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THEMA: Gedichte Kapitel 29
101 Antwort(en).
team seniorentreff
begann die Diskussion am 18.01.03 (18:53) mit folgendem Beitrag:
Ein neues Kapitel "Gedichte".
Kapitel 28 wird archiviert unter /seniorentreff/de/diskussion/archiv4/a384.html
Weiterhin viel Freude beim Schreiben und Lesen.
Internet-Tipp: /seniorentreff/de/diskussion/archiv4/a384.html
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sieghard
antwortete am 18.01.03 (20:28):
Gottlieder eines Gläubigen
Am Ufer deiner ewigen Unendlichkeit wandle, irre ich und suche dich. Es starrt der Blick zum Meere unverwandt, es müht sich und versinkt der Fuß im Sand, es hebt sich immer in den Wind die Hand. Und wie das Meer herüber Well um Welle trägt, und mir mein Herz das rote Blut bis an die Lippen schlägt,
Gott, Gott, ich suche dich. Du bist das Meer, das Meer, und ich bin eine Hand voll Sand, verschäumt, verweht. Ich bin am öden, weiten Strand der schwarze Tang, durch den der Wandrer strauchelnd geht. Ich bin mein Leben lang nur das zerschellte Wrack. Und du das Meer, das über alles her unendlich flutet Tag und Tag.
[Ernst Thrasolt 1878-1945] . Gruß an Dela .
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..
antwortete am 19.01.03 (13:06):
sie sollten nicht verloren gehen..
zur Erinnerung:
Weses Gedichte (solange sie noch online sind)
https://home.t-online.de/home/wesebay/lyrik/gedichte.htm
Internet-Tipp: https://home.t-online.de/home/wesebay/lyrik/gedichte.htm
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Marie2
antwortete am 19.01.03 (19:53):
Gründe
Weil das alles nicht hilft
Sie tun ja doch was sie wollen
Weil ich mir nicht nochmals
die Finger verbrennen will
Weil man nur lachen wird:
Auf dich haben sie gewartet
Und warum immer ich?
Keiner wird es mir danken
Weil da niemand mehr durchsieht
sondern höchstens noch mehr kaputtgeht
Weil jedes Schlechte
vielleicht auch sein Gutes hat
Weil es Sache des Standpunktes ist
und überhaupt wem soll man glauben
Weil auch bei den anderen nur
mit Wasser gekocht wird
Weil ich das lieber
Berufeneren überlasse
Weil man nie weiß
wie einem das schaden kann
Weil sich die Mühe nicht lohnt
weil sie alle das gar nicht wert sind„
Das sind Todesursachen
zu schreiben auf unsere Gräber
die nicht mehr gegraben werden
wenn das die Ursachen sind
Erich Fried
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Medea
antwortete am 21.01.03 (16:53):
Jeden Tag als eine Gabe, als ein Geschenk annehmen. Steh morgens nicht zu spät auf, schau in den Spiegel, lach Dich an und sage zu Dir: Guten Morgen! Dann bist Du schon in Übung, dann kannst Du es auch anderen sagen.
Fang den Tag von heute nicht mit den Scherben von gestern an.
Humor und Geduld sind die Kamele, mit denen ich durch jede Wüste komme.
Glück kannst Du nicht kaufen, doch Liebe gibt es umsonst.
Das Leben ist viel zu kurz und unsere Welt viel zu klein, um ein Schlachtfeld daraus zu machen.
Legt alle Waffen der Welt einem Franz von Assisi in die Hand, und Ihr könnt auf beiden Ohren schlafen.
Phil Bosmans.
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dela
antwortete am 22.01.03 (15:11):
man redet am ehesten von der eigenschaft, die man nicht hat....;-)), aber ich arbeite... _____________________________________________________
Geduld
(Elli Michler)
Ich wünsche dir Geduld. Eine Tugend, wie Engel sie haben, die uns geneigt sind in ihrer Huld. Geduld ist die mächtigste unter den Gaben. Ich wünsche dir Geduld, die das Begonnene glücklich zu Ende bringt, ob es nun wenig ist oder viel. Geduld, die dich sicher macht, dass es gelingt, sanft in beharrlichem Spiel. Ich wünsche dir Geduld, die dir hilft, an deiner Enttäuschung zu reifen, Geduld, auch schier Unbegreifliches noch zu begreifen. Ich wünsche dir Geduld, wenn es dir auferlegt ist zu warten. Das Glück kommt immer zu jenen, welche geduldig verharrten. Ich wünsche dir Geduld, die du brauchst zum Verzicht, zum Vergeben von Schuld. Geduld hat Gewicht. Geduld ist genauso wichtig wie Mut für dein tägliches Überleben. Während er laut ist, bleibt sie ganz still auf der Hut. Himmlische Kräfte sind ihr gegeben: Geduld, die dich leise beschwören will, niemals aufzugeben.
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Medea.
antwortete am 22.01.03 (19:19):
@ Dela
"Gott hat Achtung vor mir, wenn ich arbeite ....
aber er liebt mich, wenn ich singe.
(Tagore)
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dela
antwortete am 22.01.03 (20:31):
gruess dich MEDEA...
ich arbeite an mir, um geduldiger zu werden ;-)
unter meinen texten fand ich ein tanka : _____________________________________________
Wenn du arbeitest wird man dich dafür schätzen. Geliebt wirst du nur,
wenn du tanzt alle Tage zur Melodie der Elfen.
16. April 2002
(D)
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Marie2
antwortete am 22.01.03 (22:15):
Ich lobe den Tanz
Ich lobe den Tanz, denn er befreit den Menschen von der Schwere der Dinge; bindet de Vereinzelten zu Gemeinschaft.
Ich lobe den Tanz, der alles fordert und fördert; Gesundheit und klaren Geist und eine beschwingte Seele.
Tanz ist Verwandlung des Traumes, der Zeit, des Menschen, der dauernd in Gefahr ist, zu zerfallen, ganz Hirn, Wille oder Gefühl zu werden.
Der Tanz dagegen fordert den ganzen Menschen, der in seiner Mitte verankert ist, der nicht besessen ist von der Begehrlichkeit nach Menschen und Dingen und von der Dämonie der Verlassenheit im eigenen Ich.
Der Tanz fordert den befreiten, den schwingenden Menschen im Gleichgewicht aller Kräfte. Ich lobe den Tanz!
O Mensch, lerne tanzen, sonst wissen die Engel im Himmel mit dir nichts anzufangen.
- Das Gedicht wird Augustinus zugeschrieben –
@dela Was ist ein tanka?
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Erika Kalkert
antwortete am 23.01.03 (09:26):
Warum es keinen Krieg geben kann
Chinesisches Märchen von Ernst Penzoldt
(Veröffentlicht in der Mitgliedszeitschrift "Frau und Mutter" der Kath. Frauengemeinschaft Deutschlands. kfd)
Als der Krieg zwischen den beiden benachbarten Völkern unvermeidlich war, schickten die feindlichen Feldherrn Späher aus, um zu erkunden, wo man am leichtesten in das Nachbarland einfallen könnte. Und die Kundschafter kehrten zurück und berichteten ungefähr mit den gleichen Worten ihren Vorgesetzten: Es gäbe nur eine Stelle an der Grenze, um in das andere Land einzubrechen. "Dort aber", sagten sie, "wohnt ein braver Bauer in einem kleinen Haus mit seiner anmutigen Frau. Sie haben einander lieb, und es heißt, sie seien die glücklichsten Menschen auf der Welt. Sie haben ein Kind. Wenn wir nun über das kleine Grundstück in Feindesland einmarschieren, dann würden wir dieses Glück zerstören. Also kann es keinen Krieg geben." Das sahen die Feldherren denn auch wohl oder übel ein, und der Krieg unterblieb, wie jeder Mensch begreifen wird.
Leider ist dies nur ein Märchen.
Erika
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Angelika
antwortete am 23.01.03 (12:58):
Angemessenes Gedicht zur Aktualität in manchen Forenthemen:
In den Herzen der folgsamen Kinder nistet knisternd und raschelnd die Rache (H.C. Flemming )
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dela
antwortete am 23.01.03 (14:51):
@marie2
Schon seit dem 4. Jahrhundert ist das Tanka (...) aus Japan bekannt. Es hat eine fünfzeilige Gestaltungsform und ist der Vorläufer des Haiku. Es besteht aus einem dreizeiligen Oberstollen, 5 - 7 – 5 silbig und aus einem zweizeiligen Unterstollen 7 – 7 silbig. Es umfasst somit 31 Silben.
aus: Haiku Linde ____________________________________________________
Zarte Schneeflöckchen zieren Bäume und Sträucher - ausgefallene lichtfunkelnde Schmuckstücke. Jedes glänzt als Unikat.
D.Heider ___________________________________________________
Internet-Tipp: https://https://easy.to/haikulinde
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Marie2
antwortete am 24.01.03 (22:31):
paar, über 50
dass nur noch eines von beiden eine weitere lebensphase wird haben müssen und sie noch lange nicht kommen und kurz sein möge
Ernst Jandl
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hl
antwortete am 25.01.03 (08:56):
Glaubensbekenntnis Nr. 6
Ich glaube nicht, daß Gott die ungestümen Gefälle unsrer schönen Worte mag, die seinen Namen, Namen, Namen rühmen, Ihm schmeicheln wie vor einem Kaufvertrag. Ich glaub, er lauscht, ob einem Seelengrunde noch unverstellt ein leises Wort entquillt, vielleicht gesagt zu einem kleinen Hunde, das mehr als hundert laute Hymnen gilt.
Gertrud von den Brincken
gefunden bei www.reyntjes.de/Anton/Balten/BrinckenGertrudvonder.htm
(aus: G. v. d. B.: Gezeiten und Ausklang. Gedichte aus dem Nachlaß herausgegeben von Winno von Löwenstern. Köln 1992: Mare Balticum. S. 183ff.)
Internet-Tipp: https://www.reyntjes.de/Anton/Balten/BrinckenGertrudvonder.htm
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Adolf
antwortete am 26.01.03 (01:50):
Ich wünsche dir Beredsamkeit
Ich wünsche dir Beredsamkeit. Gemeint ist nicht das Schwätzen. Man kann die Reden unsrer Zeit durch Schweigen gut ersetzen.
Es möge dir, so wünsch' ich, glücken, das, was du denkst schon immerfort, auch mit genau dem gut getroffnen Wort und mit Empfindung auszudrücken.
Aus Wörtern, die in Sprache stecken, ob man sie ausspricht oder schreibt, lässt Wunderbares sich entdecken, was uns sonst tief verborgen bleibt
Beredsamkeit spricht auch aus Gesten und aus der kleinsten guten Tat. Die Redekunst nur zu Protesten beherrscht doch jeder Advokat.
Beredsamkeit, nicht bloß mit Zungen: Mit Zärtlichkeiten insgeheim kann mehr als mit Beteuerungen die Liebe selbst beredsam sein.
Elle Michler einen schönen Sonntag wünscht allen, Adolf
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hl
antwortete am 26.01.03 (10:06):
Kurt Tucholsky Drei Minuten Gehör
Drei Minuten Gehör will ich von euch, die ihr arbeitet- ! Von euch, die ihr den Hammer schwingt, von euch, die ihr auf Krücken hinkt, von euch, die ihr die Feder führt, von euch, die ihr die Kessel schürt, von euch, die mit treuen Händen dem Manne ihre Liebe spenden - von euch, den Jungen und den Alten - : Ihr sollt drei Minuten inne halten. Wir sind ja nicht unter Kriegsgewinnern. Wir wollen uns einmal erinnern:
Die erste Minute gehöre dem Mann. Wer trat vor Jahren in Feldgrau an? Zu Hause die Kinder - zu Hause weint Mutter... Ihr: feldgraues Kanonenfutter - ! Ihr zogt in den lehmigen Ackergraben. Dort saht ihr keinen Fürstenknaben: der soff sich einen in der Etappe und ging mit den Damen in die Klappe. Ihr wurdet geschliffen. Ihr wurdet gedrillt. Wart ihr noch Gottes Ebenbild? In der Kaserne - im Schilderhaus wart ihr niedriger als die schmutzigste Laus. Der Offizier war eine Perle, aber ihr wart nur "Kerle"! Ein elender Schieß- und Grüßautomat. "Sie Schwein! Hände an die Hosennaht - !" Verwundete mochten sich krümmen und biegen: kam ein Prinz, dann hattet ihr stramm zu liegen. Und noch im Massengrab wart ihr die Schweine: Die Offiziere lagen alleine! Ihr wart des Todes billige Ware... So ging das vier lange blutige Jahre. Erinnert ihr euch?
Die zweite Minute gehöre der Frau. Wem wurden zu Hause die Haare grau? Wer schreckte, war der Tag vorbei, in den Nächten auf mit einem Schrei? Wer ist es vier Jahre hindurch gewesen, der anstand in langen Polonaisen, indessen Prinzessinnen und ihre Gatten alles, alles, alles hatten - -? Wem schrieben sie einen kurzen Brief, daß wieder einer in Flandern schlief? Dazu ein Formular mit zwei Zetteln... Wer mußte hier um die Renten betteln? Tränen und Krämpfe und wildes Schrein. Er hatte Ruhe. Ihr wart allein. Oder sie schickten ihn, hinkend am Knüppel, euch in die Arme zurück als Krüppel. So sah sie aus, die wunderbare Große Zeit - vier lange Jahre... Erinnert ihr euch - ?
Die dritte Minute gehört den Jungen! Euch haben sie nicht in die Jacken gezwungen! Ihr wart noch frei! Ihr seid heute frei! Sorgt dafür, daß es immer so sei! An euch hängt die Hoffnung. An euch das Vertraun von Millionen deutschen Männern und Fraun. Ihr sollt nicht strammstehen. Ihr sollt nicht dienen! Ihr sollt frei sein! Zeigt es ihnen! Und wenn sie euch kommen und drohn mit Pistolen -: Geht nicht! Sie sollen euch erst mal holen! Keine Wehrpflicht! Keine Soldaten! Keine Monokel- Potentaten! Keine Orden! Keine Spaliere! Keine Reserveoffiziere! Ihr seid die Zukunft! Euer das Land! Schüttelt es ab, das Knechtschaftsband! Wenn ihr nur wollt, seid ihr alle frei! Euer Wille geschehe! Seid nicht mehr dabei! Wenn ihr nur wollt: bei euch steht der Sieg! - Nie wieder Krieg - !
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hl
antwortete am 27.01.03 (00:23):
Rattenfänger (Rainhard Fendrich)
Es war einmal vor langer Zeit -- man kann fast sag'n: vor einer Ewigkeit -- a kleiner Mann, a Musikant. Er war bekannt im ganzen Land für die Macht und die Magie seiner Flötenmelodie. Doch die Leut', dumm wie die Nacht, war'n bald neidisch auf die Macht. hab'n ihm g'lacht und g'schrie'n dabei: "Des kann doch nur der Teufel sei', der Teufel sei'!"
Seid's ängstlich und paßt's auf! Paßt's auf die Kinder auf! Es gibt noch so viel Rattenfänger! Sie stengan ob'n im Licht und zarr'n mit jedem Ton die Kinder euch davon!
Solang' noch Kinder leb'n, wird's immer G'schichten geb'n über so manchen Rattenfänger. Sie hab'n ihr' ganze Macht, ihr' Kraft und ihr' Magie durch eure Phantasie!
Seid's ängstlich und paßt's auf! Paßt's auf die Kinder auf! Es lauern immer Rattenfänger! Auf einmal rennen's los und alle hinterher, wie Lemminge ins Meer
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sieghard
antwortete am 28.01.03 (09:25):
Urs Allemann
Lebenslauf
Vorgestern hab ich mich in die Socke geschneuzt Gestern hab ich in die Kladde geschissen Heut leck ich mir mit der Zungenspitze die Nase Morgen werf ich die nasse Windel weg Übermorgen mach ich die Augen zu Und starr mir nach wie ich dem Horizont Entgegenhinke und ganz klein verschwinde .
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ianna
antwortete am 29.01.03 (12:01):
Zukunft
Was erwartest du von der Zukunft
Noch ein paar Kriege den Giftneid der Länder salbungsvolle Gespräche das Pathos der Politiker die Nichbeantwortung deiner Fragen woher wohin den Sekundenbruchteil des himmelweiten Pilzes der alles begräbt
oder Frieden ?
Rose Ausländer
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britt
antwortete am 02.02.03 (13:15):
Sonne im Februar
Wir haben die Fenster mit Schnee gewaschen Helios atme sie trocken
Strähn unser frostverästeltes Haar mit dem Sonnenkamm
Freilich wir wissen im Dornengarten hast du schlafende Rosen begraben bald wirst du sie wecken kelchgerecht für die Regentaufe
Wir werden Zeugen sein
Indessen blühn farblose Eisblumen auf dem Moosdach verwesender Väter
Rose Ausländer
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Marie2
antwortete am 02.02.03 (18:33):
Februar
Es kommt eine Zeit, da sagt die Krähe: Ich mache jetzt eine lange Reise.
Sie setzt sich auf eine Eisscholle und treibt den Fluß hinunter. Die Welt ist weiß ´vor lauter Schnee, nur ich bin schwarz. Im Sommer möchte ich weiß sein, schneeweiß. Im Sommer möchte ich eine Möwe sein die ihre weißen Federn über blaue Meere trägt. Krah-krah, sagt die Krähe, das heißt: Schwarz-schwarz.
- Elisabeth Borchers –
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Rosmarie V.
antwortete am 03.02.03 (15:35):
Schneelied ______________
von Peter Härtling
Mit dem Schnee will ich trauern. Schmelzen wird er und deine Schritte vergessen. Hier bist du gegangen.
Kehr zurück. Laß dich bitten mit den erwachten Fluß, dem wieder gefundenen Land.
Jetzt, nach dem Frost, tauen in meinen Briefen die Sätze und holen dich ohne Gedächtnis ein.
Kehr zurück und sei wie vor dem Schnee.
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sieghard
antwortete am 03.02.03 (16:33):
Des Jünglings Name ward in den Schnee geschrieben. Die Sonne kam, zu Wasser schmolz der Schnee, zerronnen ist der Name.
[Kazantzakis, Griechische Passion] . Gruß an Rosmarie .
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Rosmarie.V.
antwortete am 06.02.03 (18:32):
Grauer Wintertag _________________
Von Hermann Hesse
Es ist ein grauer Wintertag, Still und fast ohne Licht, Ein mürrischer Alter, der nicht mag, Daß man noch mit ihm spricht.
Er hört den Fluß, den jungen, ziehn Voll Drang und Leidenschaft; Vorlaut und unnütz dünkt es ihn, Die ungeduldige Kraft.
Er kneift die Augen spöttisch ein Und spart noch mehr am Licht, Ganz sachte fängt er an zu schnei'n, Zieht Schleier vors Gesicht.
In stört in seinem Greisentraum Der Möwen grell Geschrei, Im kahlen Ebereschenbaum Der Amseln Zänkerei.
All das Getue lächert ihn mit seine Wichtigkeit; Er schneielt so vor sich hin Bis in die Dunkelheit.
Schön, nicht?
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sieghard
antwortete am 06.02.03 (23:13):
Christian Adolf Overbeck, 1775-1821
Komm lieber Mai und mache Die Bäume wieder grün Und lasst uns an dem Bache Die kleinen Veilchen blüh'n Wie möchten wir so gerne Ein Blühmchen wieder seh'n Ach lieber Mai wie gerne, Einmal spazieren geh'n
Zwar Wintertage haben Wohl auch der Freuden viel Man kann im Schnee frisch traben Und treibt manch Abendspiel Baut Häuselchen von Karten, Spielt Blind Kuh und fand Auch dies wohl Schlittenfahrten Auf's liebe freie Land Doch wenn die Vöglein singen Und wir dann froh und flinn Auf grünem Rasen springen Das ist ein ander' Ding D'rum komm und bring vor Allem Uns viele Veilchen mit Bring auch viel Nachtigallen Und viele Kuckucks Lied
Am meisten aber dauert Mich Lottchens Herzeleid, Das arme Mädchen lauert Recht auf die Blumenzeit. Umsonst hol ich ihr Spielchen Zum Zeitvertreib herbei, Sie sitzt in ihrem Stühlchen, Wie's Hühnchen auf dem Ei.
Ach, wenn's doch erst gelinder Und grüner draußen wär! Komm, lieber Mai, wir Kinder, Wir bitten gar zu sehr! O komm und bring vor allem Uns viele Veilchen mit, Bring auch viel Nachtigallen Und schöne Kuckucks mit. .
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Adolf
antwortete am 07.02.03 (01:28):
Gut gedrillt Ein Mensch steht stumm, voll schlechter Laune, an einem hohen Gartenzaune. Und müht sich mit gestreckten Zehen, in dieses Paradies zu sehen. Und schließt aus dem erspähten Stück: Hier wohnt der Reichtum, wohnt das Glück. Der Sommer braust im hohen Laub, der Mensch schleicht durch den Straßenstaub und denkt, indes er sich entfernt, was in der Schule er gelernt: Dass bloßer Reichtum nicht genügt, indem dass oft der Schein betrügt. Der Mensch ist plötzlich so bewegt, dass Mitleid heiß sich in ihm regt. Mit all den armen reichen Leuten – er weiß es selber kaum zu deuten. Doch wir bewundern wieder mal dies Glanzdressurstück der Moral. Eugen Roth
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Adolf
antwortete am 07.02.03 (03:01):
Ein bisschen mehr Friede
Ein bisschen mehr Friede und weniger Streit Ein bisschen mehr Güte und weniger Neid Ein bisschen mehr Liebe und weniger Hass Ein bisschen mehr Wahrheit - das wäre was
Satt soviel Unrast ein bisschen mehr Ruh Statt immer nur Ich ein bisschen mehr Du Statt Angst und Hemmungen ein bisschen mehr Mut Und Kraft zum Handel – das wäre gut
In Trübsal und Dunkel ein bisschen mehr Licht Kein quälend Verlangen, ein bisschen Verzicht Und viel mehr Blumen, so lange es geht Nicht erst an den Gräbern – da blühn sie zu spät
Ein bisschen mehr Friede und weniger Streit Ein bisschen mehr Güte und weniger Neid Ein bisschen mehr Liebe und weniger Hass Ein bisschen mehr Wahrheit - das wäre was
Ziel sei der Friede des Herzen Besseres weiß ich nicht!
Aus „Mein Lied“ von Peter Rosegger
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Medea.
antwortete am 07.02.03 (11:03):
Das Nota Bene (Text Klabund)
Holt mir Wein aus vollen Krügen nota bene, Wein vom Sundgau. Und ein Weib soll bei mir liegen nota bene, eine Jungfrau. Ewig hängt sie mir am Munde nota bene, eine Stunde.
Ach, das Leben lebt sich lyrisch note bene, wenn man jung ist. Und es duftet so verfüh'risch nota bene, wenn's kein Dung ist. Ach, wie leicht wird hier erreicht doch nota bene, ein vielleicht noch.
Laßt die Erde heiß sich drehen nota bene, bis sie kalt ist. Deine Liebste sollst Du sehen nota bene, wenn sie alt ist. Lache, saufe, hure, trabe nota bene, bis zum Grabe.
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Marie2
antwortete am 07.02.03 (19:13):
Wünsch dir war sagte die gute Fee
Alt und weise möchte ich werden und unerschrocken
Eine eigensinnige Alte mit silbernen Haaren ohne Strümpfe in lila Sandalen Und Lachfalten möchte ich haben Ganz viele
-Steinwart-
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sieghard
antwortete am 08.02.03 (16:31):
Sonne im Februar
Wir haben die Fenster mit Schnee gewaschen Helios atme sie trocken
Strähn unser frostverästeltes Haar mit dem Sonnenkamm
Freilich wir wissen im Dornengarten hast du schlafende Rosen begraben bald wirst du sie wecken kelchgerecht für die Regentaufe
Wir werden Zeugen sein
Indessen blühn farblose Eisblumen auf dem Moosdach verwesender Väter
Rose Ausländer .
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britt
antwortete am 08.02.03 (20:00):
Paraphrase von den Spuren im Schnee
Im Schnee lief eine Spur von bloßen Füßen. Sie ging verloren, irgendwo am Straßenrand, von Schuh'n zertreten, wehrlos, unerkannt. Nun werd' ich winterlang den Bruder suchen müssen.
Im Schnee lief eine Spur von bloßen Füßen: wir gingen warm verhüllt durch dunkle Zeit. Weh uns, wenn wir dereinst den Frost der Herzen büßen!
Sie ging verloren, irgendwo am Straßenrand... Wen kümmerts, ist man selber nur gefeit! Die Flocke schmilzt nicht mehr, denn lieblos ist die Hand.
Von Schuh'n zertreten, wehrlos, unerkannt: dies ist das Ende. Niemand gibt Geleit. Ein böser Frost hat alle Tränen längst verbrannt.
Nun werd' ich winterlang den Bruder suchen müssen: vielleicht werd' ich am Wege selbst verschneit ... Wenn Gott uns fände? Ach, nur seinen Saum zu küssen!
Im Schnee lief eine Spur von bloßen Füßen, Sie ging verloren, irgendwo am Straßenrand, von Schuh'n zertreten, wehrlos unerkannt. Nun werd' ich winterlang den Bruder suchen müssen.
Christine Busta
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Marie2
antwortete am 09.02.03 (13:08):
Der Garten
Was soll einer tun, wenn er alt ist? Reden? und wer versteht? Lesen? Die Zeit geht zu Ende, Belehrung kommt zu spät. Sich umschaun? Ist alles das gleiche, Was alte Augen schauen. Du sollst an der Grenze der Reiche Deinen Garten bebauen.
Da spricht zu Dir all das Verwandte, Das aufwächst und blüht und stirbt Und der große Unbekannte, Segnet und verdirbt. Und es hebt sich Dein Mut, Dein Versagen Dir vor Augen zu Schande und Preis In den Bäumen die Früchte tragen Im verkümmernden Reis. Bis am Ende aller Gedanken Das Wunder steht: Samen von Deiner kranken Herbstlichen Hand gesät Erwacht in der Tiefe der feuchten, O mach Dich ihr vertraut- Wenn das geheime Leuchten Den Schnee auftaut . . . - Marie Luise Kaschnitz –
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Adolf
antwortete am 09.02.03 (14:40):
Niemand kann dir die Brücke bauen, auf der gerade du über den Fluß des Lebens schreiten mußt, niemand außer dir allein. Zwar gibt es zahllose Pfade und Brücken und Halbgötter, die dich durch den Fluß tragen wollen; aber nur um den Preis Deiner selbst: du würdest dich verpfänden und verlieren Nitsche Allen eine schöne Woche, Adolf
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Erika Kalkert
antwortete am 09.02.03 (18:10):
Woher wüssten wir, wie wir leben sollen, wenn wir nicht an etwas glaubten, das größer ist als wir? Wer würde uns lehren zu leben? Wer sagt dem Baum, wann die Zeit kommt, seine kleinen Blätter auszutreiben? Wer sagt diesen Drosseln da, dass es warm geworden ist und sie wieder nach Norden fliegen können? Vögel und Bäume hören auf etwas, das weiser ist als sie.
Wir sind wie die Blumen. Wir leben und wir sterben, und aus uns selbst wissen wir nichts. Aber das, was größer ist als wir, lehrt uns - lehrt uns, wie wir leben sollen.
Chiparopia, Yuma-Indianerin
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Marie2
antwortete am 11.02.03 (19:25):
Frei fliegen möchte ich
Frei fliegen möchte ich, doch ich kann nicht. Meine Flügel sind erlahmt von all den Jahren, in denen ich nicht ahnte, dass ich fliegen könnte.
Frei fliegen möchte ich, doch ich darf nicht. Menschen lassen mich nicht los, aus all den Jahren in denen ich nicht wusste, dass ich fliegen könnte.
Frei fliegen möchte ich doch ich wag’s nicht, denn ich hab’ es nicht geübt, in all den Jahren, wo sie mir sagten, dass ich kein Vogel sei.
Frei fliegen möchte ich, und ich tu es! Lass sie denken, was sie woll’n, noch all die Jahre, die sie nicht verstehen, dass ich fliegen kann.
-Doris Lindenblatt-
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Adolf
antwortete am 13.02.03 (22:58):
Alles fügt sich und erfüllt sich, musst es nur erwarten können. Und dem Werden deines Glückes Jahr und Felder reichlich gönnen. (Christian Morgenstern)
Einen schönen Valentinstag
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hl
antwortete am 15.02.03 (21:33):
Drei Gedichte von Anne Steinwart
Seitdem du fort bist
Trotz hochgestellter Heizung sind die Räme kalt. Meine Topfblumen lassen die Köpfe hängen. Der Sommer ist vorbei. Ich müßte meine Haare waschen. und den blinden Spiegel putzen. Jeder Tag ist eine Woche der Abend eine Ewigkeit.
Ich male deinen Namen in die Staubschicht auf dem Schrank.
Wüsste ich nicht
Einfach abhauen sollte man einfach weggehen in eine andere Stadt zu anderen Menschen zu einem neuen Leben. Wüßte ich nicht daß ich mich mitnehmen muß daß ich mich nicht zurücklassen kann wie einen alten Stuhl ich würde es versuchen ein neues Leben in einer anderen Stadt.
Schatten
Du hast Angst vor dem Alter vor dem Nachlassen deiner Kraft vor dem Verbrauchtsein. Manchmal siehst du alte Menschen mit einem Lächeln im Gesicht und die Schatten werden kleiner.
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hl
antwortete am 15.02.03 (21:36):
noch eines..
Trauriges Vogellied
Überall gewesen. Nirgendwo ein Nest gebaut. Überall mein Lied gesungen. Nirgendwo Gehör gefunden. Überall Federn verloren. Will dennoch weitersingen
Anne Steinwart
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Marie2
antwortete am 16.02.03 (21:33):
Linke Kopfhälfte
In dieser kleinen Halbkugel auf der mein Haar grau wird wohnen die Wörter dies Wörternest
Meine Hand nimmt das Nest in die Hand
Die rechte sagt man ist leer von Worten
Auslauf für das unbenutzte Vokabular Der Erinnerung
- Hilde Domin
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Wolfgang
antwortete am 16.02.03 (23:15):
Der Föhnwind is kemma (ein Lied, gesungen von der Münchener Volkssängerin BALLY PRELL, 1923-1982)
Der Föhnwind is kemma gar gach über d’Nacht, hollaro-dorido, gar gach über d’Nacht. Der hat da so sakrische G’spassettl g’macht, hollaro-dorido, hat G’spassettl g’macht.
De Weiber, de alten, ham g’woant und ham bet’t, hollaro-dorido, ham g’woant und ham bet’t. dass der Herrgott im Himme an Einseherts hätt, hollaro-dorido, an Einseherts hätt.
De Deandl ham greinnt auf den sakrischen Wind, hollaro-dorido, auf den sakrischen Wind, weil koa oanziger Bua mehr zum Fensterln her kimmt, hollaro-dorido, zum Fensterln her kimmt.
Aber i bin der Girgl und des söi kenn i ned, hollaro-dorido, und des söi kenn i ned, dass mi a grobs Wetta moi abschrecka tät, hollaro-dorido, amoi abschrecka tät.
[...]
Text u. Musik: Queri/Prell
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hl
antwortete am 17.02.03 (08:38):
Nicht aufzuhalten
Dieses verrückte Kind das losrennt das Leben zu umarmen das hinfällt aufsteht und weiterläuft mit zerschlagenen Knien Dieses verrückte Kind das Hoffnung heißt an Liebe glaubt
von Anne Steinwart
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Erika Kalkert
antwortete am 17.02.03 (16:08):
Morgensonne im Winter
Auf den eisbedeckten Scheiben fängt im Morgensonnenlichte Blum und Scholle an zu treiben...
Löst in diamantnen Tränen ihren Frost und ihre Dichte, rinnt herab in Perlensträhnen...
Herz, o Herz, nach langem Wähnen laß auch deines Glücks Geschichte diamantne Tränen schreiben!
Christian Morgenstern (1871 - 1914)
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Wolfgang
antwortete am 17.02.03 (23:21):
An mei Diandl... :-)
s'Diandl liabn (von den Biermösl Blosn aus der CD "wo samma")
Und's Fruahjahr hot ogfanga, i gspür ein Verlanga. Bin i naus in d'Woit zum Vögl zammafanga. 's Diandl des hot glacht, hot Spassetln gmacht: "Kimmst aufs Kammerfensterl bei da Nacht?" Bin i mit meim Verlanga zum Herrn Pfarrer ganga. "Derf i, derf i, derf i 's Diandl liabn?" "Na na", sogt er, "zerst werd ma traut", und hot sei Köchin ganz verliabt ogschaut. Bin i mit meim Verlanga zum Herrn Bischof ganga. "Derf i, derf i, derf i 's Diandl liabn?" "Na na", sogt er, "des waar a Schand", und schaut auf seinen Lieblingsministrant. Bin i mit meim Verlanga zum Pabst soiber ganga. "Derf i, derf i, derf i, derf i...'s Diandl liabn?" "Opus dei", sogt er drunt in Rom, "Satan diabolus, Ritex Kondom." Bin i mit meim Verlanga zu meim Herrgott ganga. "Derf i, derf i, derf i 's Diandl liabn?" "Ja freilich", sogt er und hot glacht, "zwengs wos hob i de Buam und Diandl gmacht? Laßts de do drunt no betn und heilig redn, aus dera Kirch bin i scho lang austretn!"
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s'Diandl
antwortete am 17.02.03 (23:53):
An mei'm Buam
Mei, liaber Bua, wos fragst so vuil? woast, wichtig ist doch nur dei Gfuil, steig obi durchs Fensterl, zeig mir dei Liab, dass der Herrgott uns zwoa mit Freuden siacht
:-))))
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Adolf
antwortete am 18.02.03 (21:39):
Über die Stille Wenn es nur einmal so ganz stille wäre. Wenn das Zufällige und Ungefähre verstummte und das nachbarliche Lachen, wenn das Geräusch, das meine Sinne machen, mich nicht so sehr verhinderte am Wachen-
Dann könnte ich in einem tausendfachen Gedanken bis an deinen Rand dich denken und dich besitzen (nur ein Lächeln lang), um dich an alles Leben zu verschenken wie einen Dank. (von Rainer Maria Rilke)
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Antonius
antwortete am 20.02.03 (19:18):
Ein Winterabschieds-Gedicht...? Bitte sehr, von meinem Lieblingsschwyzer; mit Grüßen an alle Schweizerinnen:
Franz Hohler Wo die Kälte herkommt
Ganz weit oben in Nordgrönland sitzt auf einem Eisberg die Kältehummel. Sie ist 2o ooo Kilo schwer und möchte gern fliegen. Ihre Flügel sind aber viel zu schwach. Trotzdem lässt sie sie dauernd auf und ab schwirren, weil sie hofft, es gelinge ihr eines Tages doch noch. Dadurch bewegt sie die eiskalte Luft so stark, dass diese bis zu uns kommt. Den ganzen Winter lang übt die Kältehummel, bis sie im Frühling erschöpft einschläft. Zum Glück, denn sonst hätten wir keinen Sommer. Im Sommer schläft die Kältehummel und träumt, sie könne fliegen. Ein Schläuling, der nicht gerne fror, schickte ihr einmal ein Paket voll Schlaftabletten, weil er hoffte, sie schlafe dann auch im Winter. Aber der Briefträger war ein Eisbär, und der war so neugierig, dass er das Paket aufmachte und alle Tabletten selber schluckte. Seither wird in Nordgrönland keine Post mehr ausgetragen, denn der Eisbär schläft noch heute, und weil er der Einzige ist, der weiß, wo die Kältehummel wohnt, kann niemand sagen, wie es ihr jetzt geht, aber so lang es jedes Jahr Winter wird, können wir annehmen,
dass sie noch lebt.
* (Aus: Schneeflocken tanzen in der Nacht. 24 Geschichten für kalte Winterabende. Hrsg. v. Hannelore Westhoff. dtv 62116. S. 57. - Im Original ist Hohlers Text n i c h t als Gedicht gedruckt, sondern als Prosatext; ich find's s o schöner, zum Phantasieren...)
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Erika Kalkert
antwortete am 21.02.03 (17:30):
Glücklichere Verhältnisse können erst eintreten, wenn alle Völker zu der Erkenntnis gelangen, dass jeder Krieg, auch der siegreiche, ein nationales Unglück ist.
Helmut Graf von Moltke
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sieghard
antwortete am 22.02.03 (09:45):
Die Sonne scheint ohne Helligkeit, und der Mond geht auf ohne Licht. Mein Herz schmeckt nach Asche, und meine Kehle ist eng und müde vom Weinen. Was ist eine verlorene Seele? Es ist eine, die von ihrem wahren Pfad abgekommen ist und in der Finsternis nach erinnerten Wegen tastet. 411
[Malcolm Lowry, Unter dem Vulkan] .
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Rosmarie V.
antwortete am 22.02.03 (12:18):
Kalte Zeit __________
Mach Feuer an im Ofen, Derweil koch ich den Tee. Im Zimmer ist's so hundekalt Und draußen treibt der Schnee.
Der Tag wir immer müder, Die Vögel sind entfloh'n Hinterm Fensterkreuz seh ich Ein Baumgerippe droh'n.
Die Kälte nimmt gefangen Mein Denken und mein Tun. Ein Alpdruck, schwer und bitter, Läßt mich zur Nacht nicht ruhn.
Das Feuer brennt im Ofen, Die Kanne schwitzt vom Tee. Laß uns vom nächsten Sommer sprechen, Denn draußen treibt der Schnee.
Michael Sallmann
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Adolf
antwortete am 22.02.03 (21:05):
Ich habe ein Liedtext gefunden der in diese Jahreszeit passt, kenne aber nicht den Verfasser, vielleicht kennt ihn jemand. Wünsche allen einen schönen Sonntag, Adolf.
Nicht lange mehr ist Winter, schon glänzt der Sonne Schein, dann kehrt mit neuen Liedern der Frühling bei uns ein. Im Feld singt die Lerche, der Kuckuck ruft im Hain: Kuk-kuck, Kuk-kuck, da wollen wir uns freun..
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Erika Kalkert
antwortete am 25.02.03 (19:33):
Februarabend
Bläulich dämmert am Hügel hinab zum See matten Schimmers im Schmelzen der weiche Schnee, in den Nebeln gestaltlos wie bleiche Träume schwimmen vielästige Kronen erstorbener Bäume.
Aber durchs Dorf, durch alle schlummernden Gassen wandelt der Nachtwind, schlendert lau und gelassen, rastet am Zaun und läßt in den dunklen Gärten und in den Träumen der Jugend Frühling werden.
Hermann Hesse
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britt
antwortete am 26.02.03 (09:09):
...dieses etwas "schwere" Gedicht ist wohl sehr bekannt, ich finde es passend am heutigen Tag...
Verheißung
Fühlst du durch die Winternacht, Durch der kalten Sternlein Zittern, Durch der Eiscrystalle Pracht, Wie sie flimmern und zersplittern: Fühlst nicht wehen laue Mahnung, Keimen leise Frühlingsahnung?
Drunten schläft der Frühlingsmorgen, Quillt in gärenden Gewalten Und, ob heute noch verborgen, Sprengt er rings das Eis in Spalten: Und in wirbelnd lauem Wehen Braust er denen, die's verstehen.
Hörst du aus der Worte Hall, Wie sie kühn und trotzig klettern, Und mit jugendlichem Prall Klirrend eine Welt zerschmettern: Hörst du nicht die leise Mahnung, Warmen Lebensfrühlings Ahnung?
Hugo von Hofmannsthal
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Marie2
antwortete am 26.02.03 (09:30):
Vorfrühling Es läuft der Frühlingswind Durch kahle Alleen, Seltsame Dinge sind In seinem Wehn.
Er hat sich gewiegt, Wo Weinen war, Und hat sich geschmiegt In zerrüttetes Haar.
Er schüttelte nieder Akazienblüten Und kühlte die Glieder, Die atmend glühten.
Lippen im Lachen Hat er berührt, Die weichen und wachen Fluren durchspürt.
Er glitt durch die Flöte, Als schluchzender Schrei, An dämmernder Röte Flog er vorbei.
Er flog mit Schweigen Durch flüsternde Zimmer Und löschte im Neigen Der Ampel Schimmer.
Es läuft der Frühlingswind Durch kahle Alleen, Seltsame Dinge sind In seinem Wehn.
Durch die glatten Kahlen Alleen Treibt sein Wehn Blasse Schatten
Und den Duft, Den er gebracht, Von wo er gekommen Seit gestern Nacht.
- Hugo von Hofmannsthal-
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Erika Kalkert
antwortete am 01.03.03 (16:20):
März
An dem grün beflognen Hang ist schon Veilchenblau erklungen, nur den schwarzen Wald entlang liegt noch Schnee in zackigen Zungen. Tropfen aber schmilzt um Tropfen hin, aufgesogen von der durstigen Erde, und am blauen Himmel oben ziehn Lämmerwolken in beglänzter Herde. Finkenruf verliebt schmilzt im Gesträuch: Menschern, singt auch ihr und liebet euch!
Hermann Hesse
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britt
antwortete am 01.03.03 (18:10):
Frühling
Sonne. Und noch ein bißchen aufgetauter Schnee und Wasser, das von allen Dächern tropft, und dann ein bloßer Absatz, welcher klopft, und Straßen, die in nasser Glattheit glänzen, und Gräser, welche hinter hohen Fenzen dastehen, wie ein halbverscheuchtes Reh ...
Himmel. Und milder, warmer Regen, welcher fällt, und dann ein Hund, der sinn- und grundlos bellt, ein Mantel, welcher offen weht, ein dünnes Kleid, das wie ein Lachen steht, in einer Kinderhand ein bißchen nasser Schnee und in den Augen Warten auf den ersten Klee ...
Frühling. Die Bäume sind erst jetzt ganz kahl und jeder Strauch ist wie ein weicher Schall als erste Nachricht von dem neuen Glück. Und morgen kehren Schwalben auch zurück.
Selma Meerbaum-Eisinger (1924-1942)
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Marie2
antwortete am 02.03.03 (23:05):
Abzählen der Regentropfenschnur
Ich zähle die Regentropfen an den Zweigen, sie glänzen, aber sie fallen nicht, schimmernde Schnüre von Tropfen an den kahlen Zweigen. Die Wiese sieht mich an mit großen Augen aus Wasser. Die goldgrünen Weidenkätzchen haben ein triefendes Fell. Keine Biene besucht sie. Ich will sie einladen sich an meinem Ofen zu trocknen. Ich sitze auf einem Berg und habe alles, das Dach und die Wände, das Bett und den Tisch, den heißen Regen im Badezimmer und den Ofen mit löwenfarbener Mähne, der atmet wie ein Tier oder ein Mitmensch. Und die Postfrau die den Brief bringen würde auf meinen Berg. Aber die Weidenkätzchen treten nicht ein und der Brief kommt nicht, denn die Regentropfen wollen sich nicht zählen lassen.
Hilde Domin
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sieghard
antwortete am 03.03.03 (11:03):
Herr mein Gebieter Sieh mich doch einmal an Ich lauf als Narr herum Heut komm ich morgen geh ich Zu dir o Herr Ich Komiker von deiner Gnade Bin voller Fehler Du kennst sie alle Sei mir gnädig.
[Hanns Dieter Hüsch] .
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Erika Kalkert
antwortete am 04.03.03 (18:10):
Lob des Frühlings
Frühling läßt sein blaues Band wieder flattern durch die Lüfte. Süße wohlbekannte Düfte streifen ahnungsvoll das Land. Veilchen träumen schon, wollen balde kommen. Horch, von fern ein Harfenton! Frühling, ja du bist's! Dich hab ich vernommen.
Eduard Mörike
Saatengrün, Veilchenduft, Lerchenwirbel, Amselschlag, Sonnenregen, linde Luft! Wenn ich solche Worte singe, braucht es dann noch große Dinge, dich zu preisen Frühlingstag!
Ludwig Uhland
Das Beet schon lockert sich's in die Höh! Da wanken Glöckchen so weiß wie Schnee; Safran entfaltet gewalt'ge Glut, smaragden keimt es und keimt wie Glut. Primeln stolzieren so naseweiß, schalkhafte Veilchen versteckt mit Fleiß; was auch noch alles da regt und webt, genug, der Frühling er wirkt und lebt.
Johann Wolfgang von Goethe
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EveMarie
antwortete am 05.03.03 (18:33):
Ich kann Adolf's Frage beantworten. Nicht lange mehr ist Winter ist ein vierstimmiger Kanon, volkstümlich,ohne Verfasserangabe.
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EveMarie
antwortete am 06.03.03 (13:22):
Hallo Adolf,Du sagst, Du kannst mit der angegebenen Internetadresse nicht Öffnen.Kein Wunder, es hat sich ein,wenn auch nur geringfügiger Fehler,eingeschlichen.Also nochmal: https://www.rcaguilar.com/lieder/texte/nitlange.htm ich hatte recaguillar geschrieben Viel Glück,EveMarie
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Adlf
antwortete am 08.03.03 (20:13):
Ach, was sind wir dumme Leute- Wir genießen nie das Heute, Unser ganzes Menschenleben Ist ein Hasten, ist ein Streben, Ist ein Bangen, ist ein Sorgen- Heute denkt man schon an morgen, Morgen an die spät're Zeit- Und kein Mensch genießt das Heut'-. Auf des Lebens Stufenleiter Eilt man weiter, immer weiter. Nutz den Frühling deines Lebens Leb im Sommer nicht vergebens Denn gar bald stehest du im Herbste Bis der Winter naht, dann sterbstet. Und die Welt geht trotzdem heiter Immer weiter, immer weiter... Otto Reutter
Einen schönen Sonntag wünscht Adolf
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EveMarie
antwortete am 10.03.03 (16:01):
Hell ins Fenster scheint die Sonne; scheint ins Herz mir Himmelswonne; und was kalt,ist dumpf und weh, taut sie weg wie Maienschnee.
Winter weint die hellsten Tränen, und ich fühle Frühjahrssehnen; Lust und Feude,frisch wie Tau, lacht mir zu des Himmels Blau.
Noch ist Zeit für Glück und Wonne, komm herein,o Frühjahrssonne! Lächle mir die Seligkeit ief ins Herz,noch ist es Zeit.
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EveMarie
antwortete am 10.03.03 (16:05):
das vorangegangene Gedicht ist von : Moritz Hauptmann
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Rosmarie V.
antwortete am 10.03.03 (17:30):
Dieses Gedicht passt, so scheint es mir, sehr gut in die heutige Zeit.
Unlösbar ________
Hiroshima fiel mir ein als ich heute in New York beklagte Lidice, Dresden und Oradour.
Die Namen standen ein jeder für sich und stellvertretend doch einer für alle
Als ob die Trümmer gemeinsam sich türmten und alle Toten mich riefen mit einer Stimme
Johanna Anderka in Lyrik heute Edition L
Ich hoffe der Name Bagdad wird nicht auf der Liste stehen! RV
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Marie2
antwortete am 11.03.03 (13:26):
März Sonne lag krank im Bett. Sitzt nun am Ofen. Liest, was gewesen ist, liest Katastrophen. Springflut und Havarie, Sturm und Lawinen - Gibt es denn niemals Ruh drunten bei ihnen?
Schaut den Kalender an. Drauf steht: "Es werde!" Greift nach dem Opernglas. Blickt auf die Erde. Schnee vom vergangnen Jahr blieb nicht der gleiche. Liegt wie ein Bettbezug klein auf der Bleiche.
Winter macht Inventur. Will sich verändern. Schrieb auf ein Angebot aus fernen Ländern. Mustert im Fortgehn noch Weiden und Erlen. Kätzchen blühn silbergrau. Schimmern wie Perlen.
In Baum und Krume regt's sich allenthalben. Radio meldet schon Störche und Schwalben. Schneeglöckchen ahnen nun, was sie bedeuten. Wenn du die Augen schließt, hörst du sie läuten.
Kästner
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Rosmarie.V.
antwortete am 12.03.03 (18:23):
März ____
Christel Anders
Morgen spiegelt im Eisbart Die Dachrinne tropft schillert Trichter in weich-warmen Schnee
Blitzende Tränen fallen Obstbäume laden in besonnte Zweige Helle begrüßt den Tag
Ich öffne weit beide Fenster Frische empfängt mich und Licht tanzt Frühlingsboten ins Haus
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Marie2
antwortete am 13.03.03 (09:35):
Auf die frage was glück sei
Auf die frage was glück sei konstruiere ich folgende sätze wenn du anrufst werde ich vor glück weinen wenn du anriefest würde ich vor glück weinen wenn du angerufen hättest hätte ich vor glück geweint wenn du anrufen hättest wollen hätte ich weinen können was gemessen an der alles beherrschenden kälte ein glück gewesen wäre
- Dorothee Sölle-
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dela
antwortete am 16.03.03 (22:00):
Frühling.
Nun ist er endlich kommen doch in grünem Knospenschuh. »Er kam, er kam ja immer noch«, die Bäume nicken sich's zu.
Sie konnten ihn all erwarten kaum, nun treiben sie Schuß auf Schuß; im Garten der alte Apfelbaum er sträubt sich, aber er muß.
Wohl zögert auch das alte Herz und atmet noch nicht frei, es bangt und sorgt: »Es ist erst März, und März ist noch nicht Mai.«
O schüttle ab den schweren Traum und die lange Winterruh', es wagt es der alte Apfelbaum, Herze, wag's auch du!
Theodor Fontane
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Marie2
antwortete am 18.03.03 (09:18):
Obligates Lenzgedicht
Ein bißchen Frühling scheint's jetzt doch zu werden. Der Flieder keimt bereits mit Heldenmut. Im Garten rotten Veilchen sich zu Herden. Das erste Unkraut reizt schon zu Beschwerden und ist zehn Zentimeter groß (mit Hut).
Die Luft ist anders. Selbst die Auspuffgase. Vollautomatisch reagiert das Herz: man schnuppert. Kommt so langsam in Ekstase. Auch mit verschleppter Grippe in der Nase riecht alles schön wie parfümierter Nerz.
Die Äcker rascheln zärtlich mit den Stoppeln. Spaziergänger genießen jeden Schritt. Sie möchten mit den Hasen feldwärts hoppeln, sich auch wie die im Liebesspiel verdoppeln. (Obwohl sie wissen: niemand kommt da mit.)
Die Vögel sieht man jetzt in Zwölferreihen. Sie nehmen Trockenkurse in Gesang. Die Sonne spendet schon die ersten Weihen. Bald braucht kein Mensch mehr einen Schirm zu leihen. Ganz unter uns: Der Winter war zu lang.
Mia Jertz
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Marie2
antwortete am 20.03.03 (11:29):
Die Wolke
Es ist eine Wolke übers Land gegangen, da ließen die Blumen die Köpfe hangen.
Es hat gelber Regen in den Bäumen gesessen, da haben die Vögel ihr Lied vergessen.
Es wehte ein Windstoß auf Kräutern und Steinen, da wollte der Sonne Schein nicht mehr scheinen.
Es wurde das Walslaub wie Staub so trocken, da sind die Menschen zu Tode erschrocken.
- Rudolf Otto Wiemer -
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Wolfgang
antwortete am 20.03.03 (21:15):
Anlässlich der heissen Phase des Krieges ums irakische Öl aus "Lysistrata" von ARISTOPHANES der...
Epilog (von Erich Fried)
(Lysistrata tritt auf, legt ihre Maske ab.)
Das Spiel ist aus. Noch NICHT aus sind die Kriege. Auch zwischen Sparta und Athen der Krieg ist nicht in Liebe, nein, in Blut erstickt. So ging's bis heut'. Jahrhundert um Jahrhundert. -
Die Frauen? - Ja, die Frauen haben oftmals verflucht den krieg der Männer, Brüder, Söhne. Sie gegen ihn noch immer an. Doch kommt kein Friede bloss vom waffenlosen Kampf der Frauen gegen liebestolle Männer. Auch Aristophanes hat nicht geglaubt, es sei so leicht, den Wahnsinn zu beenden, nur: DASS es Wahnsinn war, das wollt' er zeigen, und dass es DENKBAR wäre, dass die Liebe siegt über Vorurteil und altgewohntem Hass.
Und wahr ist auch, dass Frau'n - und manche Männer - von Zeit zu Zeit erkennen, dass das Treiben von Rüstung, Feindbild, alter Tradition, Gewohnheits-Unrecht, das sich hält für Recht, zum Lachen wär', wenn's nicht zum Weinen wäre. Drum denkt heut' dran, es geht uns alle an, es gilt für jede Frau und jeden Mann: Falls ihr noch leben wollt, verteidigt euch - vor allem gegen den VERTEIDIGUNGSFALL, in dem es nichts mehr zu verteidigen gäbe!
Denn zu Lysistratas war der Krieg noch MENSCHLICH unmenschlich und nicht wie heute. Es gab noch Sieger und es gab noch Beute, und Aristophanes konnte noch lachen und sein Athen noch mit ihm lachen machen. Wir aber brauchen heute ANDRE Rollen, wenn wir nicht heut' nur, nein, auch morgen lachen wollen.
Quelle... ARISTOPHANES / ERICH FRIED: Lysistrata. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin, Neuausgabe 2000, S. 74
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Marie2
antwortete am 23.03.03 (00:13):
Kleines Experiment
Sieh dir den Staatsmann an ihn selbst oder ein Foto
und die Männer die er nach Europa geschickt hat um zu verhandeln
Dann sage dir dreimal laut vor: „Er schützt nur die Freiheit Er will die anderen nur abschrecken Er will den Frieden"
Wenn du dir das glaubst dann ist alles für dich in Ordnung Wenn du es nicht glauben kannst Musst du etwas tun
Erich Fried
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Erika Kalkert
antwortete am 25.03.03 (15:43):
Keinem vernünftigen Menschen wird es einfallen, Tintenflecken mit Tinte, Ölflecken mit Öl wegwaschen zu wollen. Nur Blut, das soll immer wieder mit Blut abgewaschen werden.
Bertha von Suttner
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hl
antwortete am 26.03.03 (15:38):
Der Mördermarder
Der Mardermörder hockt vorm Bau, der Marder ist vor Angst ganz blau.
Er weiß, daß ihm vor seinem Tod die Qual der Mardermarter droht,
wenn er nicht kurzentschlossen handelt, sich kühn zum Martermarder wandelt
und marternd dem entgegenspringt, der mordend in sein Reich eindringt.
Gedacht, getan, er hüpft ans Licht, der Mardermörder sieht das nicht,
da der sich, scheinbar unbemerkt, grad für die Mardermarter stärkt.
Der Martermarder zählt bis vier, der Mardermörder trinkt ein Bier.
Der Mardermörder beißt ins Brot, der Mördermarder beißt ihn tot.
Robert Gernhardt Gedichte aus Wörtersee/Vertraute Laute
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Rosmarie.V. (Ruzenka)
antwortete am 31.03.03 (18:23):
Archaischer Wahnsinn ____________________
Der Mensch erfand -tausend Götter:
Grund für tausend mal tausend - Kriege
für etwas das es nicht gibt: - tausend Götter!
Paul Gerhard Reitnauer
in Lyrik heute Eddition L
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Wolfgang
antwortete am 02.04.03 (16:23):
Die Poesie und ihre Störer (von NIKOLAUS LENAU, 1802-1850)
Im tiefen Walde ging die Poesie Die Pfade heilger Abgeschiedenheit, Da bricht ein lauter Schwarm herein und schreit Der Selbstversunknen zu: »Was suchst du hie? Laß doch die Blumen blühn, die Bäume rauschen, Und schwärme nicht unpraktisch weiche Klage, Denn mannhaftwehrhaft sind nunmehr die Tage, Du wirst dem Wald kein wirksam Lied entlauschen. Komm, komm mit uns, verding uns deine Kräfte; Wir wollen reich dir jeden Schritt bezahlen Mit blankgemünztem Lobe in Journalen, Heb dich zum weltbeglückenden Geschäfte! – Laß nicht dein Herz in Einsamkeit versumpfen, Erwach aus Träumen, werde sozial, Weih dich dem Tatendrange zum Gemahl; Zur alten Jungfer wirst du sonst verschrumpfen!« Die Poesie dem Schwarm antwortend spricht: »Laßt mich! verdächtig ist mir euer Streben; Befreien wollt ihr das gejochte Leben Und gönnt sogar der Kunst die Freiheit nicht? Euch sank zu tief ins Aug die Nebelkappe, Wenn euer Blick nicht straßenüber sieht, Und wenn ihr heischt vom freigebornen Lied, Daß es dienstbar nur eure Gleise tappe. Ein Blumenantlitz hat noch nie gelogen, Und sichrer blüht es mir ins Herz die Kunde, Daß heilen wird der Menschheit tiefe Wunde, Als euer wirres Antlitz, wutverzogen. Prophetisch rauscht der Wald: die Welt wird frei! Er rauscht es lauter mir als eure Blätter, Mit all dem seelenlosen Wortgeschmetter, Mit all der matten Eisenfresserei. Wenn mirs beliebt, werd ich hier Blumen pflücken; Wenn mirs beliebt, werd ich von Freiheit singen; Doch nimmermehr laß ich von euch mich dingen!« Sie sprichts und kehrt dem rohen Schwarm den Rücken.
(1838)
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Erika Kalkert
antwortete am 03.04.03 (13:37):
Frühling
Wieder schreitet er den braunen Pfad von den stürmeklaren Bergen nieder, wieder quellen, wo der Schöne naht, liebe Blumen auf und Vogellieder.
Wieder auch verführt er meinen Sinn, dass in dieser zart erblühten Reine mir die Erde,deren Gast ich bin, Eigentum und holde Heimat scheine.
Hermann Hesse
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Adolf
antwortete am 06.04.03 (15:55):
Vorfrühling Das Dach ist wieder frei von Schnee. Doch deine Haare bleiben weiß. Der Saft steigt wieder in die Höh'. Doch deine Glieder bleiben steif. Am Mittag ist die Luft nun längst nicht mehr so kalt. Du aber frierst noch immer, wenn auch das warme, wollene Tuch von Weihnachten um deine Schultern liegt, das deine stöckrigen Finger aus bleichem, verhärtetem Wachs hin und wieder zusammenhalten in zitternder Unruh'.
Es will wieder Frühling werden. Ein Vogel pfeift's schon vom Dach. Frühling für wen ? Nur für die Kinder, die Rollschuh laufen ? Nur für die Händler, die Blumen verkaufen ? Für alles, was atmet und hofft und vertraut. Auch für den Haselnußstrauch gibt es Auferstehung. Ja, ganz gewiß für dich auch! Elli Michler
Es ist zwar kein Vorfrühling mehr, aber es passt zu dieser Jahreszeit.
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EveMarie
antwortete am 11.04.03 (02:10):
Der Frühling naht mit Brausen,er rüstet sich zur Tat. und unter Sturm und Sausen keimt still die grüne Saat. Drum wach, erwach,du Menschenkind, daß dich der Lenz nicht schlafend find't.
Tu ab die Wintersorgen,empfange frisch den Gast, er fliegt wie junger Morgen und hält nicht lange Rast. Drum wach,erwach,du Menschenkind, daß dich der Lenz nicht schlafend find't.
Und wie die Vöglein leise anstimmen ihren Chor, so schall'auch deine Weise aus tiefster Brust hervor. Bist nicht verarmt,bist nicht allein, umringt von Sang und Sonnenschein.
Johann Nepomuk Vogel
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Adolf
antwortete am 15.04.03 (22:26):
Waldandacht. Herrlich Ist's am Sonntagmorgen durch den stillen Wald zu geh'n; wenn die Büsche und die Bäume noch in ihrer Andacht steh'n. Wenn die Vöglein musizieren und die Blumen werden wach, wenn die ersten Sonnenstrahlen blitzen durch das Blätterdach.
Oh, dann geh ich in Gedanken gern so ganz für mich allein in den heil'gen Tempel Gottes in den tiefen Wald hinein. Staunend laß ich auf mich wirken was der Schöpfer hier erschuf. Lasse selbst ihn zu mir sprechen, durch den Busch-den Vogelruf.
Welch ein Reichtum seiner Werke, welche Güte,welche Pracht die aus jeder kleinen Blüte, aus dem Vogelliede lacht. Und er selbst steht am Altare, leitet den gemischten Chor, liest aus wunderbaren Blättern mir die Morgenpredigt vor.
Und wenn dann die Kirchenglocken läuten ring's in weiter Rund. Sitz auf einen Stamm ich nieder, öffne Seele, Herz und Mund; Stimme in den Schall der Glocken in den Gesang der Vögel ein. Gott zu Lob- solch Weihestunde kann auch dir zum Segen sein.
Friedrich Wienke
Ich wünsche allen „Frohe Ostern“ und friedvolle Ostertage.
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Erika Kalkert
antwortete am 18.04.03 (09:02):
karfeiertag
märzhimmel aprilwind wolkenverhangen wochenendblau längsbalken querbalken hoch genug aufgehängt weit genug weg
die Autobahn führt am Fusse des Hügels vorbei
keine ausfahrt golgatha
jörg jordan
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hl
antwortete am 18.04.03 (09:12):
Karfreitag
Elfen träumen Menschen versäumen Staatsmänner räumen die Welt auf
Der Horizont rot Sinkendes Boot Frieden ist tot die Welt brennt
Ein letztes Lied Ein letzter Krieg Niemandes Sieg die Welt brennt
Was sind das für Menschen die aus Hass und aus Gier vernichten und sengen
Was sind das für Menschen die aus Rachsucht töten zerstören, verbrennen
..im Namen Gottes ..im Namen der Gerechtigkeit ..im Namen des Friedens
Wer gibt ihnen Einhalt? Wer hält sie zurück?
Der den Blinden sehend machte sprach von der Liebe und starb am Kreuz für alle doch die Schlange lebt immer noch
Wer beten kann, der bete ..
hl
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sieghard
antwortete am 18.04.03 (12:21):
KREUZ-HYMNUS Venantius Fortunatus (+ nach 600)
Heilig Kreuz, du Baum der Treue, edler Baum, dem keiner gleich, keiner so an Laub und Blüte, keiner so an Früchten reich: Süßes Holz, o süße Nägel, welche süße Last an euch.
Beuge, hoher Baum, die Zweige, werde weich an Stamm und Ast, denn dein hartes Holz muß tragen eine königliche Last, gib den Gliedern deines Schöpfers an dem Stamme linde Rast.
Du allein warst wert, zu tragen aller Sünden Lösegeld, du, die Planke, die uns rettet aus dem Schiffbruch dieser Welt. Du, gesalbt vom Blut des Lammes, Pfosten, der den Tod abhält.
Lob und Ruhm sei ohne Ende Gott, dem höchsten Herrn, geweiht. Preis dem Vater und dem Sohne und dem Geist der Heiligkeit. Einen Gott in drei Personen lobe alle Welt und Zeit. Amen .
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britt
antwortete am 18.04.03 (13:31):
Zwiegespräch mit dem Engel
Ich sprach: wer warnt mich in der Not der Stunde? - Und Er: das Licht erstrahlt zur rechten Zeit. Ich sprach: wie komm ich zu so hohem Bunde? - Und Jener: frage nicht. Sei nur bereit.
Kennst du den Traum, der uns von je beirrte? - Ich weiß, ihr seid von Lockung hart bedrängt. Verdient nicht Tod, wer allzu niedrig irrte? - Die Himmelsliebe richtet nicht, sie schenkt.
Warum die Angst endlos? warum das Grauen? - Endlos in Wahrheit einzig ist das Licht. Wenn ich dir folge, werd ich es erschauen? - Schon liegt sein Glanz auf deinem Angesicht.
So trag ich schon das Licht in meinem Leben? - Im Kern, den du mit Traumgewirk umsponnst. Nichts muß ich tun, als nur die Hände heben? - Was sonst als nur dies Eine! was denn sonst!
Henry von Heiseler
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EveMarie
antwortete am 19.04.03 (17:59):
Mailied Wenn des Frühlings Zauberfinger pochet an der Erde Pforten, springet auf der dunkle Zwinger, und es jubelt aller Orten: Schöner Mai, holder Mai, Winters Herrschaft ist vorbei.
Vöglein singen süße Lieder in des neuen Lenzes Drange, und das Herz lauscht immer wieder dem geheimnisvollen Sange: Schöner Mai, holder Mai, Winters Herrschaft ist vorbei.
Und das wunderbare Regen auf dem weiten Erdenraume Will auch mir das Herz bewegen nach dem bangen Wintertraume: Schöner Mai, holder Mai, Winters Herrschaft ist vorbei!
Albert Heinrici
Ich wünsche allen Mitstreitern ein gesegnetes Osterfest
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Antonius
antwortete am 20.04.03 (11:39):
Frohe Ostern!
Zwei Oster-Texte; nicht so sehr lyrisch sind, aber von zwei Geistlichen stammen, die auch als Dichter diese - unsere - Welt sahen bzw. sehen:
Albrecht Goes: Unter dem Friedensbogen
Was wir begraben müssen: es ist eine große Hoffnung bei diesem großen Grab: „Er soll die Starken zum Raube haben, dafür daß er sein Leben in den Tod gegeben hat und den Übeltätern gleichgerechnet ist und er die Sünde der Vielen getragen hat und für die Übeltäter gebeten" (Jesaja 53,12): die alte prophetische Verheißung, die in Christus Erfüllung fand, deutet auf diese Hoffnung mit starkem Licht. Er, Christus, der Herr, hat vor uns begraben, was wir begraben müssen: auf dem Kreuzweg den Haß, am Kreuz die Gerechtigkeit für sich selbst und in der dunkelsten Stunde all und jedes Sicherheitsverlangen; und auch das Mißtrauen, das sich behaupten möchte. Er hat das Vertrauen, das dienen will, überwindend aufgerichtet, Überwinder aufrufend, die, erschrocken über den Todesweg, den die kluge Sicherheit, die sichere Klugheit baut, arm und kühn unter dem Friedensbogen Gottes laufen; ohne Harnisch: gering, aber getrost. * Und ein nachdenklicher Aphorismus von Kurt Marti:
Ostern, Neuzeit: Christus lebt, die Hasen sterben aus.
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EveMarie
antwortete am 21.04.03 (23:43):
Die Raupe und der Schmetterling
Freund, der Unterschied der Erdendinge scheint recht groß und ist doch so geringe. Alter und Gestalt und Raum und Zeit sind ein Traumbild nur der Wirklichkeit.
Träg und matt auf abgezehrten Sträuchen sah ein Schmetterling die Raupe schleichen und erhob sich fröhlich,argwohnfrei, daß er Raupe selbst gewesen sei.
Traurig schlich die Alternde zu Grabe: "Ach, daß ich umsonst gelebet habe, sterbe kinderlos und so gering und da fliegt der schöne Schmetterling!"
Ängstlich spann sie sich in ihre Hülle schlief,-und als der Mutter Lebensfülle sie erweckte,wähnte sie sich neu, wußte nicht,was sie gewesen sei.
Freund,ein Traumreich ist das Reich der Erden. Was wir waren,was wir einst noch werden? Niemand weiß es ,glücklich sind wir blind. Laß uns eins nur wissen,- was wir sind
Leider ist mir der Verfasser unbekannt
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hl
antwortete am 01.05.03 (23:13):
Karoline von Günderrode '(1780-1806) Der Knabe und das Vergismeinnicht Der Knabe O Blümelein Vergismeinnicht! Entzieh Dich meinem Auge nicht. Ihr, Veilchen! Nelken! Rosen! Auf euch verweilt der Sonne Licht, Als wollt es mit euch kosen; Doch wenn die Sonne tiefer sinkt, Wenn Nacht die Farben all verschlingt, Da reden süße Düfte Von eurem stillen Leben mir Und die vertrauten Lüfte Die bringen eure Grüße mir. Doch ach! Vergismeinnicht, von Dir Bringt nichts, bringt nichts mir Kunde. Sag, Blümlein, lebst dem Aug Du nur? Flieht mit den Farben jede Spur Mir hin von Deinem Leben? Hast keine Stimm, die zu mir spricht Wenn Schatten Dich umgeben? Vergismeinnicht Die Stimme, ach Süßer! die hab ich nicht. Doch trag ich den Namen Vergismeinnicht, Der, wenn ich auch schweige, dem Herzen spricht.
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sieghard
antwortete am 02.05.03 (17:33):
Der Mai
Im Galarock des heiteren Verschwenders, ein Blumenzepter in der schmalen Hand, fährt nun der Mai, der Mozart des Kalenders, aus seiner Kutsche grüßend, über Land.
Er überblüht sich, er braucht nur zu winken. Er winkt! Und rollt durch einen Farbenhain. Blaumeisen flattern ihm voraus und Finken. Und Pfauenaugen flügeln hinterdrein.
Die Apfelbäume hinterm Zaun erröten. Die Birken machen einen grünen Knicks. Die Drosseln spielen, auf ganz kleinen Flöten, das Scherzo aus der Symphonie des Glücks.
Die Kutsche rollt durch atmende Pastelle. Wir ziehn den Hut. Die Kutsche rollt vorbei. Die Zeit versinkt in einer Fliederwelle. O, gäb es doch ein Jahr aus lauter Mai!
Melancholie und Freude sind wohl Schwestern. Und aus den Zweigen fällt verblühter Schnee. Mit jedem Pulsschlag wird aus Heute Gestern. Auch Glück kann weh tun. Auch der Mai tut weh.
Er nickt uns zu und ruft: "Ich komm ja wieder!" Aus Himmelblau wird langsam Abendgold. Er grüßt die Hügel, und er winkt dem Flieder. Er lächelt. Lächelt. Und die Kutsche rollt.
[Erich Kästner 1904 -1974]
. Kaum ein Mai ohne diesen Könner Kästner Gruß an alle hier von früher und von heute .
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Stephan Frank
antwortete am 02.05.03 (18:53):
Hermann Stephanos HÜHNER LEGEN EIER
»Worte sind schön«, sagt ein afrikanisches Sprichwort, »aber Hühner legen Eier.« Andere gelten zu lassen in ihrem So-Sein, in ihrem Anders-Sein, das ist leicht gepredigt. Anwalt der Stimmlosen sein, der Ausländer, Campesinos und Stadtstreicher, der Geschiedenen, Homos und Punker, da liege ich richtig. Da schwimme ich ganz im Kielwasser der fraternité. Da bin ich ganz auf der Linie Jesu.
Aber wenn es konkret wird: Wenn der Kleine zahnt und nachts keine Ruhe gibt, wenn meine pubertierende Tochter mich nervt, wenn der Schwiegervater alt und verwirrt ist, wenn meine Frau Feministin wird, dann wird es schwer mit der Nächstenliebe, mit der Toleranz.
X wirklich gelten lassen, Y nicht verändern wollen, Z nicht manipulieren, obwohl es notwendig scheint, obwohl ich zu wissen glaube, was für ihn gut ist, obwohl er in sein eigenes Unglück rennt, wie ich meine ... Auch dann noch zu glauben an einen Gott, der »seine Sonne aufgehen läßt über Gute und Böse«, und von diesem Gott zu lernen Geduld, Menschenfreundlichkeit und Vertrauen, das ist schwer.
»Worte sind schön, aber Hühner legen Eier.«
Und - Hähne - was leisten die...?
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hl
antwortete am 02.05.03 (21:59):
Adele Schopenhauer (1797-1849) Der Blick Du siehst mich an! - Ein unbegreiflich Irren Hält meinen Blick, - will mir das Herz verwirren! Ein bunter Pfeil durchfliegt die klare Luft, Ein Farbenflor verhüllt die Welt in Duft. Der Himmel wird ein flammend Meteor, Und überall dringt Zauberklang hervor, Leis, wie der West, wie Millionen Glocken Mit höchster Kraft verwirrend mich zu locken. So wechselnd rasch mir Qual und Lust zu geben, Bald flammend heiß, durchdringend all mein Leben, Bald eisig starr zum Todten mich zu wandeln - Unfähig nun zum Denken, Sprechen, Handeln, Löst all mein Wesen sich in diesem Blick - Da siehst Du fort - Besinnung kehrt zurück! Zum Tode matt, will ich mich Dir entziehen Und folge Dir, und meine, Dich zu fliehen.
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hl
antwortete am 02.05.03 (23:24):
Ein Schlaflied (nicht nur für Elfen) :-)
schlafe elflein, schlafe, da draussen blöken nur schafe, die welt ist dunkel, der mond scheint hell, schlafe, elflein, schlaf' schnell
bist müde vom tanzen, müde vom singen, müde von allen weltendingen - lass' sie nicht rein! schlafe elflein, schlaf' ein
die sterne wollen singen dein wiegenlied der helle mond deinen schlaf behüt' dunkle wolken verscheucht der wind schlafe elflein, schlaf' geschwind!
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sieghard
antwortete am 05.05.03 (08:22):
Die Welt wird schöner mit jedem Tag, man weiß nicht, was noch werden mag, das Blühen will nicht enden. Es blüht das fernste, tiefste Tal: Nun armes Herz, vergiss der Qual! Nun muss sich alles, alles wenden. [Ludwig Uhland]
Nun muss sich wieder alles wenden, Ich fühl's an meines Herzens Schlag, Und schöner wird's an allen Enden Und lieblicher mit jedem Tag. [Arno Holz] .
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Marie2
antwortete am 05.05.03 (09:42):
Ich bin so knallvergnügt erwacht. Ich klatsche meine Hüften. Das Wasser lockt. Die Seife lacht. Es dürstet mich nach Lüften.
Ein schmuckes Laken macht einen Knicks Und gratuliert mir zum Baden. Zwei schwarze Schuhe in blankem Wichs Betiteln mich "Euer Gnaden."
Aus meiner tiefsten Seele zieht Mit Nasenflügelbeben Ein ungeheurer Appetit Nach Frühstück und nach Leben.
Joachim Ringelnatz
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dela
antwortete am 06.05.03 (22:59):
Lied der Amsel
(Ulla Hahn)
Flieg mit mir hinauf auf diesen Ast und schau auf dich hinunter; Auf dich in den Blumen auf dich in den Steinen im Gras am Wasser auf dich unterm Baum Du hier oben und du da unten: Das ist alles.
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EveMarie
antwortete am 10.05.03 (23:35):
Frühlingslied Die Luft ist blau,das Tal ist grün, die kleinen Maienglocken blühn und Schlüsselblumen drunter; der Wiesengrund ist schon so bunt und malt sich täglich bunter.
Drum komme,wem der Mai gefällt, und freue sich der schönen Welt und Gottes Vatergüte, die diese Pracht hervorgebracht, den Baum und seine Blüte.
Ludwig Christoph Heinrich Hölty
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hl
antwortete am 11.05.03 (00:13):
auch ein "Frühlingsgedicht" ;-)
Nie wieder ..
Ich habe meinen Löwenzahn ermordet mit scharfen Messern am hellichten Tag. Er hat sich auf der Wiese zusammengehordet, um sich zu vermehren (was ich nicht mag).
Das Moos habe ich grausam herausgerissen, und meine Wiese brutal vertikuliert (ein wenig belastet es mein Gewissen früher habe ich Körbe damit verziert).
Das frische Grün meiner Frühlingswiese habe ich geschoren bis auf den Stumpf (doch wenn ich jetzt die Wiese gieße verwandelt sie sich in einen Sumpf).
Darum habe ich meine Wiese zugeteert, mit grüner Farbe hübsch angestrichen, die arme Wiese hat sich nicht gewehrt, doch hat die Farbe in meine Nase gebissen.
Dann habe ich Blumen darauf gemalt recht groß und bunt, so wie ich sie mag. Die Farbe macht sich auf Dauer bezahlt - nun habe ich Frühling jeden Tag.
hl/Mai 2003
.. nach einem schweißtreibenden Gartenarbeitsnachmittag in praller Sonne - nicht ganz ernst zu nehmen ;-)
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sieghare
antwortete am 11.05.03 (08:32):
Annette von Droste-Hülshoff1797 - 1848
An meine Mutter
So gern hätt' ich ein schönes Lied gemacht, Von deiner Liebe, deiner treuen Weise, Die Gabe, die für andre immer wacht, Hätt' ich so gern geweckt zu deinem Preise.
Doch wie ich auch gesonnen mehr und mehr, Und wie ich auch die Reime mochte stellen, Des Herzens Fluten rollten drüber her, Zerstörten mir des Liedes zarte Wellen.
So nimm die einfach schlichte Gabe hin, vom einfach ungeschmückten Wort getragen, Und meine ganze Seele nimm darin; Wo man am meisten fühlt, weiß man nicht viel zu sagen. .
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britt
antwortete am 11.05.03 (08:59):
... das Lächeln über ihr Grab hängen....
Meine Mutter
War sie der große Engel, Der neben mir ging?
Oder liegt meine Mutter begraben Unter dem Himmel von Rauch - Nie blüht es blau über ihrem Tode.
Wenn meine Augen doch hell schienen Und ihr Licht brächten.
Wäre mein Lächeln nicht versunken im Antlitz, Ich würde es über ihr Grab hängen.
Aber ich weiß einen Stern, Auf dem immer Tag ist; Den will ich über ihre Erde tragen.
Ich werde jetzt immer ganz allein sein Wie der große Engel, Der neben mir ging.
Else Lasker-Schüler
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Erika Kalkert
antwortete am 11.05.03 (09:51):
An meine Mutter
So gern hätt' ich ein schönes Lied gemacht von deiner Liebe, deiner treuen Weise. Die Gabe, die für andre immer wacht, hätt' ich so gern geweckt zu deinem Preise.
Doch wie ich auch gesonnen mehr und mehr, und wie ich auch die Reime möchte stellen, des Herzens Fluten wallten darüber her, zerstörten mir des Liedes zarte Wellen.
So nimm die einfach schlichte Gabe hin, von einfach ungeschmücktem Wort getragen, und meine ganze Seele nimm darin: Wo man am meisten fühlt, weiß man nicht viel zu sagen.
Annette von Drose-Hülshoff
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dela
antwortete am 11.05.03 (20:55):
An meinen Schutzengel
Den Namen weiss ich nicht. Doch du bist einer Der Engel aus dem himmlischen Quartett, Das einstmals, als ich kleiner war und reiner, Allnächtlich Wache hielt an meinem Bett.
Wie du auch heisst- seit vielen Jahren schon Hältst du die Schwingen über mich gebreitet Du hast, der Toren guter Schutzpatron, Durch Wasser und durch Feuer mich geleitet.
Du halfst dem Taugenichts, als er zu spät Das Einmaleins der Lebensschule lernte. Und meine Saat, mit Bangen ausgesät, Ging auf und wurde unverhofft zur Ernte.
Seit langem bin ich tief in deiner Schuld. Verzeih mir noch die eine -letzte- Bitte: Erstrecke deine himmlische Geduld Auch auf mein Kind und lenke seine Schritte.
Er ist mein Sohn. Das heisst: er ist gefährdet. Sei um ihn tags, behüte seinen Schlaf. Und füg es, dass mein liebes schwarzes Schaf Sich dann und wann ein wenig weiss gebärdet.
Gib du dem kleinen Träumer das Geleit. Hilf ihm vor Gott und vor der Welt bestehen. Und bleibt dir dann noch freie Zeit, Magst du bei mir auch nach dem Rechten sehen.
Aus: Mascha Kaléko, In meinen Träumen läutet es Sturm.
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forum-admin
antwortete am 16.05.03 (22:08):
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