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THEMA:   Nochngedicht ...

 28 Antwort(en).

Angelika begann die Diskussion am 03.01.03 (23:16) mit folgendem Beitrag:

Prominenten-Gedichte von Robert Gernhardt

Kafka sprach zu Rudolf Steiner:
"Von euch Jungs versteht mich keiner!"
Darauf sagte Steiner: "Franz,
ich versteh dich voll und ganz!"

Steiner sprach zu Hermann Hesse:
"Nenn mir sieben Alpenpässe!"
Darauf sagte Hesse: "Steiner,
sag mal, reicht denn nicht auch einer?"

Steiner sprach zu Thomas Mann:
"Zieh mal dieses Leibchen an!"
Darauf sagte Mann zu Steiner:
"Hast du's nicht 'ne Nummer kleiner?"

Rilke sprach zu Rudolf Steiner:
"Keiner ist so klein wie meiner!"
Tröstend meinte Steiner: "Rainer,
meiner ist noch etwas kleiner!"

Beckmann sprach zu Rudolf Steiner:
"Wird mein Bild nicht immer feiner?"
Darauf knurrte Steiner: "Beckmann,
wisch den Unfug lieber weg, Mann!"

(Aus "Besternte Ernte" )


Marianne antwortete am 04.01.03 (10:27):

Einst heiter in die Welt geschmiert,
wird das Gedichtchen nun tranchiert
von Noah, dem Stammvater großer Geister.
Was er fand, war nicht nur Kleister.
Lächelnd schüttelt er sein Patriarchenhaupt.
Er spricht mit großen Ehren:
" Wo geschossen wird,
soll man sich wehren.
Und es entsteht dann gar kein Frust,
wenn man lachen kann mit Lust."

Was ich hiermit tue ( über das Gernhardtgedicht selbstverständlich)

Marianne



schorsch antwortete am 04.01.03 (13:25):

Könnten sie dies lesen die alten Dichter,
sie würden wohl machen ganz böse Gesichter (:--((((


Marianne antwortete am 04.01.03 (13:53):

an Schorsch:

Gernhard ist kein alter Mann,
ihn frau sicher fragen kann,ob,
wo er zum Lachen ruft,
er will, dass er sich umdreht in der Gruft.


( Antwort nach dem Prinzip "Reim dich oder ich fress dich)


sofia204 antwortete am 04.01.03 (14:31):

wenn Dichter in den Grüften liegen,
sind Reime da zum Balken biegen


Angelika antwortete am 04.01.03 (15:13):

Kleine Erlebnisse großer Männer: Kant
Eines Tages geschah es Kant,
daß er keine Worte fand
Stundenlang hielt er den Mund
und er schwieg nicht ohne Grund.

Ihm fiel absolut nichts ein,
drum ließ er das Sprechen sein.

Erst als man ihn zum Essen rief,
wurd' er wieder kreativ,

und sprach die schönen Worte:
"Gibt es hinterher noch Torte?"

aus: R.Gernhardt, Über alles.


Marianne antwortete am 04.01.03 (15:30):

Woran man wieder einmal sieht,
es geht nichts über den guten Appettit,


katharina antwortete am 04.01.03 (18:09):

wenn dichterworte balken biegen
wer'n sie den nobelpreis kriegen
für den sieg der poesie -
passieren wird das aber nie!

:)

katharina


Antonius Reyntjes antwortete am 04.01.03 (18:45):

Inzwischen wird ja Robert Gernhardt schon von Caesar-Marcel Reich-Ranicki gelobt, je älter und tratschiger er wird (Ei, was und wie? WER wird älter? Beide...?)
Es gibt viele kritische, kluge Humoristen in der deutschen Literatur (nicht nur H. Heine oder W.Busch oder E. Roth; und je wichtiger sie waren, waren sie nicht nur reimende "Humoristen", sondern auch kritisch-kreative Zeitzeugen. Heute dieses Beispiel von Grillparzer, der die Zeit der gold-gekrönten Häupter, der Könige und Fürsten und Fürstbischöfe noch erlebte:

Franz Grillparzer: P o l i t i k

Ich sah ein . . . . . . Gassenbuben,
Wie kaum entschlüpft aus des ............ Stuben,
Die warfen sich mit Ballen von ...........
Und lachten, tat's einem im Fallen weh.

Sie waren mit Ekelnamen nicht .........
Und streckten die Zunge aus ihrem Maul.
"Ei", dacht ich in meinem Sinne, "ei -
Und so was duldet die Polizei?"

Da gewahrt' ich Go... in ihren Haaren
Und sah erst, daß es Kö.......... waren.

(Die Wörter sind leicht zu ergänzen; die vollständige Version setze ich morgen ins Netz.)


katharina antwortete am 04.01.03 (19:19):

neckisch, neckisch, dieses spiel
wer viel weiß, der gibt auch viel
doch manches will er nicht verschenken
soll'n die schatzis auch mal denken

(alte lehrerweisheit, die mir zuhufälligerweise eben so einfiel)

katharina, schülerin h.c.


Marianne antwortete am 04.01.03 (20:44):

Mit Verlaub, ich bin so frei!
Grillparzer und auch Goethe,
Schiller, Lessing "Tandaradei".
Alles ist mir einerlei!
Prosit gepflegte Blödelei!


Marianne , Lehrerin AD


Simba antwortete am 05.01.03 (07:56):

Ein Mensch, nichts wissend von "Mormome"
Schaut deshalb nach im Lexikone
Und hätt es dort auch rasch gefunden -
Jedoch er weiß, nach drei, vier Stunden
Von den Mormonen keine Silbe -
Dafür fast alles von der Milbe,
Von Mississippi, Mohr und Maus:
Im ganzen "M" kennt er sich aus.
Auch was ihn sonst gekümmert nie,
Physik zum Beispiel und Chemie,
Liest er jetzt nach, es fesselt ihn:
Was ist das: Monochloramin?
"Such unter Hydrazin", steht da.
Schon greift der Mensch zum Bande "H"
Und schlägt so eine neue Brücke
Zu ungeahntem Wissensglücke.
Jäh fällt ihm ein bei den Hormonen
Er sucht ja eigentlich: Mormonen!
Er blättert müd und überwacht:
Mann, Morpheus, Mohn und Mitternacht...
Hätt weiter noch geschmökert gern,
Kam bloß noch bis zum Morgenstern
Und da verneigte er sich tief
Noch vor dem Dichter - und - entschlief.

(Eugen Roth)


Angelika antwortete am 05.01.03 (11:10):

Animalerotica
(Robert Gernhardt)
Der NASENBÄR sprach zu der Bärin:
Ich will dich jetzt was Schönes lehren!
Worauf er ihr ins Weiche griff
und dazu "La Paloma" pfiff.

Die DÄCHSIN sprach zum Dachsen.
"Mann, bist du gut gewachsen!"
Der Dachs, der lächelte verhalten,
denn er hielt nichts von seiner Alten.

Der BÄR schaut seinen Ziesemann
nie ohne stille Demut an.

Der MOPS hat seinen Zeugungstrileb,
ganz schrecklich gern und furchtbar lieb.

Das Vorspiel nahm den HENGST so mit,
daß er geschwächt zu Boden glitt.

Der WAL vollzieht den Liebesakt
zumeist im Wasser. Und stets nackt.

Im Kurbordell von Königstein
ist jeden Samstag Tanz.
Dort treten sieben MÄUSCHEN
ohn' Unterlaß und Päuschen
der Katze auf den Schwaha
der Katze auf den Schwanz.


Schönen, augenzwinkernden Sonntagsgruss an alle Bärinnen und Bären!


pilli antwortete am 05.01.03 (15:03):

Schwein des Anstoßes (Erich Fried)

Wer nich Anstoß
zum Stoßen
findet
der fühlt sich oft abgestoßen
wenn vom Stoßen
die Rede
oder das Bild ist

Wir aber
stoßen an
auf das Stoßen
dann glaubt uns jeder
daß uns der Bock stößt
und nicht etwa
schon
der Wurm


Marianne antwortete am 05.01.03 (17:21):

Jetzt bin ich vor Lachen fast g´sturbn".
Er soll noch warten - der Wurm,
drum bin i net g`sturbn.


Marie2 antwortete am 09.01.03 (20:01):

Die erste Strophe des Prominenten-Gedichtes von Robert Gernhardt erinnert mich doch sehr an ein Gedicht von Bernhard Lassahn. Wer hat da bei wem abgeguckt??

Goethes Leiden
Goethe sprach zu Eckermann:
„Ruf mal bei dem Bäcker an
und bestelle eine Torte.“

„Goethe, was sind das für Worte?“
frage Eckermann erschrocken.
„Ich bin völlig von den Socken.
Torte essen? Du sollst schreiben.“

Goethe sprach: “Ich laß es bleiben,
ich hab den totalen Frust,
hätte ich es gleich gewusst,
hätte ich es ganz gelassen.“

„Goethe, das ist nicht zu fassen.“

„Doch ... ich komm einfach nicht voran.
Der Roman ... Es kotzt mich an ...“

Darauf sagte Eckermann:
„Lieber Goethe, mecker man
nicht so viel, denn deine Leiden
sind doch relativ bescheiden.
Denk, wie stark erst die Beschwerden
all der Leser werden werden
die das Ganze dann studieren
und darüber referieren.
Wie werden deren Leiden sein?!“

Goethe sprach: „Das seh ich ein.“
- Bernhard Lassahn –


schorsch antwortete am 10.01.03 (10:14):

Früher schrieb ich noch mit Kreide,
auf eine schwarze Schiefertafel;
heute - glaubt ihr, wie ich leide? -
mit PC weiter schiefes Geschwafel (:((((

Schorsch

PS. Ich nehm`s gelassen
und werds nicht lassen!


Antonius Reyntjes antwortete am 10.01.03 (20:19):

Gute, humorvolle Gedichte sind wirklich selten...
Erst 'n bißchen Theorie:

Mein Mitgefühl dem bedauernswerten Deutschlehrer, über den der anarchistische Komödiant Karl Dall (ja, der blind-äugige comedy-Spezialist) aus seiner Schulzeit plauderte:

"Als ich 16 war, sollen wir in der Schule einen Aufsatz schreiben zum Thema: ‘Der Tag meines Lebens in zehn Jahren’. Der Lehrer war nur wenig älter als wir und konnte mich nicht ausstehen. Ich wußte genau, daß ich meinen Text vor der Klasse vorlesen mußte. Ich schrieb: ‘In diesem Jahr führt mich meine Hochzeitsreise nach Ostfriesland, und natürlich versäume ich nicht, das Grab meines verstorbenen Deutschlehrers zu besuchen.’ Ich bekam das Heft um die Ohren gehauen, aber die Klasse tobte. Schon damals lief ich lieber mit offenen Augen ins Verderben, als eine Pointe auszulassen." (Aus: „Hauptsache, es macht kaputt.“ Karl Dall im Interview mit Lothar Gorris und Adriano Sack. In: DER SPIEGEL Nr. 26/1999. S. 187.)

*
Lieber bin ich dieser schlauen M a r i e (M. von Ebner-Eschenbach) verpflichtet, die folgenden Aphorismus schrieb: „Ein guter Witz muß den Schein des Unabsichtlichen haben. Er gibt sich nicht dafür, aber siehe da, der Scharfsinn des Hörers entdeckt ihn, entdeckt den geistreichen Gedanken in der Maske eines schlichten Wortes. Ein guter Witz reist inkognito.“
*
Und, wer durchgehalten hat, für den d i e s e s "nicht-ektische" Gedicht, pardon, dieser realistisch humorvolle Text, einer der humorvollsten, den ich kenne und der nicht so an den Haaren herbeigeholt ist - und der sich herrlich breit artikulieren lässt; am besten schweizerisch, wie es der Franz Hohler so prima kann (da verzichte ich auf jeden Reim...):

Franz Hohler: E k t i s c h

Das Ektische gehört zu den toten Sprachen und scheint mir deshalb die interessanteste von allen zu sein, weil sie nur zwei Wörter hatte. Das erste hieß "M" und das zweite "Saskrüptloxptqwrstfgaksolömpääghrcks".[Laut sprechen!] "M" ist weiblich und heißt „Was ist denn jetzt wieder los?“; und „Saskrüptloxptqwrstfgaksolömpääghrcks“ ist männlich und heißt „Nichts“.
Das kam daher, daß die Ekter in einem erloschenen Vulkantrichter lebten, der tief im Innern immer rumorte. Jedesmal, wenn es rumpelte, schossen die Ekterinnen erschreckt auf und riefen: "M?", worauf ihre Männer mit beruhigender Stimme sagten: »Saskrüptloxptqwrst-fgaksolömpääghrcks«. Das war das einzige, worüber die Ekter sprachen, alles andere erledigten sie in so großer Eile, daß ihnen keine Zeit zum Sprechen blieb.
Ein unruhiges Land muß das gewesen sein, dieses Ektien. Einmal kam es infolge von ungewöhnlichen Häufungen des Vulkangrollens sogar zu politischen Demonstrationen, bei denen eine große Zahl von Ektern vor das Rathaus zog und in Sprechchören die "M!M!M!" ausrief, worauf der ektische Präsident in einer großen Rede versicherte: "Saskrüptloxptqwrstf-gaksolömpääghrcks!"
Dies stimmte allerdings nicht ganz, und der Präsident selbst wußte das auch, aber unglücklicherweise hatte er keine weiteren Ausdrücke zur Verfügung, und so gehört das Ektische heute zu den ausgestorbenen Sprachen.
Aus: F. H.: Der Granitblock im Kino und andere Geschichten. Frankfurt/M. 1983: Fischer-Boot 7549. S. 87f.)

- Höre ich da jemanden ratlos "M?" "M?" ausrufen? - Oder: Wie hieß denn dieser schlaue Präsident...? - Die Antwort....?


sofia204 antwortete am 10.01.03 (22:11):

"ein Ecktisch für den Präsidenten!"


Antonius Reyntjes antwortete am 11.01.03 (12:20):

Bei Nonsense-Gedichten bin ich arg skeptisch; so wie Fontane schrieb: "Wir stecken bereits tief in der Dekadenz; das Sensationelle gilt, und nur e i n e m strömt die Menge noch begeisterter zu: dem baren Unsinn."

Auch Gernhardt palavert viel und wiederholt sich im platten Blödsinn, z.B. über Gott zu schwätzen - und kennt nicht das zwölfte Gebot: "Rede nicht über Gott, wenn du nicht an ihn glaubst; wenn du Menschen, die an Gott glauben, aber sich benehmen, als gäbe es ihn nicht, verspotten willst als Prophet, hast du meinen poetischen Segen, w e n n du es intelligent machst."

Zu einzelnen Autoren gibt es schöne Parodien von R.G., z.B.:

Robert Gernhardt: Zu einem Satz von Mörike

'Ein Tännlein grünet wowerweiß' im Walde -
doch wer weiß heut noch, wer dies Weiß ersann?
Vor hundert Jahren war's, als Erwin Wower
vor Erwin Zink und Erwin Kremser hintrat
und sprach: »Ich hab ein neues Weiß erfunden,
in Zukunft wird man mit ihm rechnen müssen.«
Und in der Tat, das Weiß von Erwin Wower
triffst heutzutage du auf Schritt und Tritt:
Die junge Braut, die wowerweiß errötet,
der Hagestolz, der wowerweiß ergraut,
die nackte Haut, die wowerweiß gebräunt wird,
der Enzian, der wowerweiß erblaut -
sie alle, samt dem Tännlein, eint ein Band:
Das Weiß, das Erwin, wo, wer weiß, erfand.
(Aus: R.G.: In Zungen reden.)

Und wenn Lesermensch sich dann motiviert fühlt, Mörikes Novelle "Mozart auf der Reise nach Prag" zu lesen, okay, dann freut sich mein Magisterherzchen. (Ich habe aber nicht vergessen, dass ich als Schüler diese Novelle viel zu früh lesen musste und sie nicht verstand - und habe daher als Lehrer nie die Leutchen gezwungen, diesen edlen Text zu lesen; nur als freiwilige Lektüre habe ich auf ihn hingewiesen, z.B. für ein Referat. (Da waren die Ergebnisse schön.)


Marianne antwortete am 11.01.03 (15:26):

Ich muss da bei Gernhard gestehen, dass ich auf der" Seife
stehe." ( Wiener Redensart). Ich habe erst durch Angelika
von ihm gehört.

Parodien, lieber Antonius brauchen in der Regel so gründliche Kenntnisse dessen,was parodiert wird, dass ich mich ebenfalls oft außerstande sehe sogar ansatzweise
mitzukommen.
Und wenn ich an die "klassische Dada Kunst" denke, so scheint mir ihr Ursprung und ihre Zielsetzung außerordentlich im Außersprachlichen zu liegen.

Und genau in dieser Protesthaltung gegen erkannten Widerspruch zwischen Sein und Schein liegt m.E. die totale Berechtigung von Parodien oder was sich sonst noch in dieser Ecke finden lässt.

Und damit, dass es kaum humorvolle Literatur in der Neuzeit gibt, gebe ich Dir vollkommen Recht.
Aber wenn man ( so über den Daumen gepeilt) Humor als eine geistige Haltung, die Widersprüche erkennt, sich aber selbst nicht aus diesem herausnimmt, diesen aber nicht anprangert, sondern so kommentiert, dass Lachen noch
möglich ist: also dann ist heute Humor als geistige Haltung möglicherweise nicht mehr möglich. Ich meine nicht im Persönlichen, da ist Humor eine sehr erwünschte Haltung. Aber in sprachlicher Form kann ich mir das nicht vorstellen, denn ich muss Stellung beziehen, ich kann über vieles nicht humorvoll lächeln. Und wenn ich eben Autorin wäre, bliebe mir dann bei aller Lust am Lachen doch im besten Falle der schwarze Humor.


Billy antwortete am 11.01.03 (17:21):

Guten Abend
Weiss hier irgendjemand evtl. in welchem Jahr das Gedicht 'Schneelied' von Peter Härtling verfasst und herausgegeben worden ist? Ich finde die Jahreszahlen einfach nicht.... :-(
Bitte helft mir
Billy


sofia204 antwortete am 11.01.03 (17:52):

vielleicht kannst Du ihn anrufen,
er wohnt in Mörfelden-Walldorf / Hessen


Antonius Reyntjes antwortete am 11.01.03 (20:13):

Nach dem Absenden fand ich, dass Gernhardts Parodie oder Kontrafaktur überhaupt keinen Sinn macht, ohne den Originaltext von Mörike; hier, bitte sehr:

Eduard Mörike:

Ein Tännlein grünet, wo,
Wer weiß, im Walde;
Ein Rosenstrauch, wer sagt,
In welchem Garten?
Sie sind erlesen schon,
Denk es, o Seele,
Auf deinem Grab zu wurzeln
Und zu wachsen.

Zwei Rösslein weiden
Auf der Wiese,
Sie kehren heim zur Stadt
In muntern Sprüngen.
Sie werden schrittweis gehen,
Mit deiner Leiche;
Vielleicht, vielleicht noch eh
An ihren Hufen
Das Eisen los wird,
Das ich blitzen sehe!

(Es ist das Schlussgedicht in "Mozart auf der Reise nach Prag"; dort als "böhmisches Volksliedchen" benannt; es ist aber ein Mörike-Gedicht - und besser, nämlich ergreifender, als Gernhardts Parodieversuch.)


Angelika antwortete am 11.01.03 (22:11):

Heinrich Heine fehlt noch ...

Den König Wiswamitra,
den treibts ohne Rast und Ruh,
er will durch Kampf und Büßung
erwerben Wasischtas Kuh.

Oh, König Wiswamitra,
oh, welch ein Ochs bist du,
daß du so viel kämpfest und büßest,
und alles für eine Kuh!

Übrigens hat unser aller Kaiserin Sisi, die im realen Leben so kaum etwas von der "Film-Kaiserin" hatte, den König Wiswamitra ausgeborgt und nennt so ihren Gatten den Kaiser Franz, in einem ihrer Gedichte. Elisabeth fand in ihren Gedichten viele Namen für Franz-Joseph. Sie bezeichnete ihn als Esel, als Hahn, oder eben auch als König Wiswamitra, der sich in eine Kuh verliebte. Selbstverständlich meinte Elisabeth mit dieser Kuh nicht sich selbst, sondern Franz-Josephs "Liebe, gute Freundin" Katharina Schratt ( das wiederum war die Dame, bei der nicht nur der Kaiser ihren legendären Gugelhupf probiert hat (was für eine schöne Metapher! Kommst Du zu mir zum Gugelhupf? Gugelhupfen wir bei Dir oder bei mir? :-))

Internet-Tipp: https://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/0,1872,1019186,00.html


Marie2 antwortete am 12.01.03 (14:08):

Das schreibende Subjekt

Ergreift der Mensch den Stift, schon wird er kategorisch.
Das schreibende Subjekt bedient sich der Poetik,
schmäht nicht das Regelwerk berechneter Ästhetik:
das Werk aus hohlem Bauch bleibt meistens illusorisch.

Gelehrtenverse sind gebildet und rhetorisch,
die auditive Kunst berauscht sich in Phonetik,
konkrete Poesie gefriert in Arithmetik,
das lyrische Gedicht ist meistens metaphorisch.

Ein ganzer Kanon steht dem Schreiber zur Verfügung,
dem schieren Leidendruck, der köstlichen Vergnügung:
es ist die ganze Welt auf einmal kreativ.

Den einen quält das All, den andern plagt die Enge,
es wechselt freies Spiel in arge Ausdruckszwänge:
der eine ist erwacht, dieweil der andre schlief.

- Ludwig Harig –


DorisW antwortete am 12.01.03 (21:29):

@Billy,
von sofia kam ein guter Hinweis; auf Peter Härtlings Homepage (www.haertling.de) gibts eine Faxnummer von ihm (leider keine Email-Adresse) - fax ihn doch einfach an.
Oder frag beim Verlag nach (Kiepenheuer& Witsch)

Zum Thema Gedichteparodien:
Von Gernhardt gefällt mir auch gut die folgende Variation
"Zu zwei Sätzen von Eichendorff":

*Dämmrung will die Flügel spreiten,*
wird uns alsobald verlassen,
willst du ihren Flug begleiten,
mußt du sie am Bürzel fassen.

Freilich, mancher, der so reiste,
fiel aus großer Höh' hinunter,
weil er einschlief und vereiste.
*Hüte dich, bleib wach und munter.*

(Und, lieber Antonius, ich kannte Eichendorff, bevor ich Gernhardt kannte...)

Internet-Tipp: https://www.haertling.de


Antonius Reyntjes antwortete am 13.01.03 (16:48):

Noch'n Gernhardt - weil der Gedichttext so stark, ja sarkastisch ist - und als Parodie auf vermenschlichte Fabeln gelten kann, auch als Dank an die Diskussionsbeiträge (von Marianne und Angelika....):

Robert Gernhardt
Katz und Maus

Die Katze spricht: Ich bin nicht so,
wie alle Welt vermutet.
Ich töte Mäuse, ja, jedoch
mit einem Herz, das blutet.
Mit einem Herz, das zuckt und schreckt,
mit einem Herz, das leidet -
Mit meinem Herz? Nein, dem der Maus!
Denn wenn uns etwas scheidet,
die Maus und mich, dann ist es das:
Ich bin der Fresser. Sie ist Fraß.

(Wer möcht da noch Mäuschen sein,
will ich mal vermuten:
der böse Robert...
Lässt er j e d e s Herzchen bluten...?)


Billy antwortete am 13.01.03 (20:39):

Danke @Sofia und Doris für die Hilfe. Ich habs jetzt herausgefunden. Bis demnext.... :-)
Billy