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THEMA: Liebeserklärung
17 Antwort(en).
Marianne
begann die Diskussion am 18.02.03 (20:51) mit folgendem Beitrag:
Tucholsky
An die Berlinerin
Mädchen, kein Casanova Hätte dir je imponiert. Glaubst du vielleicht, was ein doofer Schwärmer von dir phantasiert? Romeo, liebesbesiegt, würdest du leise flüstern: „Woll mit die Pauke jepiekt-?“ Willst du romantische Feste, gehst du beis Kino hin... Du bist doch Mutterns Beste, du, die Berlinerin-!
Venus der Spree – wie so fleißig Liebst du, wie pünktlich dabei! Zieren bis zwölf Uhr drei,ßig Küssen bis nachts um zwei. Alles erledigst du fachlich, bleibst noch im Liebesschwur ordentlich, sauber und sachlich: Lebende Registratur! Wie dich sein Arm auch presste: Gibst dich nur her und nicht hin. Bist ja doch Mutterns Beste, du, die Berlinerin-!
Wochentags führst du ja gerne Nadel und Lineal. Sonntags leuchten die Sterne Preußisch - sentimental. Denkst du der Maulwurfsstola. Die dir dein Freund spendiert? Leuchtendes Vorbild der Pola! Wackle wie sie geziert.
Älter wirst du. Die Reste Gehen mit den Jahren dahin. Laß die mondäne Geste! Bist ja doch Mutterns Beste, du süße Berlinerin.
Zitiert nach: Tucholsky „So siehst du aus“
Mir hat diese Hommage an die Mächens und Frauen der Stadt, die ich als meine Heimat betrachte, immer sehr gefallen.
Ich denke, da wir (Männer und Frauen) hier aus so verschiedenen Teilen des deutschen Sprachraums kommen, haben noch viele von uns so ein Liebesgedicht an seinen/ seine
Dialektgenossin/ Dialektgenossen auf Lager. Nun warte ich auf Ähnliches aus allen deutschsprachigen Landen!
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Marianne
antwortete am 18.02.03 (21:07):
Nachkorrektur:
Sänge mit wogenden Nüstern Romeo, liebesbesiegt, würdest du leise flüstern: Woll mit die Pauke jepikt.
Na ja, nobody tippt perfekt. Ich bin Nobody.
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Medea.
antwortete am 18.02.03 (22:52):
Graf Eberstein
Zu Speyer im Saale, da hebt sich ein Klingen, mit Fackeln und Kerzen ein Tanzen und Springen. Graf Eberstein führet den Reih'n mit des Kaisers holdseligem Töchterlein.
Und als er sie schwingt nun im luftigen Reigen, da flüstert sie leise (sie kann's nicht verschweigen): "Graf Eberstein, hüte Dich fein! Heut nacht wird dein Schlößlein gefährdet sein."
"Ei!", denket der Graf "Euer Kaiserlich' Gnaden, so habt Ihr mich darum zum Tanze geladen!" Er sucht sein Roß, läßt seinen Troß und jagt nach seinem gefährdeten Schloß.
Um Ebersteins Feste, da wimmelt's von Streitern, sie schleichen im Nebel mit Hacken und Leitern. Graf Eberstein, grüßet sie fein, er wirft sie vom Wall in dei Gräben hinein.
Als nun der Herr Kaiser am Morgen gekommen, da meint er, es seie die Burg schon genommen. Doch auf dem Wall tanzen mit Schall der Graf und seine Gewappneten all:
"Herr Kaiser, beschleicht Ihr ein andermal Schlösser, tut's not, ihr versteht auf das Tanzen Euch besser. Euer Töchterlein, tanzet so fein, dem soll meine Veste geöffnet sein."
Im Schlosse des Grafen da hebt sich ein Klingen, mit Fackeln und Kerzen ein Tanzen und Springen. Graf Eberstein, führer den Reih'n mit des Kaiser holdseligem Töchterlein.
Und als er sie schwingt nun im bräutlichen Reigen, da flüstert er leise (er kann's nicht verschweigen): "Schön Jungfräulein, hüte Dich fein! Heut Nacht wird Dein Schlößlein gefährdet sein."
Ludwig Uhland.
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Nuxel
antwortete am 18.02.03 (23:19):
Liebe Medea
Mit Deinem Liedtext hast Du eine Erinnerung wachgerufen-Danke!
Meine Mutter sang mit ihrer warmen Stimme dieses Lied und spielte die Begleitung auf der Laute.
(eine Laute ist ein ähnliches Instrument,wie eine Gitarre,hat aber satt des flachen Rückens einen gewölbten,dadurch einen wärmeren Klang)
Nuxel
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Marianne
antwortete am 19.02.03 (08:23):
Franz Stelzhamer
vergleicht in der inoffiziellen Landeshymne Öberösterreichs , der Heimat des besten aller Ehemänner ( meiner!) diese mit der Mutter.
Strophe 1
Hoamatland, Hoamatland! Han di so gern, wiar Kinderl sein Muader, a Hinderl sein`Herrn.
Letzte Strophe Dahoam is dahoam, Wannst nöt furt muaßt, so bleib; Denn d`Hoamat is ehnta ( eher) Da zweit Muadaleib.
Dazwischen liegen, wie ihr Euch vorstellen könnt, Strophen, in denen Stelzhamer sein Land so liebenswert darstellt, wie er es empfindet.
( zitiert nach Franz Stelzhamer „ O so schen is dö Welt „ hrsg. Innviertler Künstlergilde Ried i. I. 1952
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Katharina
antwortete am 19.02.03 (09:00):
Grüße aus Wien von Katharina
Auf eine Wienerin
Heiter ohne Schwere,
wo auf Erden wäre
jene stille Größe, die dich ehrt;
diese Leidensreine,
und im Glück dies feine
Lächeln, noch im Makel liebenswert.
So viel Anmut lassen,
soviel Welt-erfassen
dieser Landschaft Genien nicht im Stich:
die den Strom bewohnen
und die Hügelkronen,
gute Göttlichkeiten schützen dich.
Wenn ich leise klage
Um die alten Tage,
nimm es als Teil des Wieners hin!
Hätt ich nicht dem Herzen
Diese Lust der Schmerzen,
liebt ich denn in dir die Wienerin?
Dir, der ewig Jungen
Tief ins Blut gedrungen
Ist der Kunst geheimnisvolles Reich.
Aufgelöst im Tanze
Zeigst du unsre ganze
Künstlergabe, warm und rhythmenweich,
die am Quell des Lebens
lebt und süßen Schwebens
noch den Alltag adelt mit Musik:
Aller Weisheit Krone,
bittrer Zeit zum Hohne
gibst du sie bittern Zeit zurück.
Laß mich ruhig klagen!
Deine Augen sagen
Mir den Sieg der Schönheit stolz voraus.
Ewig unverloren,
Stadt, die dich geboren,
und gesegnet bis ans letzte Haus!
Zitiert nach: Josef Weinheber " Gedichte" ausgewählt von Friedrich Sacher
Buchgemeinschaft Donauland . Wien
copyright 1966 by Hoffmann und Campe, Hamburg
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sofia204
antwortete am 19.02.03 (12:04):
liebe Katharina, wie/wo ist die Melodie zu dieser Hymne ? Bin sehr berührt
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Antonius
antwortete am 19.02.03 (12:19):
Eine schöne Idee: Liebesgedichte... Da fallen mir zuerst Mörike-Gedichte ein. Nicht nur die an Luise Rau, sondern z.B. "Erstes Liebeslied eines Mädchens". Aber ich bin kein Schwabe. Da möchte ich einen fast vergessenen, westfälischen Heimatdichter vorstellen: Heinrich Kämpchen, ein Bergarbeiter und Gewerkschafter:
Heinrich Kämpchen: Der gestohlene "Mutterklotz"
Zum Bergmann spricht der Zechenprotz: Du stahlst dir einen Mutterklotz, Hast Grubeneigentum genommen. Mein Freund, das wird dir schlecht bekommen.
Ich zeig' es an dem Staatsanwalt, Der setzt dich für sechs Wochen kalt - Dann kannst du in der Stille walten Und weiter Mutterklötze spalten.
Du siehst nun, wie's dem Diebe geht - Ich nahm dich oft schon ins Gebet, Hab' dich ermahnt zu deinem Frommen, Du hast's zu Herzen nicht genommen.
Und wenn du flennst - es nutzt dir nicht, Verfallen bist du dem Gericht. - Ich will's - du sollst ins Kittchen wandern! Recht zum Exempel für die andern.
Du jammerst - sprichst von Weib und Kind - Ja, guter Freund, warst du denn blind? Das konntest du schon früher wissen Und wohl das Mutterklötzchen missen.
Marsch fort, und stör mich länger nicht, Wo es mir so an Zeit gebricht! Du wirst verschwinden für sechs Wochen! Es bleibt dabei - ich hab's gesprochen! (Bergarbeiterzeitung, 14. 3. 1903)
Dies ist (auch) ein Liebesgedicht für alle Frauen und Mütter im Puhrpott. - So bliebe noch zu fragen, was der "Mutterklotz" ist; das Wort hat nie im Duden gestanden. Im Ruhrpott weiß man es noch heute: "Mutterklötzkes": übriggebliebene Stücke vom Strebholz, die die Bergleute als Gewohnheitsrecht nach Hause zur Mutter (der eigenen Mutter oder der seiner Kinder) als Feuerholz mitbrachten, bis es verboten und bestraft wurde. Heut hat das Wort allgemeinere Bedeutung in der Bergarbeitersprache für liebe, nette Mitbringsel.
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Nuxel
antwortete am 19.02.03 (12:43):
Eichendorff Joseph von
Wer in die Fremde will wandern, Der muß mit der Liebsten gehn, Es jubeln und lassen die andern Den Fremden alleine stehn.
Was wisset ihr, dunkele Wipfeln Von der alten schönen Zeit? Ach, die Heimat hinter den Gipfeln, Wie liegt sie von hier so weit.
Am liebsten betracht' ich die Sterne, Die schienen, wie ich ging zu ihr, Die Nachtigall hör' ich so gerne, Sie sang vor der Liebsten Tür.
Der Morgen, das ist meine Freude! Da steig' ich in stiller Stund' Auf den höchsten Berg in die Weite, Grüß' dich, Deutschland, aus Herzensgrund!
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Barbara
antwortete am 19.02.03 (19:43):
Kann überall passieren:
Erfolgloser Liebhaber
Ein Mensch wollt sich ein Weib erringen, Doch leider konnts ihm nicht gelingen. Er ließ sich drum, vor weitern Taten, Von Frauen und Männern wohl beraten: "Nur nicht gleich küssen, tätscheln, tappen!" "Greif herzhaft zu, dann muss es klappen" "Lass deine ernste Absicht spüren!" "Sei leicht und wahllos im Verführen!" "Der Seele Reichtum lege bloß!" "Sei scheinbar kalt und rücksichtslos!" Der Mensch hat alles durchgeprobt, Hat hier sich ehrenhaft verlobt, Hat dort sich süß herangeplaudert, Hat zugegriffen und gezaudert, Hat Furcht und Mitleid auferweckt, Hat sich verschwiegen, sich entdeckt, War zärtlich kühn, war reiner Tor, Doch wie er's machte - er verlor. Zwar stimmte jeder Rat genau, Doch jeweils nicht für jede Frau!
....leider nicht von mir sondern von Eugen Roth
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Katahrina
antwortete am 20.02.03 (09:39):
liebe sophia,
ich glaube, dass das gedicht nicht vertont ist. ich habe nichts entsprechendes gefunden.
liebe grüße katharina
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sofia204
antwortete am 20.02.03 (18:44):
Aufforderung
Im Erlenschatten , Liebste, im Erlenschatten, nicht.
Unter der Pappel, ja, dem Weiß und Grün der Pappel.
Weißes Blatt, du, grünes Blatt, ich.
Rafael Alberti
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Antonius
antwortete am 20.02.03 (19:20):
Günter Grass: EHE
Wir haben Kinder, das zählt bis zwei. Meistens gehen wir in verschiedene Filme. Vom Auseinanderleben sprechen die Freunde. Doch meine und Deine Interessen berühren sich immer noch an immer den gleichen Stellen. Nicht nur die Frage nach den Manschettenknöpfen. Auch Dienstleistungen: Halt mal den Spiegel. Glühbirnen auswechseln. Etwas abholen. Oder Gespräche, bis alles besprochen ist. Zwei Sender, die manchmal gleichzeitig auf Empfang gestellt sind. Soll ich abschalten? Erschöpfung lügt Harmonie. Was sind wir uns schuldig? Das. Ich mag das nicht: Deine Haare im Klo. Aber nach elf Jahren noch Spaß an der Sache. Ein Fleisch sein bei schwankenden Preisen. Wir denken sparsam in Kleingeld. Im Dunkeln glaubst Du mir alles. Aufribbeln und Neustricken. Gedehnte Vorsicht. Dankeschönsagen. Nimm dich zusammen. Dein Rasen vor unserem Haus. Jetzt bist Du wieder ironisch. Lach doch darüber. Hau doch ab, wenn Du kannst. Unser Hass ist witterungsbeständig. Doch manchmal, zerstreut, sind wir zärtlich. Die Zeugnisse der Kinder müssen unterschrieben werden. Wir setzen uns von der Steuer ab. Erst übermorgen ist Schluss. Du. Ja Du. Rauch nicht so viel. (Aus: Ausgefragt. 1967)
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Marianne
antwortete am 21.02.03 (09:10):
Zusammenfassung:
Ich denke mal, diese Sache ist uns gelungen:
Katharina schildert uns mit Weinheber die Wienerin als liebenswürdige, kunstbeflissene und musikalische Frau- ein Vergnügen für jeden Mann gleicher Denkungsart. Bei Medea , die mit Uhland stolz auf die Geschichtsträchtigkeit unseres Landes ist, erfahren wir von den unbewussten Kräften der Frauen, die oft viel mehr ahnen als die Männer wissen. Antonius erzählt uns im Gedicht „Der Mutterklotz“ vom schweren Leben der Bergarbeiter, das sie wohl auf sich nehmen wegen ihrer Frauen und Kinder. Sie klauen Holz, damit diese es zu Hause wenigstens warm haben. Nuxel kann mit Eichendorff die Liebe zur Heimat nur im Beisammensein mit der Liebsten sehen. Barbara weckt mit Eugen Roth wieder Heiterkeit ob des vergeblichen Versuches der Männer, bei den Frauen „zu landen“. Eine Liebeserklärung an das geheimnisvolle Wesen Frau ! Sophia 204 widerspricht in gekonnter Weise mit Rafael Alberti mit dem Hinweis, dass erst weiß und grün das Erleben der Liebe möglich macht: Mann und Frau! Ihre Worte sind ein Loblied auf die Liebe. Antonius stimmt dem mit Grass auf der Ebene des Alltags witzig zu, indem er mit dem Autor das Bild einer Ehe zeichnet, in der Er und Sie sich im täglichen Widerspruch als unzerstörbare Einheit empfinden.
Na und ich? Ich habe mich entschlossen, mich mit der Tuchoschen Berlinerin zu identifizieren, nüchtern und realistisch. Und mit dem Stelzhamergedicht wollte ich einen Tipp geben, wie Heimat auch als geliebte gelobt werden kann: als Mutter.
Falls ich Euch, meine lieben Mitschreiber falsch verstanden habe, bitte ich im Vorhinein um Verzeihung. Mir gefällt, was wir gemeinsam geschafft haben.
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Nuxel
antwortete am 21.02.03 (10:31):
Marianne
"Nuxel empfindet die Liebe zur Heimat nicht mit der Liebsten"
sondern: *wer in die Fremde will wandern*---- der sollte als Fremder unter Fremden seine Liebe mitnehmen*
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Marianne
antwortete am 21.02.03 (12:14):
Nuxel
Gerade in der Fremde findet sich der Mensch mit der Heimat am engsten verbunden und die Fremde wird ihm weniger fremd, wenn er mit der Liebsten geht.
So lese und las ich das schöne Eichendorffgedicht immer. Aber, ich bat ja schon um Verzeihung, da ich ungefragt an Eure Gedichte meine Deutungsmuster angelegt habe.
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Nuxel
antwortete am 21.02.03 (13:47):
Marianne
ich kann dieses vertonte Eichendorff -Gedicht auch singen
kannste das auch?
lass uns mal im "Dütt" singen,vielleicht klingts dann plausibler----?
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katharina
antwortete am 22.02.03 (12:18):
das ist wirklich ein schöner thread geworden und mir gefällt es sehr gut, wie marianne ihn zusammengefasst hat. zum abschluss noch mein lieblings-liebesgedicht:
ich liege bei dir. deine arme halten mich. deine arme halten mehr als ich bin. deine arme halten, was ich bin wenn ich bei dir liege und deine arme mich halten.
(ernst jandl)
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