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THEMA:   Gedichte - Kapitel 11

 106 Antwort(en).

Heidi begann die Diskussion am 06.04.01 (19:55) mit folgendem Beitrag:

Goethes Osterspaziergang

Vom Eise befreit sind Strom und Bäche
Durch des Frühlings holden, belebenden Blick,
Im Tale grünet Hoffnungsglück;
Der alte Winter, in seiner Schwäche,
Zog sich in rauhe Berge zurück.
Von dort her sendet er, fliehend, nur
Ohnmächtige Schauer körnigen Eises
In Streifen über die grünende Flur.
Aber die Sonne duldet kein Weißes,
Überall regt sich Bildung und Streben,
Alles will sie mit Farben beleben;
Doch an Blumen fehlts im Revier,
Sie nimmt geputzte Menschen dafür.
Kehre dich um, von diesen Höhen
Nach der Stadt zurück zu sehen!
Aus dem hohlen finstern Tor
Dringt ein buntes Gewimmel hervor.
Jeder sonnt sich heute so gern.
Sie feiern die Auferstehung des Herrn,
Denn sie sind selber auferstanden:
Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern,
Aus Handwerks- und Gewerbesbanden,
Aus dem Druck von Giebeln und Dächern,
Aus der Straßen quetschender Enge,
Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht
Sind sie alle ans Licht gebracht.
Sieh nur, sieh! wie behend sich die Menge
Durch die Gärten und Felder zerschlägt,
Wie der Fluß in Breit und Länge
So manchen lustigen Nachen bewegt,
Und, bis zum Sinken überladen,
Entfernt sich dieser letzte Kahn.
Selbst von des Berges fernen Pfaden
Blinken uns farbige Kleider an.
Ich höre schon des Dorfs Getümmel,
Hier ist des Volkes wahrer Himmel,
Zufrieden jauchzet groß und klein:
Hier bin ich Mensch, hier darf ichs sein!

(Johann Wolfgang von Goethe, Faust I)


webmaster antwortete am 06.04.01 (20:06):

Kapitel 1-10 sind im Archiv; /seniorentreff/de/diskussion/archiv4/archiv.html

(Internet-Tipp: /seniorentreff/de/diskussion/archiv4/archiv.html)


Sieghard antwortete am 06.04.01 (21:25):


Ein Tännlein grünet wo,
Wer weiß im Walde,
Ein Rosenstrauch, wer sagt,
In welchem Garten?
Sie sind erlesen schon,
Denk es, o Seele,
Auf deinem Grab zu wurzeln
Und zu wachsen.

Zwei schwarze Rößlein weiden
Auf der Wiese,
Sie kehren heim zur Stadt
In muntern Sprüngen.
Sie werden schrittweis gehn
Mit deiner Leiche;
Vielleicht, vielleicht noch eh
An ihren Hufen
Das Eisen los wird,
Das ich blitzen sehe!

[Eduard Mörike 1804 - 1875]

.


Georg Segessenmann,alias Georg von Signau antwortete am 06.04.01 (22:24):

Balzzeit


Ein Füchslein balzt
im lichten Tann;
ein Eichhorn
wirbt ganz munter;
ein stolzer Hirsch
zeigt was er kann;
die Maus treibt`s
noch viel bunter.
Ein Jüngling zeigt
sich seiner Braut
von seiner
stärksten Seite.
Und ich? Ich wehr`
mich meiner Haut
und suche
schnell das Weite


März 1995 Georg von Signau, alias G.Segessenmann


Eva antwortete am 07.04.01 (10:25):

Das Land der Griechen mit der Seele suchend,
entfliehe ich dem Osterhasennest;
die Wettervorhersage sanft verfluchend
wünsch´ herzlich allen ich : ein frohes Fest !

In diesem Sinne - Eva


Herbertkarl Hüther antwortete am 07.04.01 (11:12):




wege

einst vor
heut' zurueck
dann auf
der stelle

stillstand
ewigkeiten
seicht
empfangend

ruh'
zaeher fluss
umrandung
detail

wueste
ruf
stille
beginnen

hkh


Anni antwortete am 07.04.01 (19:05):

Ostern

In der Dämmerung ein kalter Regen,
der aus müdem Himmel stäubend fällt,
zwischen Schlehdorn und den Brombeerschlägen
endet die gequälte Welt,
leise rührt sich das Entlaubte,
dem kein Herbst das Leben raubte.

In der Abendluft ein zages Rauschen
aus dem rostgen Schilf, das trocken bebt,
atemlos hörst du die Stille lauschen,
wo die Maulwurfskralle gräbt,
oben stehn die schwarzen Grüfte,
ein Gesang durchzieht die Lüfte.

Da die Wurzeln in der Tiefe singen,
und der Saft im Holz melodisch tönt,
da aus Erlen goldne Wolken dringen,
ist der Tod schon ausgesöhnt, -
den Erstandnen zu entdecken:
such ihn zwischen Dorn und Quecken.

(Horst Lange)


Klaus Stoll antwortete am 07.04.01 (21:36):

Das >Ät<
Ein Kl@mmer@ffe ging @m Meer
Drei Schritte hin, drei Schritte her
D@ k@m 'ne Welle @ngeschwommen
Und h@t ihn plötzlich mitgenommen
Das Kl@mmern h@t ihm nichts genutzt
Er wurde einf@ch weggeputzt
Und jetzt, eine Dek@de später
Fegt er per >e-m@il< durch den Äther
Und nennt sich, frei n@ch world wide Netiquett',
Schlicht und weltweit einf@ch >ät<
D@s Internet hält ihn gef@ngen
Wär' er doch nie @m Meer entl@ng geg@ngen
© Klaus Stoll

(Internet-Tipp: https://www.althilftjung.de)


Heidi antwortete am 07.04.01 (22:19):

DU SIEHST ES

Es wirkt noch die säumige Helle
die Rose ins Regengewand:
sie tauscht dir das Blatt für die Welle,
sie führt dich ins Hügelland.

Es wächst dir das Salz aus den Wunden,
ein Baum mit verschleierter Frucht:
die Mandel der Winterstunden;
das Aug das dein Auge gesucht.

Ein Hauch ist und keiner war leiser,
doch füllt sich mit Laub das Revier.
Du zündest dein Haar an wie Reiser
und brennst bis hinunter zu dir.

Paul Celan


Eva Wenzel antwortete am 07.04.01 (23:09):

Obiger Reim ueber Ostern ist von einer neuen Eva, also haben wir eine Eva Nr.2 . Muessen wir uns wohl irgendwie einigen,damit es keine Verwechslungen gibt.Koennten ja in manchen Fragen verschiedener Meinung sein.
Eva
Antwort bitte an meine Mailadresse
Eva-Wenzel@t-online.de


Georg Segessenmann,alias Georg von Signau antwortete am 08.04.01 (10:02):

Eine Superidee, d@s mit dem Kl@mmer@ffen;
so einf@ch, und doch musste m@ns erst sch@ffen
J@, solche Mega-Ideen sind doch heut gefr@gt;
drum weiter so, ganz unverkr@mpft und unverz@gt!

Gruss an ahjstoll von Schorsch


Georg Segessenmann,alias Georg von Signau antwortete am 08.04.01 (10:10):

Für die Evas im Doppelpack:

Ach Eva, hätte doch Adam
gleich zwei können haben,
wie versüsst hätten diese
das Leben dieses Knaben!
Doch weils damals nur bei
der einen musste bleiben,
kann leider heute nur ein
Schorsch euch schreiben!

Gruss, Schorsch


Maxi antwortete am 08.04.01 (12:44):

Ein kleiner Kl@mmer@ffe flog aus seinem Nest,
schon s@ß er auf dem D@tenhighway fest.
Er wußte nicht weiter,
w@r kein sehr Gescheiter,
ging ins Internet
und macht sich dort so richtig fett.
Und voller Lebenslust
singt er nun aus voller Brust:

10 kleine Kl@mmer@ffen
s@ßen auf der Scheun`.
Der eine ist vom D@ch gef@lln,
d@ w@rn es nur noch neun.

Neun kleine KL@mmer@ffen
gingen m@l auf J@gd,
der eine h@t sich totgeschossen,
d@w@rn es nur noch @cht......


Rosmarie S antwortete am 08.04.01 (16:48):

Für Schorsch mit Grüßen an die Evas und alle...:-)))

> Doch weils damals nur bei
> der einen musste bleiben,
> kann leider heute nur ein
> Schorsch euch schreiben!


Ach, Schorsch, so sei nicht zu bescheiden!
Ein jeder Mann kann dich beneiden!
Denn einer der so dichten kann,
kommt immer doch bei Frauen an!
Die beiden Evas werden weinen,
denn vom Schorsch, da gibt´s nur einen!

Drum ändre doch für diese Damen
ganz einfach deinen Schorschen-Namen.
Nenn "Bruno" dich, da gibt´s schon zwei.
Die Evas hätten dann gleich drei... :-)))
So könntest köstlich du sie laben,
vom Gutem nie genug wir haben!


Georg Segessenmann,alias Georg von Signau antwortete am 08.04.01 (17:51):

>@cht kleine Kl@mmer@ffen
h@bens wohl übertrieben;
der eine h@t sich totgel@cht,
d@ w@rens nur noch sieben.

Gruss

Schorsch


Heidi antwortete am 08.04.01 (22:12):

bevor ich mich totl@che.. lieber Schubert hören und Müller lesen :-))

Des Baches Wiegenlied (1. und 5. Vers)

Gute Ruh, gute Ruh! Tu die Augen zu!
Wandrer, du müder, du bist zu Haus.
Die Treu ist hier, sollst liegen bei mir,
Bis das Meer will trinken die Bächlein aus.

...

Gute Nacht, gute Nacht! bis alles wacht,
Schlaf aus deine Freude, schlaf aus dein Leid!
Der Vollmond steigt, der Nebel weicht,
Und der Himmel da oben, wie ist er so weit.

Text:Wilhelm Müller; Musik: Schubert


Maxi antwortete am 09.04.01 (09:17):

Sieben kleine Kl@mmer@ffen
gingen zu ´ner Hex`.
Den einen h@t sie weggehext,
d@ w@r´n es nur noch sechs.

Sechs kleine Kl@mmer@ffen
gingen ohne Strümpf´,
der eine h@t sich doll erkält,
d@ w@rn es nur noch fünf.

Fünf kleine Kl@mmer@ffen
tr@nken gerne Bier.
Der eine h@t sich totgesoffen,
d@ w@rn es nur noch vier.

Vier kleine K@mmer@ffen
@ßen gerne Brei.
Der eine ist gepl@tzt d@von,
d@ w@rn es nur noch drei.

Drei kleine Klqmmer@ffen
w@ren im Seniorentreff.
w@rteten auf Schorsch,
der k@nns Reimen aus dem FF.


Rosmarie S antwortete am 09.04.01 (09:43):

> Drei kleine Kl@mmer@ffen
> w@ren im Seniorentreff.
> w@rteten auf Schorsch,
> der k@nns Reimen aus dem FF.

Und Schorsch p@ckte den Kl@mmer@ffen
und t@t ihn in´ PC reinschaffen.
Der j@mmerte: "Owei, owei!"
D@ warens nur noch zwei.


Georg Segessenmann,alias Georg von Signau antwortete am 09.04.01 (09:44):

Drei dieser kleinen Kl@mmer@ffen
sind jetzt nur noch geblieben.
Rosm@rie, ich t@ts nicht sch@ffen,
M@xi h@t den @nf@ng geschrieben!

Gruss

Schorsch


Georg Segessenmann,alias Georg von Signau antwortete am 09.04.01 (09:48):

Und, weil wir nun schon so gemütlich beisammensitzen, noch dies niedliche Verslein:

Das Säugetier

Kaum ist der kleine Mensch geboren,
lässt er uns nicht ungeschoren;
von morgens vier bis abends acht,
demonstriert er seine Macht.
Erst beherrscht er seine Mutter,
schreit nach Milch und anderem Futter
und kann so, mit stetem Schreien,
junge Eltern schon entzweien.
Später dann im Flegelalter,
nützt kein Fluchen mehr noch Psalter,
nützen Märchen nichts noch Fabeln;
der Mensch beginnt, sich abzunabeln.
Und statt seine Eltern ehren,
tut er meistens dies verkehren;
grunzt und rülpst, wäscht nicht die Ohren,
und tut stattdessen - Nasen bohren.
Ja, man merkt`s mit Schaudern schier:
der Mensch ist halt ein Säu-Getier!


April 1995, Georg von Signau


Georg Segessenmann,alias Georg von Signau antwortete am 09.04.01 (10:16):

Zwei liebe, kleine Kl@mmer@ffen
die kommen nun gleich in Not;
der M@xi h@t sie zwar ersch@ffen,
doch schl@g den Rest ich nun Tot!

Es leben die Osterh@sen

Schorsch


Maxi antwortete am 09.04.01 (12:26):

Zu unserm Wetter im Norden, vielleicht paßt es auch für den Süden!April
April, April,
der weiß nicht was er will.
Bald lacht der Himmel blau und rein,
bald schau`n die Wolken düster drein,
bald Regen und bald Sonnenschein.
Was sind mir das für Sachen,
mit Weinen und mit Lachen
ein solch`Gesaus`zu machen!
April, April,
der weiß nicht was er will.

O weh, o weh,
nun kommt er gar mit Schnee
und schneit mir in den Blütenbaum,
in all´den Frühlingswiegentraum.
Ganz gräulich ist`s, man glaubt es kaum.
Heut` Frost und Morgen Biltze
das sind so seine Witze.
O weh, O weh,
nun kommt er gar mit Schnee.

Hurra, hurra,
der Frühling ist doch da.
Und treibt der rauhe Wintersmann
auch seinen Freund, den Nordwind an,
und wehrt er sich, so gut er kann.
Es wird ihm nicht gelingen,
denn alle Knospen springen
und alle Vöglein singen:
Hurra, hurra,
der Frühling ist doch da.

Dieses Gedicht mußten immer meine Schüler in der 5. Klasse auswendig lernen--stand im Lesebuch. Verfasser unbekannt.


Rosmarie S antwortete am 09.04.01 (12:57):

Kl@mmer@ffengedicht


> doch schl@g den Rest ich nun Tot!
>
> Es leben die Osterh@sen
>
> Schorsch


Zehn kleine K@mmer@ffen
ruhten still und scheen,
d@ k@men K@rl und Ric vorbei,
d@ w@ren´s wieder zehn!

Und die Moral von der Geschicht´:
Alleine schafft´s der Hase nicht.
Selbst Ostern braucht er auch noch heute
die Hilfe kompetenter Leute!

@llen Mitkl@mmernden und -hoppelnden einen schönen Tag!
Rosm@rie


Werner antwortete am 09.04.01 (13:28):

Hallo, Maxi (und andere!)

Das April, April-Gedicht ist von Heinrich Seidel.

Kannste hier nachschauen:
https://www.uni-giessen.de/~gi04/MM/gedichte/sei_h01.html

Schönen Gruß.


Sieghard antwortete am 09.04.01 (14:16):


Hallo Maxi,

April, April,
der weiß nicht, was er will...

Dieses Gedicht ist von
Heinrich Seidel [1842 - 1906];
ich kenne es aus den
Schul-Lesebüchern.
Es hat die Überschrift:
"Aprillaunen"

----------------------------------


Hallo Schorsch und weitere
Dichterinnen,

nun sind ja wohl die Kl@mmeräffchen
tot. Leider.
Weiterleben können sie hier, wenn
wir sie wieder ins Leben rufen,
eins bis zehn. Wie wärs:

ein kl@ammeräffchen wachte wieder auf
es wartete, es wartete worauf?
auf die kl@mmeräffchen zwei bis zehn,
es hofft sie kommen, mal sehn, mal sehn

.
.


Georg Segessenmann,alias Georg von Signau antwortete am 09.04.01 (14:21):

@uch ich h@b` @ffgekl@mmert
und d@bei ganz schön gej@mmert,
dann mich noch sehr gewundert,
d@ss keiner Mitleid bekundert!

Frei nach Dichterfreiheit kreiere
ich ab und zu neue Wortbegriffe.
Ich hoffe, dass kein Deutschlehrer
sich daran stösst!

Und da gleich noch zur Einstimmung
auf Ostern einen Vierzeiler dazu:

Der Hase, der im Grase sass
und von dem grünen Grase frass,
nur kurzes Leben hat besessen,
weil Füchschen ihn hat aufgefressen!


Schorsch


Georg Segessenmann,alias Georg von Signau antwortete am 09.04.01 (14:36):

Naja, wenn da jemand so an den Kl@mmer@ffen hängt,
und ich hab die letzten zwei ins Jenseits gedrängt:

Ein Kl@mmer@ffe trug schweres Leid,
dazu noch ein passendes Tr@uerkleid,
weil es gl@ubte seine Brüder @ausgeräumt;
d@bei hats nur `nen bösen Tr@um geträumt!

Schorsch


Heidi antwortete am 09.04.01 (17:03):

Paul Celan Gedichte 1938-1948

Schlaflosigkeit

Über die Stoppelfelder der Nacht
weh ich eigensinnig hin in dein Bereich.

Der von den Türmen rief, ist umgebracht.
Mir leuchtet Gram und vor dir bin ich gleich.

Es ist schon Dickicht, wo ich Schwüle stifte.
Hat keiner Macht, den Herzschlag zu verringern?
Ich weiß die Sprüche und du weißt die Gifte.
Der Kelch für beide grünt in meinen Fingern.






Traumbesitz

So leg das Laub zusammen mit den Seelen.
Schwing leicht den Hammer und verhüll das Angesicht.
Krön mit den Schlägen, die dem Herzen fehlen,
den Ritter, der mit fernen Mühlen ficht.

Ihn täuschen Wolken, die er nicht ertrug.
Doch klirrt sein Herz von einem Engelsschritte.
Ich kränze leise, was er nicht zerschlug:
die rote Schranke und die schwarze Mitte





Drüben

Erst jenseits der Kastanien ist die Welt.
Von dort kommt nachts ein Wind im Wolkenwagen
und irgendwer steht auf dahier.
Den will er über die Kastanien tragen:
»Bei mir ist Engelsüß und roter Fingerhut bei mir -«
Erst jenseits der Kastanien ist die Welt.

Da zirp ich leise, wie es Heimchen tun:
da halt ich ihn, da muß er sich verwehren!
(Ihm legt mein Ruf sich ums Gelenk . .)
Den Wind hör ich in vielen Nächten wiederkehren:
»Bei uns flammt Ferne, bei dir ist es eng . . .«
Da zirp ich leise, wie es Heimchen tun.

Doch wenn die Nacht auch heut sich nicht erhellt
und wiederkommt der Wind im Wolkenwagen:
»Bei mir ist Engelsüß und roter Fingerhut bei mir!«
Und will ihn über die Kastanien tragen -
dann halt, dann halt ich ihn nicht hier . . .

Erst jenseits der Kastanien ist die Welt.


Maxi antwortete am 10.04.01 (08:54):

1. Danke für den Hinweis des Verfassers von Aprillaunen
2.Kl@mmeräffchen zwei
hoppelt nun herbei.
W@r im Urlaub auf der T@st@tur,
findet ihr von Nr. 3 die Spur?


Iris Berghaus antwortete am 10.04.01 (11:16):

Weil auch die trübsten regentage...mir meine heitere gegelassenheit...nicht nehmen können...gebe ich euch gerne etwas davon ab...*g*
Also...wer mag...schmunzelt mit mir...über Tucholskys


Karrieren

Et jibbt Karrieren-die jehn durch den Hintern.
Die Leute kriechen bei die Vorgesezten rin.
Da is et warm. Da kenn se ibawintern.
Da bleihm se denn ne Weile drin.
I,denken die - kein Neid! Wer hat, der hat.
Denn komm se raus. Denn sind se plötzlich wat.




Denn sind se plötzlich feine Herrn jeworden!
Denn kenn die de Kollejen jahnich mehr.
Vor Eifa wolln se jeden jleich amorden:
"Ich bün Ihr Vorjesetzta! Bütte sehr!"
Und jeda weeß doch, wie set ham jemacht!
Det wird so schnell vajessen....Keena lacht.

Im Jejenteil.
Der sitzt noch nich drei Stunden
in seine neu Stellung drin-:
da hat sich schon`n junger Mann jefunden,
der kriechtn wieda hinten rin!
Und wenn de janze Hose kracht:
weil mancha so Karriere macht.


Er hat det Ding jeschohm.
Nu sitzt a ehmt ohm.
Von oben frisch und munter
kuckt keena jerne runter.
Weil man so rasch vajißt,
wie man ruff,
wie man ruff,
wie man ruffjekommen ist-!

:-)) :-))
..........

















Werner antwortete am 10.04.01 (13:19):

Das Gedicht heißt eindeutig
"April"
von Heinrich Seidel, nicht April-Launen.

Gruß von W.


sylvia antwortete am 10.04.01 (23:37):


Kennst du ihn
Nein
Du kennst ihn
Nein
Du kennst ihn doch
Nein

Was schreist du
Hahn

Verrat

Kein Weg
weit genug
zu entfliehen

Kein Abgrund
tief genug
darin zu versinken

Kein Tuch gross genug
zu verbergen
die Scham

und kein Entrinnen
dem Schmerz

Es schrie der Hahn

svr


Sieghard antwortete am 11.04.01 (08:30):


KREUZ-HYMNUS

Heilig Kreuz, du Baum der Treue,
edler Baum, dem keiner gleich,
keiner so an Laub und Blüte,
keiner so an Früchten reich:
Süßes Holz, o süße Nägel,
welche süße Last an euch.

Beuge, hoher Baum, die Zweige,
werde weich an Stamm und Ast,
denn dein hartes Holz muß tragen
eine königliche Last,
gib den Gliedern deines Schöpfers
an dem Stamme linde Rast.

Du allein warst wert, zu tragen
aller Sünden Lösegeld,
du, die Planke, die uns rettet
aus dem Schiffbruch dieser Welt.
Du, gesalbt vom Blut des Lammes,
Pfosten, der den Tod abhält.

Lob und Ruhm sei ohne Ende
Gott, dem höchsten Herrn, geweiht.
Preis dem Vater und dem Sohne
und dem Geist der Heiligkeit.
Einen Gott in drei Personen
lobe alle Welt und Zeit. Amen


[Venantius Fortunatus + nach 600]

.


sylvia antwortete am 11.04.01 (13:18):

An diesem Baum

verdorrte Blätter
verlassnes Nest
zerzaust

Sein Ast ist stark

Mir
dem Verdammten
diesen Baum

Satans Höllenqualen
quälen ganz

Blutgeld
im Staub

Verkaufte Seele
darf nicht beten

Aasgeier
streifen sie
mit stinkendem Gefieder
und warten
auf mich
Judas

svr


sylvia antwortete am 11.04.01 (14:04):

Tränen
aus tiefster Seele
mein Vater
Blutrosen
auf der Erde

Ich schreie
zu dir
mein Vater
Die Kehle brennt

Feuertod
schon jetzt
und zornige
Angst
wühlt mir
im Gedärme
Ein Tier

Sieh an
mein Vater
meine Hände
meinen Leib

Zum Leben mir doch
nicht zum Tod

Lieben noch
will ich
mein Vater
und segnen
durch dich

nicht sterben
nicht jetzt
und nicht so

Ich bin schwach

Nein Vater nein

Und doch
nicht wie ich will
mein Vater
wie du willst

svr


Heidi antwortete am 11.04.01 (16:19):

Dies ist vorerst das letzte Gedicht von Celan dass ich einstelle [ :-) ] Weitere findet ihr auf unten angegebener Website

Ich bin allein

Ich bin allein, ich stell die Aschenblume
ins Glas voll reifer Schwärze. Schwestermund,
du sprichst ein Wort, das fortlebt vor den Fenstern,
und lautlos klettert, was ich träumt, an mir empor.

Ich steh im Flor der abgeblühten Stunde
und spar ein Harz für einen späten Vogel:
er trägt die Flocke Schnee auf lebensroter Feder;
das Körnchen Eis im Schnabel, kommt er durch den Sommer.


Paul Celan 1952 (Mohn und Gedächtnis)

(Internet-Tipp: https://paulcelan.de/intro.htm)


Heidi antwortete am 14.04.01 (11:43):

Ostersamstag - was mag wohl in den Menschen damals vor sich gegangen sein, in der Zeit zwischen Kreuzigung und Tod ihres "Königs" und seiner "Auferstehung" in der Osternacht

in der zwischenzeit

ungläubig erstarrt die einen
hoffnungsvoll wartend andere
trauernd die zweifler
hohnlachend die ungläubigen
ruhend die gläubigen

Ich wünsche allen Frohe Ostern


:-) Heidi antwortete am 15.04.01 (19:01):

Ich bin ja immer daran interessiert, wie die "großen" Dichter ihre Gedichte schreiben. Joachim Ringelnatz hatte eine besondere Methode :-)):

Maikäfermalen

Setze Maikäfer in Tinte.(Es geht auch mit Fliegen.)
Zweierlei Tinte ist noch besser, schwarz und rot.
Laß sie aber nicht zu lange darin liegen,
Sonst werden sie tot.
Flügel brauchst du nicht erst rauszureißen.
Dann mußt du sie alle schnell aufs Bett schmeißen
Und mit dem Bleistift so herumtreiben,
Daß sie lauter komische Bilder und Worte schreiben.
Bei mir schrieben sie einmal ein ganzes Gedicht.
-----
Wenn deine Mutter kommt, mache ein dummes Gesicht;
Sage ganz einfach: "Ich war es nicht!"
(Joachim Ringelnatz)


Georg Segessenmann,alias Georg von Signau antwortete am 16.04.01 (09:21):

Liebe Heidi

Ich hoffe sehr, dass der gute Ringelnatz
nicht kam in eine grosse Tierschützerhatz.
Würde er nämlich heute dies schreiben,
würde er bald auf der Strecke bleiben!

Schorsch


Heidi antwortete am 16.04.01 (09:33):

Weil die Sonne heute morgen scheint :-)

Geschämig tritt die falbe
Aurora vor das Himmelshaus,
da legt die graue Schwalbe
fromm plaudernd ihr die Träume aus

Da sinken in das Blaue
der Sterne Geisteraugen ein,
da wäscht sich in dem Taue
das Licht den Sonnenschleier rein.

Clemens Brentano


Herbertkarl Hüther antwortete am 16.04.01 (13:46):




tirilirilarum

ein busch
versteckt
in gaenze

ein zweig
des winkens

ein stab
der niederkunft

weite flaechen
endlos
bedeutungsvoll
umrahmt von
einem strauss
wilder rosen

aspekt zu aspekt
bedeutung zu bedeutung

fieberhaft
in eile

groschengrab
der vernunft

zweige schuetteln
und hoffen

hkh


sylvia antwortete am 16.04.01 (17:29):

Olymp und Hades
unter gleichem Bogen

Und kein Zeichen

Fallen
und Steigen
sind eins

Preisgegeben
beiden Mächten

Und kein Zurück

Hindurch
durch namenlose
Lust und Qual

svr


eva antwortete am 16.04.01 (21:04):

Et in Arcadia ego !

Ich war in Athen ! - (im Koffer unnütze
Eulen);
nun bin ich zurück,gesättigt von Schönheit
und Kunst.
Wenn ich auch weiterhin stümperhaft Verse
verfasse,
neig´ ich voll Ehrfurcht mich stets vor den
Alten im Geist.

Apropos - bei schneller Durchsicht der
angehäuften Post ein Vorschlag an die
"andere Eva " : ich werde in Zukunft meinen
Namen immer klein schreiben, da gibt es dann
keine Verwechslungen. Einverstanden ? eva


Koloman Stumpfögger antwortete am 17.04.01 (15:05):

In der Spalte "eigene Lyrik" sind von Autor Hans-Jürgen Caspar folgende Zeilen (samt einem sonst noch nirgends gelesenen zusammengestzten Wort 'Dilettanten-Treiben') zu lesen:

"Meistens zahm, doch manchmal wilder,
an Gefühl und Schwachsinn reich,
voller kraus montierter Bilder,
kleingehackter Prosa gleich."


eva antwortete am 18.04.01 (10:26):

Griechische Ostern

Kleine Kirche am Wegrand.
Grauer Stein, im Erdreich versunken,
vom Alter geduckt.

Weihrauchduft im Gewölbe;
flackernde Kerzen vor goldnen Ikonen,
stumme Gebete
der Mühseligen und Beladenen.

Auch ich stelle Wachskerzen in den Sand:
eine Kerze für die Lebenden,
eine für die Toten;
eine Kerze für die Schuld,
eine für die Vergebung,
für die Freude, die Angst,
eine für die Hoffnung, eine um Erlösung,
und eine Kerze für den Dank.

Lautlos streben die Flämmchen nach oben,
goldene Lichtpunkte, ohne Verheissung der Antwort.

Von den buntbemalten Wänden
blicken die dunklen Augen der Heiligen
unergründlich und streng;
mitleidlos sehen sie an mir vorbei,
gefangen in ewiger Anbetung, verzückt,
fremd dieser Welt.

Schweigende Kerzen im Dunkel,
selbst sich verzehrend,
leitet meine Gedanken einem zu,
der sie empfängt.

Alte Kirche am Wegrand -
der Touristenbus fährt weiter.


sieghard antwortete am 18.04.01 (18:05):


Die Sterne

An welchem Tisch
nehmen die Sterne
ihr Abendmahl ein

Sie reichen sich
ihre Strahlenhände
sausend im Raum der
sie nicht fallen läßt

Sie kennen nicht
ihre eigenen Namen
fragen nicht
woher ihr Licht
warum und wieso

Sie nehmen teil
an der Zeit
die ein Märchen ist
aus Bewegung


Rose Ausländer [1901-1988]

.


Heidi antwortete am 20.04.01 (00:48):

ohnmächtig

manchmal hasse ich
- weiß nicht wen,
ich bin wütend und schimpfe
- weiß nicht auf wen,
ich möchte etwas ändern
- weiß nicht wie,
hilflos und machtlos
bin ich,
ein einzelner Mensch

ich will nicht resignieren
ich will kämpfen
- weiß nicht wie

hl

(Internet-Tipp: /seniorentreff/de/diskussion/threads/thread464.html)


eva antwortete am 20.04.01 (08:52):

Dem miserablen Wetter zum Trotz :


Geh aus mein Herz, und suche Freud
in dieser lieben Sommerzeit
an deines Gottes Gaben;
schau an der schönen Gärten Zier
und siehe,wie sie dir und mir
sich ausgeschmücket haben.

Die Bäume stehen voller Laub,
das Erdreich decket seinen Staub
mit einem grünen Kleide;
Narzissen und die Tulipan
die ziehen sich viel schöner an
als Salomonis Seide.

Die Lerche schwingt sich in die Luft,
das Täublein fliegt aus seiner Kluft
und macht sich in die Wälder;
die hochgelobte Nachtigall
ergötzt und füllt mit ihrem Schall
Berg, Hügel, Tal und Wälder.

(...)

Ich selber kann und mag nicht ruhn,
des großen Gottes großes Tun
erweckt mit alle Sinnen;
ich singe mit, wenn alles singt,
und lasse, was dem Höchsten klingt,
aus meinem Herzen rinnen.

(...)

Paul GERHARDT, 1653


Herbertkarl Hüther antwortete am 20.04.01 (09:03):


bestaun'

liederliche wulst
vom empfangenen

schubweise vor
in gegenrichtung

kriechende winde
blaehen die luft

hitze im kuehlem
beieinander

worte saegen
bretter klein

papier raschelt
nur dabei

vergnuegen im
sentimentalen
aalt sich voran

tropfen huepfen
am tellerrand
sacht seitwaerts

toenen von einwaerts
lausch' ich
mit tauben ohren


hkh


sieghard antwortete am 21.04.01 (16:48):


O Mensch! Gib acht!
Was spricht die tiefe Mitternacht?
"Ich schlief, ich schlief -,
aus tiefem Traum bin ich erwacht:-
Die Welt ist tief,
Und tiefer als der Tag gedacht.
Tief ist ihr Weh -,
Lust - tiefer noch als Herzeleid:
Weh spricht: Vergeh!
Doch alle Lust will Ewigkeit,
- will tiefe, tiefe Ewigkeit!"

[Friedrich Nietzsche 1844-1900]

.


Evelyn antwortete am 21.04.01 (17:35):

Funeral Blues
W.H.Auden 1907-1973

Stopp all the clocks,cut off the telephone
Prevent the dog from barking with a juicy bone
Silence the pianos and with muffled drum
Bring out the coffin,let the mourners come.

Let aeroplanes circle moaning overhead
Scribbling on the sky the message HE IS DEAD
Put crèpe bows round the white necks of the public doves
Let the traffic policemen wear black cotton gloves.

He was my North,my South,my East and West
My working week and my Sunday rest
My Noon,my Midnight,my talk,my song.
I thought that love would last for ever:I was wrong.

The stars are not wanted now;put out everyone
Pack up the moon and dismantle the sun
Pour away the ocean and sweep up the wood
For nothing now can ever come to any good.


Toten Blues

Stoppt alle Uhren.Kappt das Telefon
Dem Hund gebt einen Knochen und dann schweigt er schon
Keine Musik -Mit dumpfem Trommelklang
Ruft Sarg und Trauernde zum letzten Gang.

Flugzeuge,kreist und schreibt auf mein Gebot
Die Nachricht an den Himmel ER IST TOT
Um weisse Taubenhälse schling man Trauerkragen
Und lass die Schupos weisse Handschuh tragen.

Er war mein Norden,Süden,Ost und West
Mein Arbeits-Alltag,meines Sonntags Fest
Mein Lied,mein Wort,mein Mittag,meine Nacht.
Dass solche Liebe stirbt,ich hatt es nicht bedacht.

Wozu die Sterne noch-ich brauch sie nicht
Reisst ab den Mond,zerstört das Sonnenlicht
Ertränkt den Wald,vertrocknet mir das Meer
Denn fortan gibt es für mich garnichts Gutes mehr.

Versuch einer annähernden Übersetzung.E.


Sanna antwortete am 22.04.01 (18:11):

Seele des Menschen,
wie gleichst Du dem Wasser!
Schicksal des Menschen,
wie gleichst Du dem Wind!

J.W.v. Goethe


Herbertkarl Hüther antwortete am 23.04.01 (10:34):




bergwaise

gipfelstuermer
mit elan
am unteren
kraeftemessen

ueber die hoeh'
ins nichts
wolken
verlassend

duenne luft
mit viel
geschmack
nach klarheit


abstruser wirrwar
von gedanken
nach ueberzeugten
zielen

kern von
vergessenen ideen
der geraden linie
nun seitwaerts


zum grund
des beschaulichen
in der fuelle
der nacht

hkh


sieghard antwortete am 23.04.01 (14:08):


ECCE HOMO

Ja, ich weiß, woher ich stamme!
Ungesättigt gleich der Flamme
Glühe und verzehr ich mich.
Licht wird alles, was ich fasse,
Kohle alles, was ich lasse:
Flamme bin ich sicherlich!

[Friedr. Nietzsche 1844 - 1900]

.


Heidi antwortete am 23.04.01 (17:21):

Ich fürchte mich so vor der Menschen Wort


Ich fürchte mich so vor der Menschen Wort.
Sie sprechen alles so deutlich aus:
Und dieses heißt Hund und jenes heißt Haus,
und hier ist Beginn und das Ende ist dort.

Mich bangt auch ihr Sinn, ihr Spiel mit dem Spott,
sie wissen alles, was wird und war;
kein Berg ist ihnen mehr wunderbar;
ihr Garten und Gut grenzt grade an Gott.

Ich will immer warnen und wehren: Bleibt fern.
Die Dinge singen hör ich so gern.
Ihr rührt sie an: sie sind starr und stumm.
Ihr bringt mir alle die Dinge um.


Rainer Maria Rilke, 21.11.1898, Berlin-Wilmersdorf


Heidi antwortete am 23.04.01 (17:59):

Vor lauter Lauschen und Staunen sei still,


Vor lauter Lauschen und Staunen sei still,
du mein tieftiefes Leben;
dass du weisst, was der Wind dir will,
eh noch die Birken beben.

Und wenn dir einmal das Schweigen sprach,
lass deine Sinne besiegen.
Jedem Hauche gieb dich, gieb nach,
er wird dich lieben und wiegen.

Und dann meine Seele sei weit, sei weit,
dass dir das Leben gelinge,
breite dich wie ein Federkleid
über die sinnenden Dinge.


Rainer Maria Rilke, 19.1.1898, Berlin-Grunewald


eva antwortete am 23.04.01 (18:09):

- wie schade, dass ich mich an den Regenwürmern nicht
beteiligen konnte - sie waren herrlich ! Aber nach den
folgenden serioesen Gedichten doch wieder etwas Heiteres :

Schlaflose Nächte ...

Konnte ich einst in der Nacht nicht schlafen,
vertrieb ich die Zeit mir mit Zählen von Schafen.
Dachte zurück an vergangene Zeiten,
die zuweilen noch Schmerzen bereiten,
erinnerte mich an alte Lieben
(wo sind, zum Teufel, die Briefe geblieben ?!);
dachte an manche vergangne Affäre
(wenn und falls und hätte und wäre ...);
glaubte, zwischen Wachen und Dösen
etliche Rätsel der Welt zu lösen...
Führte tiefschürfende Monologe
oder geistreiche Dialoge,
kluge Gespräche, voll Witz und Esprit
(realiter find ich die Antworten nie!);
nahm Stellung zu wichtigen Tagesfragen,
beantwortete lässig berechtigte Klagen -
und schlief dann, beim ersten Morgenschein,
beruhigt und hochzufrieden ein.

Und heute ?!
Liebe Leute !

Ich tu mich nicht quälen
mit Schafezählen -
der Laptop steht bereit,
vertreibt mir die Zeit.
Nachts um halb Drei
bin ich so frei,
surf´durch die Welt,
such, was mir gefällt !
Astronomie ? Schwarze Löcher
gibt´s noch und nöcher.
Wie wickelt man Mumien ?
Wann setzt man Petunien ?
Gedichte, Gedichte,
Eintopfgerichte,
Kirchengeschichte,
Philosophen
und Katastrophen...
Unendliches Wissen
wird nachgeschmissen,
es läuft wie auf Schienen,
man kann sich bedienen.

Hellwach, ist keine Rede vom Schlafen -
ich glaube, ich kehre zurück zu den Schafen !

eKr


Heidi antwortete am 23.04.01 (19:13):

ok, ich geb's auf :-)


:-) Heidi antwortete am 24.04.01 (05:04):

... die "traurigen" Gedichte meine ich

Fröhlichkeit ist angesagt
in allen Gedichteseiten
Stille und Haikus
die Seele weiten
in eigene Lyrik
nur noch Gassenhauer
der Himmel wird dabei
immer blauer
würd' jetzt auch noch
die Sonne scheinen
brauchte Dichterseele
nicht mehr weinen
..

ich wünsche allen einen fröhlichen sonnigen Tag :-))


Georg Segessenmann,alias Georg von antwortete am 24.04.01 (09:22):

An Eva

Schlaf, Eva, schlaf;
sei weiterhin so brav;
Wer möcht denn das schon Schafe zählen,
du kannst den Seniorentreff ja wählen;
ein toller Ersatz für Schlaf!

An Heidi

Auch ich liebe die fröhlichen (und übrigens auch die frivolen) Gedichte mehr als die traurigen.

Herzliche Grüsse

Schorsch


Brita antwortete am 24.04.01 (10:05):

Ich ziehe die feinsinnigen Gedichte vor, aber die Kontraste sind gut, damit man sich selbst erkennen kann.

Blauer Schmetterling

Flügelt ein kleiner blauer
Falter vom Wind geweht,
Ein perlmutterner Schauer,
Glitzert, flimmert, vergeht.
So mit Augenblicksblinken,
So im Vorüberwehn
Sah ich das Glück mir winken,
Glitzern, flimmern, vergehn.

Hermann Hesse


Herbertkarl Hüther antwortete am 24.04.01 (13:33):


Sinngedicht

An den Salomon

Hochweiser Salomon! dein Spruch,
»Daß unter Tausenden kein gutes Weib zu finden«,
Gehört – gerad heraus – zu deinen Zungensünden;
Und jeder Fluch ist minder Fluch,
Als dieser schöne Sittenspruch.
Wer sie bei Tausenden will auf die Probe nehmen,
Wie du getan, hochweiser Mann!
Muß sich bei Tausenden der Probe freilich schämen,
Wird drüber wild, und lästert dann.


Auf ebendenselben

Daß, unter Tausenden, ein weiser Mann
Kein gutes Weibchen finden kann:
Das wundert mich recht sehr.
Doch wundert mich noch mehr,
Daß, unter Tausenden, ein weiser Mann
Nicht eine gut sich machen kann.


Gotthold Ephraim Lessing

22.01.1729 - 15.02.1781


sieghard antwortete am 24.04.01 (14:26):


Salomon

Lobt mir Davids weisen Sohn!
Auch bei Lieb und Wein und Scherzen
War er doch nach Gottes Herzen.
Brüder, lobt den Salomon.
Brüder, lasst sein Lob erschallen!
Doch vor allem
Lobt mir seinen weisen Schluss:
Wer viel lernt hat viel Verdruss!
Dieses lasst mir Wahrheit sein!
Diese Wahrheit stets zu lieben
Hat mich die Natur getrieben,
Die Natur und Lieb und Wein.
Ehrt mit mir den weisen König!
Lernet wenig!
Brüder, und erwägt den Schluss:
Wer viel lernt hat viel Verdruss!


[Gotthold Ephraim Lessing 1729-1781]

.


*g* Heidi antwortete am 24.04.01 (18:46):

Ludwig Christoph Heinrich Hölty

Aufmunterung zur Freude

Wer wollte sich mit Grillen plagen,
Solang uns Lenz und Jugend blühn;
Wer wollt', in seinen Blüthentagen,
An finstrer Schwermuth Altar knien!

Die Freude winkt auf allen Wegen,
Die durch dieß Pilgerleben gehn;
Sie bringt uns selbst den Kranz entgegen,
Wenn wir am Scheidewege stehn.

Noch rinnt und rauscht die Wiesenquelle,
Noch ist die Laube kühl und grün;
Noch scheint der liebe Mond so helle,
Wie er durch Adams Bäume schien.

Noch macht der Saft der Purpurtraube
Des Menschen krankes Herz gesund;
Noch schmecket, in der Abendlaube,
Der Kuß auf einen rothen Mund.

Noch tönt der Busch voll Nachtigallen
Dem Jüngling süße Fühlung zu;
Noch strömt, wenn ihre Lieder schallen,
Selbst in zerrißne Seelen Ruh.

O wunderschön ist Gottes Erde
Und werth darauf vergnügt zu seyn;
Drum will ich, bis ich Asche werde,
Mich dieser schönen Erde freun!



Entstehungsjahr: vor 1778

Erscheinungsjahr: 1777
Aus: Gedichte
Referenzausgabe:
Walter Hettche: Ludwig Christoph Heinrich Hölty. Gesammelte Werke und Briefe. Wallstein Verlag: 1998, S. 235.


© 2000 Freiburger Anthologie (v. 1.91).

(Internet-Tipp: https://freiburger-anthologie.ub.uni-freiburg.de/)


Rosmarie S antwortete am 24.04.01 (18:57):

> Ich ziehe die feinsinnigen Gedichte vor, aber die Kontraste sind gut, damit man sich selbst erkennen kann.

Liebe Brita,

mir liegt die Mischung. "Feinsinnig" spricht mich sehr tief im Innern an. Aber oft mag ich´s auch ganz einfach fröhlich, auch oberflächlich... Hoch und tief - mal still, mal bewegt, so wie Wellen... So wie auch das Leben auf mich wirkt...

Dein Gedicht "Blauer Schmetterling" ist wundervoll! Im ersten Moment dachte ich, es sei von dir und wollte mir schon einen Sack Asche auf den Kopf schütten... :-))
Ich möchte mich bei dir, aber auch bei all den anderen bedanken, die oft mich sehr berührende Texte einbringen. Ich komme nur meist nicht dazu, Einzelrückmeldungen zu geben.

Herzliche Grüße
Rosmarie


Heidi antwortete am 24.04.01 (19:03):

Das ist die perfekte Mischung! :-))


Der Wechsel menschlicher Plagen

Auf Nacht, Dunst, Schlacht, Frost, Wind, See, Hitz,
Süd, Ost, West, Nord, Sonn, Feur und Plagen.
Folgt Tag, Glanz, Blut, Schnee, Still, Land, Blitz,
Wärm, Hitz, Lust, Kält, Licht, Brand und Not:
Auf Leid, Pein, Schmach, Angst, Krieg, Ach, Kreuz,
Streit, Hohn, Schmerz, Qual, Tück, Schimpf als Spott
Will Freud, Zier, Ehr, Trost, Sieg, Rat, Nutz,
Fried, Lohn, Scherz, Ruh, Glück, Glimpf stets tagen.
Der Mond, Gunst, Rauch, Gems, Fisch, Gold, Perl,
Baum, Flamm, Storch, Frosch, Lamm, Ochs und Magen
Liebt Schein, Stroh, Dampf, Berg, Flut, Glut, Schaum,
Frucht, Asch, Dach, Teich, Feld, Wies und Brot:
Der Schütz, Mensch, Fleiß, Müh, Kunst, Spiel, Schiff,
Mund, Prinz, Rach, Sorg, Geiz, Treu und Gott
Sucht's Ziel, Schlaf, Preis, Lob, Gunst, Zank, Port,
Kuß, Thron, Mord, Sarg, Geld, Hold, Danksagen.
Was gut, stark, schwer, recht, lang, groß, weiß,
Eins, ja, Luft, Feur, hoch, weit genennt,
Pflegt bös, schwach, leicht, krumm, breit, klein, schwarz,
Drei, neun, Erd, Flut, tief, nah zu meiden.
Auch Mut, Lieb, Klug, Witz, Geist, Seel, Freund,
Lust, Zier, Ruhm, Fried, Scherz, Lob muß scheiden,
Wo Furcht, Haß, Trug, Wein, Fleisch, Leib, Feind,
Weh, Schmach, Angst, Streit, Schmerz, Hohn schon rennt.
Alles wechselt, alles liebt,
Alles scheinet was zu hassen:
Wer aus diesem nach wird denken,
Muß der Menschen Weisheit fassen.

Quirinius Kuhlmann


Iris Berghaus antwortete am 24.04.01 (20:20):

Ein Leser

Ein zankender,ein dankender
Ein schwank hinan sich rankender,
Ein nackt vertrackt sich plackender,
Ein zwackender,zerhackender,
Nußknackender,einsackender,
Ein gähnender,ein tränender,
Gedankenspäne spänender,
Ein säumender und träumender,
Ein aufgeräumt aufräumender,
Ein schäumender sich bäumender,
Ein lauschend sich berauschender,
Ver-ein-und aus-sich tauschender,
Ein schaudernder,ein zaudernder,
Nachplaudernder,nachhaudernder,
Ein blätternder,und kletternder,
Ein wetternder und schmetternder,
Ein scherzender,und herzender,
Ein sich ein licht aufkerzender,
Ein Schmerz bepillend stillender,
Ein schrillend sich bebrillender,
Das Schillerne betrillernde,
Entwickelnder,verzwickelnder,
Vorsitzender,stibitzender,
Ein schweifender und streifender,
Ein keifender und schleifender,
Ein reifend ein sich seifender,
Begreifender und pfeifender,
Ein meidender,ein neidender,
Abschneidender, entscheidender,
Ein heuchelnder,ein meuchelnder,
Ein scheuernder,dreinfeuernder,
Ein immer neu durchsteuernder,
Sich freuender,zersteuender,
Ein lobender,erprobender,
Ein grob-verschroben tobender,
Ein stolpernder und polternder,
Abgleitend ab sich folternder,
Ein ver- und über-hörender,
Zer- auf- und selbst sich störender,
Sich ein den Faden öhrender,
Ver- ab- und zu gleich schwörender,
Ein schlummernd sich vermummender,
Verstummender uns summender,
Aus jeder Tonart brummender,
Verdammender, verdummender,
Ein runzelnder, ein schmunzelnder,
Ein schmutzender, ein putzender,
Zustutzender und stutzender,
Ein stützender,beschützender,
Besprützender,benützender,
Topfrüttelnder,Kopfschüttelnder,
Mit Titelknütteln büttelnder,
Ein alternder,erkalternder,
Ein dialektisch spaltender,
Entfaltender,gestaltender,
Ein schaltender und waltender,
Erhaltend sich erhaltender-

Und kurz ein jeder Leser,
Als Leser ist der Leser
Des Dichters Witzverweser....

Karl Schimper
1830 - 1867

Ich danke diesem wortgewaltigen Dichter,
bin aber auch sehr froh, daß ihm die Einfälle...
nun endlich...ausgegangen .. :-)))


Brita antwortete am 24.04.01 (22:13):

Hier bin ich schon wieder mit einem Gedicht der Gefühle

Sehnsucht

Wie glänzend die Höhen sich dehnen
Weit in die blaue Ferne.
Zu ihnen fliegt mein Sehnen
Hin zu dem Morgensterne.

Wohl hinter ihnen sich breitet
Der lachende Weg zum Glück
Das endlos da hinten sich weitet.
Ich finde ihn nicht zurück.

Georg Heym


Herbertkarl Hüther antwortete am 25.04.01 (10:24):


lebenslotto

feines fruehwaerts
ist himmelwaerts

schau auf jenes gesicht
anschauungsunterricht

so im leben
achtgegeben

am morgen
umsorgen

in der nacht
durchgedacht

im tun
immun

sei dir das motto
in deinem lotto

hkh


sieghard antwortete am 25.04.01 (10:42):


Die Ehre hat mich nie gesucht;
sie hätte mich auch nie gefunden.
Wählt man, in zugezählten Stunden,
ein prächtig Feierkleid zur Flucht?

Auch Schätze hab ich nie begehrt.
Was hilft es sie auf kurzen Wegen
für Diebe mehr als sich zu hegen,
wo man das wenigste verzehrt?

Wie lange währt's, so bin ich hin,
und einer Nachwelt untern Füßen?
Was braucht sie wen sie tritt zu wissen?
Weiß ich nur, wer ich bin.


[Gotthold Ephraim Lessing 1729-1781]

.


eva antwortete am 25.04.01 (18:00):

Flrühlingswiesen

Tausende kleine Sonnen im Gras -
in Überfülle vom Himmel gefallene goldene Sonnen,
verschwenderisch blühend
auf schlichten Weiden,
in noblen Gärten,
sich aus Ritzen im Asphalt,
zwischen Pflastersteine zwängend,
mit der zähen Rücksichtlosigkeit
des Plebejers.

Verflucht vom Gärtner,
beschimpft vom Bauern,
verschmäht vom Vieh,
geliebt von den Kindern.

Blütenkränze,
Ringelketten,
bitterer weisser Saft quillt aus den Stengeln,
und die Mütter blicken abends
bekümmert auf die fleckigen Kleidchen ...

Verachtetes Kraut voller Schönheit,
wer dich nah betrachtet,
die goldenen Sterne,
stellt dich gleich mit Narzisse, Tulpe und Flieder
und der arroganten Magnolie.

Butterblume, Kuhblume, Löwenzahn -
wenn du blühst, ist es Frühling !
Und verblühend, schenkst du noch einmal
Millionen von Kunstwerken,
im Wind sanft schwebend,
Miniaturfallschirmchen, als Pusteblume.

eKr





Heidi antwortete am 26.04.01 (19:21):

26. April 1986

unkontrolliert
explodiert
fünfhundert mal hiroshima

technik versagte
mensch versagte
wieviele kinder lebten da?

atom müll transport
an jeden ort
menschlich technische sicherheit?

wo ist der sinn?
keiner hört hin
ist doch nicht so schlimm!

hl


Heidi antwortete am 28.04.01 (08:34):

Mut!

Fliegt der Schnee mir ins Gesicht,
Schüttl' ich ihn herunter.
Wenn mein Herz im Busen spricht,
Sing ich hell und munter.

Höre nicht, was es mir sagt,
Habe keine Ohren.
Fühle nicht, was es mir klagt,
Klagen ist für Toren.

Lustig in die Welt hinein
Gegen Wind und Wetter!
Will kein Gott auf Erden sein,
Sind wir selber Götter.

Wilhelm Müller

Entstehungsjahr: 1821-1822/Erscheinungsjahr: 1824
Aus: / Die Winterreise 23
Referenzausgabe:
Maria-Verena Leistner: Wilhelm Müller. Werke, Tagebücher, Briefe, Bd. 1. Mathias Gatza Verlag: 1994, S. 185.

© 2000 Freiburger Anthologie (v. 1.91).


Einen schönen guten Morgen an alle :-))


Brita antwortete am 28.04.01 (22:15):

Zum Ausklang des Tages....

Melancholie

Von weit her Hundebellen
Klingt durch die nächtliche Ruh.
Es spülen die schwarzen Wellen
Mein Boot dem Ufer zu.

Die blauen Berge der Ferne
Winken am Himmelssaum.
Auf in den Lichtbann der Sterne
Trägt mich ein Traum.

Stumm ziehen wilde Schwäne
Über dasWasser hin.
Mir kommt eine müde Träne.
Ich weiss nicht, warum ich so bin.

Joachim Ringelnatz


Heidi antwortete am 28.04.01 (22:31):

Abenddämmerung


Am blassen Meeresstrande
Saß ich gedankenbekümmert und einsam.
Die Sonne neigte sich tiefer, und warf
Glührote Streifen auf das Wasser,
Und die weißen, weiten Wellen,
Von der Flut gedrängt,
Schäumten und rauschten näher und näher -
Ein seltsam Geräusch, ein Flüstern und Pfeifen,
Ein Lachen und Murmeln, Seufzen und Sausen,
Dazwischen ein wiegenliedheimliches Singen -
Mir war, als hört ich verschollne Sagen,
Uralte, liebliche Märchen,
Die ich einst, als Knabe,
Von Nachbarskindern vernahm,
Wenn wir am Sommerabend,
Auf den Treppensteinen der Haustür,
Zum stillen Erzählen niederkauerten,
Mit kleinen, horchenden Herzen
Und neugierklugen Augen; -
Während die großen Mädchen,
Neben duftenden Blumentöpfen,
Gegenüber am Fenster saßen,
Rosengesichter,
Lächelnd und mondbeglänzt.

Heinrich Heine


Evelyn antwortete am 29.04.01 (01:06):

Ums Haar

Ein Haar aus Stroh,ein Haar aus Gold
und eins aus reiner Seide
daraus ich Schuhe flechten wollt
zum tanzen für uns beide.

Du aber gabst das Haar aus Gold
dem Himmel als Geschmeide
dass er uns Wohnung geben sollt
und ewig Stroh und Seide.

Die Seide riss,das Stroh verbrannt
und aus der Himmelskuppe
verschwand das Gold,stattdessen fand
ein Haar ich in der Suppe.


Heidi antwortete am 29.04.01 (01:30):

Überfluss

Kein Gold, keine Seide
die Sonn' am Himmel
ist mein Geschmeide
wenn sie scheint
auf mein Haar

Ein Bett von Stroh
ein Dach über'm Kopf
mein Herz ist froh
es gibt Suppe und Brot
und Salz dazu

Das Brot ist meine Arbeit
die Sonne ist meine Liebe
das Salz ist mein Leid
das Bett meine Ruh'
mach' die Augen zu

Gute Nacht :-))


eva antwortete am 29.04.01 (08:57):

Verlustanzeige

Ich hatte einen guten Gedanken -
er ging mir verloren, er kam mir abhanden,
ich dachte, fragte und suchte,
ich konnte ihn nicht wieder finden.

So ging ich
in das Fundbüro der verlorenen Gedanken.
Der graue Hüter
wies mir schweigend
die gefundenen.
In Schachteln verwahrt,
säuberlich etikettiert,
und deutete - suche.

Ich sah :
Törichte Gedanken und weise,
leichtsinnige und schwermütige,
skurrile Ideen, von ihren Erfindern verworfen;
einen Posten verlorener Illusionen;
Luftschlösser, von ihren Bewohnern verlassen,
wichtige Ecksteine ganzer Gedankengebäude,
wohl verzweifelt gesucht;

böse Gedanken, in eisernen Kassetten
eingeschlossen und verriegelt,
verstohlen abgelegt;
und viele, viele Gedanken der guten Vorsätze,
verblassst und vergessen,
anämische Schatten.

Aber mein verlorenen Gedanke
war nicht darunter.

Falls ihn wer findet:
Ich bitte um Retournierung
(e-mail-Adresse ist bekannt).

eKr


Herbertkarl Hüther antwortete am 30.04.01 (10:35):


fersengeld

lockere wuchten
entlang am gewaesser
blitzschlag ins gedeih
helle in stille

wirbel mit zirkel
zug mit gegenstrom
abfall in halde
speichel mit blut

dunst auf gewerbe
brot mit andenken
abzeichen ohne gewalt
hut wegen schutz

tapeten weniger waende
stoff im geringsten
nebel in klarheit
spitze ohne anfang

strasse im suehnen
tasten gegen klaviere
nester voll faeden
mehl ohne staub

hkh


Wolfgang antwortete am 30.04.01 (11:05):

Nicht alle Schmerzen sind heilbar, denn manche schleichen
Sich tiefer und tiefer ins Herz hinein,
Und während Tage und Jahre verstreichen,
Werden sie Stein.

Du sprichst und lachst, wie wenn nichts wäre,
Sie scheinen zerronnen wie Schaum.
Doch du spürst ihre lastende Schwere
Bis in den Traum.

Der Frühling kommt wieder mit Wärme und Helle,
Die Welt wird ein Blütenmeer.
Aber in meinem Herzen ist eine Stelle,
Da blüht nichts mehr.

Ricarda Huch


hl antwortete am 30.04.01 (11:23):

zurück an den rand

in die wüste geschickt
so ganz nebenbei
in den abgrund mein blick
dunkles wird frei
hoffnung verloren
..wär' ich nicht geboren
zurück an den rand
durch.. eine hand

hl


sieghard antwortete am 30.04.01 (11:55):




Von allen Zweigen

Von allen Zweigen perlt der goldne Schaum,
Auf allen Bäumen flammen Blütenbrände,
Unzählbar lacht der Kuckuck durch den Raum,
Frag ich ihn bang nach meines Lebens Ende.
Es blüht und lebt bis an der Erde Saum,
Wird blühn und leben, singt er, ohne Wende,
Als wäre Frühling nicht ein kurzer Traum.
Auch du bist ewig! Spare nicht, verschwende!


Ricarda Huch (1864-1947)

.
.


Iris Berghaus antwortete am 30.04.01 (12:23):

Der Spinnerin Nachtlied

Es sang vor langen Jahren
Wohl auch die Nachtigall,
Das war wohl süßer Schall,
Da wir zusammen waren.

Ich sing und kann nicht weinen
Und spinne so allein
Den Faden klar und rein,
So lang der Mond wird scheinen.

Da wir zusammen waren,
Da sang die Nachtigall,
Nun mahnet mich ihr Schall,
Daß du von mir gefahren.

So oft der Mond mag scheinen,
Gedenk ich dein allein,
Mein Herz ist klar und rein,
Gott wolle uns vereinen.

Seit du von mir gefahren,
Singt stets die Nachtigall,
Ich denk bei ihrem Schall,
Wie wir zusammen waren.

Gott wolle uns vereinen,
Hier spinn ich so allein,
Der Mond scheint klar und rein,
Ich sing...und möchte weinen!

Clemens Brentano


Rosmarie S antwortete am 30.04.01 (17:13):

> Als wäre Frühling nicht ein kurzer Traum.
> Auch du bist ewig! Spare nicht, verschwende!

Lieber Sieghard,

dies könnte glatt ein Lebensmotto für mich sein... :-)

Ich genieße fast alle hier veröffentlichten Gedichte. Zum eigenen Nachschlagen bin ich meist zu bequem - es gibt halt immer soviel anderes zu tun... Für euer Engangment, mit dem ihr mich so bereichert, möchte ich mich gern rundum und bei dir für dieses spezielle Huch-Gedicht ganz besonders bedanken!

Herzlich
Rosmarie


Anni antwortete am 30.04.01 (19:31):

Traurig schritt ich hin am Bach,
Sieh, da trat auf leichten Füßen
Sanft zu mir der Lenz und sprach:
"Deine Jugend läßt dich grüßen."

Und er blies mich an und jäh
Brach durch meines Trübsinns Kruste
Solch Gefühl von Wonn' und Weh,
Daß ich lautauf weinen mußte.

All mein Wesen dehnte sich,
Gleich als sollt' es Flügel breiten,
Und ein Klang durchbebte mich
Wie von angeschlagnen Saiten.

Wirf denn ab des Zweifels Last,
Herz, du darfst noch nicht verzichten!
Nun du wieder Tränen hast,
Magst du wieder blühn und dichten.

(Emanuel Geibel)


Heidi antwortete am 30.04.01 (23:04):

Äussere Welt

Es ist da etwas Totes tief in mir,
Eine verborgene Nekrose eine fehlende Freude
Ich trage mit mir ein Stückchen Winter herum,
Mitten in Paris lebe ich wie in der Wüste

Irgendwann am Tage gehe ich raus, um Bier zu kaufen,
Im Supermarkt sind ein paar Alte
Ich weiche leicht ihren fehlenden Blicken aus
Und habe wenig Lust, die Kassiererinnen anzusprechen.

Ich nehme es niemanden übel, der mich todlangweilig findet,
Ich hatte schon immer das Talent, die Stimmung zu verderben
Ich habe nichts zu teilen als unbestimmtes Leid
Bedauern, Scheitern, eine Erfahrung der Leere.

Nichts unterbricht jemals den einsamen Traum
Der mir als Ersatz fürs Leben dient und als wahrscheinliches Geschick,
Den Ärzten zufolge bin ich als einziger schuld.

Ja, ich schäme mich etwas, und ich sollte still sein;
Ich beobachte traurig, wie die Stunden verfließen;
Die Jahreszeiten gehen dahin in der äußeren Welt.

Michel Houellebecq aus "Suche nach Glück"

...
Passe, passe les temps
Il n'y en a plus pour tres longtemps


Iris Berghaus antwortete am 01.05.01 (01:51):


Mailied

Der Anger steht so grün, so grün,
Die blauen Veilchenglocken blühn,
Und Schlüsselblumen drunter,
Der Wiesengrund
Ist schon so bunt
Und färbt sich täglich bunter.


Drum komme, wem der Mai gefällt,
Und freue sich der schönen Welt
Und Gottes Vatergüte,
Die diese Pracht
Hervorgebracht,
Den Baum und seine Blüte.


Ludwig Christoph Heinrich Hölty
( 1748 - 1776 )


eva antwortete am 01.05.01 (18:42):

Zum 1. Mai :

Von Katzen

Vergangnen Maitag brachte meine Katze
Zur Welt sechs allerliebste kleine Kätzchen,
Maikätzchen, alle weiß mit schwarzen Schwänzchen.
Fürwahr, es war ein zierlich Wochenbettchen !
Die Köchin aber - Köchinnen sind grausam,
Und Menschlichkeit wächst nicht in einer Küche - ,
Die wollte von den Sechsen fünf ertränken,
Fünf weiße, schwarzgeschwänzte Maienkätzchen
ermordenwollte dies verruche Weib.
Ich half ihr heim ! - Der Himmel segne
Mir meine Menschlichkeit ! Die lieben Kätzchen,
Sie wuchsen auf und schritten binnen kurzem
Erhobnen Schwanzes über Hof und Herd;
Ja, wie die Köchin auch ingrimmig dreinsah,
Sie wuchsen auf, und nachts vor ihrem Fenster
Probierten sie die allerliebsten Stimmchen.
Ich aber, wie ich sie so wachsen sahe,
ich pries mich selbst und meine Menschlichkeit.-
Ein Jahr ist um, und Katzen sind die Kätzchen,
und Maitag ist´s ! - Wie soll ich es beschreiben,
Das Schauspiel, das sich jetzt vor mir entfaltet !
Mein ganzes Haus, vom Keller bis zum Giebel,
Ein jeder Winkel ist ein Wochenbettchen !
Hier liegt das eine, dort das andre Kätzchen,
In Schränken, Körben, unter Tisch und Treppen,
Die Alte gar - nein, es ist unaussprechlich -
Liegt in der Köchin jungfräulichem Bette !
Und jede, jede von den sieben Katzen,
Hat sieben - denkt euch! - sieben junge Kätzchen,
Maikätzchen, alle weiß mit schwarzen Schwänzchen !
Die Köchin rast, ich kann der blinden Wut
nicht Schranken setzen dieses Frauenzimmers;
Ersäufen will sie alle neunundvierzig !
Mir selber, ach, mir läuft der Kopf davon -
O Menschlichkeit, wie soll ich die bewahren !
Was fang ich an mit sechsundfünfzig Katzen ! -

Theodor Storm


Iris Berghaus antwortete am 03.05.01 (16:50):


Kinderlied

Wer lacht hier, hat gelacht?
Hier hat sich`s ausgelacht.
Wer hier lacht, macht Verdacht,
daß er aus Gründen lacht.

Wer weint hier, hat geweint?
Hier wird nicht mehr geweint.
Wer hier weint, der auch meint,
daß er aus Gründen weint.

Wer spricht hier, spricht und schweigt?
Wer schweigt, wird angezeigt.
Wer hier spricht, hat verschwiegen,
wo seine Gründe liegen.

Wer spielt hier, spielt im Sand?
Wer spielt muß an die Wand,
hat sich beim Spiel die Hand
gründlich verspielt, verbrannt.

Wer stirbt hier, ist gestorben?
Wer stirbt, ist abgeworben.
Wer hier stirbt, unverdorben
ist ohne Grund gestorben.


(Günter Grass)
*1927


;-) Heidi antwortete am 03.05.01 (21:17):

Erwachsenenlied

wer hier lacht
der lacht nur lügen
wer hier weint
weint aus vergnügen
wer hier schreibt
der spricht mit dir
wer hier liest
der schweigt nicht mehr
wer hier spielt
verliert sein leben
wer hier stirbt
der liebt das leben

hl


sieghard antwortete am 04.05.01 (14:41):


Friederike Mayröcker (76)
erhält von der Deutschen
Akademie für Sprache
und Dichtung den Georg-
Büchner-Preis 2001


.

falsche
Bewegung

gestern
beim Auseinander-
gehen haben wir uns
beide Hände
gegeben -
aber nicht die Lippen
zum Kusz -
: eine plötzlich erstarrte
Umarmung?
frage ich mich
ruhelos
und in Tränen/
du blickst
ohne Lächeln
über die Schulter zurück
(7.5.1981)

.


Ursel R antwortete am 04.05.01 (16:37):

So oder so

Schön
geduldig
miteinander
langsam alt
und verrückt werden

andrerseits

allein
geht es natürlich
viel schneller

(Karin Kiwus)



Phantom

Wenn nichts mehr
übrigbleibt außer
einer Müdigkeit
die sich wortlos
allein
zurückziehen will von allem

dann wäre es vielleicht
doch gut manchmal
wenigstens
einen Namen
zu wissen den man
murmeln könnte
ohne im geringsten
eine Erscheinung
noch zu erwarten

(Karin Kiwus)


eva antwortete am 04.05.01 (17:13):

Das Wetter ist zu schön - da werden die Gedichte spärlicher ! Zur Auffrischung daher wieder den alten Goethe :

Der Schatzgräber

Arm am Beutel, krank am Herzen,
Schleppt ich meine müden Tage.
Armut ist die grösste Plage,
Reichtum ist das höchste Gut !
Und, zu enden meine Schmerzen,
Ging ich, einen Schatz zu graben,
Meine Seele sollst du haben !
Schrieb ich hin mit eignem Blut.

Und so zog ich Kreis um Kreise,
Stellte wunderbare Flammen,
Kraut und Knochenwerk zusammen;
Die Beschwörung war vollbracht.
Und auf die gelernte Weise
Grub ich nach dem alten Schatze
Auf dem angezeigten Platze;
Schwarz und stürmisch war die Nacht.

Und ich sah ein Licht von weiten;
Und es kam gleich einem Sterne
Hinten aus der fernsten Ferne,
Eben als es zwölfe schlug.
Und da galt kein Vorbereiten.
Heller ward´s mit einem Male
Vor dem Glanz der vollen Schale
Den ein schöner Knabe trug.

Holde Augen sah ich blinken
Unter dichtem Blumenkranze;
In des Trankes Himmelsglanze
Trat er in den Kreis herein.
Und er hiess mich freundlich trinken;
Und ich dacht: Es kann der Knabe
Mit der schönen, lichtenGabe
Wahrlich nicht der Böse sein.

"Trinke Mut des reinen Lebens !
Dann verstehst du die Belehrung,
Kommst mit ängstlicher Beschwörung
Nicht zurück an diesen Ort,
Grabe hier nicht mehr vergebens.
Tages Arbeit ! Abends Gäste !
Saure Wochen ! Frohe Feste !
Sei den künftig Zauberwort ."


evelyn antwortete am 04.05.01 (17:53):

ein vers für hl

heidi,heiderose,fee
elfenähnlich ist dein sinn
auch wenn ich dich niemals seh
bist du für mich ein gewinn

ists mal traurig ohne glanz
oder heftig mit gezänk
schüttelst du die toleranz
förmlich aus dem handgelenk

wie wir wissen hasts auch du
wie wir alle manchmal schwer
dennoch zauberst du im nu
wieder sonnenschein daher

bleib erhalten uns im netz
mit gedichten-schreib sie weiter
eigne,fremde,du machst stets
jeden für sekunden heiter.


Heidi antwortete am 04.05.01 (18:10):

Danke, Evelyn.... Du machst mich verlegen!

Wiederholung aus Kapitel 10:

Poetins Lohn ist nicht der Ruhm

nein! nicht der ruhm ist der poetin freud'
wenn ich schreib' von des herzens leid,
meine kinder- und liebesgedichte
geh'n nicht ein in die geschichte
worte in bauch oder herzen
verursachen schmerzen
müssen dort heraus
gedicht ist aus
seele ist frei
leid vorbei
:-))
hl


Iris Berghaus antwortete am 04.05.01 (18:23):

....und nach Goethe...
wen denn wohl??
SCHILLER...na klar.. ;-))



Die Worte des Glaubens

Drei Worte nenn` ich euch, inhaltsschwer,
Sie gehen von Munde zu Munde,
Doch stammen sie nicht von außen her,
Das Herz nur gibt davon Kunde,
Dem Mensch ist aller Wert geraubt,
Wenn er nicht mehr an die drei Worte glaubt.

Der Mensch ist frei geschaffen,ist frei,
Und würd`er in Ketten geboren,
Laßt euch nicht irren des Pöbels Geschrei,
Nicht den Mißbrauch rasender Toren.
Vor dem Sklaven, wenn er die Kette bricht,
Vor dem freien Menschen erzittert nicht.

Und die Tugend, sie ist kein leerer Schall,
Der Mensch kann sie üben im Leben,
Und sollt er auch straucheln überall,
Er kann nach der göttlichen streben,
Und was kein Verstand der Verständigen sieht,
Das übet in Einfalt ein kindlich Gemüt.

Und ein Gott, ein heiliger Wille lebt,
Wie auch der menschliche wanke,
Hoch über der Zeit und dem Raume webt
Lebendig der höchste Gedanke,
Und ob alles in ewigem Wechsel kreis`t.
Es beharrt im Wechsel ein ruhiger Geist.

Die drei Worte bewahret euch, inhaltsschwer,
Sie pflanzet von Munde zu Munde,
Und stammen sie gleich nicht von außen her,
Euer Inners gibt davon Kunde,
Dem Mensch ist nimmer sein Wert geraubt,
So lang er noch an die drei Worte glaubt.


Heidi antwortete am 04.05.01 (18:33):

und jetzt F.Mayroecker? Sie spricht mir aus der Seele ;-)


was brauchst du

was brauchst du? einen Baum ein Haus zu
ermessen wie groß wie klein das Leben als Mensch
wie groß wie klein wenn du aufblickst zur Krone
dich verlierst in grüner üppiger Schönheit
wie groß wie klein bedenkst du wie kurz
dein Leben vergleichst du es mit dem Leben der Bäume
du brauchst einen Baum du brauchst ein Haus
keines für dich allein nur einen Winkel ein Dach
zu sitzen zu denken zu schlafen zu träumen
zu schreiben zu schweigen zu sehen den Freund
die Gestirne das Gras die Blume den Himmel

Friederike Mayroecker, 1924


Wolfgang antwortete am 05.05.01 (05:20):

Weit von hier (von Rio Reiser)

Weit, weit, weit von hier,
hier vor meiner Tür
sass ein Mensch, wohl ein Kind,
schickte Drachen in den Wind,
malte in die Wolken Geister,
sang ein Lied und sang sich heiser,
sah dann mich, erschreckte sich,
rannte fort und versteckte sich.
Kannte ich nicht das Gesicht?
Ich glaub', das Kind war ich.
Ich glaub', das Kind war ich...


Iris Berghaus antwortete am 05.05.01 (11:12):


An einem solchen Morgen


Laß uns
hinausgehen
in das präludierende Licht
der Frühe.

Laß uns
das Windwasser
schmecken
das über uns
hinströmt.

Laß uns
den Tag begrüßen
der die Anker gelöst hat
und Kurs
auf die Vielfalt nimmt.

Es müßte
der Friede
an einem solchen Morgen
doch sichtbar werden
am Horizont....


Walter Helmut Fritz
(*1929)


Heidi antwortete am 05.05.01 (20:46):

Ich habe mal im Archiv gekramt :-)

Ein Gedicht aus Wien von Karl Hodina
(aus Gedichte..1)


Schau nie mit Tränen in den Augen
in die Vergangenheit,
denn du kommst nie mehr durch die Tür
in deine eig`ne Kinderzeit.
Stehst wie ein Bettler nur davor
und hörst, wie Kinder lach`n tan
und daß d`net lachen kannst wie sie,
da san die Sorgen schuld daran.
Verstell`di`net, es hat kan Sinn,
denn dich verraten deine Aug`n,
du kannst doch nie mehr wie ein Kind,
so sorglos und so glücklich schau`n.
Geh in die Zukunft, wenn das Glück dir auch entglitt,
Nimm dir als Trost den Blick von Kinderaugen


Heidi antwortete am 05.05.01 (22:17):

Worte in den Wind

Du zahlst für jedes kleine Wort auf Erden,
für jedes Mal, da du das Schweigen brichst.
So tief du liebst, wirst du verwundet werden
und mißverstanden, fast sooft du sprichst.
(Mascha Kaleko)


Iris antwortete am 05.05.01 (23:04):

Treue

Es heißt:
Ein gebrochenes Versprechen
ist ein gesprochenes
Verbrechen

Aber kann nicht
ein ungebrochenes Versprechen
ein ungesprochenes
Verbrechen sein?

Erich Fried


:-) Heidi antwortete am 05.05.01 (23:35):

*g*
oder ein unausgesprochenes Versprechen
kein Verbrechen?

Zungenbrecher zur Nacht, Iris?


Herbertkarl Hüther antwortete am 06.05.01 (08:29):



kriechen

kriechendes gefuehl
im lebensgewuehl

vermischt mit dem wagnis zu warten
gleich deinem sein im wintergarten

hetze ohne geduld
ganz ohne den tumult

ab und an ein stein
selbst im daemmerschein

affenliebe zu sich selber
nach art der bunten kaelber

angepackt und hochgerissen
sanft auf meine federkissen

beiseitegelegt und verziert
weiter dann voellig unbeirrt


hkh


Iris antwortete am 06.05.01 (11:19):

Für Heidi...
Vorsicht...Gefahr des Zungenbruchs !!
Nachsprechen auf eigene Gefahr !! (*vfgg*)


Grammatische Deutschheit

Neulich deutschten auf Deutsch vier deutsche Deutschlinge deutschend,
Sich überdeutschend am Deutsch, welcher der Deutscheste sei.
Vier deutschnamig benannt: Deutsch,Deutscherig,Deutscherling,Deutschdich,
Selbst so hatten zu deutsch sie sich die Namen gedeutscht.

Jetzt wettdeutschten sie,deutschend in grammatikalischer Deutschheit,
Deutscheren Komparativ,deutschesten Superlativ.
"Ich bin deutscher als deutsch."
"Ich deutscherer."
"Deutschester bin ich."
"Ich bin der Deutschtereste,oder der Deutschestere."

Darauf durch Komparativ und Superlativ fortdeutschend,
Deutschten sie auf bis zum - Deutschesteresteresten;
Bis sie vor komparativisch und superlativischer Deutschung
Den Positiv von Deutsch hatten vergessen zuletzt.
;-)

Friedrich Rückert
(1788 - 1866)


Brita antwortete am 07.05.01 (11:53):

Schön - aber traurig....

Mittagsstunde

Du blauer Flieder sinke über mich
in heisser Mittagsstunde
und lass mich deiner Seele nah sein.
Das Herz klopft abgrundbang,
vergänglich scheint ihm plötzlich Alles, verächtlich;
die schwarze Erde reibt an ihm.
Nun sinke du blauer Flieder über mich
und löse in Düften das harte Leid.

Alfred Mombert