, wenn auf meiner Stirn der Schweiß, wenn ich schwanke zwischen kalt und heiß, mein Schwäche nicht einmal geniert.
Halt mich, wenn ich werd zum Fachidioten, Formalismus der Rivale neben dir, greif zum Beil, zerschlage diesen Knoten, feg vom Tisch Bilanzen, Zahlen, Quoten, laß nicht zu, daß ich dich je verlier.
Halt mich, wenn der Herbst einzieht in unsre Jahre, laß mich würdig deiner Liebe sein, wenn sich silbern färben unsre Haare, und der letzte Gruß verläßt dich mit der Bahre, solls doch nicht der letzte Tag gewesen sein.
G. Nopens
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