Archivübersicht
| Impressum
THEMA: Gedichte, Gedichte 3. Teil
123 Antwort(en).
Wolfgang Maul
begann die Diskussion am 19.10.00 (12:37) mit folgendem Beitrag:
Ich glaube, es ist Zeit für einen neuen Abschnitt von "Gedichte, Gedichte...". Ich fände es schön, wenn es hier weiterginge.
Der Morgen (Joseph von Eichendorff)
Fliegt der erste Morgenstrahl Durch das stille Nebeltal, Rauscht erwachend Wald und Hügel : Wer da fliegen kann, nimmt Flügel !
Und sein Hütlein in die Luft Wirft der Mensch vor Lust und ruft : Hat Gesang doch auch noch Schwingen, Nun, so will ich fröhlich singen !
Hinaus, o Mensch, weit in die Welt, Bangt dir das Herz in krankem Mut ; Nichts ist so trüb in Nacht gestellt, Der Morgen leicht machts wieder gut.
|
Heidi Lachnitt
antwortete am 19.10.00 (17:38):
:-))
Ich sing dir ein Lied von Liebe und Freud' und werde beides nimmermehr leid
Das Leben ist Liebe und Lieben ist Freud' wenn sich's dann auch noch reimt
hat's mich gefreut
Heidi freut sich auf alle!
|
Karl
antwortete am 19.10.00 (17:39):
Die bisherigen Gedichte sind im Archiv unter /seniorentreff/de/diskussion/archiv4/archiv.html einsehbar, anklickbar unten:
(Internet-Tipp: /seniorentreff/de/diskussion/archiv4/archiv.html)
|
Sieghard
antwortete am 19.10.00 (17:53):
Theodor Fontane (1819-1898)
Überlass es der Zeit
Erscheint dir etwas unerhört, Bist du tiefsten Herzens empört, Bäume nicht auf, versuchs nicht mit Streit, Berühr es nicht, überlass es der Zeit. Am ersten Tage wirst du feige dich schelten, Am zweiten läßt du dein Schweigen schon gelten, Am dritten hast du's überwunden; Alles ist wichtig nur auf Stunden, Ärger ist Zehrer und Lebensvergifter, Zeit ist Balsam und Friedensstifter.
|
Koloman Stumpfögger
antwortete am 19.10.00 (19:37):
Blätterteppich in Schöntal
in Schöntal legt der Himmel den Blätterteppich aus
an Sankt Koloman am dreizehnten Oktober
Die Pappeln blättern das Silber zum Namenstag
Kupfer die Eichen Akazien honiggelb
Hartriegelruten röter noch Vogelbeeren
Ahorn und Birken streuen den erdbraunen Zimt
Lärchen flammengelb und Wildkirschen das Rehbraun
auf weichem Teppich über den Oberen Weg
unten Schöntal gülden und Weiden silbern am Bach
raschelt gemächlich mein Schritt an Sankt Koloman
Text von Koloman Stumpfögger an Sankt Koloman, 13. Oktober 1990
|
Koloman Stumpfögger
antwortete am 19.10.00 (19:40):
herbstverkleidet
Gänseblümchen hundert Blümchen blühen weiß zwei sind errötet
zwei herausgeputzt zwei im warmen Sonnengold zwei mimen Astern tragen weißen Strahlenkranz asternviolett gesäumt
Text von Koloman Stumpfögger 14. Oktober 1990
|
Koloman Stumpfögger
antwortete am 19.10.00 (19:42):
augenweit
fahles Sonnenlicht Dunst verschleiert Äcker und Himmel und Erde
Paprikazöpfe an goldgelben Hausgiebeln hundert mal hundert
tausend Sperlinge in Sonnenblumenkörben sonnenreif gebräunt
Paprika steht noch und Mais auf Ackerfeldern schon grünt Wintersaat
Weite und Weite würzig die Luft von Erde Kürbissen und Wein
Ein blauer Waldsaum der Kirchturm in grauem Dunst weisen zur Donau
Quellnachweis von Koloman Stumpfögger verfaßt am 11. August 1990, veröffentlicht in "Lyrik für die Westentasche" (- 1/93) Edition L, Theo Czernik, 68766 Hockenheim, 1993, S.73.
|
Heidi Lachnitt
antwortete am 20.10.00 (15:29):
Mascha Kaléko:
Kleiner Dialog
Du und ich, lieber Gott, wir beide wissen es, Daß deine Welt noch lange nicht Fertig war, als der siebente Tag Anbrach
Du hattest dich dazumal Darauf verlassen, Daß deine Geschöpfe Gehilfen dir würden. O weh.
Leiden läutert uns nicht, Und durch Schaden wird man nicht klug. Nur gerissen. - Herr, du gabst uns die Welt, wie sie ist Gib uns doch bitte dazu Das seinerzeit leider Nicht mitgelieferte Weltgewissen!
|
Heidi Lachnitt
antwortete am 20.10.00 (16:03):
Ein schönes Gedicht
ein schönes Gedicht, sagst Du? Ich weiss nicht mir fällt grad keins ein oder warte - doch Es ist schön
dass es Menschen gibt, die zuhören Menschen, die verstehen Menschen, die trösten und nicht von dir gehen
dass nicht alles schlecht ist in dieser Welt dass die Sonne scheint und uns am Leben hält
dass die Blumen blühn und der Regen fällt dass sie doch sehr schön ist unsere Welt
hl
|
elena
antwortete am 20.10.00 (17:13):
Ein alter Freund schrieb diese Gedicht.
Apotheose des scheidenen Sommers
Vom nahen Herbste angeatmet schon - Der müde Sommer will nicht länger mehr verweilen. Die hellen heissen Tage sich bereits beeilen Und stehlen mit den Rosen sich davon.
Es rundet sich das Jahr. Und wo die Blüte fiel, Da rundet´s sich zur Frucht. Das Leben sucht Und spürt im Kerngehäuse jetzt sein Domizil.
Denn alle sommerliche Fülle war ja Verschwendung nur Für Reifung und sich bildende Gestalt. Die Schöpfungskraft im engen Kern geballt Träumt schon den Traum der sich erneuernden Natur.
Freund Pan, der alte Pan. Sein Flötenspiel begleitet diese Lied. Der mittäglich erschöpften Landschaft spielt er´s vor. Dem matten Sommer zum Adieu ins Ohr, Dem Käfer auch, der raschelnd durch durch das trockne Laubwerk zieht.
Dr. Siegfried Günther
|
Gerlinde
antwortete am 21.10.00 (10:28):
Wie ich ein Blatt fallen sah
Hätte ich mich nicht nach den zum Teil bereits nackten Zweigen umgedreht, so würde mir der Anblick des langsam- goldig zu Boden fallenden, aus üppigem Sommer stammendes Blattes entgangen sein.Ich hätte etwas Schönes nicht gesehen und etwas Liebes, Beruhigendes und Entzückendes, Seelenfestigendes nicht empfunden. Schaue öfter zurück, wenn es dir dran liegt, dich zu bewahren. Mit Gradausschauen ist`s nicht getan. Die sahen nicht alles, die nicht rund um sich sah`n.
Robert Walser
|
Stephan Wilhelm
antwortete am 21.10.00 (11:33):
Lieber weiter klicken
Hier las ich mancherlei Gedicht. Viel Freude brachte mir das nicht, Denn wo ich suchte Ausdrucksdichte, ward hohe Hoffnung bald zunichte. Ich fand Füllwörter - jede Menge, die zogen quälend in die Länge, was kurz, präzise ausgesagt, - auch ab und zu mal frech, gewagt - den Leser hätte angeregt, dass er sein Denken, Fühlen pflegt und nicht kurz mit dem Kopf nur nickt, dann einen andren Link anklickt, flugs fliehend hin zu Prosaseiten, die oft mehr Freude ihm bereiten.
|
Wolfgang Maul
antwortete am 21.10.00 (11:54):
Was für ein Glück, dass wir den Stephan Wilhelm haben... Jetzt wissen wir, was hier fehlt: Ausdrucksdichte (grins). - Dagegen dann sein überzeugender Versuch: Ausdrucksstark, kurz, komprimiert, das Wesentliche auf einen Blick. - Zack, zack, das ist Lyrik... (gröhl)
|
Heidi Lachnitt
antwortete am 21.10.00 (12:47):
Kurz, komprimiert und wesentlich:
Heute:
Sonne .....Wärme ..........Licht Freude!
hl
|
Sieghard Winter
antwortete am 21.10.00 (13:35):
Kurz-Bericht
Sand aus Urnen Mohn und Gedächtnis Todesfuge Paul Celan Plagiat Nachahmung geistiger Diebstahl Immanuel Weißglas Ähnlichkeiten Ingeborg Bachmann Treffen Yvan Goll Übersetzung Peter Rühmkorf Nachschlüssel Gruppe 47 Verhältnis prekär der Bestohlene als Dieb antisemitische Tendenzen schweigen wer doch redet hat Wirklichkeitsferne aber Verknüpfung Lebensdaten und Gedichte war doch seins Verstimmtheit Zerwürfnis Feindschaft betroffene Hündin bellt Kritik traf Todeswasser wurde die Seine Beliebigkeit sei artifiziellem Umgang mit Sprache eigentümlich tendenziöse Umdeutung möglich
|
Heidi Lachnitt
antwortete am 21.10.00 (14:09):
Weil die Sonne heute überall scheint!
Roeckner,Margret, aus "Selbst die Schatten tragen ihre Glut"
Der Sonne abgewandt seh' ich die Welt von ihr bestrahlt ganz klar und weit bis an den fernsten Horizont in Farben tief und satt.
Doch in die Sonne blickend ist es mir als nehm' sie mich ganz unversehens in sich auf. Ich schließ' die Augen und bestrahlt von ihr spür' ich mich tief und satt in allem was ich je gesehen.
Ich wünsche allen ein schönes, sonniges Wochenende!
|
Harlekin
antwortete am 22.10.00 (00:32):
Spätherbsttag -ringsum goldenes Land, ein Bild - wie geschaffen von Künstlerhand, Kartoffelfeuer am Wiesenrain, die Berge in Dunst und Sonnenschein, der fernen Straße grauen Band, Herbst in der Heimat - Herbst im Land.
Ein Bächlein, das in den Wiesen rauscht, ein Greis, der vergangenen Dingen lauscht, dort drüben ein spielendes Kind wo die letzten Blumen des Jahres sind und grüne Tannen am Waldessaum, Herbst - ein farbenprächtiger Traum.
Ein Hauch noch von Sommer und grünem Klee, eine Ahnung schon von Winter und Schnee, eine Lerche hoch in der Luft, von längst verblühten Blumen ein Duft, bunte Blätter verloren im Sand, Herbst in der Heimat - Herbst im Land.
(c) 2000 Petra Koch
Wünsche allen einen schönen, sonnigen Spätherbst!
|
hl - schlaflos
antwortete am 22.10.00 (02:23):
Ein schöner Abend war es heute, wollt Ihr teilhaben?
ein schöner Abend
tiefrot mit Goldkanten die Wände um uns wie in einer Schmuckschatulle sitzen wir warmrotes Licht scheint durch goldene Fäden weiße Elfenbeinstäbchen zu buntem Porzellan ein freundliches Gesicht mit tiefschwarzen Augen und unergründlichem Lächeln bringt uns das Mahl leises Gemurmel aus der Ferne Kerzenschein und Freundesstimmen schaffen Nähe Wärme, Geborgenheit und Lachen - ein schöner Abend mit Freunden im Chinarestaurant hl
und weiter:
herbstnacht
die Nacht ist heute tiefblau nicht schwarz, nicht grau
auf den Gehwegen goldenes Rascheln die Luft ist wie Quellwasser kühl und rein
ich atme tief, ich atme dich ein - herbstnacht hl
und danach (ein wenig erotisch, "Viktorias" bitte weghören!)
traumverloren
meine Hand auf meiner weichen Haut verwandelt sich in
deine Hand auf meiner weichen Haut wandert über das sanfte Rund
fühlt - rosaweiche Perlen bebend, sich erhebend
liebkost, zärtlich findet den Mittelpunkt
verharrt ..... deine Hand, meine Hand
schlaft ihr Hände, schlaft und träumt..... hl
|
Sieghard Winter
antwortete am 22.10.00 (09:33):
Todesfuge von Paul Celan Schwarze Milch der Frühe wir trinken sie abends wir trinken sie mittags und morgens wir trinken sie nachts wir trinken und trinken wir schaufeln ein Grab in den Lüften da liegt man nicht eng Ein Mann wohnt im Haus der spielt mit den Schlangen der schreibt der schreibt wenn es dunkelt nach Deutschland dein goldenes Haar Margarete
er schreibt es und tritt vor das Haus und es blitzen die Sterne er pfeift seine Rüden herbei er pfeift seine Juden hervor läßt schaufeln ein Grab in der Erde er befiehlt uns spielt auf nun zum Tanz
Schwarze Milch der Frühe wir trinken dich nachts wir trinken dich morgens und mittags wir trinken dich abends wir trinken und trinken Ein Mann wohnt im Haus der spielt mit den Schlangen der schreibt der schreibt wenn es dunkelt nach Deutschland dein goldenes Haar Margarete Dein aschenes Haar Sulamith
wir schaufeln ein Grab in den Lüften da liegt man nicht eng
Er ruft stecht tiefer ins Erdreich ihr einen ihr andern singet und spielt er greift nach dem Eisen im Gurt er schwingts seine Augen sind blau stecht tiefer die Spaten ihr einen ihr anderen spielt weiter zum Tanz auf
Schwarze Milch der Frühe wir trinken dich nachts wir trinken dich mittags und morgens wir trinken dich abends wir trinken und trinken ein Mann wohnt im Haus dein goldenes Haar Margarete dein aschenes Haar Sulamith er spielt mit den Schlangen
Er ruft spielt süßer den Tod der Tod ist ein Meister aus Deutschland er ruft streicht dunkler die Geigen dann steigt ihr als Rauch in die Luft dann habt ihr ein Grab in den Wolken da liegt man nicht eng
Schwarze Milch der Frühe wir trinken dich nachts wir trinken dich mittags der Tod ist ein Meister aus Deutschland wir trinken dich abends und morgens wir trinken und trinken der Tod ist ein Meister aus Deutschland sein Auge ist blau er trifft dich mit bleierner Kugel er trifft dich genau ein Mann wohnt im Haus dein goldenes Haar Margarete er hetzt seine Rüden auf uns er schenkt uns ein Grab in der Luft er spielt mit den Schlangen und träumet der Tod ist ein Meister aus Deutschland dein goldenes Haar Margarete dein aschenes Haar Sulamith
|
Koloman Stumpfögger
antwortete am 22.10.00 (11:34):
22. Februar 1991
Kriechwacholder und auf dem Grabstein den Namen deckt frischer Schnee In schiefgetretenem Schuh ruhst Du den zehnten Winter
Tageweise rot leuchtet ein winziges Licht in der Laterne flackert die Flamme im Wind Du frierst im Parka nicht mehr
Lenke nur weiter Derweil die Sterne funkeln führt deine Straße über die Buchen im Wald Ein neuer Stern geht Dir auf
von Koloman Stumpfögger
Quellenachweis: verfaßt am 24. Januar 1991, veröffentlicht in "Laß dich von meinen Worten tragen", Edition L, Theo Czernik, 68766 Hockenheim, 1994, S.236.
|
Koloman Stumpfögger
antwortete am 22.10.00 (14:46):
Irgendwo
Im steilen Graben in Busch und Reis liegt ein Gerippe, gekrümmt und weiß.
Und nah beim Schädel im Stahlhelm ruht die scheue Wachtel und ihre Brut.
Und Wälder rauschen und Wolken ziehn. - Ein Nameloser. Wer denkt an ihn?
von Ernst Hodschager
Quellnachweis: verfaßt 1951, veröffentlicht im "Mahnruf“ des Verfasser, Oswald Hartmann Verlag, Sersheim, 1989, Seite 28.
|
Koloman Stumpfögger
antwortete am 22.10.00 (14:58):
Sani
In jener Kriegsnacht trug ich deinen Blutgeruch und trage ihn seit Jahren.
Aus dem Niemandsland kamst du im Spähtrupp zurück; dich traf die Garbe,
riß tiefe Wunden. Im Dunkeln verband ich dich, Freund ohne Namen.
Dann schlug dein Puls nicht mehr. Die Hälfte der Erkennungsmarke hielt ich in der Hand.
Den leblosen Körper schleppten sie in dunkle Finsternis; die Marke haben sie vergessen.
Dein Gesicht hat die schwarze Nacht, die Hoffnungen der Tod verschlungen, der Soldatentod.
von Koloman Stumpfögger
Quellnachweis: Gedichtband des Verfassers "Wenn Sonnenblumen die güldenen Zeiger drehen" OVR Verlag, Ravensburg, 1996, Seite 25
|
Koloman Stumpfögger
antwortete am 22.10.00 (15:25):
Step Hahn "hier las ich mancherlei"!
Er
Wil(l) "kurz, präzise" einen Helm: aus Lorbeer wohl.
Auf welche E-Mail denn?
|
Wolfgang
antwortete am 22.10.00 (15:39):
Ein Versuch über die Liebe, mit Hilfe einer Idee, irgendwo gefunden, Verfasser unbekannt, von mir auf meine "Zwecke" hin überarbeitet und in meine Form gebracht:
Vom Nutzen der Liebe
Was nützt es, dich zu lieben, ich bin ja doch allein. Denn hoffnungslose Liebe lebt nur von Träumereien. Ach, hätten meine Augen die deinen nie gesehn. Dann könnt' ich jetzt ganz einfach an dir vorüber gehn. Und hätten meine Ohren dein Lachen nie gehört. Dann spürt' ich nichts und lebte wie früher - ungestört.
wml
|
Heidi Lachnitt
antwortete am 22.10.00 (16:08):
Vom Nutzen der Liebe
Liebe hat keinen Nutzen Liebe ist Du kannst sie dir nicht holen und sie nicht entfernen sie ist einfach da
Liebe macht glücklich Liebe macht einsam Liebe bringt Glück Liebe bringt Traurigkeit Liebe ist
und die vollkommenste Liebe ist die unerfüllte Liebe die in unseren Träumen besteht denn niemand kann sie zerstören
hl
|
Heidi Lachnitt
antwortete am 22.10.00 (17:25):
Hugo von Hoffmannsthal
Wir sind aus solchem Zeug wie das zu Träumen. Und Träume schlagen so die Augen auf, Wie kleine Kinder unter Kirschenbäumen,
Aus deren Krone den blassgoldenen Lauf Der Vollmond anhebt durch die grosse Nacht. ... Nicht anders tauchen unsre Träume auf.
Sind da und leben, wie ein Kind, das lacht, Nicht minder gross im Auf- und Niederschweben Als Vollmond, aus Baumkronen aufgewacht.
Das Innerste ist offen ihrem Weben, Wie Geisterhände im versperrten Raum Sind sie in uns und haben immer Leben.
Und drei sind eins: ein Mensch, ein Ding, ein Traum.
|
Evelyn
antwortete am 22.10.00 (17:53):
Einer lächelt und Jemand winkt Jemand braucht Hilfe die Einer bringt Einer redet und Jemand versteht Jemand will Liebe die einer gesteht -
Einer verliert und Jemand betrügt Jemand vertraut und Einer belügt Einer ist fremd den Jemand verletzt Jemand gibt auf den einer versetzt -
Einer ist Jemand Und Jemand bin ich Im Grunde vortrefflich - Doch manchmal auch nicht.
|
Gerlinde
antwortete am 22.10.00 (20:13):
Zwei weise Ratschläge
"Es ist ganz einfach ohne Liebe weiterzuleben: Du mußt dich nur mit Schönheit umgeben die dich erfreut und dich nie müde macht"
Also umgab ich mich mit immer mehr Schönheit doch sie erfreute mich nicht sondern ich fand sie eintönig und war traurig. So ging ich wieder zum Weisen. Der aber sagte:
"Es ist ganz einfach: Immer aufs neue kann Schönheit nur den erfreuen der auch die Liebe hat"
Erich Fried
|
Heidi Lachnitt
antwortete am 22.10.00 (20:24):
Liebe und Schönheit - das erinnert mich an:
Hilde Domin
Zärtliche Nacht
Es kommt die Nacht, da liebst du
nicht was schön- was häßlich ist.
Nicht was steigt- was schon fallen muß.
Nicht wo du helfen kannst- wo du hilflos bist.
Es ist eine zärtliche Nacht, die Nacht da du liebst,
was Liebe nicht retten kann. ----------------------
Nur so dazwischengestellt, möchte damit aber nicht das Thema wechseln!
|
Heidi Lachnitt
antwortete am 22.10.00 (21:28):
zurück zum Thema und zum Schluß:
Du fehlst mir obwohl Du nie Teil von mir warst nur in meine Träume habe ich Dich hineingenommen Dein Lächeln Deine Stimme es gab Momente der Übereinstimmung seltsam, nicht greifbar Du fehlst mir manchmal dachte ich...
hl
Ich wünsche allen eine gute Nacht und einen guten Wochenanfang!
|
Sieghard Winter
antwortete am 22.10.00 (22:42):
Vom Nutzen der Liebe
Was nützt es, dich zu lieben, ich bin ja doch allein. Denn hoffnungslose Liebe lebt nur von Träumereien.... ------------- Gestattet, dass ich weitermache Liebe ist die schönste Sache doch am PC gibts kein Geruch Gehör, Gesicht; nur Spruch alles ist bloß virtuell Illusion daher, schnell, schnell Träumereien hoffnungsvoll mit Augen, Ohren, Haut, ganz toll jetzt euch allen ganz zum Schluss den virtuellen Liebes-Kuss
sieghard
|
Wolfgang
antwortete am 23.10.00 (02:09):
Nähe des Geliebten (Johann Wolfgang von Goethe)
Ich denke dein, wenn mir der Sonne Schimmer Vom Meere strahlt; Ich denke dein, wenn sich des Mondes Flimmer In Quellen malt. Ich sehe dich, wenn auf dem fernen Wege Der Staub sich hebt; In tiefer Nacht, wenn auf dem schmalen Stege Der Wandrer bebt. Ich höre dich, wenn dort mit dumpfem Rauschen Die Welle steigt. Im stillen Haine geh' ich oft zu lauschen, Wenn alles schweigt. Ich bin bei dir; du seist auch noch so ferne, Du bist mir nah! Die Sonne sinkt, bald leuchten mir die Sterne. O, wärst du da!
|
Sieghard Winter
antwortete am 23.10.00 (09:56):
rastlose liebe von jwg
dem schnee, dem regen dem wind entgegen im dampf der klüfte durch nebeldüfte immer zu immer zu ohne rast und ruh
lieber durch leiden möcht ich mich schlagen als so viel freuden des lebens ertragen alle das neigen von herzen zu herzen ach wie so eigen schaffet das schmerzen
wie - soll ich fliehen wälderwärts ziehen alles vergebens krone des lebens glück ohne ruh liebe, bist du
-----------------------------------
Der virtuelle Hypertext - die Sprache des Internets - ist ein Schlüsselwort. So nennen sich die Texte, die aus verschiedenen Teilen und von verschiedenen Benutzern verknüpft werden, so dass ein neuer Text im Netz entsteht. Die patchwortartigen Präsentationen der Beteiligten erweisen sich im Internet besser als dicke Bücher außerhalb des Internet.
|
Heidi Lachnitt
antwortete am 23.10.00 (10:55):
gerade gefunden:in "DasWort - ein Flügelschlag" Editon L
Ruhe
Nach Träumen zu mir gefunden. Gedanken zu einer Brücke geflochten und darüber gegangen. Gefühle zugelassen und verschenkt. Und dann die Sterne und die Sichel des Mondes gegrüßt.
Ruhe gefunden.
von Rudi Günther Bachmann-Voelkel
- Ich grüße statt dessen die gerade erscheinende Sonne! Ein weiteres:
Aus Sehnsucht
du fragst mich warum ich schreibe
frage die Amsel warum sie singt
ich verkünde keine Botschaft
nur die Sehnsucht gibt mir Stimme
von Ingeborg Rinner
Ich wünsche allen einen schönen Tag!
|
Ilse W.
antwortete am 23.10.00 (13:32):
Zum Beitrag von Stephan Wilhelm: Ich finde ihn gut! Lyrik ist nicht jedermanns Sache - meine auch nicht.
|
Koloman Stumpfögger
antwortete am 23.10.00 (14:22):
Sehr geehrte Ilse W.
"...ist nicht jedermanns Sache ..."
Stimmt. Es gibt gar manches, das nicht jedermanns Sache ist, es auch nicht zu sein braucht und es ist jedermann erlaubt, ohne Plakat mit der Aufschrift "...ist nicht jedermanns Sache ..." herumzulaufen. Doch das ist Geschamcksache.
Warum Deine e-Mail-Anschrift in der Klammer fehlt, hat sicheer seinen Grund, vielleicht sogar seinen guten Grund, doch das ist Deine, (nicht jedermanns) Sache.
Mit höflichem Gruß Koloman Stumpfögger
|
Sieghard
antwortete am 23.10.00 (16:55):
Poetin sitzt auf hohem Ross, erkläret nichts, sie dichtet bloß! Wird sie dann kritisiert, mimt sie beleidigt, echauffiert. Der Dichter steht an Baches Ranft sein' Verse klingen süß und sanft. Der Leser denkt zuerst haha, doch nachgedacht, sagt man aha!
|
Evelyn
antwortete am 23.10.00 (17:33):
La vita del amore
(Michelangelo)
Die Liebe,die für dich so lauter brennt hat nicht im Haus des Herzens ihre Haft das reuig,irrig,sündig ihr die Kraft zu jener Höhe nähm,die sie bekennt.
Sie gab,als sich mein Heil von Gott getrennt dir reines Leben,mir der Weisheit Macht Zum Leid uns hat dein Sterbliches entfacht in mir dies Sehnen,das dich göttlich nennt.
Wie Schwert und Feuer nichts zu trennen tauge so ist mein Blick gebunden an dein Sein drin ich die Ewigkeit im Abglanz schaue
Du trägst das Paradies in deinem Auge die Heimat unsrer Liebe drum will mein Verlangen Heimkehr unter deine Braue.
|
Ilse W.
antwortete am 23.10.00 (19:13):
Sehr geehrter Herr Stumpfögger,
warum denn gleich so biestig? Ich denke, es ist erlaubt, in diesem Forum seine Meinung zu äußern, so lange der höfliche Umgangston gewahrt wird. Die Anspielung "mit dem Plakat herumlaufen" war unnötig (übrigens auch das "gröhl" von Wolfgang Maul). Wo bleibt die Toleranz, über die wir hier so oft diskutieren? Was die fehlende Email-Adresse betrifft (die Andeutung ist ja ziemlich durchsichtig) - wo ist denn Ihre? Wenn Sie Lust und Zeit haben: Ich lasse mich gern auf einen Dialog ein, wenn er sachlich bleibt.
Hochachtungsvoll Ilse W.
|
Heidi Lachnitt
antwortete am 23.10.00 (21:18):
Walter Baco
In den Winkelgassen der Gedanken zieht lichte Wahrheit den, der klar und angstlos schreitet. Durch den Irrgarten der Gefühle, vorbei am Rauchplatz, der für Leidenschaften lodert, führt, aus Raum und Zeit entwichen, der Empfindung feiner Seidenfaden und mischt den Ton für jede Farbe ein jedes mal aufs neue so lange bis sie klingt, gleicht sich an dem Hauch der Ewigkeit wird dünner dann, nimmt noch mehr ab- und ich laß mich tragen
bald fang ich an zu sprechen.
In allen Wassern gewaschen, gereinigt und ständig im Regen Durchs Feuer gegangen, geläutert, gebrannt und zu Ton geformt in siedenden Kesseln gekocht, gebraten und geröstet von kundigen Köchen krumm geklopft, verkohlt, vergoren, verglüht und verdunstet bin ich im Äther ausgebreitet und reise mit der Zeit
Auf Wolken, in Gedankenschnelle aller Sprachen kundig und aller Zeichen mächtig daheim an allen Orten, der Ewigkeit zu Gast Verstreu mich in den Wind und sammel mich im Fruchtkorb, verspeise meinen Untergang. Ich folge dem Gebot der Stunde, der Augenblick ist mein Gebet. Ein Ohr halt ich nach oben, dort sagt man mir die Zukunft ein. Ich gehe dort, wohin die wärmste Luft mich bläst (bin ich doch selber nur noch Hauch)
Ich bin die Lockung in der stolzen schönen Frau und biege mich in schlanken Birken, bin der Gefallen, den man findet, an all den Dingen, denen man verfällt. Ich bin die Abendstimmung, die in Blüten zaubert und die Welt im Glanz erhält. Ich bin das sanfte Windesrauschen, das man mehr erahnt als spürt eine Träne, die den Weg zum Weinen nicht mehr findet als selige Betörung süßer Hoffnung Wiederkehr
|
Heidi Lachnitt
antwortete am 23.10.00 (21:23):
und noch einmal Baco:
Ich will verreisen weit weg aus meiner Haut möchte mich in der Fremde verlieren mein Ur-Eigenstes finden
Ich will kein Schalentier sein nur noch Kernobst fruchtig und frisch Kommen Sie mit?
Ich buche also zweimal
Zweimal Heimat retour steht zu Buche.
(oder einmal Hölle - das kostet die Hälfte; also bleiben wir hier)
|
Heidi Lachnitt
antwortete am 23.10.00 (21:26):
Baco zum letzten Mal:
In diesen Grenzen eines verwundbaren Körpers liegt ungebunden jenseits aller Wunder der Schatz, für dich begraben Birg ihn! Achtsamkeit haucht den Staub davon.
Ich wünsche eine gute Nacht!
|
Wolfgang
antwortete am 23.10.00 (21:50):
Du und Ich (von Peter Jahns)
Du und Ich Da war erst eins, das zu sich selber sprach und nur das Echo seiner Stimme hörte. Es dachte, nie vergeht sein stilles Glück.
Da war erst eins, das auseinanderbrach; und jedes Teil verlor des andern Fährte. Seit jenem Tag sucht es sein Gegenstück.
So wurden Ich und Du gespalten und woll'n die Einheit neu erreichen. Zur Hilfe haben sie erhalten die Liebe als Erkennungszeichen.
(Peter Jahns - aus dem Gedichtband "Du und Ich")
|
Poesie
antwortete am 23.10.00 (21:59):
Du hast in mir viel Lichter angezündet, Mit blauen Träumen mir den Tag erfüllt, Und alles Blühen, alles Leuchten mündet Noch im Erlöschen hin zu deinem Bild ...
|
Gerlinde
antwortete am 23.10.00 (22:26):
Was wahr ist, streut nicht Sand in deine Augen, was wahr ist, bitten Schlaf und Tod dir ab als eingefleischt, von jedem Schmerz beraten, was wahr ist, rückt den Stein von deinem Grab.
Was wahr ist, so entsunken, so verwaschen in Keim und Blatt, im faulen Zungenbett ein Jahr und noch ein Jahr und alle Jahre- was wahr ist, schafft nicht Zeit, es macht sie wett.
Was wahr ist, zieht der Erde einen Scheitel, kämmt Traum und Kranz und die Bestellung aus, es schwillt sein Kamm und voll gerauften Früchten schlägt es in dich und trinkt dich gänzlich aus.
Was wahr ist, unterbleibt nicht bis zum Raubzug, bei dem es dir vielleicht ums Ganze geht. Du bist sein Raub beim Aufbruch deiner Wunden; nichts überfällt dich, was dich nicht verrät.
Es kommt der Mond mit den vergällten Krügen. So trink dein Maß. Es sinkt die bittre Nacht. Der Abschaum flockt den Tauben ins Gefieder, wird nicht ein Zweig in Sicherheit gebracht.
Du haftest in der Welt, beschwert von Ketten, doch treibt, was wahr ist, Sprünge in die Wand. Du wachst und siehst im Dunkeln nach dem Rechten, dem unbekannten Ausgang zugewandt.
Ingeborg Bachmann
|
Wolfgang
antwortete am 23.10.00 (22:47):
Du und Ich (von Peter Jahns)
Du und Ich Da war erst eins, das zu sich selber sprach und nur das Echo seiner Stimme hörte. Es dachte, nie vergeht sein stilles Glück.
Da war erst eins, das auseinanderbrach; und jedes Teil verlor des andern Fährte. Seit jenem Tag sucht es sein Gegenstück.
So wurden Ich und Du gespalten und woll'n die Einheit neu erreichen. Zur Hilfe haben sie erhalten die Liebe als Erkennungszeichen.
(Peter Jahns - aus dem Gedichtband "Du und Ich")
|
Sieghard
antwortete am 24.10.00 (07:39):
Der gestrige Schlagab- tausch hier, ermuntert mich, folgendes aus der Tagespresse zu referieren:
Wechsel des Generals. Er muss ein Rüpel sein, besser noch ein Rowdy. Er muss den Gegner attackieren, so dass ihn in ohnmächtiger Wut Atemnot befällt. Son schlimmer Hetzer wie Goebbels muss er sein, wie Brandt meinte. Einer fürs Grobe, für Prügelszenen.
|
Heidi Lachnitt
antwortete am 24.10.00 (11:09):
Eine kleine Geschichte aus dem Altenheim: Ich habe heute morgen mit acht sehr alten Damen zwei Stunden lang gemütlich gefrühstückt, geplaudert und gesungen. Die jüngste ist 87 Jahre alt, die älteste 98 Jahre. Fünf von ihnen lieben genau wie ich Gedichte und ich habe ihnen von diesem Forum erzählt und auch einige Gedichte vorgetragen.Die alten Damen haben mich gebeten, zum Dank das nachfolgende Lied, das wir als Schlußlied gesungen haben, hier einzufügen:
Ein schöner Tag
Das Glück der Welt ist oft so klein daß man es übersieht, Es kann wie eine Blume sein, die im Verborgnen blüht.
Ein schöner Tag, ein liebes Wort, ein Lied, das soviel meint. Ein Stern der hoch am Himmel stand in einer Sommernacht.
Das erste Blatt an einem Baum, ein bunter Schmetterling. Die Freude über einen Traum der in Erfüllung ging.
Ein zarter Blick ein leises Du, das Dir die Liebe schenkt. Die Treue die ein Mensch Dir hält, wenn jemand an Dich denkt.
Das Glück der Welt ist oft so klein, das man es übersieht. Es kann wie eine Blume sein, die im Verborgnen blüht.
Und was das Schicksal dir auch bringt, was immer kommen mag. Es bleibt Dir die Erinnerung an einen schönen Tag. (Verfasser unbekannt)
.. ein schöner Tag, ein liebes Wort - Ich wünsche uns allen liebe Worte hier in diesem Forum
|
Wolfgang
antwortete am 24.10.00 (11:11):
Wunder über Wunder (Joseph Freiherr von Eichendorff)
Du wunderst wunderlich dich über Wunder, Verschwendest Witzespfeile, blank geschliffen. Was du begreifst, mein Freund, ist doch nur Plunder, Und in Begriffen nicht mit einbegriffen Ist noch ein unermeßliches Revier, Du selber drin das größte Wundertier.
|
Poesie
antwortete am 24.10.00 (11:45):
Ich und du
Wir träumten von einander Und sind davon erwacht, Wir leben, um uns zu lieben, Und sinken zurück in die Nacht.
Du tratst aus meinem Traume, Aus deinem trat ich hervor, Wir sterben, wenn sich eines Im andern ganz verlor.
Auf einer Lilie zittern Zwei Tropfen, rein und rund, Zerfließen in eins und rollen Hinab in des Kelches Grund
Friedrich Hebbel
|
Poesie
antwortete am 24.10.00 (11:48):
Das ist der Liebe heil'ger Götterstrahl, der in die Seele schlägt und trifft und zündet, wenn sich Verwandtes zum Verwandten findet, da ist kein Widerstand und keine Wahl, es löst der Mensch nicht, was der Himmel bindet.
Schiller
|
Sieghard
antwortete am 24.10.00 (12:35):
Wer anonyme hier sich tummelt, mit seiner Mail-Adresse schummelt, der wird ganz schön verachtet, weil er die Lüge hat gepachtet.
|
Edith
antwortete am 24.10.00 (13:42):
Nennt jemand sich nur "Poesie", halt ich das nicht für Infamie. Doch einer weiß, was gut, was schlecht, was ist verlogen, was gerecht. Für soviel Selbstgerechtigkeit verdient er einen "Dichterpreis".
|
Sieghard
antwortete am 24.10.00 (14:46):
Sankt Edah traut sich nochmal vor. Schau an, denn leichter ist's im Chor! So mit Geleit-Schutz hinterm Nacken hat sie vor Wut ganz rote Backen. Es wird gemauschelt weiter, weiter, so ist es nun mal leider, seider.
Mit Euch Herr Doktor zu spazieren ist ehrenvoll und bringt Gewinn. Der Frosch hüpft wieder in die Schmiere, wenn er auch läg auf Goldbordüre.
Maulen mit eignen Versen gebracht, hätte sicherlich Eindruck gemacht. Meine Gedichte, die sind Mein, nicht verwechseln Mein und Dein! Der Busch hat Recht, gut ausgesucht, das sei als Plus hier mal gebucht. Er hat noch Verse mehr auf Lager, man fürchtet sich vorm Wahrsager.
|
Heidi Lachnitt
antwortete am 24.10.00 (21:15):
Erich Fried
Große Bereinigung
Die Ursachen kämpfen jetzt gegen ihre Folgen
daß sie keiner mehr für die Folgen verantwortlich machen darf
denn auch das Verantwortlichmachen gehört zu den Folgen
und Folgen werden verboten und verfolgt von den Ursachen selbst
Die wollen von solchen Folgen nichts mehr wissen
Wer sieht wie eifrig sie hinter den Folgen her sind
und immer noch sagt sie stehen in enger Verbindung mit ihnen
der wird nur sich selbst die Folgen zuschreiben müssen
:-)) :-)) :-))
|
Wolfgang
antwortete am 24.10.00 (21:54):
Fast - Heidi - hätte ich wieder mein ungehöriges *gröhl* hier reingebracht. Aber ich habe es der Ilse versprochen, dieses nicht mehr zu verwenden. Dafür also ein paar Smilies oder das schöne *ROFL* (rolling on the floor laughing = rolle gerade auf dem Boden vor Lachen). Die Folgen werde ich wohl tragen müssen. :-))). - Ein Gedicht noch, von Annemarie Bostroem:
Terzinen
Nur das nicht, daß ich mich daran gewöhne, daß Du den Weg zu mir gefunden hast. Nur das nicht, daß das unaussprechlich Schöne, das mich in Deiner Gegenwart erfaßt alltäglich wird, beraubt des reinen Glanzes, des Einzigartigen. Du darfst ein Gast nur eines Festes, Partner eines Tanzes, Gefährte einer guten Stunde sein, kostbarste Blüte eines bunten Kranzes, Tropfen von einem auserwählten Wein, an dem sich meine Liebe stets aufs neue berauscht. Laß mich zur rechten Zeit allein, daß ich mich immer tiefer freue.
Das darfst Du nie, aus Mitleid zu mir kommen, wenn Du mich nicht mehr lieben kannst. Das eine versprich mir, daß Du unvoreingenommen und ohne Scheu und Rücksicht mir die reine Wahrheit bekennst.- Wenn sich die Fäden lösten, die Dich mit mir verbanden, wenn sich Deine Gefühle wandeln, kannst Du mich nicht trösten, indem Du es verschweigst und mich insgeheim weiter umarmst. Du weißt es, auch die größten Schmerzen und alle Tränen, die ich weine, sie haben ihren Sinn jedoch wir sehen ihn meist nicht ein. Verstehst Du, was ich meine? Du mußt mich lieben oder von mir gehen.
|
Poesie
antwortete am 24.10.00 (22:12):
Immer horch' ich ob niemand mich ruft -
Wie ein Fenster, über das unablässig der Regen herabrinnt, liegt mein Gesicht unter meinen Tränen.
Paula Ludwig
|
Heidi Lachnitt
antwortete am 25.10.00 (07:54):
"nachdenkliches" von hl
anonym
verliebt in einen Namen? verliebt in Worte, Gedanken und Gefühle? verliebt in den Spiegel meines Selbst? VERliebt in wen?
hl
|
Poesie
antwortete am 25.10.00 (08:06):
Liebe will lieben Liebe will träumen fragt nicht nach Vernunft und Alltag "Liebe ist" und Liebe liebt!
|
Sieghard
antwortete am 25.10.00 (09:11):
Gedicht verhunzt Poetin grunzt das schöne Gedicht in andrem Licht mit Nichtachtung strafen, doch ich kann nicht schlafen. Nun riss mir die Geduld das bin ich meinem Adel Schuld.
Wer Eigenes ins Forum setzt hat der Kritik sich ausgesetzt! Wer fühlet sich beleidigt, Versteinerung verteidigt. Wenn's etwas härter kommt im Ton mit Ironie, ihr merkt es schon, das dient dazu herauszulocken vom hohen Rosse abzubocken. Liebe liebt, egal ob's stimmt, Liebe her mit Zucker und Zimt.
|
Poesie
antwortete am 25.10.00 (12:41):
Die Wolken weinen an einem andren Ort
ein Stern zwinkert dir vom dunklen Nachthimmel zu er leuchtet und strahlt als wolle er die Sonne übertreffen
ein Sonnenstrahl trifft mich genau ins Herz er wärmt, er leuchtet als wolle er mich verglühn
die Wolken treiben aus Ehrfurcht vor diesem Leuchten an Stern und Sonne vorbei sie weinen an einem andren Ort
|
Heidi Lachnitt
antwortete am 25.10.00 (18:09):
Catarina Carsten
Die Worte proben den Aufstand. Sie meinen's wörtlich sie stehen auf.
Am stärksten sind die, die lange Zeit im Schweigen der Wüste lebten,
geflohen vor Missbrauch gedankenloser Benützung versuchtem Totschlag
Den Schmelz des Ursprungs haben sie abgestreift, die Narben nicht.
Tapfer stehen sie auf noch einmal zu kämpfen für die Auferstehung der Wahrheit.
|
Heidi Lachnitt
antwortete am 26.10.00 (10:48):
Raimund Bohe "Anspruch auf Leben" Edition G.Braun
Glücksregister
Wozu das alles wenn du nicht glücklich bist.
Und wenn er noch so leuchtet kein Himmel rühmt des Ewigen Ehre unerlöst schmilzt wenn du sie nicht siehst samt ihren Säulen die Eisgalerie
Gebrechlicher Tempel deines Glücks so leicht von ringsum zieht Trauer herein und nichts weiß er von den Farben auf dem Grund der See
Schöne Zeichen in Wolken in Wüsten in Städten verfallen wo Not sie verstellt
Der Erde bist du sei glücklich es schuldig
Sei glücklich das Sein nimmt ab wenn du nicht glücklich bist
In diesem Sinne - einen schönen Tag für alle
|
Sieghard
antwortete am 26.10.00 (11:46):
Jeder Augenblick ist ein Juwel. Diese Aussag' gehet fehl. Nicht jeder Augenblick ist ein Juwel, manche vielen sind Gequäl. Schmerz, Enttäuschung naher Tod steht dem Menschen zu Gebot. Jeder Augenblick ist kein Juwel daraus macht man keinen Hehl. Seltner Augenblick ist ein Juwel, so empfiehlt sich der Befehl: Schluss mit pauschaler Übertreibung, der Esoterik-Wolke gilt Vermeidung. Jeder Augenblick ist ein Juwel, ganz selten nur, meiner Seel! Krakeel, fidel, Juwel, Juwel.
|
Heidi Lachnitt
antwortete am 26.10.00 (12:02):
Vielleicht trifft das mit den "seltenen Augenblicken" ja auf manche zu, Sieghard - aber ist es notwendig hier in diesem Forum andere Menschen zu verletzen??? - Lass das doch bitte!!
|
Wolfgang
antwortete am 26.10.00 (13:02):
Eine Hommage an die "seltenen Augeblicke" und die Menschen, die solche bewirken, in letzter Zeit gar nicht so selten für mich:
Feldeinsamkeit (von Hermann Allmers) Ich ruhe still im hohen, grünen Gras und sende lange meinen Blick nach oben, von Grillen rings umschwirrt ohn Unterlass, von Himmelsbläue wundersam umwoben. Und schöne weiße Wolken ziehn dahin durchs tiefe Blau, wie schöne stille Träume; - mir ist, als ob ich längst gestorben bin, und ziehe selig mit durch ewge Räume.
|
Sieghard
antwortete am 26.10.00 (15:18):
Die erst' Kritik, sie kratzt im Hals, die zweite tut es ebenfalls. Doch kommt erst die Gewöhnung, dann feiert man Versöhnung. So'n bisschen hat er Recht, wenn er nicht hackte wie ein Specht! Wenn er es sanfter sagte, nicht so sehr man klagte. Spannend ist's, Revolution, bei dieser lustigen Aktion. Vorbei das brave Einerlei: Gedicht, Gedicht, das scheint vorbei auch im Moment die Langeweilen beziehungsloser Dichterzeilen. Erst Kämpfchen, bissle Verhöhnung, dann womöglich Friedens-Versöhnung. Hoffen und Harren macht manchen zum Narren.
Heidi, ich werde es lassen, Verzeihung, ich werde nun passen. Zur Fairness aufgerufen, fürderhin, ich will's versuchen.
|
Friedgard
antwortete am 26.10.00 (18:07):
Daneben
Stoffel hackte mit dem Beile. Dabei tat er sich sehr wehe, Denn er traf in aller Eile Ganz genau die große Zehe.
Ohne jedes Schmerzgewimmer, Nur mit Ruh, mit einer festen, Sprach er: Ja, ich sag es immer, Nebenzu trifft man am besten.
Wilhelm Busch
|
Heidi Lachnitt
antwortete am 26.10.00 (23:08):
Zur guten Nacht - Raimund Bohe
Landschaften
So erklären Augenblicke die stillbare und die unstillbare Sehnsucht
Ich in der Landschaft die Landschaft in mir
|
Friedgard
antwortete am 27.10.00 (08:05):
Schön, die "Feldeinsamkeit". Wer hat sie vertont, Wolfgang? War es Schumann, war es Brahms? Ich habe die Melodie im Ohr.
Hier eines der Gedichte aus meinem geschmähten Buch "Jeder Augenblick ist ein Juwel" (Kreuz-Verlag). Ich schrieb es im Sommer 99, als ich im Garten lag, weil ich vor Schmerzen kaum mehr gehen konnte - vor mir die Aussicht auf eine Operation, deren Augang ungewiss war. Meine Lektorin (Theologin) hatte mich gebeten, Gedichte mit positivem, aufbauendem Ton zu schreiben für Menschen, die leiden oder Kummer haben.
Abend im Garten
Schmiege dich in den Sommerabend: lass deine Haut liebkosen vom kühlenden Abendwind, lausch dem Gespräch der lockenden Vögel und atme den Duft der Reife. Lass los die Versuchung des Tages und gib deiner Seele die Stille wieder.
|
Heidi Lachnitt
antwortete am 27.10.00 (08:30):
und nach der schönen Stille des Abends, Friedgart, hier die "alltäglichen" Freuden eines Tages von Bertolt Brecht:
Vergnügungen
Der erste Blick aus dem Fenster am Morgen Das wiedergefundene alte Buch Begeisterte Gesichter Schnee, der Wechsel der Jahreszeiten Die Zeitung Der Hund Die Dialektik Duschen, Schwimmen Alte Musik Bequeme Schuhe Begreifen Neue Musik Schreiben, Pflanzen Reisen Singen Freundlich sein.
Ich wünsche jedem von uns eine kleine alltägliche Freude an diesem Tag und die "Stille der Seele" am Abend
|
Sieghard
antwortete am 27.10.00 (09:43):
Unzufriedenheit unselige Beziehungen Resignation Schmerz Leere Einsamkeit Suizidgedanken
was versehst du davon dazu gehört Reife Gedankenauswege Stille der Seele das ist auch Wahrheit eine von Tausenden
|
Heidi Lachnitt
antwortete am 27.10.00 (09:53):
Natürlich hast Du recht, Sieghard - es gibt nicht nur Freude im Leben. Eine alte Dame, die täglich sehr viel physische Schmerzen zu ertragen hat, sagte kürzlich zu mir: "Das ist meine tägliche Arbeit, diese Schmerzen zu ertragen und trotzdem die kleinen Freuden des Lebens wahrzunehmen." Diese tägliche Arbeit muss glaube ich jeder von uns verrichten egal ob physischer oder psychischer Schmerz.
|
Wolfgang Maul
antwortete am 27.10.00 (11:37):
Johannes Brahms war es, liebe Friedgard... Schön, dass Du wieder in alter Frische mit Deinen Gedichten hier in diesem Forum bist. Viele Grüsse... Wolfgang.
|
Sieghard
antwortete am 27.10.00 (12:05):
Wilhelm Busch wie lehrreich doch nach 100 Jahren immer noch. Das Buch geschmähet, Gott bewahre, noch nicht mal diesen einen Satz Aspekte viele, Wahrheit wahre erst leuchten lassen einen Schatz.
|
Wolfgang
antwortete am 27.10.00 (20:50):
Liebeslied (von Rainer Maria Rilke)
Wie soll ich meine Seele halten, daß sie nicht an deine rührt? Wie soll ich sie hinheben über dich zu andern Dingen? Ach gerne möcht ich sie bei irgendwas Verlorenem im Dunkel unterbringen an einer fremden stillen Stelle, die nicht weiterschwingt,wenn deineTiefen schwingen. Doch alles, was uns anrührt, dich und mich, nimmt uns zusammen wie ein Bogenstrich, der aus zwei Saiten eine Stimme zieht. Auf welches Instrument sind wir gespannt? Und welcher Spieler hat uns in der Hand? O süßes Lied.
|
Heidi Lachnitt
antwortete am 27.10.00 (21:12):
Rainer Maria Rilke
Gott spricht zu jedem nur, eh'er ihn macht, dann geht er schweigend mit ihm aus der Nacht. Aber die Worte, eh' jeder beginnt, diese wolkigen Worte, sind:
Von deinen Sinnen hinausgesandt, geh bis an deiner Sehnsucht Rand; gib mir Gewand.
Hinter den Dingen wachse als Brand, daß ihre Schatten, ausgespannt, immer mich ganz bedecken.
Laß dir alles geschehn: Schönheit und Schrecken, Man muß nur gehn: Kein Gefühl ist das fernste. Laß dich von mir nicht trennen. Nah ist das Land, das sie das Leben nennen.
Du wirst es erkennen an seinem Ernste.
Gib mir die Hand.
|
Heidi Lachnitt
antwortete am 27.10.00 (21:19):
Weil Rilke soviel sagt:
Rainer Maria Rilke
Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen, die sich über die Dinge ziehn. Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen, aber versuchen will ich ihn.
Ich kreise um Gott, um den uralten Turm, und ich kreise jahrtausendelang; und ich weiß noch nicht: bin ich ein Falke, ein Sturm oder ein großer Gesang.
|
Heidi Lachnitt
antwortete am 27.10.00 (21:32):
Damit es nicht langweilig wird :-)
Paul Heyse
Neues Leben
Hat dich die Liebe berührt: still unterm lärmenden Volke gehst du in goldener Wolke, sicher vom Gotte geführt.
Nur wie verloren umher lässest die Blicke du wandern, gönnst ihre Freuden den andern, trägst nur nach Einem Begehr.
Scheu in dich selber verzückt, möchtest du hehlen vergebens, daß nun die Krone des Lebens strahlend die Stirne dir schmückt
|
Gerlinde
antwortete am 27.10.00 (21:47):
Stille weht in das Haus, fühlst du den Atem des Mondes, löse dein Haar, lege dein Haupt in den Blauschein hinaus. Hörst du, das Meer unten am Strand wirft die Schätze an Land; sonst wuchsen im Mond Wünsche, - ein Heer, seit ich dein Auge gesehn, ist die Mondnacht wunschleer.
Max Dauthendey
|
Heidi Lachnitt
antwortete am 27.10.00 (22:22):
Zweimal Walter Baco:
Daß Du mit einer Sternschnuppe vom Himmel gefallen bist - es ist lange her - um in mir ein Feuer zu entfachen, konnte ich gerade noch verstehen - habe ich es doch eigenherzhaft ersehnt;
Daß du mich aber selbst in den Himmel holen willst, um die klare Sternenluft zu schnuppern, das wundert mich - es wundert mich schon lange nichts mehr ...
-----
Wort für Wort Seite an Seite Hand in Hand Hauch um Hauch
Gute Nacht, und ein schönes Wochenende !
|
Sieghard
antwortete am 27.10.00 (23:07):
rosen tulpen nelken diese drei verwelken stahl und eisen bricht aber unsre liebe nicht
aus einem alten poesiealbum
allen gute nacht und wohligen schlaf
|
Wolfgang
antwortete am 28.10.00 (02:06):
Hier etwas für die FrühaufsteherInnen: Die Verse von Eleanor Farjeon, die vom englischen Popsänger Cat Stevens im gleichnamigen Lied berühmt gemacht wurden:
Morning has broken (von Eleanor Farjeon)
Morning has broken, like the first morning. Blackbird has spoken, like the first bird. Praise for the singing, praise for the morning. Praise for the springing fresh from the world.
Sweet the rain's new fall, sunlit from heaven. Like the first dewfall, on the first grass Praise for the sweetness of the wet garden. Sprung in completeness where his feet pass
Mine is the sunlight, mine is the morning. Born of the one light, eden saw play. Praise with elation, praise every morning. God's recreation of the new day.
Morgenlicht leuchtet / rein wie am Anfang. / Frühlied der Amsel, / Schöpferlob klingt. Dank für die Lieder, / Dank für den Morgen, / Dank für das Wort, / dem beides entspringt.
Sanft fallen Tropfen, / sonnendurchleuchtet. / So lag auf erstem / Gras erster Tau. Dank für die Spuren / Gottes im Garten, / grünende Frische, / vollkommnes Blau.
Mein ist die Sonne, / mein ist der Morgen, / Glanz, der zu mir / aus Eden aufbricht! Dank überschwenglich, / Dank Gott am Morgen! / Wiedererschaffen / grüßt uns sein Licht.
Text: Jürgen Henkys (1987) 1990 nach dem englischen "Morning has broken" von Eleanor Farjeon vor 1933; Musik: gälisches Volkslied vor 1900; geistlich vor 1933
|
Gerlinde
antwortete am 28.10.00 (09:37):
Weil sich das Zifferblatt ins Zahnrädchen verknallte und alles liegen und stehen ließ, bekam die Unruh einen Tick, was dem großen Zeiger mächtig auf den Wecker ging und er Anzeige erstattete. Aber alles wäre nicht so schlimm gewesen, hätte nicht der kleine Zeiger das Zahnrädchen ewig damit aufgezogen, bis es völlig aus dem Takt geriet.
Soviel zur Umstellung auf die Winterzeit! Ein schönes Wochenende Euch Lieben, Gerlinde
|
Sieghard
antwortete am 28.10.00 (10:11):
Zeitumstellung: Zifferblatt Zahnrädchen Unruh großer Zeiger Wecker kleiner Zeiger
Der Text ist ein Gleichnis fürs Leben. Danke für die lustige Erinnerung, nachher an den Uhren zu drehen.
Und wieder Busch:
1, 2, 3 im Sauseschritt vergeht die Zeit, wir sausen mit!
|
Heidi Lachnitt
antwortete am 28.10.00 (11:27):
Zeit Umstellung
ja - es ist Zeit meine Zeit umzustellen
vorwärts oder rückwärts? keine Frage
nur vorwärts steht mein Sinn
hl
|
Friedgard.
antwortete am 28.10.00 (11:37):
Ach ist das wieder eine Freude, in den Gedichten zu blättern! Das Stundenbuch von Rilke ging mir die letzte Zeit dauernd durch den Kopf, danke, Heidi! Und das Lied - auch da hab ich gleich die Melodie im Ohr - danke Wolfgang. Und die Zeit, das immerneue Thema -
Ich möchte nochmal auf das Stundenbuch zurückkommen, auf die Gedanken des Mönchs in seiner Zelle. Aus Rainer Maria Rilke: "Das Stundenbuch vom Mönchischen Leben."
Du, Nachbar Gott, wenn ich dich manchesmal in langer Nacht mit hartem Klopfen störe, - so ists, weil ich die selten atmen höre und weiß: Du bist allein im Saal. Und wenn du etwas brauchst, ist keiner da, um deinem Tasten einen Trank zu reichen: Ich horche immer. Gieb ein kleines Zeichen. Ich bin ganz nah.
Nur eine schmale Wand ist zwischen uns, durch Zufall; denn es könnte sein: ein Rufen deines oder meines Munds - und sie bricht ein ganz ohne Lärm und Laut.
Aus deinen Bildern ist sie aufgebaut.
Und deine Bilder stehn vor dir wie Namen. Und wenn einmal das Licht in mir entbrennt, mit welchem meine Tiefe dich erkennt, vergeudet sichs als Glanz auf ihren Rahmen. Und meine Sinne, welche schnell erlahmen, sind ohne Heimat und von dir getrennt.
Wenn es nur einmal so ganz stille wäre. Wenn das Zufällige und Ungefähre verstummte und das nachbarliche Lachen, wenn das Geräusch, da meine Sinne machen, mich nicht so sehr verhinderte am Wachen -:
Dann könnte ich in einem tausendfachen Gedanken bis an deinen Rand dich denken und dich besitzen (nur ein Lächeln lang), um dich an alles Leben zu verschenken wie einen Dank.
Ich wünsche Euch einen schönen sonnigen Herbsttag!
|
Heidi Lachnitt
antwortete am 28.10.00 (21:33):
Rilke:
Römische Fontäne
Zwei Becken, eins das andre übersteigend aus einem alten runden Marmorrand, und aus dem oberen Wasser leis sich neigend zum Wasser, welches unten wartend stand,
dem leise redenden entgegenschweigend und heimlich, gleichsam in der hohlen Hand, ihm Himmel hinter Grün und Dunkel zeigend wie einen unbekannten Gegenstand;
sich selber ruhig in der schönen Schale verbreitend ohne Heimweh, Kreis aus Kreis, nur manchmal träumerisch und tropfenweis
sich niederlassend an den Moosbehängen zum letzten Spiegel, der sein Becken leis von unten lächeln macht mit Übergängen.
|
Gerlinde
antwortete am 28.10.00 (22:01):
Die Blätter fallen, fallen wie von weit, als welkten in den Himmeln ferne Gärten; sie fallen mit verneinender Gebärde.
Und in den Nächten fällt die schwere Erde aus allen Sternen in die Einsamkeit.
Wir alle fallen. Diese Hand da fällt. Und sieh dir andre an: es ist in allen.
Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen unendlich sanft in seinen Händen hält.
Ich wünsche Euch einen schönen Sonntag!
|
Heidi Lachnitt
antwortete am 28.10.00 (23:03):
Helle Nacht
Weich küßt die Zweige Der weiße Mond; Ein Flüstern wohnt Im Laub,als neige, Als schweige sich der Hain zur Ruh - Geliebte du.
Der Weiher ruht, und Die Weide schimmert; Ihr Schatten flimmert In seiner Flut, und Der Wind weint in den Bäumen - Wir träumen ... träumen.
Die Weiden leuchten Beruhigung; Die Niederung Hebt bleich den feuchten Schleier hin zum Himmelssaum - Oh hin - o Traum ...
Paul Verlaine :-)) Gute Nacht!
|
Sieghard
antwortete am 29.10.00 (05:13):
zeiger zurück zeit gewonnen zeiger vor zeit verloren gleiche zeit Seine zeit geschenkte zeit meine zeit kurze zeit
|
Edith
antwortete am 29.10.00 (09:03):
Liebe Heidi, darf ich zur "Römischen Fontäne" von Rilke noch den "Römischen Brunnen" von Conrad Ferdinand Meyer anfügen?
Aufsteigt der Strahl und fallend gießt er voll der Marmorschale Rund, die, sich verschleiernd, überfließt in einer zweiten Schale Grund; die zweite gibt, sie wird zu reich, der dritten wallend ihre Flut, und jede nimmt und gibt zugleich und strömt und ruht.
Allen einen schönen Sonntag!
|
Friedgard
antwortete am 29.10.00 (10:01):
Und der Vollständigkeit halber, liebe Heidi und liebe Edith, hier noch
Der alte Brunnen - von Hans Carossa:
Lösch aus dein Licht und schlaf! Das immer wache Geplätscher nur vom alten Brunnen tönt. Wer aber Gast war unter meinem Dache, Hat sich stets bald an diesen Ton gewöhnt.
Zwar kann es einmal sein, wenn du schon mitten Im Traume bist, daß Unruh geht ums Haus, Der Kies beim Brunnen knirscht von harten Tritten, Das helle Plätschern setzt auf einmal aus,
Und du erwachst, dann mußt du nicht erschrecken! Die Sterne stehn vollzählig überm Land, Und nur ein Wandrer trat ans Marmorbecken, Der schöpft vom Brunnen mit der hohlen Hand.
Er geht gleich weiter, und es rauscht wie immer. O freue dich, du bleibst nicht einsam hier. Viel Wandrer gehen fern im Sternenschimmer, Und mancher noch ist auf dem Weg zu dir.
Ich wünsch Euch allen einen schönen Sonntag!
|
Wolfgang
antwortete am 29.10.00 (10:33):
Es soll ja so etwas geben: Die seltsame Erscheinung, dass auf einmal - im Spätherbst - der Frühling auftaucht. :-)
Ich muß hinaus... (von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben)
Ich muß hinaus, ich muß zu dir, Ich muß es selbst dir sagen: Du bist mein Frühling, du nur mir In diesen lichten Tagen.
Ich will die Rosen nicht mehr sehn, Nicht mehr die grünen Matten, Ich will nicht mehr zu Walde gehn Nach Duft und Klang und Schatten.
Ich will nicht mehr der Lüfte Zug, Nicht mehr der Wellen Rauschen, Ich will nicht mehr der Vögel Flug Und ihrem Liede lauschen.
Ich will hinaus, ich will zu dir, Ich will es selbst dir sagen: Du bist mein Frühling, du nur mir, In diesen lichten Tagen.
|
Sieghard
antwortete am 29.10.00 (11:14):
Gestern Abend erschien hier "Römische Fontäne" von RMR. Man denkt unwillkürlich an C.F. Meyers "Römischen Brunnen" und auch an andere, etwa den von Carossa. Wenn man bei RMR nicht genau hinsieht, könnte man beide Brunnen sogar verwechseln, obwohl der eine zwei, der andere drei Schalen hat.
Meyer hat lange an diesem Gedicht gearbeitet hat. Es sind mehrere Fassungen bekannt. Er arbeitete so lange daran, bis der Text so kurz und so kunstvoll wie möglich war. Drei Brunnenschalen übereinander, darüber erhebt sich der Springquell. Jede Schale empfängt Wasser nicht ohne die anderen, alles gehört zu- sammen, lebt zusammen, die eine verdankt der anderen ihr Leben. Wasser ist Leben. Leben ist Geben und Nehmen, Verdanken und Schen- ken, Bewegung und Ruhe.
. . .
Conrad Ferdinand Meyer (1825-1898)
Der römische Brunnen
Der Springquell plätschert und ergießt Sich in der Marmorschale Grund, Die, sich verschleiernd, überfließt In einer zweiten Schale Rund. Und diese gibt, sie wird zu reich, Der dritten wallend ihre Flut, Und jede nimmt und gibt zugleich Und alles strömt und alles ruht. (1870)
---------------------
Aufsteigt der Strahl und fallend gießt Er voll der Marmorschale Rund, Die, sich verschleiernd, überfließt In einer zweiten Schale Grund; Die zweite gibt, sie wird zu reich, Der dritten wallend ihre Flut, Und jede nimmt und gibt zugleich Und strömt und ruht. (1882)
|
Rose von Selasinsky (sela)
antwortete am 29.10.00 (12:07):
HERBST Blätter wirbeln nieder, Winde jagen wieder, Stunden vergehen, Seelen in der Ferne scheiden, Seelen in der Ferne leiden.- Gedanken kreisen um alte Weisen und hören das Klagen und weilen beim Schlagen müder Herzen, deren Schmerzen Känge des Abschieds sind.- Ein Echo stirbt im Wind.- (Rose v. Selasinsky)
|
Heidi Lachnitt
antwortete am 29.10.00 (15:58):
Schön, all diese Brunnen und mehr - ich liebe Euch! :-))
Mascha Kaléko
Sonne
Ich tat die Augen auf und sah das Helle, Mein Leid verklang wie ein gehauchtes Wort. - Ein Meer von Licht drang flutend in die Zelle, Das trug wie eine Welle mich hinfort.
Und Licht ergoß sich über jede Stelle, Durchwachte Sorgen gingen leis zur Ruh. - Ich tat die Augen auf und sah das Helle, Nun schließ ich sie so bald nicht wieder zu.
|
Evelyn
antwortete am 29.10.00 (17:24):
Heidi,bei der "Zeitumstellung",hast Du bedacht ......? wenn Du rückwärts drehst,bekommst Du blitzartig eine Stunde geschenkt drehst Du vorwärts,dauerts wesentlich länger und Du verlierst eine Stunde....- Ich grüsse Dich. Evelyn
|
Heidi Lachnitt
antwortete am 29.10.00 (17:31):
:-)) Danke, Evelyn, habe meine Uhr natürlich zurück gestellt. Aber meine ZEIT möchte ich niemals zurück stellen, die sehe ich lieber VORWÄRTS!
|
Heidi Lachnitt
antwortete am 29.10.00 (17:33):
NS: Die geschenkte Stunde hat mir heute morgen um 5.15 h sehr gut getan. -- Herzlichen Gruß zurück :-)))
|
Koloman Stumpfögger
antwortete am 29.10.00 (18:06):
Gebet der Sophie Scholl in der letzten Minute
Mein Jesus, du wirst mich nicht fallen lassen.
Aber die Erde ist schön und die Sonne.
Mein Jesus. komm mir entgegen im Licht.
Der Tod ist dunkel und bitter.
Mein Jesus, du wirst mich -
sie kommen
von Catarina Carsten
Quelle: "Im Labyrinth der tausend Wirkichkeiten", S. 15 Edition Doppelpunkt, Wien, 1999
|
Koloman Stumpfögger
antwortete am 29.10.00 (18:14):
Der Spruch
Als der alte Freund die Nachricht vom Tod des alten Freundes erhielt,
eilte er zu ihm mit letzter Kraft, selbst schon die Flügel ausgebreitet zum Flug.
Er legt‘ einen Stein, noch warm von der Hand, auf das Grab des Freundes und sagte zu ihm:
"Mit ihm will ich an deiner Stelle nun weiterbauen am Königreich Gottes auf Erden."
Wenige Tage später ging er auf seine letzt Reise.
von Catarina Carsten
Quelle: "Im Labyrinth der tausend Wirkichkeiten", Edition Doppelpunkt, Wien, 1999, S. 76
|
Heidi Lachnitt
antwortete am 29.10.00 (18:30):
Thema "Tod" Koloman? - gehört zum Leben, nicht sehr animierend - aber wenn Du meinst:
5JÜLR=98% (nur unser alter Freund, der Tod)
"Fünf Jahre lang", sagte er "werde ich an Deine Türe klopfen und fragen, wie's Dir geht"
Und jedes Jahr im Oktober klopfte er getreulich an meine Tür ich lächelte ihm zu und sagte: "Danke, mir geht's gut" und er ging wieder davon.
In diesem Monat kommt er zum fünften Mal, er wird sich verspäten, hat es schon angekündigt am 20. November erst seh' ich ihn
und ich werd' ihm sagen "Danke, mir geht's gut" und "kommst Du jetzt nicht mehr?" hl
|
Koloman Stumpfögger
antwortete am 29.10.00 (18:37):
Empfang am Festtag
Wo das Festkleid, angelegt wird,
das Geschmeide für dich ausgesucht ist,
am Herd das Mahl bereitet wird,
wo die Tür geöffnet wird,
zum Festmahl für dich gedeckt ist,
dort tritt ein, du bist willkommen!
kNs
|
Heidi Lachnitt
antwortete am 29.10.00 (18:42):
*Grübel* war das jetzt sarkastisch? oder ein Themawechsel?
|
kNs
antwortete am 29.10.00 (18:47):
Im Kalender steht: 2. November "Allerseelen" 26. November "Totensonntag"
|
Gerlinde
antwortete am 29.10.00 (21:02):
Singet nicht in Trauertönen von der Einsamkeit der Nacht, nein, sie ist, o holde Schönen, zur Geselligkeit gemacht.
Wie das Weib dem Mann gegeben als die schönste Hälfte war, ist die Nacht das halbe Leben, und die schönste Hälfte zwar.
Könnt ihr euch des Tages freuen, der nur Freuden unterbricht? Er ist gut, sich zu zerstreuen; zu was anderem taugt er nicht.
Aber wenn in nächt`ger Stunde süßer Lampe Dämmrung fließt, und vom Mund zum nahen Munde Scherz und Liebe sich ergießt.
Wenn der rasche lose Knabe, der sonst wild und feurig eilt, oft, bei einer kleinen Gabe, unter leichten Spielen weilt.
Wenn die Nachtigall Verliebten liebevoll ein Liedchen singt, das Gefangnen und Betrübten nur wie Ach und Wehe klingt;
Mit wie leichtem Herzensregen horchet ihr der Glocke nicht, die mit zwölf bedächt`gen Schlägen Ruh und Sicherheit verspricht!
Darum an dem langen Tage merke dir es, liebe Brust: jeder Tag hat seine Plage und die Nacht hat ihre Lust.
J.W.v.Goethe
|
Gisa Ruf
antwortete am 29.10.00 (22:10):
Die Rosenknospen, die du mir schenktest, sind nicht aufgebrochen.
Also konnte es nicht ihr Duft sein, der mir den Schlaf aus den Augen nahm .....
|
Heidi Lachnitt
antwortete am 29.10.00 (23:06):
Weil du nicht da bist
Weil du nicht da bist, sitze ich und schreibe All meine Einsamkeit auf dies Papier. En Fliederzweig schlägt an die Fensterscheibe. Die Maiennacht ruft laut. Doch nicht nach mir.
Weil du nicht da bist,ist der Bäume Blühen, Der Rosen Duft vergebliches Bemühen, Der Nachtigallen Liebesmelodie Nur in Musik gesetzte Ironie.
Weil du nicht da bist, flücht ich mich ins Dunkel. Aus fremden Augen starrt die Stadt mich an Mit grellem Licht und lärmenden Gefunkel, Dem ich nicht folgen, nicht entgehen kann.
Hier unterm Dach sitz ich beim Lampenschimmer, Den Herbst im Herzen, Winter im Gemüt. November singt in mir sein graues Lied. "Weil du nicht da bist" rufen Wand und Schränke, Verstaubte Noten über dem Klavier, Und wenn ich endlich nicht mehr an dich denke, Die Dinge um mich reden nur von dir.
Weil du nicht da bist, blättre ich in Briefen Und weck vergilbte Träume, die schon schliefen. Mein Lachen, Liebster, ist dir nachgereist. Weil du nicht da bist, ist mein Herz verwaist.
Kaléko natürlich, wer sonst
|
Friedgard
antwortete am 30.10.00 (08:31):
Herbstgedanken
Schon Herbst, die Felder müde, und Menschen tragen resigniert dies: war-das-Alles? in den Augen. Die Nebel machen Hartes weich und bricht die Sonne durch, so malt sie Gold, viel Gold: Landschafts-Ikonen. Nicht lange mehr, dann stirbt die Traube in der Kelter, und neuer Wein reift aus ihrem Blut.
F.S.
|
Heidi Lachnitt
antwortete am 30.10.00 (09:01):
Zu Traube und Kelter fiel mir nachstehendes Gedicht wieder ein - ich kenne es seit ca. 35 Jahren und weiß immer noch nicht von wem es ist
Narrenlied
Ich bin der Schatten auf jedermans Freud der Wermut in jedermans Wein ich wandre in einem geliehenen Kleid und wandre mein Lebtag allein
Ich suchte die Minne im März und im Mai die Lieb trägt ein vielfarb Gewand Himmelstrost Höllenpein Gaukelei dem Narren zerrinnts in der Hand
Ich hatte ein Kind und hielt es wie meins es war eines anderen Kind ich gab es der Mutter und hatte keins Narrentränen trocknet der Wind
Ich hatte ein Haus und war drin zu Gast Es war eines anderen Haus Obdach nur fand ich und kurze Rast und muss wandern tagein und tagaus
In die Kelter müssen wir alle hinab der uns presst ist stärker als wir ob es bitteren Trank oder süssen gab das liegt an der Traube - an mir
Ganz schön deprimierend - nicht anstecken lassen :-))! Wünsche allen einen schönen Tag.
|
Sieghard
antwortete am 30.10.00 (15:28):
Nicht immer ist ein Text, der sich nicht reimt, kein Gedicht.
|
Friedgard
antwortete am 30.10.00 (19:58):
Es ist kein Witz: ein Lektor vom Pattloch-Verlag und eine Germanistin haben zu mir gesagt: "Es ist erstaunlich, Ihre Gedichte sind sogar dann gut, wenn sie sich reimen." Und eine Mail-Partnerin sagte: "Für mich ist es kein Gedicht, wenn es sich nicht reimt." Also ist es am besten wenn man sich nur nach sich selbst richtet.
|
Gerlinde
antwortete am 30.10.00 (21:04):
Wandrer, Wandrer sind wir alle!
Wie nach großem Blätterfalle hilflos irrt das Laub im Wind- Wandrer, Wandrer sind wir alle, Mann und Weib und Greis und Kind.
Sag`, woher bist du gekommen, Seele? -- Aus der Dunkelheit! Und welch Ziel hast du genommen, Seele? -- In die Dunkelheit!
Hört ihr`s - Anfang und das Ende, immer wars die Dunkelheit! Reichen wir uns still die Hände, wir verirrten Wandersleut`!
|
Wolfgang
antwortete am 30.10.00 (21:40):
Leben, lieben, und doch letztendlich alles vergeblich... Mit offenen Augen untergehn und trotzdem leben... Für kalte Nächte, wenn die Lemuren umhergeistern. Auf mich hat dies schöne Gedicht immer eine tröstende Wirkung:
Die große Fracht (von Ingeborg Bachmann)
Die große Fracht des Sommers ist verladen, das Sonnenschiff im Hafen liegt bereit, wenn hinter dir die Möwe stürzt und schreit. Die große Fracht des Sommers ist verladen.
Das Sonnenschiff im Hafen liegt bereit, und auf die Lippen der Galionsfiguren tritt unverhüllt das Lächeln der Lemuren. Das Sonnenschiff im Hafen liegt bereit.
Wenn hinter dir die Möwe stürzt und schreit, kommt aus dem Westen der Befehl zu sinken; . doch offnen Augs wirst du im Licht ertrinken, wenn hinter dir die Möwe stürzt und schreit.
|
Heidi Lachnitt
antwortete am 30.10.00 (22:36):
Eine türkische Lyrikerin aus Köln: Serap Tamet aus "Selbst die Schatten tragen ihre Glut" Edition L
Gedanken
Sag mir etwas etwas das ich nicht kenne. Etwas über Glück oder Zufriedenheit. Erzähl mir etwas etwas über ein Gedicht wo der Tod nicht vorkommt. Sing mir ein Liebeslied ohne Liebesleid. Sag mir etwas etwas über das was ich SUCHE damit ich da suchen kann wo ich nie gesucht habe. Laß mich hören von etwas, das ich nicht kenne etwas über Zärtlichkeit oder Geborgenheit und Wärme. Lies mir ein Märchen vor, worin das wahre Leben nicht vorkommt. Laß mich einen Traum träumen der kein Ende hat. Sag mir etwas über den Sinn meines daSEINS damit ich ICH sein kann.
|
Friedgard
antwortete am 31.10.00 (08:26):
31.10. ist für mich ein Gedenktag. Daher heute:
Todes-Erfahrung von Rainer Maria Rilke
Wir wissen nichts von diesem Hingehn, das nicht mit uns teilt. Wir haben keinen Grund, Bewunderung und Liebe oder Haß dem Tod zu zeigen, den ein Maskenmund
tragischer Klage wunderlich entstellt. Noch ist die Welt voll Rollen, die wir spielen. Solang wir sorgen, ob wir auch gefielen, spielt auch der Tod, obwohl er nicht gefällt.
Doch als du gingst, da brach in diese Bühne ein Streifen Wirklichkeit durch jenen Spalt durch den du hingingst: Grün wirklicher Grüne, wirklicher Sonnenschein, wirklicher Wald.
Wir spielen weiter. Bang und schwer Erlerntes hersagend und Gebärden dann und wann aufhebend; aber dein von uns entferntes, aus unserm Stück entrücktes Dasein kann
uns manchmal überkommen, wie ein Wissen von jener Wirklichkeit sich niedersenkend, so daß wir eine Weile hingerissen das Leben spielen, nicht an Beifall denkend.
|
Heidi
antwortete am 31.10.00 (08:53):
......
er ist freundlich zu denen, die gehen müssen und gibt den Schmerz an die, die bleiben - der Trost liegt in der Zeit
hl
|
Heidi Lachnitt
antwortete am 31.10.00 (17:42):
Gottfried Keller
Abendlied
Augen, meine lieben Fensterlein, Gebt mir schon so lange holden Schein, Lasset freundlich Bild um Bild herein: Einmal werdet ihr verdunkelt sein!
Fallen einst die müden Lider zu, Löscht ihr aus, dann hat die Seele Ruh; Tastend streift sie ab die Wanderschuh', Legt sich auch in ihre finstre Truh'.
Noch zwei Fünklein sieht sie glimmend stehn Wie zwei Sternlein, innerlich zu sehn, Bis sie schwanken und dann auch vergehn, Wie von eines Falters Flügelwehn.
Doch noch wandl' ich auf dem Abendfeld, Nur dem sinkenden Gestirn gesellt; Trinkt, o Augen, was die Wimper hält, Von dem goldnen Überfluß der Welt!
|
Ilse
antwortete am 31.10.00 (18:02):
"Sag' mir, wo die Blumen sind, wo sind sie geblieben? ...
Marlene Dietrich hat es gesungen. Einer der schönsten Songs, die ich kenne. Mit wenigen Worten wird so viel ausgedrückt! Mein Herz hängt daran. Hat einer von Euch die Platte und kann sie mir auf MC oder CD überspielen?
|
Koloman Stumpfögger
antwortete am 01.11.00 (01:11):
Über den Wolken
Über den Wolken muß die Freiheit wohl grenzenlos sein. Alle Ängste, alle Sorgen, sagt man, blieben darunter verborgen. Und dann würde, was uns groß und wichtig erscheint plötzlich nichtig und klein.
von Reinhard Mey, 1974
|
Sieghard
antwortete am 01.11.00 (08:11):
Heute ist Allerheiligen. Bei uns ist Sonnenschein. Hoffentlich überall. Einen schönen Feiertag allen. Hier von einer Teilnehmerin wiederholt dies wun- derbare Gedicht. Ich liebe es.
Himmel blau Sonne gelb wärmt die Welt
Wolken grau Regen blau tränkt die Welt
Sonne rot Herz voll Glut liebt die Welt
hl
|
Gerlinde
antwortete am 01.11.00 (14:47):
Zeit und Seele
Es dämmern Pyramiden in stolzer Einsamkeit weit in den Wüstenfrieden. Darüber rollt die Zeit.
Und Marmortempel ragen in lichter Herrlichkeit aus hohen Griechentagen. Darüber rollt die Zeit.
Auch wuchsen schlanke Dome aus des Erlösers Leid sich spiegelnd sanft im Strome. Darüber rollt die Zeit.
Die Seele fährt mit Wehen des Sturms darüber hin mit seligem Verstehen, uralt von Anbeginn.
|
Karl
antwortete am 01.11.00 (19:15):
Teil 3 wird jetzt geschlossen und ins Archiv gestellt. Die E-Mail Adressen übertrage ich zu Teil 4, der bereits begonnen wurde.
MfG Karl
|
|