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THEMA:   Gedichte Kapitel 13

 129 Antwort(en).

Heidi begann die Diskussion am 30.05.01 (09:36) mit folgendem Beitrag:

Es wird Zeit für Nr.13, glaube ich - hoffentlich ist niemand abergläubisch ;-))


Die Schwarze Katz

Bei uns, da is a Staarenhäusl,
die Staarl habn dir halt a G'schwatz,
die kümmern si um d'Welt koa kreisl;
Grad untauf hockt a schwarze Katz.

Die Katz roast allweil auf und nieder,
bald gspürt ma s'hint, na gspürt ma s'vorn,
dös werd halt do die Staarl zwider,
und zletzt san's völli ängstli worn.

Jetzt hä'en s' so a lustigs Leben,
grad Futter gnua und s'Häusl gschenkt
nur grad die Katz sollts halt nit geben -
so habn die Staarl ihna denkt.

Ja, ja - a Sorg die muaßs schon geben!
Und bist aar auf dem besten Platz
und gehts dir no so guat im Leben:
A jeder hat - sei' schwarze Katz.

Karl Stieler


sieghard antwortete am 30.05.01 (13:42):

Immer im Gespräch

Ichworte Duworte
die dich verwandeln

Auf dem Weg
zu Wasser Wäldern Bergen
zu dir

immer im Gespräch
mit der Atemzeit

Rose Ausländer


:-)) Heidi antwortete am 30.05.01 (23:10):

Gedichte, Gedichte :-))

Dialoge, Monologe,
durch Gedichte, Kommentare
Lügenverse und auch wahre
- immer im Gespräch

Poeten, Dichter, Lyriker
alle, alle sprechen hier
eig'ne Worte oder fremde
- immer im Gespräch

von der Liebe, Leid und Freud
von Gott und der Welt,
von dem Leben heut'
- immer im Gespräch

und die vielen die schweigen
lesen es doch und sie bleiben
mit uns
- immer im Gespräch

hl


webmaster antwortete am 30.05.01 (23:44):

Kapitel Gedichte 1-12 sind jetzt im Archiv und die Mailingliste ist übertragen. MfG Karl

(Internet-Tipp: /seniorentreff/de/diskussion/archiv4/archiv.html)


sieghard antwortete am 31.05.01 (08:35):


C.F. Meyer hat von 1860 bis 1882
an den uns bekannten sieben Fas-
sungen des "Römischen Brunnens"
gearbeitet.


1.Rom: Springquell (1860)

Es steigt der Quelle reicher Strahl
Und sinkt in eine schlanke Schal'.
Das dunkle Wasser überfließt
Und sich in eine Muschel gießt.
Es überströmt die Muschel dann
Und füllt ein Marmorbecken an.
Ein jedes nimmt und gibt zugleich
Und allesammen bleiben reich,
Und ob's auf allen Stufen quillt,
So bleibt die Ruhe doch im Bild.


Conrad Ferdinand Meyer (1825-1898)

.


Dietlinde antwortete am 31.05.01 (09:41):

Hallo Sieghard,

wunderschön der "Römische Brunnen"!

Dank an alle Freunde der Lyrik für die hier in Thema "Gedichte 12 - 13 " vorgestellten wirklich handverlesenen Verse!

Einen fröhlichen Donnerstag wünsche ich Euch und grüße herzlich

Dietlinde

(Internet-Tipp: https://easy.to/haikulinde)


Heidi antwortete am 31.05.01 (10:04):

eine weitere Fassung, erster Druck lt.Conrady in 1869

Der römische Brunnen

Aufsteigt der Strahl und fallend gießt
Er voll der Marmorschale Rund,
Die, sich verschleiernd, überfließt
In einer zweiten Schale Grund;
Die zweite gibt, sie wird zu reich,
Der dritten wallend ihre Flut,
Und jede nimmt und gibt zugleich
Und strömt und ruht.

Conrad Ferndinand Meyer (D: 1869)


Heidi antwortete am 31.05.01 (10:17):

Lt. einem anderen Buch ist obige Fassung die letzte von 10 Fassungen und in 1882 geschrieben - ?? Sieghard, was sagst Du dazu?


Dietlinde antwortete am 31.05.01 (11:12):

Hallo Heidi,



das ist ja interessant! Das wußte ich gar nicht, daß es so verschiedene Fassungen gibt vom "Römischen Brunnen"! Eine schöner als die andere, oder man kann eigentlich gar nicht sagen welche schöner ist! Ich genieße einfach jede Einzelne und staune!

Bei der Wärme, die wir in Frankfurt haben, ist der Gedanke daran schon eine wunderbare Erfrischung!

Danke und liebe Grüße

Dietlinde


sieghard antwortete am 31.05.01 (14:23):

Heinrich Henel, Gedichte Conrad Ferdinand Meyers,
Wege ihrer Vollendung,
Max Niemeyer Verlag Tübingen 1962,
Seite 20 - 22; UB Frbg.: GE 80/2006

Hallo Heidi,
aus dem o.a. Buch habe ich die Kenntnis gewonnen,
dass Meyer 7 Fassungen gemacht hat. Die von dir
reingestellte wäre nach Henel die letzte, die 7, die
bekannteste.



2. Der Brunnen (ca. 1860)

In reichem Strahle steigt der Quell
Und sinkt in eine Muschel hell,
In eine breite Schale gießt
Die Muschel, was zu viel ihr ist,
Es überströmt die Schale dann
Und füllt ein Marmorbecken an,
Und alle Stufen bleiben reich,
Denn jede gibt und nimmt zugleich,
Und wenn es allenthalben quillt,
So ist es doch ein ruhig Bild.


.

Heute also die 1. und 2. Fassung
nach Henel. Die weiteren bringe ich
später


sieghard antwortete am 01.06.01 (08:37):


Gemeinsam

Vergesset nicht
Freunde
wir reisen gemeinsam

besteigen Berge
pflücken Himbeeren
lassen uns tragen
von den vier Winden

Vergesset nicht
es ist unsere
gemeinsame Welt
die ungeteilte
ach die geteilte

die uns aufblühen lässt
die uns vernichtet
diese zerrissene
ungeteilte Erde
auf der wir
gemeinsam reisen

Rose Ausländer [1901 - 1988]

.


Brita antwortete am 01.06.01 (09:09):

Es ward euch versichert, ihr seiet - einer Kette gleich -
so schwach wie euer schwächstes Glied.
Dies ist nur die halbe Wahrheit: Ihr seid auch so stark
wie euer stärkstes Glied.
Euch nach eurer geringsten Tat zu bemessen, hieße,
die Gewalt des Weltmeeres nach der Zerbrechlichkeit seines
Schaumes zu berechnen.
Euch nach euren Fehltritten zu beurteilen, hieße,
den Jahreszeiten ihre Unbeständigkeit vorzuwerfen.

Khalil Gibran aus "Der Prophet"


sylvia antwortete am 02.06.01 (08:41):

Zwischen Feuern

1
im feuer
das einst
meine eltern verschmolz
bin ich geworden
und ich wünschte ach wünschte
ihr koitus wäre ein fest
und ewigmoment
im zeitsturz gewesen

im feuer
das dereinst
den ausgedienten körper zerglüht
werd ich für immer entwerden
ich wünschte ja wünschte
das zeitliche segnen zu können
(nach so vielen ängesten
und freuden dankbar)


2
unte feuern
die oben am Himmel
über feuer
die unten im erdkern
"ist alles
austausch des feuers
austausch von allem"
(heraklit)

sind feuer
auch wir

3
und siehe
auch gott
wird feuer
(sagt die schrift)
und einer
hats im dornbusch erblickt
wo die stimme erging
ICH BIN

und einer
der ist gekommen
es auf die erde
zu werfen

und flammen
wie-wenn-von-feuer
haben sich auf die häupter
der jünger gesetzt

4
wozu noch
gottscherben suchen
im metaphysischen müll?
schlägt nicht SEIN angezündetes feuer
über die herzen empor?
wie lange noch
uns unter über-ichs
über-wirs ducken?
ist ER nicht luftig nicht leicht
wie flammen der liebe?

kurt marti (aus "mein barfüssig lob")


eva antwortete am 02.06.01 (19:04):

An alle die Lieben - Silvia, Heide, Brita, Sieghard, Koloman
etc. etc. - zur Zeit habe ich leider vieles andere im
Kopf und kann mich nicht dem Forum widmen, muss auch
verreisen - so schicke ich bis auf Weiteres mein liebstes
Wienerlied und hoffe auf bessere Zeiten !

Der narrische Kastanienbaum

Ganz dicht am Rand vom Stadtpark steht,
wo alle Welt vorüber geht,
ein Baum, der lässt seit langem
die Blätter traurig hangen.
Doch plötzlich ist er aufgewacht,
und Kerzen standen über Nacht
auf allen seinen Zweigen,
jetzt wollte er sich zeigen :

Refrain :

Du narrischer Kastanienbaum,
du blühst erst im August,
warum erwacht so spät in dir
Des Frühlings Lebenslust ?
Du narrischer Kastanienbaum,
du bildest dir wohl ein,
du könntest, wo der Herbst schon naht,
ein junger Frühlingsstürmer sein !

Ich habe diesen Baum geliebt,
ihr glaubt nicht, dass es sowas gibt,
o ja, man merkt´s beim Scheiden
von seinen Jugendfreuden.
Ich ging zu der Kastanie hin,
weil ich vielleicht ihr ähnlich bin,
denn ich träum´auch von Küssen
und ähnlichen Genüssen .

Da schüttelt die Kastanie
auf mich herab den Blütenschnee,
es rauscht in ihren Zweigen,
die sich herniederneigen.
Die Welt erschien mir wie im Traum,
mir war´s, als flüsterte der Baum :
Kurz ist der Frühlingssegen
auf allen Erdenwegen.

Du narrischer Kastanienbaum,
du drehst die Zeit zurück.
Vielleicht erblüht auch mir im Herbst
ein junges Liebesglück.
Ich schlang die Arme um den Baum,
im hellen Mondenschein,
ein Wiener kam vor bei und sprach :
"Der muss wohl narrisch worden sein."

Text Hans Pflanzer,
Musik Pepi Wakovsky


Brita antwortete am 02.06.01 (22:07):

Kein Gedicht - einige Worte von Hans Carossa

Jesus, die große Sonne, kommt keinem abhanden,
den sein Strahl einmal durchleuchtet hat.
Man kann ihn vergessen, man kann ihm abschwören,
das ändert nichts. Er ist vergraben im umwölkten
Herzen, und es kann stündlich geschehen, dass
er aufsteht.

Hans Carossa


Wolfgang antwortete am 03.06.01 (02:12):

Dahin... (von Rio Reiser)

Die alte Welt, die stille Nacht,
die goldene Zeit, der wilde Bach,
das fremde Land, der Lindenbaum,
ein müder Wanderer, ein Sommertraum.

Dahin, dahin, vorbei, vorbei...

Der lange Weg, die kurze Rast,
der warme Herd, der späte Gast,
das ferne Schloß, die gute Fee,
so rot wie Blut, so weiss wie Schnee.

Dahin, dahin, vorbei, vorbei...

Kein letztes Wort, kein letzter Schrei,
dahin, dahin, vorbei, vorbei...
Und das Leben geht weiter,
das Leben geht weiter...


:-) Heidi antwortete am 03.06.01 (05:07):

Frühlingsblumen
aus Des Knaben Wunderhorn, I. Band


Herzlich thut mich erfreuen,
Die fröhliche Sommer-Zeit,
All mein Geblüt erneuen,
Der May in Wollust freut,
Die Lerch thut sich erschwingen
Mit ihrem hellen Schall,
Lieblich die Vögel singen,
Dazu die Nachtigall.

Der Kukuk mit seinem Schreien,
Macht fröhlich jedermann,
Des Abends fröhlich reihen,
Die Mädlein wohlgethan,
Spazieren zu den Brunnen,
Bekränzen sie zur Zeit,
Alle Welt sich freut in Wonnen,
Mit Reisen fern und weit.

Es grünet in dem Walde,
Die Blumen blühen frey,
Die Rößlein auf dem Felde,
Von Farben mancherlei,
Ein Blümlein steht im Garten,
Das heißt, Vergiß nit mein,
Das edle Kraut zu warten,
Macht guten Augenschein.

Ein Kraut wächst in der Aue,
Mit Namen Wohlgemuth,
Liebt sehr die schönen Frauen,
Dazu die Holder-Blüth,
Die weiß und rothe Rosen,
Hält man in großer Acht,
Thut's Geld darum verlosen,
Schöne Kränze daraus macht.

Das Kraut, Je länger je lieber,
An manchem Ende blüht,
Bringt oft ein heimlich Fieber,
Wer sich nicht dafür hüt,
Ich hab es wohl vernommen,
Was dieses Kraut vermag,
Doch kann man dem vorkommen,
Wem lieb ist jeder Tag.

Des Morgens in dem Thaue,
Die Mädlein grasen gehn,
Gar lieblich sich anschauen,
Bey schönen Blümlein stehn,
Daraus sie Kränzlein machen
Und schenkens ihrem Schatz,
Thun freundlich ihn anlachen,
Und geben ihm ein Schmatz.

Darum lob ich den Sommer,
Dazu den Mayen gut,
Der wendet allen Kummer,
Und bringt viel Freud und Muth,
...


sieghard antwortete am 03.06.01 (09:09):


Pfingstwunsch Dietlinde
Heiliger Geist im Winde
mit Feuerzungen

.


sieghard antwortete am 03.06.01 (09:12):


Das Leben liegt nicht in Worten.
Die Worte sind Ton
Was dazwischen ist
Der Hohlraum
Der Leerraum
Ist das Wesentliche
Und Unsagbare.
Den Hohlraum offen halten
Für den Geist
für das Funkeln und Sprühen
Und Wehen und Strömen
Und das Unsagbare
Wird Fülle seines Wirkens
Und wir
Geistbegabte
Geistreiche
Geistesgegenwärtige
Begeisterte
Begeisternde.

Dann ist Pfingsten

.


Dietlinde antwortete am 03.06.01 (10:13):

Lieber Sieghard,


Dein Haiku ist Dir wunderbar gelungen, und sehr schön "verdichtet"! Auch Dein Gedicht "Dann ist Pfingsten", begeistert mich! Wunderbar das Wesentliche herausgearbeitet und so treffend mit Pfingsten verbunden! Großartig!

Ganz lieben, herzlichen Dank für die schönen Gedanken!

In diesem Sinne wünsche ich ein begeisterndes Pfingsten!

Herzliche Grüße

Dietlinde


sieghard antwortete am 04.06.01 (08:34):


Abschied von gestern
Abschied von Blüte und Duft
Abschied von Liebsten
Abschied von Lebenszeit

Alles vergeht.
Alles ist zeitlich.
Alles kommt an ein Ende.
Irgendwann der Tod.

Abschied ist traurig
Alleinsein
Verlorensein
Auf sich gestellt.
Keine Hand als Halt.

Abschied
schafft Raum für Ankunft.
Abschied Jesu
Ankunft des Geistes.
Für geistreiche Zeit.

.


Brita antwortete am 04.06.01 (08:44):

Heimliche Landschaft

Reich verstreute Tempeltrümmer
Glühen gelb im Sonnenbrand.
Ginsterbüsche zwischen Säulen
Ziehen Gold aus heissem Sand.

Edle Schmetterlinge zieren
Marmorhaupt und Marmorschoß.
In des Gottes Achselhöhle
Wuchert blühend grünes Moss.

Eine silbergraue Schlange
Liegt zerbrochen starr im Staub.
Kinder knieen zu ihr nieder,
Decken sie mit Walnusslaub.

Und schon steigen aus dem Boden
Harte Käfer scharenweis,
Toten Leib zurückzutragen
In der Wesen heissen Kreis.

Hans Carossa


Wolfgang antwortete am 04.06.01 (08:56):

Hast du die Lippen mir wundgeküsst,
So küsse sie wieder heil,
Und wenn du bis Abend nicht fertig bist,
So hat es auch keine Eil.

Du hast ja noch die ganze Nacht,
Du Herzallerliebste mein!
Man kann in solch einer ganzen Nacht
Viel küssen und selig sein.

Heinrich Heine


sylvia antwortete am 04.06.01 (09:26):

Innere Bewegung

Dazugehören
aber nicht um jeden Preis

Ein Stück weit fortgehen
aber nicht für immer

Das alte Gleis verlassen
aber nicht entgleisen

Schweigen
aber nicht ohne Aussage

In Offenheit dasein
aber das Geheimnis der Mitte wahren

Aufstrebender Lebenslichfunke sein
aber auch Rückkehr zu den Wurzeln

Klang sein im eigenen Kreis
aber auch grosse Stille

Maryse Bodé


sylvia antwortete am 04.06.01 (09:51):

Konjunktiv

Wenn nun
nach 2000 Jahren
die Liebe
wirklich erwachte

Die Hände der
Folterer lenkte
in die Gärten
wo sie säten
und Rosen hegten

Sie würfen
die Kinder
nicht mehr in die Öfen
und Betonmaschinen

Sie würfen die Kinder
zur Luft
-auch jene der Nachbarn-
und fingen sie auf
mit dem
stolzen Lachen
der Väter

Ihre Söhne
dürften spielen und weinen
die Rosen und
Bäume begiessen

Sie schauten
-nun da die Mütter getröstet-
des Abends
ins Land
mit gesegneten Augen

Und jeder fände
die Schaufel
den Hass zu begraben

Die eigenen Schaufel
für
den eigenen Hass

Wenn endlich
nach 2000 Jahren....

Thea Uhr


Georg Segessenmann,alias Georg von antwortete am 04.06.01 (10:42):

Auch wenns jahreszeitenmässig gar noch nicht so weit ist: Das heutige Pfingstwetter gruselt mich - wie das folgende Gedicht, das ich offenbar einst in ähnlicher Laune geschrieben habe.

Herbstzeit


Bunt ist der Bäume Laub,
die letzten Blätter fallen;
versammeln sich im Staub;
der Hebst trägt Trauerkleid.
Melancholie erfüllet
mein Herz, die Nebel wallen;
das Auge wird verhüllet
und ahnet herbes Leid.

**********

Im Wald ein letztes Singen;
ein Vogel, ganz verloren,
möcht` mir noch Freude bringen.
schwingt sich zum Himmel auf.
Wolken am Himmel fahren;
bald wird die Nacht geboren,
und nur wer jung an Jahren,
hat noch genügend Schnauf.


Dezember 1995,Schorsch


sylvia antwortete am 04.06.01 (11:12):

Ein Trost für Schorsch:



Schau Grau
überall soviel Grau
grauer Beton
graue Strassen
zu keinem wahren Ziel
nur irgendwo im Raum

Grauer Himmel
über grauem See
grauer Staub
auf grünem Blatt
Leitplankengrau
auf grauen Brücken
zu Fassadengrau

Aber schau
da mitten im Grau
ein Stück Wegweiserblau
das ist schon etwas
ein Anfang
eine Hoffnung fast
die mit dem grauen Regenwind
die grauen Nebel
von unseren blauen Träumen bläst

Maryse Bodé

Ich weiss nicht, woher im Augenblick der Wind weht, das Wetter kommt. Bei uns ist der Himmel wieder blau. Rundum auf den Bergen liegt Schnee von gestern. Vielleicht klart es bei Euch auch bald auf!


Iris antwortete am 04.06.01 (11:40):

Der Schatz

Ein kranker Vater rief den Sohn.
"Sohn!" sprach er,"um dich zu versorgen,
Hab ìch vor langer Zeit einst einen Schatz verborgen;
Er liegt--" Hier starb der Vater schon.
Wer war bestürzter als der Sohn?
Ein Schatz! So waren seine Worte.
Ein Schatz! Allein an welchem Orte?
Wo find`ich ihn? Er schickt nach Leuten aus,
Die Schätze sollen graben können,
Durchbricht der Scheuern harte Tennen,
Durchgräbt den Garten und das Haus,
Und gräbt doch keinen Schatz heraus.
Nach viel vergeblichem Bemühen
Heißt er die Fremden wieder ziehen,
Sucht selber in dem Hause nach,
Durchsucht des Vaters Schlafgemach,
Und find`t mit leichter Müh`(wie groß war sein Vergnügen)
Ihn unter einer Diele liegen.

Vielleicht, daß mancher eh`die Wahrheit finden sollte,
Wenn er mit mindrer Müh`die Wahrheit suchen wollte.
Und mancher hätte sie wohl zeitiger entdeckt,
Sofern er nicht geglaubt, sie wäre tief versteckt.
Verborgen ist sie wohl;allein nicht so verborgen,
Daß du der finstern Schriften Wust,
Um sie zu sehn, mit tausend Sorgen
Bis auf den Grund durchwühlen mußt.
Verlaß dich nicht auf fremde Müh`,
Such`selbst, such`aufmerksam, such`oft; du findest sie.
Die Wahrheit, lieber Freund! die alle nötig haben,
Die uns als Menschen glücklich macht,
Ward von der weisen Hand, die sie uns zugedacht,
Nur leicht verdeckt, nicht tief vergraben.

Christian Fürchtegott Gellert
(1715-1769)


Dietlinde antwortete am 04.06.01 (15:19):



Weil der Jasmin gerade bei uns im Garten blüht!


Grün ist der Jasminenstrauch
Abends eingeschlafen
Als ihn mit des Morgens Hauch
Sonnenstrahlen trafen,
Ist er schneeweiß aufgewacht,
Wie geschah mir in der Nacht?
Seht, so geht es Bäumen
Die im Frühling träumen.

Friedrich Rückert


;-) Heidi antwortete am 04.06.01 (19:53):

und weil auch Menschen über Nacht erblühen können :-)


Aus ihren Augen lacht die Freude,
auf ihren Lippen blüht die Lust,
Und unterm Amazonenkleide
Hebt Mut und Stolz und Drang die Brust:
Doch unter Locken, welche fliegen
Um ihrer Schultern Elfenbein,
Verrät ein Seitenblick beim Siegen
Den schönen Wunsch besiegt zu sein.

(Lenz)


sieghard antwortete am 04.06.01 (22:21):


Hinter Wänden

Hinter der Wand
atmet
der Märchenerzähler Traum

Er rühmt
das Leben
die wunderfarbene Liebe
das Blattgrün Wirklichkeit

In fünf Kontinenten
hinter Wänden
rühmt
der Märchenerzähler
Leben und Liebe


Rose Ausländer

.
.

Grüße

Hanna Born,
Hans-Jürgen Caspar

.


Heidi antwortete am 05.06.01 (00:21):

und..

heimlich
nährt sich der Traum
vom Brot der Realität

das der Liebe
die Farbe gibt
leuchtendes Rot
gibt Wärme für
beides:

Traum und Realität

hl


sieghard antwortete am 05.06.01 (09:57):



Tu, was du kannst
und bete um das,
was du nicht kannst.
So wird dir Gott ge-
ben, dass du kannst.


.


Georg Segessenmann,alias Georg von antwortete am 05.06.01 (10:04):

Sei es nun Lyrik oder Prosa,
die Liebesbrille ist stets rosa.
Doch kommt man an der Liebe Saum,
ist meistens schon aus der Traum!
Drum liebe Freunde merkt euch das:
Nehmt statt ein rosa Fensterglas!

Schorsch


Brita antwortete am 05.06.01 (20:47):

Reigen

Reigen - die Liebe hält manchmal
Im Löschen der Augen ein,
Und wir sehen in ihre eignen
Erloschnen Augen hinein.

Kalter Rauch aus dem Krater
Haucht unsre Wimpern an;
Es hielt die schreckliche Leere
Nur einmal den Atem an.

Wir haben die toten Augen
Gesehn und vergessen nie.
Die Liebe währt am längsten
Und sie erkennt uns nie.

Ingeborg Bachmann


Iris antwortete am 05.06.01 (20:52):

Eine Antwort an Schorsch...mit der Bitte...mir mein Unvermögen zu verzeihen...da noch nie ein eigenes Gedicht geschrieben oder sogar veröffentlicht ;-))


Aus meiner Sicht

Ich bin`s zufrieden, trag lang schon eine Brille.
Nicht die aus Fensterglas,nein,die war nicht mein Wille!
Jedoch die Liebesbrille kann kein Augenarzt verpassen.
Bekam sie geschenkt,sehe hindurch,bin sehr gelassen.
Seh deutlich meinen Liebestraum,
Kommt mir ganz nah,ich fass es kaum.
Weiß ja am Anfang schon vom steten Enden,
Mich hindert`s nicht,greif ihn mit beiden Händen.
Laß ihn an meiner Seite sein,
Genieße ihn...nicht mehr allein!
Hoffe,daß Träume Wirklichkeit,
Denn Liebe...Liebe hat mich nie gereut!
Nehm Liebe an, sie ist das höchste Glück des Lebens,
Doch mancher sucht,ein Leben lang danach vergebens.

I.B.


Heidi antwortete am 05.06.01 (21:06):

Meine Liebe ist total

die Liebe?
seh' ich nicht durch eine Brille
ich denke sie
ich fühle sie
ich atme sie
ich schmecke sie
ich lebe sie
die Liebe ist Teil von mir
ich bin Teil der Liebe
untrennbar

hl


Gisela antwortete am 05.06.01 (21:18):

Ein etwas anderes Gedicht
Erinnerungen an meine Heimat
Ich sitz` versunken in Gedanken
in meiner Klause still allein,
möcht`mit dem Sonnenschein, dem blanken
recht schnell in meiner Heimat sein.

Der Krieg ist aus - aus 1000 Wunden
liegt blutend da mein Vaterland
ich aber denk`in allen Stunden
an Schlesien, den Oderstrand.

Mein Heimatland mußt ich verlassen
mußt`fort vom alten Vaterhaus.
Ich kann es immer noch nicht fassen,
man trieb uns aus der Heimat raus.

Ich denke oft an Schlesiens Berge
und an die schönen Täler all`,
dort, wo im Geisterreich der Zwerge
sein Zepter schwingt Herr Rübezahl.

Ich denke an die grünen Wälder,
den alten Zobten grau und blau,
der uns gedient als Wettermelder,
an Hirschberg und an Schreiberhau.

An Görlitz mit der Landeskrone,
an Grünberg mit dem gold`nen Wein,
an Bunzlau mit dem guten Tone,
an Laubans Taschentücher fein.

In Neusalz spann man feste Zwirne
und Sagans Tuche sind bekannt,
in Glogau gab`s vom Apfel, Birne
`nen guten Most am Oderstrand.

Auch Sprottau, Lüben möcht ich nennen,
mein Fraustadt und den Schlesiersee!
Steinau und Wohlau muß man kennen,
Bad Treibnitz mit der Hedwigsburg!

In Haynau möcht`ich wieder weilen,
in Liegnitz gar zu gerne sein,
zur Stadt der Gurken möcht`ich eilen
und essen von den Bomben fein.

Das alte Goldberg will ich grüßen,
und Jauer mit den Würstchen klein,
auch Schweidnitz mit dem Schöps dem süßen,
und Striegau mit dem Bruch von Stein.

Bad Salzbrunn möcht`ich wiedersehen,
möcht`Waldenburg und Landeshut,
möcht`in Neurode wieder stehen,
in Glatz, wo schmeckt die Rose gut.

Möcht`wieder einmal Kroatzbeer trinken
und Schutt und Kümmel als Likör.
Dem alten Schlegel möcht`ich winken,
wo kamen diese Sachen her?

Von Langenbielau zeugt sein Leinen,
und Nickel gab`s bei Frankenstein,
in Strehlen macht man aus den Steinen
die Würfel für das Pflaster fein.

Auch Münsterberg sei nicht vergessen
Gemüse man dort konserviert,
in Wartha konnt`man Kuchen essen,
den man mit Honig fabriziert.

In Reichenbach gab`s große Werke,
in Ohlau rühmt die Gänsebrust,
in Neiße, höre zu und merke,
gab es Konfekt, es war `ne Lust.

In Oppeln sah man eifrig schaffen,
das gleiche war in Brieg der Fall,
und Cosel mit dem Oderhafen
ist sehr bekannt doch überall.

Jetzt muß ich Beuthen, Gleiwitz preisen
und Hindenburg gehört dazu,
wo man die Kohle und das Eisen,
an jedem Tag schuf ohne Ruh.

Bei Ratibor begann die Grenze,
bei Neustadt war es ebenso,
ich wünsch`daß weiterhin erglänze
der Annaberg, so stolz und froh.

Groß Stehlitz kommt nun an die Reihe:
Burg Tost hat Eichendorff gekannt,
als Dichter gab er ihr die Weihe,
macht sie bekannt im ganzen Land.

Nun grüße ich in Schlesiens Kleide
die Perlen uns`rer Bäder all:
Kudowa, Reinerz und Altheide,
Bad Warmbrunn noch auf jeden Fall.

Doch weiter gehen die Gedanken
nach Silberberg und Wölfelsgrund
wo die Forell`n die silberblanken
dir schmecken gut zu jeder Stund.

Ich denk` an Schlesiens Monopole
an dich, mein altes Breslau lieb,
mit deiner Oder, deiner Ohle,
und weiß, daß es nichts Schön`res gibt.

Mein Breslau, Heimat meiner Lieben,
dein denk ich bis zur letzten Stund`,
bis es mal heißt, nun wird geschieden
von diesem alten Erdenrund.

Dann will ich still von dannen geh`n,
doch eine Bitte schließ`ich ein,
noch einmal möcht`ich Schlesien seh`n
und möchte dort begraben sein.

Bedenk`es Heimatloser, eh`Du weinst,
die Erde, die wir liebten, lebt wie einst,
nur, daß ein Andrer jetzt ihr Land bebaut
und ihrem Schoß dem Samen anvertraut.

Sie trägt und atmet ungestört
und weiß nur eines, daß sie Gott gehört,
er weihe ihr den Saat- und Erntestand
und segne sie auch mit fremder Hand.


Diese vielen Zeilen fand ich in dem Nachlaß meiner geliebten Mutter, die 1989 verstarb.


Dora Naef/Millefoglio antwortete am 06.06.01 (02:18):

Ich habe von meinem Enkel eine Einladung zur Hochzeitsfeier erhalten, in der er ein Gedicht von Wilhelm Busch schreibt mit einer Fotografie von ihm und seiner Velobten. Ich habe so etwas, wie eine Fortsetzung davon geschrieben, die ich Euch nicht vorenthalten möchte.Vielleicht kann ich Euch damit ein Lächeln stehlen:

Zuerst das von Wilhelm Busch:

Wärst du ein Bächlein und ich ein Bach,
Ich eilte dir geschwinde nach.
Und wenn ich dich gefunden hätt
in deinem Blumenuferbett:
Wie wollt ich mich in dich ergiessen
und ganz mit dir zusammenfliessen,
du vielgeliebtes Mädchen du !
Dann strömten wir bei Nacht und Tag
vereint im süssen Wellenschlag
Dem Meere zu.
Dies ist von mir:

Glückseeligkeit, so heisst das Meer
in das wir uns ergiessen,
du das Bächlein und ich der Bach,
die wir zusammenfliessten,
zuerst vereint in einem Fluss
und wie das ja so kommen muss
der Fluss, der mündet in den Strom,
Glückseeligkeit, sie winkt uns schon.
Die Liebe diese grosse Macht
sie gibt uns Mut, sie gibt uns Kraft.
Euch möcht ich sie so sehr erhalten,
und wünscht'sie möge nie erkalten !
Eure Liebe die soll strahlend
unsre trübe Welt bemalen,
sie soll wachsen mit der Zeit !
Und mutig schreitet Ihr zu zweit
Der Zukunft entgegen.
Dora Naef


Heidi antwortete am 06.06.01 (23:33):

testen ob die DichterInnen noch da sind? ;-) (verstehen nur die Mail-Empfänger *g*)

aus Variationen einer Liebe:


Momentaufnahme

mir ist so kalt
kein Arm, mich zu wärmen
ich bin so müde
keine Hand, die meine zu halten
ich habe Angst
kein Mund, sie weg zu küssen
ich fühl mich so .. traurig
Du bist nicht hier

hl


sylvia antwortete am 06.06.01 (23:53):

Wo in dieser Nacht
verbergen sich
die Schatten
wann ist
das letzte Licht
erloschen
Noch tanzt
sein Abglanz
hinter meinen Lidern

Wo in dieser Nacht
bin ich
alleingelassen
und wann
begann der Sturm
zu toben
Noch steh ich ihm
mit letzter Kraft
entgegen

In dieser Nacht
hört Gott
den Aufschrei
meiner Seele
und
mitten im Aufruhr
streift mich
eine Ahnung
von Stille

svr


Brita antwortete am 07.06.01 (19:50):

Da kann ich noch richtig lachen....

Lebhafte Unterhaltung

Ein Mensch, von Redeflut umbrandet,
Hätt seine Weisheit gern gelandet,
Ein feines Wort, mit Witz gewürzt...
Jedoch, die Unterhaltung stürzt
Dahin und treibt samt seinem Wort
Ihn wild ins Uferlose fort.
Er schreit: "Darf ich dazu bemerken...!
Doch schon mit neuen Sturmwindstärken
Wird vom Gespräch, das braust und sprudelt,
Gewaltsam er hinweggetrudelt.
Er schnappt nach Luft und möchte sprechen,
Doch immer neue Sturzseen brechen
Auf ihn herein, er muss ertrinken,
Kann bloß noch mit den Händen winken
Und macht zuletzt nur noch den matten
Versuch, zu keuchen: "Sie gestatten..."
Schiffbrüchig an sein Wort geklammert,
Der Mensch jetzt endlich einen jammert,
Der ihn aus des Gespräches Gischt
Im letzten Augenblicke fischt,
Gewissermaßen packt beim Kragen:
"Sie wollten, glaub ich, auch was sagen?!"
Das Sturmgespräch hat ausgewittert:
Der Mensch schweigt witzlos und verbittert...


Gisela antwortete am 07.06.01 (22:14):

So lang als Kind du weilst im Elternhaus
wie oft fliegt doch dein Wunsch der Zeit voraus
und ungeduldig harrest du der Frist
da zu den "Großen" du gerechnet wirst.
Und bist du endlich dann herangereift
und hast die Kinderschuhe abgestreift,
erklingt in dir, wie bald, wie bald,
ein weher Ton, der leise erst erschallt,
doch lauter und immer lauter schwillt dir an,
je dornenvoller deine Lebensbahn.
Es ist die Sehnsucht nach dem Kinderglück,
auf das kein Weg auf Erden führt zurück.
Und klar und deutlich steigt im Zeitenlauf
das Jugendland vor deiner Seele auf.
Was du in ihm erlebt, sei`s Freud, sei`s Schmerz,
wie stilles Grüßen zieht es durch dein Herz.
Du hörst der Kirchlein Glockenklang,
vom Schulhaus trauten, hellen Kindessang,
und fröhlich tanzt im gold`nen Sonnenschein
ein Kindervölkchen seinen Ringelrei`n.
Die teuren Eltern winken froh dir zu.
Und hast du seufzend es nicht schon verspürt,
wie tief ein altes Schülerheft dich rührt?
Und überkommt doch nicht ein leises Weh,
find`st du die Fibel mit dem ABC?
So trägt dein Jugenland auf Schritt und Tritt
in der Erinn`rung du durch`s Leben mit.
Und ob ein schönes Los sei dir beschert, ob du durch`s Leben gehst geliebt, geehrt
ob du vergeblich dir das Glück erflehst,
als müder Wanderer durch das Leben gehst
stets halten die Gedanken gerne Rast,
wo du die Kinderzeit verträumet hast.
Und wenn dereinst ein Fährmann ernst und still
dein Lebensschiff ans Ufer führen will,
dann steigt im gold`nen Abendglanze mild
vor deiner Seele auf ein letztes Bild.
Es grüßet dich vom fernen Heimatstrand
noch einmal dein verlor`nes Jugenland

von E.Wüterich-Muralt


Dora/Millefoglio antwortete am 07.06.01 (23:48):

Liebe Senioren, ich danke Euch, die mir mit einem Mail geantwortet habt und für die Komplimente. Ich hab mich mächtig gefreut, ich bin freudig überrascht, ein Echo gefunden zu haben ! Nur ich hätte Euch gerne jedem mit einem Mail geantwortet, aber ich hab mal wieder Mist gebaut, Ich kann keine Mails mehr verschicken! Ich wollte die Kapazität erhöhen, damit ich mehr auf einmal verschicken kann, nun geht es nicht mehr!Ich muss auf "meinen"Lehrer warten, bis er Zeit hat,mir den PC wieder in Ordnung zu bringen. Ich liebe es Eure Gedichte zu lesen und danke Euch auch vielmals. Ah, ich kann aber Eure Mails erhalten. Alles Liebe und lässt Euch von der Muse küssen! hihihi


Gisela antwortete am 08.06.01 (17:05):

Sang an die Frühkartoffel Endrikat
Die ersten Veilchen sind für das Gemüt,
im jungen Frühling, wenn die Finken schlagen,
doch wenn der Sommer in die Lande zieht,
der Frühkartoffel klingt mein schönstes Lied
aus allertiefstem, dankerfülltem Magen.

Sie hat uns in der höchsten Not erfreut,
wenn alle Reste schon zu schwinden drohten.
Sie hat den Glauben wiederum erneut,
und wenn auch nur mit Körnlein Salz bestreut,
wir grüßen sie als ersten Ernteboten.

Wenn auf dem Teller vor uns, dampfend heiß,
die Frühkartoffel ruht so zart und mehlig,
im Petersilienschmuck ihr Alabasterweiß,
da lacht das Herz, der Mund spricht Lob und Preis,
der Bauch hat ausgeknurrt und lächelt selig.

Wie herrlich, wenn sie uns entgegenrollt,
frisch aus der braunen warmen Erdenscholle.
Sie ist uns mehr als blankes pures Gold.
Es sei ihr unser Gruß und Dank gezollt,
der lehmbeklebten Frühkartoffelknolle.


Brita antwortete am 08.06.01 (20:38):

Kehr ein bei mir!

Du bist die Ruh,
Der Friede mild,
Die Sehnsucht du,
Und was sie stillt.

Ich weihe dir
Voll Lust und Schmerz
Zur Wohnung hier
Mein Aug und Herz.

Kehr ein bei mir,
Und schließe du
Still hinter dir
Die Pforten zu.

Treib andern Schmerz
Aus dieser Brust!
Voll sei dies Herz
Von deiner Lust.

Dies Augenzelt,
Von deinem Glanz
Allein erhellt,
O füll es ganz!

Friedrich Rückert


Dora Naef/Millefoglio antwortete am 08.06.01 (23:26):

Wie schon gesagt, ich kann keine Mails mehr verschicken, sonst würde ich allen, die mir eines geschriben haben antworten, ich muss herausfinden, wie man das macht mit Yahoo, ich habe den Bluewin. Weiss aber nicht recht, wie ich das machen muss.Eingeschrieben bin ich ja : millefoglio@yahoo.de, aber ich habe diese Adresse noch nie gebraucht. So danke ich halt hier an dieser Stelle für all die lieben Mails, die ich bekommen habe.


Dora Naef/Millefoglio antwortete am 08.06.01 (23:31):

Oh, Gisela, Du hast mich hungrig gemacht mit Deinem Gedicht über die Kartoffel Ich werde mir jetzt welche kochen und mit Salz und Butter essen hmmm!


Wolfgang antwortete am 09.06.01 (00:58):

Die Liebe bleibt!

Komm, mach' nicht so 'n Gesicht.
Ich weiß, ich hab' versagt.
Ich hab' die Welt noch immer nicht
in Ordnung gebracht.
Zehntausend Katastrophen steh'n
Schlange vor den Tor'n.
Und trotzdem ist das Wichtigste
noch immer nicht verlor'n.

Du weißt es doch, ein Kuß
ist immer noch ein Kuß,
trotz all der Barbarei.
Egal, wohin die Zeit uns treibt:
Die Liebe bleibt!

Die Blicke und die Zeichen
sind immer noch die gleichen.
Ganz einfach und vertraut.
Egal, wohin die Zeit uns treibt:
Die Liebe bleibt!

Hände im Dunkeln.
Atem auf der Haut.
Puls in den Ohren.
Immer noch so laut.
Offen und wehrlos
und unverwundbar glücklich;
na, das ist doch was,
oder nicht?

Das ist doch was, ein Kuß
ist immer noch ein Kuß,
trotz all der Barbarei.
Egal, wohin die Zeit uns treibt:
Die Liebe bleibt!

Schwindlige Herzen, zitterige Knie.
Sehnsucht und Tränen.
Schicksalsmelodie.
Herz reimt sich auf Schmerz.
Und Marmor, Stein und Eisen bricht.
Die Liebe nie!

Drei Worte, so zerbrechlich,
unkäuflich, unbestechlich
und unberührbar, frei.
Trotz allem:
Egal, wohin die Zeit uns treibt:
Die Liebe bleibt!
Die Liebe bleibt!
Die Liebe bleibt!
Die Liebe bleibt!
Die Liebe bleibt!

Der Text des Liedes, gesungen von Klaus LAGE nach der Melodie von 'As Time Goes By'.


Heidi antwortete am 09.06.01 (01:16):

:-)) Liebeslieder?

Volkslied

Wenn ich ein Vöglein wär,
und auch zwei Flüglein hätt'
flög ich zu dir;
weil es aber nicht kann sein
weil es aber nicht kann sein
bleib ich allhier

Bin ich gleich weit von dir
bin ich doch im Schlaf bei dir
und red' mit dir:
wenn ich erwachen tu
wenn ich erwachen tu
bin ich allein

Es vergeht keine Stund' in der Nacht
da mein Herze nicht erwacht
und an dich gedenkt
dass du mir viel tausendmal
dass du mir viel tausendmal
dein Herz geschenkt


sylvia antwortete am 09.06.01 (10:57):

...
und ich weiss noch nicht
bin ich ein Falke ein Sturm
oder ein grosser Gesang
(R.M. Rilke)
...
Wenn ich ein Vöglein wär
ein Luftzug oder ein Liedchen
wär ich, wie ich's soll

wohlerzogen verbindlich
angepasst konventionell
brav unauffällig

so, wie sich's schickt

wenn ich ein Vöglein wär
könnt ich kein Falke sein

Christel Voss-Goldstein


Heidi antwortete am 09.06.01 (12:57):

*gg* aber vielleicht ein "Lämmlein"?

Nimmersatte Liebe

So ist die Lieb'! So ist die Lieb'!
Mit Küssen nicht zu stillen!
Wer ist der Tor und will ein Sieb
Mit eitel Wasser füllen?
Und schöpfst du an die tausend Jahr'
Und küssest ewig, ewig gar,
Du tust ihr nie zu Willen.

Die Lieb', die Lieb' hat alle Stund'
Neu wunderlich Gelüsten;
Wir bissen uns die Lippten wund,
Da wir uns heute küßten.
Das Mädchen hielt in guter Ruh',
Wie's Lämmlein unterm Messer;
Ihr Auge bat:"Nur immer zu!
Je weher, desto besser!"

So ist die Lieb'! und war auch so,
Wie lang' es Liebe gibt,
Und anders war Herr Salomo,
Der Weise, nicht verliebt.

Eduard Mörike

Ich wünsche allen ein "liebevolles" Wochenende :-))


Annemarie Florit antwortete am 09.06.01 (19:39):

Ich möchte mich anschließen mit "Liebe"

Im Glücksrausch der Gefühle
bist Du mir so nah,
Läßt mich Deine Stärke spüren,
weiß noch genau was da geschah.

Ein heller Sonnenschein auf unserer Haut.
Deine Wärme, Deine Hände so vertraut,
streicheln mich.
Dein Blick dringt tief in meine Seele,
was wird, ist Liebe.

Der Duft von Deinem Haar
ist heute mir so nah,
spüre Dich, Du liegst bei mir.
Ich gebe mich Dir hin -
nimm mich so wie ich bin.

Liebe mich!


Gisa Ruf antwortete am 09.06.01 (20:59):

Was hat mein ungestümer Leib
bei deinem wohl verloren?
Ist was wir tun ein Zeitvertreib
von Engeln oder Toren?

Es mag wohl eine Wolke wehn
durch tote Wüstenreiche:
so muß durch dich mein Atem gehn
damit die Zeit verstreiche.

O flieh! Zu spät ! In deinem Haar
brennt meiner Hände Feuer.
Was macht dein Aug so muschelklar
und mich zum Ungeheuer?

Wir sind gemischt aus Staub und Lehm
von Riesen und von Zwergen.
Kann es denn sein, daß außerdem
wir einen Gott verbergen?

(A.v.S.)


:-) Heidi antwortete am 09.06.01 (21:11):

Liebe ist:

Harmonie

Haut an Haut
Wärme in Wärme
Tiefen ausloten
Feuchte einsaugen
Muskeln spannen
Verborgenes vibriert
geborgen im Verborgenen
Glutwellen ganz sanft
Liebe flüstert
Liebe schweigt
Harmonie der Körper
Harmonie der Seele
Harmonie der Herzen
Haut an Haut
Wärme in Wärme.....

hl


Wolfgang antwortete am 09.06.01 (23:45):

Heute vor einem Jahr starb 75-jährig der grosse österreichische Lyriker Ernst JANDL. Hier ist eines seiner Liebesgedichte:

ich liege bei dir. deine arme /
halten mich. deine arme /
halten mehr als ich bin. /
deine arme halten, was ich bin /
wenn ich bei dir liege und /
deine arme mich halten.


;-)) Heidi antwortete am 09.06.01 (23:52):

Frühlingsnacht

Übern Garten durch die Lüfte
Hört ich Wandervögel ziehn,
Das bedeutet Frühlingsdüfte,
Unten fängt's schon an zu blühn.

Jauchzen möcht ich, möchte weinen,
Ist mir's doch als könnt's nicht sein!
Alte Wunder wieder scheinen
Mit dem Mondesglanz herein.

Und der Mond, die Sterne sagen's,
Und in Träumen rauscht's der Hain,
Und die Nachtigallen schlagen's:
Sie ist Deine, sie ist dein!

Eichendorf


Iris antwortete am 10.06.01 (02:14):

Weil ich in dieser Nachtstunde..schöne Liebeslieder höre..
eine Kostprobe für Euch..
Text und Musik Brunner & Brunner
CD >>Wenn Du einsam bist<< ;-)))



Die eine Nacht

Du, es war die Nacht, diese eine Nacht,
als wir uns nach langer Zeit wieder trafen.
Keine Träumerei, nur die Wirklichkeit
sah uns fast erbarmungslos ins Gesicht.
Und es war so alles anders wie beim ersten mal,
doch eines war noch immer da,
das Gefühl geliebt zu werden
und dabei zu spür`n,
wir beide sind uns noch so nah.

Die eine Nacht. in deinen Armen,
in dieser Nacht hab ich gespürt,
daß wir noch nie so glücklich waren,
wir haben uns so tief berührt.
Es ist so... wie ein altes Märchen,
daß man nach Jahren wieder liest.
Du wartest auf ein andres Ende,
doch du wirst seh`n,
daß es das selbe Märchen ist.

Keiner von uns zwei`n hat daran gedacht,
daß wir uns in dieser Nacht wieder lieben.
Ich nahm deine Hand und du hast gelacht,
so als hättest du geahnt, was passiert.
Und es war so wie ein Flug in die Vergangenheit,
im Flugzeug unserer Illusion,
doch am nächsten Morgen war es einfach nicht mehr da,
es flog ganz ohne uns davon.

Die eine Nacht, in deinen Armen,
in dieser Nacht hab ich gespürt,
daß wir noch nie so glücklich waren,
wir haben uns so tief berührt.
Es ist so wie ein altes Märchen,
daß man nach Jahren wieder liest.
Du wartest auf ein andres Ende,
doch du wirst seh`n,
daß es das selbe Märchen ist.

*******


Liebe kann...

Ich möchte nie mehr wieder
mit Lügen leben,
weil ich dich ganz einfach brauch.
Und irgendwas zu sein,
was garnicht stimmt,
halte ich jetzt nicht mehr aus.
Möcht wiedermal in deine Augen seh`n,
ganz ohne dieses miese Gefühl.
Vergiss was war, denn ich hab dich lieb,
und hör zu, was ich dir sagen will.

Liebe kann so viel verzeih`n,
wenn es wirklich Liebe ist.
Wenn`s auch oft sehr weh tut,
und du spürst die Wehmut,
die dir fast dein Herz zerbricht.
Liebe ist ein weites Meer,
unendlich tief und grenzenlos,
und nach all den Jahren,
haben wir erfahren,
was mit uns geschieht, ist so groß.

Wir zwei haben schon manchen Traum gelebt,
und für uns war es wunderschön,
und jeder Abschied damals war ein Schmerz,
bis zum nächsten Wiedersehn.
Ab heute sollte alles anders sein,
oh nein, das lasse ich niemals zu,
ich denk daran,wie es damals war,
und spür dabei...mein Leben bist du!

Liebe kann so viel verzeih`n,
wenn es wirklich Liebe ist.
Wenn`s auch oft sehr weh tut,
und du spürst die Wehmut,
die dir fast dein Herz zerbricht.
Liebe ist ein weites Meer,
unendlich tief und grenzenlos,
und nach all den Jahren,
haben wir erfahren,
was mit uns geschieht, ist so groß.

Ich nehme dich in meine Arme,
und dann siehst du mich so an,
wie an dem Tag,als es mit uns begann.

Liebe kann so viel verzeih`n
wenn es wirklich Liebe ist....




Brita antwortete am 10.06.01 (08:00):

hier ein kleiner Morgengruß....

IM BAUM, DU LIEBES VÖGLEIN DORT,
was ist dein Lied, dein Lied im Grund?
Dein kleines Lied ist Gotteswort,
dein kleiner Kehlkopf Gottes Mund.

>Ich singe< singt noch nicht aus dir,
es tönt die ewige Schöpfermacht
noch ungetrübt in reiner Pracht
in dir, du kleine süße Zier.

Christian Morgenstern


eva antwortete am 10.06.01 (09:31):

Ich melde mich wieder zurück mit folgendem Bericht :

Zu Pfingsten, dem lieblichen Fest, weilte ich wieder in
Weimar,
auf den Spuren der Klassik wandelte still ich und fromm.
Lauschte klugen Gesprächen voll Goethe´scher Weisheit,
zuweilen gewürzt mit Schiller´schem Temperament.
Besuchte im Park an der Ilm das verschwiegene
Gartenhäuschen,
schaute am Frauenplan Juno ins strahlende Aug´...
Herders Gärtchen, daneben umschattet der Friedhof
mit dem Grab der so innig geliebten Frau -
und über allem, Dichtung und Wahrheit vereinend,
schwebte der Duft der Thüringer Bratwurst vom Rost.

Ich aber suchte ein Blättchen vom Ginkobaume,
den er Charlotten gepflanzt, und presste es in ein Buch.
Wenn ich im Winter dann still die Seiten durchblättre,
finde ich mit dem Gedicht auch den Hauch vergangener Zeit.

eKr

Pfingsten ist zwar vorbei, aber im Nachhinein doch noch
Herders Übersetzung vom alten Pfingstgesang:

Veni, creator spiritus,
Mentes tuorum vizite ...

Komm, Schöpfer-Geist, besuche du
dein Werk, der Deinigen Gemüth,
und fülle selbst mit Himmelshuld
die Herzen, die du bildetest !

Du heißest unser Rath und Freund,
des Höchsten theuerstes Geschenk,
ein Lebensquell, ein flammend Licht,
des Geistes Salbung, Lieb und Lust.

Der Gaben bist du reich und groß,
ein Finger Gottes, der das Herz
uns bildet und der Zunge Wort,
und bildest und belebest uns.

Auf dann : sei unsrer Seele Licht,
sei unserm Herzen Liebe ! sei
in unserm schwachen Gliederbau
uns Stärke, ew´ge Stärke du !

Und treibe fern von uns den Feind
und schaffe Fried im Innersten,
daß wir, vermeidend alle Schuld,
fortan nur dir nachfolgen, dir !

Daß wir, o Geist durch deine Huld
den Vater kennen und den Sohn !
Du beider Geist, verkläre sie
und nimm mit ihnen unsern Dank !


Dora/Mille antwortete am 10.06.01 (17:06):

An Heidi als Antwort vom 6.6.01 (hoffentlich kannst du es entziffern) Zum Nachdenken.
Dies ist der erste Eintrag vor 20 Jahren in mein Poesie-büchlein:

Einleitung:

Immer wänni truurig bin
nimm ich dich zur Hand,
söllsch min Troscht si und min Fründ
i jedere schwäre Schtund.

Söllsch emol, wänn i nüme bin
mine Chinde zeige,
dass, wänns zmitzt im Schturm drin sind,
sind si glich nöd elleige.

Dänn, sind die Wulche no so schwarz
und wönnd di schier verschlinge,
dänn los ganz tüüf i Dich, is Herz,
dänn ghörsch's ganz liisli singe!

I chan nöd säge, was es isch,
müends sälber usefinde.
Weiss nu, was mir mal ghulfe hät
hilft au mine liebe Chinde.


Herbertkarl Huether antwortete am 10.06.01 (17:28):


gries

schlangen stehen durch des raumes mitte
während lautes weh ohne ton langsam
mein herz zusammendrueckt
der gedanke nahm seinen anfang
im innern der erfahrung seiner
verlorenen erinnerungen

kurz schaeumt die idee geglaubter
naehe auf rieselt von unten den
ruecken hinauf und durch den kopf

behaende greif ich die fluechtige erscheinung
eines angenehmen wesens auf
das andaechtig mir zublickend
den mut zum gehen gibt

droehnend rasseln worte heraus
die ihren sinn verschweigen

noch liegt die tiefe vor mir
jedoch schon sehe ich
wie gespannte seile
den weg zur anderen seite weisen

jetzt liegt es an mir
vorsichtig dem willen meiner fuesse
zu folgen
und zu tun was der verstand
sich nicht traut

hkh


Gisa Ruf antwortete am 10.06.01 (19:09):

vor deinen segeln

wie ich dein boot bin
kannst du meines sein

spann dein rotes auf mein blaues segel

pflanz den mond ins meer
und lache wenn ich weine

sei ein guter steuermann
wenn ich langsam sinke
vor deinen segeln sinke
mit meinem boot
vor deinem

(P.H.)


sieghard antwortete am 10.06.01 (22:08):


Licht ist dein Kleid, das du anhast.
Du breitest aus den Himmel wie einen Teppich,
Du wölbst ihn oben mit Wasser.
Du fährst auf den Wolken wie auf einem Wagen
und gehst auf den Fittichen des Windes.
Der du machst Winde zu deinen Engeln und
zu deinen Dienern Feuerflammen.

[Aus PS 104]

.


Heidi antwortete am 11.06.01 (11:13):

Weil mein Mund den klugen Leuten
Oft nur halbe Antwort stammelt,
Heißen sie mich den Zerstreuten,
Doch ich bin in dir gesammelt.

Laß an Babels Thurm sie bauen!
Aber mich soll eins nur freuen,
Fromm in innerlichem Schauen
Mir dein Bildniß zu erneuen.

Und so leb' ich Stund' um Stunde
Einsam mitten im Getriebe,
Still durchsonnt im Herzensgrunde
Vom Bewußtsein deiner Liebe.
(Emanuel Geibel)

aus u.angebener Seite

Ich wünsche einen schönen Wochenanfang :-)

(Internet-Tipp: https://members.aol.com/irenastasch)


sylvia antwortete am 11.06.01 (15:22):

Heut hört ich den Vogel Zeitvorbei
zur Nacht im Birkenlaub singen
seine mondkühle Weise von mancherlei
was die Tage nicht wieder bringen.

Er sang so süss, und es klang so weh
so unwiederbringlich, so sacht-
Still trat ich ans Fenster. Er sang sein Ade
und flog mit dem Wind in die Nacht.

Ernst Ginsberg


Luzia antwortete am 11.06.01 (18:09):

Für Heidi

Der Türmer
von Johann Wolfgang von Goethe
Zum Sehen geboren,
zum Schauen bestellt,
dem Turme geschworen,
gefällt mir die Welt.
Ich blick´in die Ferne,
ich seh´in die Näh´
den Mond und die Sterne,
den Wald und das Reh.
So seh ich in allen
die ewige Zier,
und wie mir´s gefallen,
gefall ich auch mir.
Ihr glücklichen Augen,
was je ihr gesehn,
es sei wie es wolle,
es war doch so schön!


Gisela antwortete am 11.06.01 (18:37):

Regen und Sonnenschein
Der Sommer läßt lang auf sich warten-
kalendermäßig ist er da-
doch gießts und strömts in unsern Garten,
als wär die Sündflut wieder nah.-

Die Blümelein, wie plattgetreten,
verbergen ängstlich ihr Gesicht;
Ja, alle Schönheit in den Beeten
sieht man vor lauter Näße nicht.-

Und dennoch Herze, nicht verzagen!
Verliere nur nicht allen Mut;
Du wirst schon sehn, in diesen Tagen,
die Sonne macht es wieder gut.

Sie war geschaffen um zu scheinen,
auch wenn sie nicht zu scheinen scheint-
Gott will nicht dieses ewige Weinen,
mal hat die Wolke ausgeweint.

Und siehe da! Kaum ists gesprochen
kommt schon der erste Sonnenstrahl,
er hat die Wolkenwand durchbrochen
und leuchtet über Berg und Tal-

Er küßt den lieben Blumen leise
die Tränlein fort, ganz sanft und lind,
so tröstet man auf stille Weise
ein eben noch verweintes Kind.-

Noch liegt da draußen feuchter Schimmer-
da kommt der liebe Sonnenschein-
Die Fenster auf! Laßt ihn ins Zimmer-
und mitten in Dein Herz hinein!


Dora/Millefoglio antwortete am 11.06.01 (22:10):

Liebe Dichterinnen und Dichter,
Ich bin ja so froh ! Ich kann widere mailen !
Gestern war mein Lehrer da und hat mir wieder in Ordnung gebracht, was ich zerklickt habe !
Ich habe von Euch so viele Mails erhalten, es sind zu viele, als dass ich jedem Einzelnen ein Mail schicken könnte. Darum möchte ich mich an dieser Stelle bei Euch allen bedanken für die Briefe und die schönen Gedichte, die Ihr mir geschickt habt. Ich habe noch nie so viel Post auf einmal erhalten !
Hier zum Thema Liebe noch einen Beitrag von mir:

Herzschmerz

Was isch dänn au nu mittmer los?
ich chume nüme drus!
Mis alte Härz, was hätts denn bloss,
isch das ächt nümm' bi Troscht?

Es gumpet, wie wänns zwänzgi wär
und git mer kaini Rueh.
I ghöres Bluet, es chreiset schwär....
cha nüt degäge tue !

I ha doch tänkt, das chömmi nur
i junge Jahre vor...
Jetzt hätts mi packt, bringt mich in Schuss,
han scho chli Angscht dervor...

So schtarch und gwaltig isch die Chraft,
beschriibe chamers chum...
Es wüehltmers Alletüüfschti uf,
s'isch wienen grosse Schturm.

Mues immer tue, wie wänn nüt wär,
ich halt es nümen uus!
Mis Härz, es schreit und isch so schwär-
ich liide s'isch en Gruus!

Unmöglich isch's, was mir passiert-
ich schäme mich eso!!
Doch, gschieht mers rächt -
i ha versuecht,
mis Härz nümm' rede z'loo

Jä, nu, so halt, mer nämed y
dä bittersüessi Trank !
I weiss: Mer ryfed jo derbii,
doch jetzt machts mich ganz chrank.

Dora/Mille


sieghard antwortete am 11.06.01 (22:18):


Guter Mond, du gehst so stille
durch die Abendwolken hin,
deines Schöpfers weiser Wille
hieß auf jener Bahn dich ziehn.
Leuchte freundlich jedem Müden
in das stille Kämmerlein!
Und dein Schimmer gieße Frieden
ins bedrängte Herz hinein.

.


Luzia antwortete am 11.06.01 (22:33):

Der Einsiedler......von Joseph von Eichendorff

Komm,Trost der Welt,du stille Nacht!
Wie steigst du von den Bergen sacht,
die Lüfte alle schlafen,
ein Schiffer nur noch,wandermüd,
singt übers Meer sein Abendlied
zu Gottes Lob im Hafen.

Die Jahre wie die Wolken gehn
und lassen mich hier einsam stehn,
die welt hat mich vergessen,
da tratst du wunderbar zu mir,
wenn ich beim Waldesrauschen hier
gedankenvoll gesessen.

O Trost der Welt,du stille Nacht!
Der Tag hat mich so müd gemacht,
das weite Meer schon dunkelt,
laß ausruhn mich von Lust und Not,
bis daß das ew´ge Morgenrot
den stillen Wald durchfunkelt.


Heidi antwortete am 12.06.01 (00:34):

Die Liebe

Die liebe
Ist eine wilde rose in uns
Sie schlägt ihre wurzeln
in den augen,
wenn sie dem blick des geliebten begegnen
Sie schlägt ihre wurzeln
in den wangen,
wenn sie den hauch des geliebten spüren
Sie schlägt ihre wurzeln
in der haut des armes,
wenn ihn die hand des geliebten berührt
Sie schlägt ihre wurzeln,
wächst wuchert
und eines abends
oder eines morgens
fühlen wir nur:
sie verlangt
raum in uns

Die liebe
ist eine wilde rose in uns,
unerforschbar vom verstand
und ihm nicht untertan
Aber der verstand
ist ein messer in uns

Der verstand
ist ein messer in uns,
zu schneiden der rose
durch hundert zweige
einen himmel

Reiner Kunze


sieghard antwortete am 12.06.01 (09:02):


3. Der schöne Brunnen (1864)

In einem römischen Garten
weiß ich einen schönen Bronnen,
Von Laubwerk aller Arten
Umwölbt und grün umsponnen.
Er steigt in lichtem Strahle,
Der unerschöpflich ist,
Und plätschert in eine Schale,
Die golden wallend überfließt.

Das Wasser flutet nieder
In zweiter Schale Mitte,
Und voll ist diese wieder,
Es flutet in die dritte:
Ein Geben und ein Nehmen
Und alle bleiben reich.
Und alle Stufen strömen
Und scheinen unbewegt zugleich.


[C.F. Meyer]

.


Dietlinde antwortete am 12.06.01 (16:44):



Lieber Sieghard,

zauberhaft, die 3. Fassung "Der schöne Brunnen"!

Ich hab' so eine Freude an Deinen wunderbaren Beiträgen!


Liebe Heidi,

Die liebe
ist eine wilde rose in uns, ......

Kann man es schöner sagen als Rainer Kunze?

Danke für diese Präsentation! Wunderschön!

Ich wünsche allen Freundinnen und Feunden der Lyrik einen schönen Dienstagabend!

Liebe Grüße

Dietlinde


sieghard antwortete am 12.06.01 (21:59):


Für Euch:

Guten Tag, sagte er.
Da war ein blühender
Rosengarten. Guten Tag,
sagten die Rosen. Der
kleine Prinz sah sie an.
Sie glichen alle seiner
Blume. Wer seid ihr?
fragte er höchst erstaunt.
Wir sind Rosen, sagten
die Rosen...

[Kap. XX, Exupéry]

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

In einer fernen Ecke des
Holzhofes, in die man sonst
nie kommt, entdeckte ich
einen blühenden Wildrosen-
busch. Ich freute mich an
dem schwachen Geruch
seiner Blüten. Ich habe der
Versuchung widerstanden,
eine Blüte auf meine Zelle
mitzunehmen.
Nach Tisch hatte ich eine
Holzmiete zu bauen, in dem
verlassenen Winkel, wo der
Wildrosenbusch steht.

[Hans Fallada, Tagebuch 1924]

.


waltraud antwortete am 13.06.01 (00:26):

An die Liebesgedichte - Schreiber,
die ich alle sehr herzlich grüße,
ein Gedicht von Jo Schulz:

Frühgeburt

Ich begrabe einen Kuß,
weil ich dich vergessen muß.
Gestern war ich reich.
Wie gewonnen, so verloren.
Armer Kuß, zu früh geboren.
Eine schöne Leich.


sieghard antwortete am 13.06.01 (08:42):


4. Der Brunnen (1864 oder1865)

In einem römischen Garten
Verborgen ist ein Bronne,
Behütet von dem harten
Geleucht' der Mittagssonne,
Er steigt in schlankem Strahle
In dunkle Laubesnacht
Und sinkt in eine Schale
Und übergießt sie sacht.

Die Wasser steigen nieder
In zweiter Schale Mitte,
Und voll ist diese wieder,
Sie fluten in die dritte:
Ein Nehmen und ein Geben,
Und alle bleiben reich,
Und alle Fluten leben
Und ruhen doch zugleich.

[C.F.Meyer]
.


Luzia antwortete am 13.06.01 (11:04):

Hier etwas von Goethe

GEDICHTE SIND GEMALTE FENSTERSCHEIBEN!
Sieht man vom Markt in die Kirche hinein,
da ist alles dunkel und düster;
und so sieht´s auch der Herr Philister.
Der mag denn wohl verdrießlich sein
und lebenslang verdrießlich bleiben.
Kommt aber nur einmal herein!
Begrüßt die heilige Kapelle!
Da ist`s auf einmal farbig helle:
Geschicht und Zierat glänzt in Schnelle,
bedeutend wirkt ein edler Schein;
dies wird euch Kindern Gottes taugen,
erbaut euch und ergötzt die Augen!


sieghard antwortete am 13.06.01 (21:56):


Zum morgigen Feiertag:

Als Mensch will er uns Bruder sein,
im Mahle wird er unser Brot,
im Tode unser Opferlamm,
im Himmel unser Siegespreis.

Lamm Gottes, das der ganzen Welt
das Tor zum Leben aufgetan:
da uns des Bösen Macht bedrängt,
gib Mut zum Leiden, Kraft und Sieg.

.


Brita antwortete am 13.06.01 (22:03):

O NACHT ...

O Nacht, du Sternenbronnen,
ich bade Leib und Geist
in deinen tausend Sonnen -

O Nacht, die mich umfleußt
mit Offenbarungswonnen,
ergib mir, was du weißt!

O Nacht, du tiefer Bronnen...

Christian Morgenstern


sieghard antwortete am 14.06.01 (08:15):


5. Der Brunnen (1869)

Der Springquell plätschert und erfüllt
Die Schale, dass sie überfließt;
Die steht vom Wasser leicht umhüllt,
Indem sie's in die zweite gießt;
Und diese wallt und wird zu reich
Und gibt der dritten ihre Flut,
Und jede gibt und nimmt zugleich
Und alles strömt und alles ruht.

[C.F.Meyer]

.


Dora Naef/Millefoglio antwortete am 15.06.01 (00:31):

Liebe Leute, ich habe einen grossen Wunsch!Vor vielen Jahren zitierte meine Schwiegermutter das Gedicht von Christian Morgenstern: Der Lattenzaun.Ich konnte es einmal auswendig, doch jetzt fällt mir nur noch der Anfang ein: Es war einmal ein Lattenzaun mit Zwischenraum hindurchzuschaun....Würde jemand so freundlich sein und für mich dieses Gedicht schreiben, ich hab Heimweh darnach.Danke zum Voraus Dora/Mille


Heidi antwortete am 15.06.01 (01:13):

Bitteschön ;-))

Der Lattenzaun
Es war einmal ein Lattenzaun,
mit Zwischenraum, hindurchzuschaun.

Ein Architekt, der dieses sah,
stand eines Abends plötzlich da --

und nahm den Zwischenraum heraus
und baute draus ein großes Haus.

Der Zaun indessen stand ganz dumm,
mit Latten ohne was herum,

Ein Anblick gräßlich und gemein.
Drum zog ihn der Senat auch ein.

Der Architekt jedoch entfloh
nach Afri -- od -- Ameriko.


Chr.Morgenstern


Heidi antwortete am 15.06.01 (01:16):

noch eines von Morgenstern ;-) für mlB

ICH KÜSSE DICH auf deine Lebenslinie,
da wo der Handschuh mir die Lücke läßt...
Ich küsse dich auf deine Lebenslinie ...

So zierlich ruht sie im gewählten Nest!
Und wie mein Mund sich zärtlich auf sie preßt,
da segnet er fromm mit ihr gleich auch den Rest, -
dein ganzes Leben mit der lieben Linie ...

Chr.Morgenstern


Dora Naef/Millefoglio antwortete am 15.06.01 (03:03):

Liebe Heidi,
vielen Dank für den Lattenzaun ! Ich freu mich so !
Jetzt hab ich ihn wieder!
Liebe Grüsse Dora/Millefoglio


sieghard antwortete am 15.06.01 (08:36):


6. Der schöne Brunnen (1870)

Der Springquell plätschert und ergießt
Sich in der Marmorschale Grund,
Die, sich verschleiernd, überfließt
In einer zweiten Schale Rund.
Und diese gibt, sie wird zu reich,
Der dritten wallend ihre Flut,
Und jede nimmt und gibt zugleich
Und alles strömt und alles ruht.

[C.F.Meyer]

.


Georg Segessenmann,alias Georg von antwortete am 15.06.01 (18:21):

Zum Lattenzaun:

Gelingt es, einem Lattenzaun,
eine einzige Latte nur zu klaun,
kann man zwar besser durch ihn schaun,
bleibt weiter aber er ein Zaun.
Doch wenn man alle Latten klaut,
das Gerüst auch noch zusammenhaut,
dann bleibt vom ollen Lattenzaun
gar nix mehr übrig. Glaubt ihrs, Fraun?

Schorsch


Heidi antwortete am 15.06.01 (18:40):

;-) Nein, Schorsch

Lattenzaun 3

es hat ein Mensch 'nen Zaun gebaut
er wollte seine Ruh'
vor Menschen- und vor Tierbesuch
macht' er die Türe zu

nun lag er glücklich auf der Liege
wie im Paradies
dann kam die Langeweile auf
und das war fies

da hat er ihn wieder abgebaut
den Lattenzaun
doch blieb er einsam wie zuvor
Besuch kam kaum

drum, baust du einmal einen Zaun
um niemand zu seh'n
selbst wenn du ihn zusammen haust
er bleibt bestehn

hl


Ruth Lichtwitz antwortete am 16.06.01 (21:49):

Trau -- schau -- wem

Ein Mücklein, klein nach Mückenart
ganz zierlich, fein und ziemlich zart,
kam einem Fanten in die Quere.
Es sass in einer Strassenkehre.

Der Elefant sah sein Gesicht
und dachte "Flieg, mich kümmerts nicht!"
Jedoch das Mücklein voll Vertrauen
tat auf die Grossmut dieses bauen.
Der hob den Fuss -- es war vorbei.
Dem Riesen war das einerlei.

Und die Moral: Bist du ganz klein
wenn auch mit einem Herzen rein
und einer tritt den Kopf dir ein --
ist selbst ein Elefant ein Schwein.


sieghard antwortete am 16.06.01 (23:18):


Dû bist mîn, ich bin dîn:
des solt dû gewis sîn.
dû bist beslozzen
in mînem herzen:
verloren ist das slüzzelîn:
dû muost immer drinne sîn.

.


Georg Segessenmann,alias Georg von antwortete am 17.06.01 (08:36):

Ein Weiteres zum Lattenzaun:

Ein Männlein steht
am Gartenzaun.
Ist`s ein Zwerglein?
ist`s ein Faun?
Es guckt gar traurig
durch die Latten,
und mit verschleierten
und matten
Blicken lässt es
uns dann wissen:
„Ich möchte` euch alle
nicht mehr missen!“

Schorsch


sieghard antwortete am 17.06.01 (08:40):


Gott Du
Vater
Sohn
Geist
Gott Du
Bist Beziehung
Bewegung auf uns zu
Schließt dich nicht ab,
hast nicht genug an dir
Willst unsere Antwort
Willst geliebt sein von uns
Klein wie wir sind
Machst du uns zu
Deinen Liebsten
Schenkst dich
In Zeichen
Die uns vertraut sind
Brot und Wein
Belädst sie mit neuer Qualität
Befrachtest sie mit dir selbst
Gegen unseren Hunger und Durst
Lass uns weitergeben
Was du gibst
Einander Brot und Wein werden
Dich austeilen
Gegen den Hunger der Welt
.


Brita antwortete am 17.06.01 (09:28):


SO WIE EIN MENSCH, AM TRÜBEN TAG, DER SONNE
vergisst, -
sie aber strahlt und leuchtet unaufhörlich, -
so mag man Dein an trübem Tag vergessen,
um wiederum und immer wiederum
erschüttert, ja geblendet zu empfinden,
wie unerschöpflich fort und fort und fort
Dein Sonnengeist
uns dunklen Wandrern strahlt.

Chr. Morgenstern


Herbertkarl Huether antwortete am 17.06.01 (10:36):


raeume

geringe raeume nimmt das land
gehabter erinnerungen ein
die dicht sich zusammenballend
weit weggeschlossen sind vom alltaeglichen

zur oberflaeche steigen reste
des abgetanen lebens
mit der kraft der chimaeren

kleine offene luecken des geistes
der erhoffend ihnen das brot
des seins uebrigliess

schau zu wie sie sich balgen
die gunst ihres herrn zu erheischen

sie tummeln sich wie strassenkoetter
auf geschlossenen plaetzen

nimm die brille ab
die die ganze zeit den blick verzerrte
und wirf ein auge auf die wirklichkeit

es koennte darunter ein anblick sein
den du schon ohne schaudern
ertragen kannst

hkh


Georg Segessenmann,alias Georg von antwortete am 17.06.01 (16:49):

Gott, der du dich "lieber" nennen lässt, warum strafst du nicht diejenigen, die dich als Rächer anpreisen?

Gott, der du verlangst, dass wir uns kein Bild von dir machen sollen, warum strafst du nicht diejenigen, die uns ein selbstgemaltes Bild von dir aufdrängen?

Schorsch


eva antwortete am 17.06.01 (16:57):

Ich habe ein neues Mäusegedicht gefunden, und zwar ein ganz
prominentes, nämlich in der Festival Cantate von Benjamin
Britten "Rejoice in the Lamb", op. 30 (1943), Text von
Christopher Smart (im Auftrag einer englischen Pfarre
geschrieben), in der u.a. das Lob der Kreatur gesungen wird:


Alto Solo

For the mouse is a creature of great personal valour.
For - this is a true case - Cat takes female mouse -
male mouse will not depart, but stands threat´ning and
daring.
... If you will let her go I will engange you, as
prodigious a creature as you are.
For the mouse is a creature af great personal valour.
For the mouse is of an hospitable disposition.

Übersetzung (nicht von mir )

Denn die Maus ist ein Geschöpf von grossem persönlichen Mut.
Denn - es ist ein wahrer Fall - Katze fängt weibliche Maus -
männliche Maus weichet und wanket nicht, sondern bleibt
drohend und tollkühn stehen ...
Wenn du sie los lässt, kämpf ich mit dir, und seist du
noch so ein gewaltiges Tier.
Denn die Maus ist ein Geschöpf von grossem persönlichen Mut.
Denn die Maus ist gar liebenswert veranlagt.


sieghard antwortete am 17.06.01 (21:41):


Du musst verstehn!
Aus eins mach Zehn,
Und Zwei lass gehen,
Und Drei mach gleich,
So bist du reich.
Verlier die Vier!
Aus Fünf und Sechs,
So sagt die Hex',
Mach Sieben und Acht,
So ist's vollbracht:
Und Neun ist Eins,
Und Zehn ist keins.
Das ist das Hexen-Einmaleins.


[Goethe, Faust I, 2540 - 2552]

.


Georg Segessenmann antwortete am 17.06.01 (22:13):

Ja, schon der gute, alte Goethe
hatte mit den Zahlen seine Nöte.
Doch auch einige kluge Buchhalter
rechnen bis in ihr hohes Alter:
Sechs mal sechs = sechsunddreissig,
schreibe sechs - behalte dreissig!

Merke: Mancher schlaue Mann
so sein Vermögen machen kann!

Schorsch


Luzia antwortete am 17.06.01 (22:25):

Hier auch etwas von Johann Wolfgang von Goethe-----weil heute Sonntag ist

Die wandelnde Glocke

Es war ein Kind,das wollte nie
zur Kirche sich bequemen,
und sonntags fand es stets ein Wie,
den Weg ins Feld zu nehmen.

Die Mutter sprach: Die Glocke tönt,
und so ist dir´s befohlen,
und hast du dich nicht hingewöhnt,
sie kommt und wird dich holen.

Das Kind,es denkt: Die Glocke hängt
da droben auf dem Stuhle.
Schon hat´s den Weg ins Feld gelenkt,
als lief es aus der Schule.

Die Glocke, die Glocke tönt nicht mehr,
die Mutter hat gefackelt.
Doch welch ein Schrecken hinterher!
Die Glocke kommt gewackelt.

Sie wackelt schnell, man glaubt es kaum;
das arme Kind im Schrecken,
es läuft, es kommt als wie im Traum:
die Glocke wird es decken.

Doch nimmt es richtig seinen Husch,
und mit gewandter Schnelle
eilt es durch Anger, Feld und Busch
zur Kirche, zur Kapelle.

Und jeden Sonn-und Feiertag
gedenkt es an den Schaden,
läßt durch den ersten Gockenschlag
nicht in Person sich laden.


sieghard antwortete am 18.06.01 (08:29):


Die Kugel

und..
heimlich
nährt sich der Traum
vom Brot der Realität
das der Liebe
die Farbe gibt
leuchtendes Rot
gibt Wärme für
beides:
Traum und Realität


[Rose Ausländer]

.


hl antwortete am 18.06.01 (15:22):

*grübel* ist jetzt der Titel falsch, der Autor oder
das Gedicht dazwischen??

;-)) Sieghard, Du hast den falschen Text kopiert


eva antwortete am 18.06.01 (17:42):

Einige vergnügliche Zeilen aus "carmina burana", der im
Kloster Benediktbeuren aufgefundenen Liederhandschrift aus
dem 13. Jhdt.:

In taberna quando sumus,
non curamus quid sit humus,
sed ad ludum properamus,
cui semper insudamus.
Quid agatur in taberna,
ubi nummus est pincerna,
hoc est opus ut queratur,
si quod loquar, audiatur.

(....)

Bibit hera, bibit herus, / bibit miles, bibit clerus,
bibit ille, bibit illa, / bibit servus cum ancilla,
bibit velox, bibit piger, / bibit albus, bibit niger,
bibit constans, bibit vagus, / bibit rudis, bibit magus.

Bibit pauper et egrotus, / bibit exul et ignotus,
bibit puer, bibit canus, / bibit presul et decanus,
bibit soror,bibit frater, / bibit anus, bibit mater,
bibit ista, bibit ille, / bibunt centum, bibunt mille.

(...)

Übersetzung (nicht von mir !!)

Wenn wir in der Schenke sitzen
und bei unserm Spiele schwitzen,
kümmert uns kein heut und morgen,
denn wir haben andre Sorgen.
Füglich, was allda man handelt,
wo sich Geld in Wein verwandelt,
das ist wichtig, ist die Frage,
drum passt auf, was ich euch sage.

(...)

Weiber trinken, Laffen trinken,
Söldner trinken, Pfaffen trinken,
jener und jene trinken,
Knecht und seine Schöne trinken,
Träge trinken, Schnelle trinken,
Dunkle trinken, Helle trinken,
Grade trinken, Krumme trinken,
Schlaue trinken, Dumme trinken.

Kranke samt den Armen trinken,
Fremde zum Erbarmen trinken,
Junge trinken, Alte trinken,
Pfarrer und Hochbestallte trinken,
Schwestern trinken, Brüder trinken,
Vetteln trinken, Mütter trinken,
Er und sie sich zausend trinken,
hundert trinken, tausend trinken. ....

Na dann Prost !!!



sieghard antwortete am 18.06.01 (18:56):


Hallo Heidi, versehentlich ist
dein Text zwischen
Überschrift und Unterschrift
geraten.
Sorry, kein Mensch ist
ohne Fehler.
Wer immer strebend sich bemüht....


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

So sollte es sein:


Die Kugel

Grüne Kugel
noch einen Tag eine Nacht
noch noch
roll uns
wie das Gras will
wie du willst

Wir
entzweit
mit dir
mit uns selber

Roll uns zusammen

ferner dem Himmel
näher
wie er will

Mittwärts roll uns
Erde
willst du
noch einen Tag ein Jahr
ein Licht-Jahr
noch noch

Rose Ausländer

.


sieghard antwortete am 18.06.01 (23:13):


Weltende

Dem Bürger fliegt vom spitzen Kopf der Hut
In allen Lüften hallt es wie Geschrei
Dachdecker stürzen ab und gehen entzwei
Und an den Küsten, sagt man, steigt die Flut
Der Sturm ist da. Die wilden Meere hupfen
An Land, um dicke Dämme zu zerdrücken
Die meisten Menschen haben einen Schnupfen
Die Eisenbahnen fallen von den Brücken.

Jakob van Hoddis [1887 - 1942]

.


Luzia antwortete am 18.06.01 (23:42):

An alle und für alle,die gleich Schlafen gehen:

Reicht euch die Hand und sagt:"Gute Nacht"
Hat doch das Tagwerk uns müde gemacht.
Nun ist es Zeit,von allem zu ruhn,
die Lasten abzutun.

Reicht euch die Hand und sagt euch:"Verzeiht!"
so manches Wort hat verletzt,entzweit.
Noch ist es Zeit,sich neu zu vertraun,
aufrecht sich anzuschaun.

Reicht euch die Hand,ich dir und du mir,
sagt:"Gottes Friede,er sei mit dir."
Hüllt euch drin ein als Schutz für die Nacht,
da Gottes Engel wacht.

Reicht euch die Hand und schweiget dazu,
so wird auch in euren Herzen Ruh.
Nur Gott laßt reden!So seid bereit
für Zeit und Ewigkeit.


Heidi antwortete am 19.06.01 (00:10):

Des Baches Wiegenlied

Gute Ruh, gute Ruh, tu die Augen zu!
Wandrer, du müder, du bist zu Haus.
Die Treu ist hier, sollst liegen bei mir
Bis das Meer will trinken die Bächlein aus.

Will betten dich kühl auf weichen Pfühl
In dem blauen, kristallenen Kämmerlein
Heran, heran, was wiegen kann!
Woget und wieget den Knaben mir ein.

Wenn ein Jagdhorn erschallt aus dem grünen Wald,
Will ich sausen und brausen wohl um dich her.
Blickt nicht herein, blaue Blümelein!
Ihr macht meinem Schläfer die Träume so schwer.

Hinweg, Hinweg, von dem Mühlensteg
Hinweg, hinweg, böse Mägdelein,
Daß ihn dein Schatten, dein Schatten nicht weckt.
Wirf mir herein dein Tüchlein fein,
Daß ich die Augen ihm halte bedeckt.

Gute Nacht, gute Nacht, bis alles wacht,
Schlaf aus deine Freude, schlaf aus dein Leid!
Der Vollmond steigt, der Nebel weicht,
Und der Himmel da oben, wie ist er so weit.

Schubertlied (Text v. W.Müller)

Gute Nacht :-)


Dora/Millefoglio antwortete am 19.06.01 (15:22):

Liebe Leute,

Ich habe vor einigen Wochen ein Buch gekauft. Es heisst: Das Elfen-Orakel , Botschaften aus dem Reich der Naturgeister von Tuatha Na Sidhe. Dazu gehören etwa 55 Karten mit solchen Naturwesen, alle mit ihren Namen. Ich habe mir angewöhnt, alle Tage eine Karte auszuwählen, und heute ist diese herausgekommen:

CRONY "Achte auf Deine Worte " steht darunter. Es ist ein verschmitzt lächelnder Wicht mit einem verrunzeltem Gesicht, langen spitzen Ohren mit einem violetten Wams, gelben, anliegenden Hosen spindeldürren Beinen und übergrossen Füssen, die in Schnallenschuhen stecken.Sein Blick ist wissend, weise, ironisch.

Was über ihn im Buche steht, möchte ich Euch gerne nahebringen:

Wenn Dein Herz in die Ferne hören könnte.
Wenn nur der Duft der Rose, die ich für dich gepflückt habe,
dir so nahe kommen könnte,
dass er dich in einer Umarmung umfängt.
Und wenn Deine Augen sich an dem Glanz entzünden könnten.
Kann ich mit Worten ihre Schönheit beschreiben
und sie dir bringen - um sie dir zu schenken ?

WOERTLICHE BEDEUTUNG: Alter Freund
Ein "alter Freund" ist ein unersetzlicher Gefährte, der oft mit uns ein Stück des Weges teilt, Wir haben keine Schwierigkeiten, ihm etwas zu verzeihen, von ihm nehmen wir Ratschläge an und manchmal auch einen Tadel hin. Und mit ihm teilen wir vertrauliche Dinge unseres Herzens

HERKUNFT: Im Unterschied zu vielen anderen Naturgeistern lebt Crony bequem in den Häusern der Menschen, die er jedoch sorgfältig auswählt. Es scheint so, als ob dieser Kobold eine gewisse Vorliebe für die Häuser von Schriftstellern hätte, besonders von Fabel - Erfindern und Autoren und Abenteuer - oder Phantasie - Erzählungen. Aber, ob es sich um Autoren handelt oder nicht, seine Aufgabe ist es jedenfalls, in den Menschen eine grössere Aufmerksamkeit für den Sprachgebrauch zu erwecken, von dem er sagt: Oh weh, sie müssen ihn halt benutzen
Oft sitzt er unsichtbar zwischen Stapeln von Aufzeichnungen auf Schreibtischen, wo er mit Neugier die Gedanken der Menschen beobachtet, die wie feine Rauchsignale dem veränderlichen Rythmus ihres kreativen Schwungs folgen.
Oder er spaziert pfeifend in jenem unvermeidlichen Durcheinander, das häufig die Künstler begleitet, zwischen den auf Schreibtischen herumliegenden Dingen auf und ab.
Manchmal enthüllt sein Lächeln die unbekümmerte Ironie seines humorvollen Geistes, wenn die kreative Ader seines "Schützlings" gefährlich auf Abwegen begibt. Viele Erfolgreiche Schriftsteller haben, ohne es zu wissen, seine klugen Vorschläge befolgt; seine originellen Lösungen haben ihnen oft geholfen, die unvermittelt auftauchenden Flauten zu überwinden, in denen die Handlung einer Geschichte sich manchmal festfahren kann.

BOTSCHAFT : Ich möchte dir von Wörtern erzählen, die so leicht aus dem Munde der Menschen kommen, dass diese inzwischen ihrer Sprache nicht mehr die nötige Aufmerksamkeit widmen. Jedes Wort ist wie ein Pfeil, der vom Bogen der Gedanke abgeschossen wird, wer sie abschiesst, ist jedoch auch für sie verantwortlich, damit sie nicht wie wilde Pferde frei in alle Richtungen davonstieben und in ihrem Schwung das, was sie antreffen, über den Haufen rennen. Wörter können Freude oder Mut bringen; sie können Hoffnung und Liebe schenken, aber auch Angst und Leid verursachen, und oft bleiben sie im Herzen dessen, der sie erhält, noch lange lebendig.
Sie sind die universellen Schlüssel unserer Gedanken; die Sprache, die sie ausdrückt und miteinander in Verbindung setzt und sie manifestiert und aktiv werden lässt.
Jedes Wort sollte daher wie eine Note sein, die ihren genauen Platz in der Harmonie eines Musikstückes einnimmt. Die Musik kann lieblich oeder mächtig, bedeutungsvoll oder anonym, beziehungsweise hart und schrecklich sein, je nach" Anschlag" und dem Mosaik von Noten in der Partitur.

EMPFEHLUNG: Dein Gedanke sollte klar und bewusst die Worte, die Du benutzen wirst, auswählen, denn diese sind eine Manifestation der Gedankenenergie; sie sind ihre Ueberträger, durch die ein Gedanke sich manifestiert.
Und diese Energie ist umso stärker, je mehr du dich konzentriest.
Möge deine Willenskraft aus dem Herzen kommen, damit du das, was du sagst, nicht heftig überfliesst wie ein Fluss beim Hochwasser der Emotionen, der Wut, der Impulsiivität der gewöhnlichen Gefühle. Mögen deine Worte,wenn möglich, eine Umarmung der Seele sein und die Liebe und die Wahrheit überbringen, die du im Herzen trägst !"

Ich habe mich in diesen "Crony "verliebt.
Das Buch und die Karten sind bein Aquamarin Verlag erhältlich


Luzia antwortete am 20.06.01 (08:24):

Vertraut von Wilhelm Busch

Wie liegt die Welt so frisch und tauig
vor mir im Morgensonnenschein.
Entzückt vom hohen Hügel schau ich
ins frühlingsgrüne Tal hinein.

Mit allen Kreaturen bin ich
in schönster Seelenharmonie.
Wir sind verwandt,ich fühl es innig,
und eben darum lieb ich sie.

Und wird auch mal der Himmel grauer:
Wer voll Vertraun die Welt besieht,
den freut es,wenn ein Regenschauer
mit Sturm und Blitz vorüber zieht.
=======

Und noch etwas von Wilhelm Busch

Spatz und Schwalben

Es grünet allenthalben.
Der Frühling wurde wach.
Bald flogen auch die Schwalben
hell zwitschernd um das Dach.

Sie sangen unermüdlich
und bauten außerdem
am Giebel rund und niedlich
ihr Nest aus feuchtem Lehm.

Und als sie eine Woche
sich redlich abgequält,
hat nur am Eingangsloche
ein Stückchen noch gefehlt.

Da nahm der Spatz,der Schlingel,
die Wohnung in Besitz.
Jetzt hängt ein Strohgeklüngel
hervor aus ihrem Schlitz.

Nicht schön ist dies Gebaren
und wenig ehrenwert
von einem,der seit Jahren
mit Menschen viel verkehrt.


Georg Segessenmann,alias Georg von antwortete am 20.06.01 (09:43):

Kleine Erweiterung zu Busch (nicht der Dappeljiu aus Amerika gemeint!):

Drum merke sich ein jeder,
ob Männchen oder Dirn:
Es lag nicht an der Feder;
es lag am Spatzenhirn.

Und sollte einer meinen,
dies Hirn sei doch zu klein,
tut solches doch nur scheinen;
man muss kein Grosskopf sein!

Schorsch


sieghard antwortete am 20.06.01 (15:23):


Es war ein König in Thule
Gar treu bis an das Grab,
Dem sterbend seine Buhle
Einen goldnen Becher gab.

Es ging ihm nichts darüber,
Er leert ihn jeden Schmaus;
Die Augen gingen ihm über,
Sooft er trank daraus.

Und als er kam zu sterben,
Zählt er seine Städt im Reich,
Gönnt alles seinem Erben,
Den Becher nicht zugleich.

Er saß beim Königsmahle,
Die Ritter um ihn her,
Auf hohem Vätersaale,
Dort auf dem Schloß am Meer.

Dort stand der alte Zecher,
Trank letzte Lebensglut
Und warf den heiligen Becher
Hinunter in die Flut.

Er sah ihn stürzen, trinken
Und sinken tief ins Meer,
Die Augen täten ihm sinken,
Trank nie einen Tropfen mehr.


[Goethe, Faust I, 2759ff]

.


Georg Segessenmann,alias Georg von antwortete am 20.06.01 (17:27):

?!

Warum trank der alte Zecher
aus diesem güldnen Becher?
Hätt er nicht draus getrunken,
wär tot er nicht hingesunken!

Drum wisst, ihr alten Helden:
Wollt weiter ihr was melden,
haltet fern euch von dem Weibe,
dass Lebenssaft euch bleibe!

Schorsch


;-) Heidi antwortete am 20.06.01 (17:55):

aber Schorsch!?

bleibst du ferne dem Weibe
wird das Herz dir im Leibe
verdorren, verrotten

bleibst du ferne der Liebe
werden dich die Triebe
verfolgen, verraten

ferne dem Leben
ohne Liebe und Triebe
niemals ein Mensch
... Gedichte schriebe

*gg* hl nach 2 Stunden Sonnenbad


Heidi antwortete am 20.06.01 (23:35):

Wollen wir die Nr.13 mit Liebesgedichten beschließen? Dürfte bald wieder so weit sein ;-)

von Fr.Rückert
(für mlB)

Du bist die Ruh'
Der Friede mild,
Die Sehnsucht du
Und was sie stillt.

Ich weihe dir
Voll Lust und Schmerz
Zur Wohnung hier
Mein Aug' und Herz.

Kehr' ein bei mir,
Und schließe du
Still hinter dir
Die Pforten zu.

Treib andern Schmerz
Aus dieser Brust!
Voll sei dies Herz
Von deiner Lust.

Dies Augenzelt
Von deinem Glanz
Allein erhellt,
O füll' es ganz.

Gute Nacht an alle


sylvia antwortete am 20.06.01 (23:55):

weiblich beschreiblich

das Bild der Diva
ist so unbeschreiblich weiblich
das Bild der jungen Mutter
ist so erbaulich fraulich

die Aufteilung Zuweisung Festlegung
ist so erklärlich herrlich
die Ursachen Gründe Ziele
sind so erkennlich männlich

irren ist menschlich

Christel Voss-Goldstein


Heidi antwortete am 21.06.01 (05:03):

Als ich singen wollte zu der Liebe Preise,
Statt in eig'ner, auch einmal in fremder Weise,
War die Weise fremd im Anfang, aber wurde
Eigen endlich auch im Liebeszauberkreise.

Geh' in der Nacht im Garten an die Flut,
Wo schon der Lotos unterm Wasser ruht.
Entschleire dich! Er taucht empor und hält
Für Sonnenaufgang deiner Wangen Glut.

Als wie das Käferchen im Schoß der Rose,
Als wie das Mückchen in der Zuckerdose,
Hält mich die Lieb' in Lust gefangen; soll ich
Beklagen oder segnen meine Lose?

Mir ist dein Kuß je länger je lieber,
Dein Arm ist mir je enger je lieber.
Zwar macht dein Kuß, der lange, mir bange,
Mir aber ist je bänger je lieber.

Friedrich Rückert

Guten Morgen :-))


Luzia antwortete am 21.06.01 (12:14):

Auch ein Gedicht der Liebe

von Friedrich Hebbel

Nach meiner Lieb`viel hundert Knaben trachten,
allein der,den ich lieb`,will mein nicht achten.
Ach weh mir armen Maid,vor Lieb` muß ich verschmachten.

Jeder begehrt zu mir sich zu verpflichten,
allein der,den ich lieb`,tut mich vernichten.
Ach weh mir armen Maid,was soll ich denn anrichten?

Von allen keiner mag mir wiederstreben,
allein der, den ich lieb`,will sich nicht geben.
Ach weh mir armen Maid,was soll mir dann das Leben?

====
Ich hoffe,die letzte Zeile muß niemand so sprechen,denn das Leben ist schön!!!!!!


Heidi antwortete am 21.06.01 (16:03):

..

Mit deiner Stimme
bis in die Nacht
redet der Weidenbusch, Lichter
fliegen um ihn.
Hoch, eine Wasserblume
fährt durch die Finsternis.
Mit seinen Tieren
atmet der Fluß.

In den Kalmus
trage ich mein geflochtenes Haus.
Die Schnecke
unhörbar
geht über mein Dach.
Eingezeichnet
in meine Handflächen
finde ich dein Gesicht.

Johannes Bobrowski(1917-1965


Heidi antwortete am 21.06.01 (23:38):

Ernst Stadler hat's geschrieben:

In diesen Nächten

In diesen Nächten friert mein Blut nach deinem Leib, Geliebte.
O, meine Sehnsucht ist wie dunkles Wasser aufgestaut vor Schleusentoren,
In Mittagsstille hingelagert reglos lauernd,
Begierig, auszubrechen. Sommersturm,
Der schwer im Hinterhalt geladner Wolken hält. Wann kommst du, Blitz,
Der ihn entfacht, mit List befrachtet, Fähre,
Die weit der Wehre starre Schenkel von sich sperrt?
Ich will
Dich zu mir in die Kissen tragen sowie Garben jungen Klees
in aufgelockert Land. Ich bin der Gärtner,
Der weich dich niederbettet. Wolke, die
Dich übersprengt, und Luft, die dich umschließt.
In deine Erde will ich meine irre Glut vergraben und
Sehnsüchtig blühend über deinem Leibe auferstehn.

Gute Nacht ;-)


sieghard antwortete am 22.06.01 (09:53):


Deutschland überfiel die SU vor
60 Jahren am 21. 6. 1941.
Dazu machte Bertold Brecht
dieses Gedicht:


Und was bekam des Soldaten Weib
Aus der alten Hauptstadt Prag?
Aus Prag bekam sie Stöckelschuh.
Einen Gruß und dazu die Stöckelschuh
Das bekam sie aus der Stadt Prag.

Und was bekam des Soldaten Weib
Aus Warschau am Weichselstrand?
Aus Warschau bekam sie das leinene Hemd.
So bunt und so fremd, ein polnisches Hemd!
Das bekam sie vom Weichselstrand.

Und was bekam des Soldaten Weib
Aus der Lichterstadt Paris?
Aus Paris bekam sie das seidene Kleid.
Zu der Nachbarin Neid das seidene Kleid
Das bekam sie aus Paris.

Und was bekam des Soldaten Weib
Aus dem weiten Russenland?
Aus Russland bekam sie den Witwenschleier.
Zu der Totenfeier den Witwenschleier
Das bekam sie aus Russland.

.


Brita antwortete am 22.06.01 (10:23):



Ein blauer Tag
Nichts Böses kann dir kommen
an einem blauen Tag.
Ein blauer Tag
die Kriegserklärung.
Die Blumen öffneten ihr Nein,
Die Vögel sangen Nein,
ein König weinte.
Niemand konnte es glauben.
Ein blauer Tag
und doch war Krieg.

Gestorben wird auch an blauen Tagen,
bei jedem Wetter.
Auch an blauen Tagen wirst du verlassen
und verläßt du,
begnadigst nicht
und wirst nicht begnadigt.
Auch an blauen Tagen
wird nichts zurückgenommen.
Niemand kann es glauben:
Auch an blauen Tagen
bricht das Herz.

Hilde Domin


waltraud antwortete am 22.06.01 (11:02):

Ein grauenvoller Tag in der Geschichte unseres Volkes.
So mußte auch ich ohne Vater aufwachsen,deshalb diese Worte von Erich Weinert und Ernst Busch. Sie wurden von Hanns Eisler vertont:

Der heimliche Aufmarsch

1) Es geht um die Welt ein Geflüster,
Arbeiter, hörst du es nicht?
Das sind die Stimmen der Kriegsminister,
Arbeiter, hörst du sie nicht?
Es flüstern die Kohle- und Stahlproduzenten,
es flüstert die chemische Kriegsproduktion,
es flüstert von allen Kontinenten:
Mobilmachung gegen die Sowjetunion!

Arbeiter, Bauern, schlagt den Faschisten
Dolch und Gewehr aus der Hand!
Entreißt die Atome den Militaristen,
eh alle Länder in Brand.
Pflanzt eure roten Banner der Arbeit
auf jeden Acker, auf jede Fabrik:
Dann steigt aus den Trümmern der alten Gesellschaft
die sozialistische Volksrepublik!

2) Arbeiter, horch, sie ziehen ins Feld
und schrein "Für Nation und Rasse!"
Das ist der Krieg der Herrscher der Welt
gegen die Arbeiterklasse:
denn der Angriff gegen die Sowjetunion
ist der Stoß ins Herz der Revolution,
und der Krieg, der jetzt durch die Länder geht,
ist der Krieg gegen dich, Prolet!

Arbeiter, Bauern, schlagt den Faschisten...


Luzia antwortete am 22.06.01 (14:18):

Kriegslied

von Matthias Claudius

S`ist Krieg!S`ist Krieg!O Gottes Engel wehre
und rede du darein!
S`ist leider Krieg - und ich begehre
nicht schuld daran zu sein!

Was sollt` ich machen,wenn im Schlaf mit Grämen
und blutig,bleich und blaß
die Geister der Erschlagenen zu mir kämen
und vor mir weinten,was?

Wenn wackre Männer,die sich Ehre suchten,
verstümmelt und halb tot
im Staub sich vor mir wälzten und mir fluchten
in ihrer Todesnot?

Wenn tausend,tausend Väter,Mütter,Bräute,
so glücklich vor dem Krieg,
nun alle elend,alle arme Leute,
wehklagten über mich?

Wenn Hunger,böse Seuch` und ihre Nöten
Freund,Freund und Feind ins Grab
versammelten und mir zur Ehre krähten
von einer Leich herab?

Was hülf mir Kron und Land und Gold und Ehre?
Die könnten mich nicht freun!
S`ist leider Krieg - und ich begehre
nicht schuld daran zu sein!


Hans-Jürgen antwortete am 22.06.01 (16:10):

Daß hier im "Seniorentreff" an den deutschen Überfall auf die Sowjetunion vor sechzig Jahren erinnert wird, ist richtig und verdienstvoll.
Entsetzt aber bin ich darüber, daß dabei zwei kommunistische Agitprop-Gedichte zitiert werden, die das Ganze verzerrt darstellen. Zwar stimmt es, daß die Nazis "Nation und Rasse" zu ihrer Parole machten und in ver-brecherischer Weise danach handelten, aber die Kommunisten setzten auf ein ähnliches Motto: "Fortschritt und Klasse", unter dem sie sehr viele Menschen umbrachten - Schätzungen reden von bis zu hundert Millionen! - Die von Weinert erhoffte "sozialistische Volksrepublik" kam nie zustande (jedenfalls nicht in einer anstrebbaren Form, höchstens als Schreck-
gespenst), und die "Proleten" hatten es in den nichtkommunistischen Ländern besser als im "Vaterland der Werktätigen", als das sich die SU selbst bezeichnete. Der Unterschied besteht nach dem Untergang des roten Terrorregimes bis heute. - Übersehen wird bei dem einseitigen poetischen Rückblick auch, daß knapp zwei Jahre vorher Hitler zusammen mit seinem damaligen Verbündeten Stalin *Polen* niederwarf, von weiterem abgesehen...

Hans-Jürgen


Heidi antwortete am 22.06.01 (16:19):

:-) Hallo, Hans-Jürgen
Da hier in diesem Thema vorwiegend Gedichte eingesetzt werden, könntest Du die politische Diskussion zu obigen Gedichten vielleicht in das Politik-Forum verlegen?

mfg Heidi


;-) Heidi antwortete am 22.06.01 (16:28):


"...
Des fahnenhissens bin ich müde,...

Allein auf diese fahnen will ich
einen eid noch leisten

Auf eine mit einem liebesgedicht"

Reiner Kunze


Rosmarie S antwortete am 22.06.01 (17:49):

Liebe Heidi und alle Liebesgedichtsfans,

täglich schwelge ich in euren Liebesgedichten! Hm, sind die ein Genuss!
Wie hieß das noch? "Der verlorenste aller Tage ist der, an dem man kein Liebesgedicht gelesen hat!" Ähm, oder hieß das etwa: "...an dem man nicht gelacht hat!"? Wie auch immer - es stimmt wohl beides. :-))))

Mit herzlichen Grüßen in die Liebesgedichtfanrunde
Rosmarie


Rosmarie S antwortete am 22.06.01 (17:53):

Lieber Hans-Jürgen,

Gedichte, die sich in kritischer Weise mit dem Krieg beschäftigen, können mir immer etwas geben, egal vor welchem ideologischen Hintergrund sie geschrieben wurden. Auch wenn ich den unseligen Tag vor 60 Jahren noch nicht erlebt habe und andere entsprechend unselige davor oder danach auch nicht, so bin ich doch alt genug - und das sind wir doch alle! -, dass ich beim Lesen eines Gedichts ideologische Einseitigkeiten beiseite lassen und mir die tieferen Aussagen herausfiltern kann.

Herzlich
Rosmarie

PS: Dieses Posting von mir sollte eigentlich vor meinem obigen erscheinen... :-(


waltraud antwortete am 22.06.01 (18:06):

An Hans-Jürgen

Welche persönlichen Erlebnisse Du auch mit der Geschichte
des 2. Weltkrieges verbinden magst, so scheint mir doch,
daß Du den Sinn des Diskussionsforums für
KUNST,LITERATUR & KULTUR nicht so ganz nachvollziehen kannst. Denn Heidi hat sicher Recht, Dein Beitrag gehörte
besser in die Rubrik Politikdiskussion.
Auch die Gedanken von Rosemarie an Dich finde ich
zu recht geäußert.
Gute Laune wünscht Dir Waltraud


waltraud antwortete am 22.06.01 (18:23):

Liebesgedichte, ein weiterer Beitrag,
von Werner Bräunig:

Du, unsere Zeit

Sicher blühten die Blumen
auch vor tausend Jahren schön,
und manchmal klang sicher ein Liebeslied
in eines Herbstwindes Wehn.
Und sicher steigen die Schwalben auch
im nächsten Jahrtausend zum Licht,
und die Erde wird sicher viel freundlicher sein
und schöner das Menschengesicht.

Aber ganz sicher waren die Sterne
der Erde noch nie so nah,
und der Himmel sah sicher noch nie eine Zeit,
da solch ein Beginnen geschah.
Noch nie.Und die Liebe war nie so bedroht
und doch nie größer als heut.
Du unser Jahrhundert: Es beginnt erst der Mensch
in dieser, in unserer Zeit.

Die Liebenden werden sich abends am Fluß
auch in tausend Jahren noch küssen.
Doch nie wieder wird sein:Schon lieben zu dürfen
und doch noch hassen zu müssen.


admin/Seniorentreff antwortete am 22.06.01 (22:38):

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