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THEMA: Wes Brot ich ess, des Lied ich sing ...
6 Antwort(en).
carla
begann die Diskussion am 16.04.04 (16:50) mit folgendem Beitrag:
Wenn es um gerichtliche oder versicherungstechnische Gutachten geht, braucht man einen Gutachter. Offensichtlich ist dies nicht unbedingt ein Glücksfall, weil viele Gutachter nicht neutral begutachten sondern eher im Sinne ihres Auftraggebers. So nach dem Motto "Machen Sie das beste aus Ihrem Unfall"... :-(. Ich finde das schwer zu verstehen, war ich doch lange Zeit der Meinung, daß gerichtlich bestellte Gutachter eben neutral seien.
Internet-Tipp: https://www.medizinfo.de/umweltmedizin/kongress/kratten.htm
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hugo1
antwortete am 16.04.04 (19:42):
hallo carla vielleicht hilft Dir folgender Artikel weiter. Mehr Schutz der Versicherungsnehmer vor Gefälligkeitsgutachten Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz (Az. 9 U 719/01), veröffentlicht in der Zeitschrift „OLG-Report“, nach der von Versicherungsunternehmen beauftragte Gutachter nicht nur diesen gegenüber, sondern auch gegenüber den Versicherungsnehmern und Geschädigten schadensersatzpflichtig sein können. https://www.bundderversicherten.de/bdv/BdVAkt/Mehr_Schutz_vor_Gutachten.htm
Internet-Tipp: https://www.bundderversicherten.de/
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carla
antwortete am 16.04.04 (20:05):
Vielen Dank für den Link. Der ist auf jeden Fall interessant! Carla
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mart
antwortete am 16.04.04 (20:22):
Carla,
Dein interessanter Link läßt vor allem die Fragwürdigkeit des Begriffes "Grenzwert" deutlich werden.
Der Grenzwert ist einfach Definitionssache und an dessen Festlegung sind nicht nur Wissenschaftler beteiligt, sondern auch die anderen Interessierten z.B. die Hersteller.
Grenzwerte sagen nicht aus, daß ein Wert darüber schädlich ist und ein Wert darunter unschädlich ist. Sozusagen eine Grenze zwischen gefährlich und ungefährlich.
Grenzwerte best. Stoffe in unterschiedlichen Ländern unterscheiden sich oft im Faktor 1000 oder mehr. Das heißt natürlich nicht, daß Menschen in dem einen Land 1000 mal unempfindlicher sind als im anderen Land. Es ist ein Ausdruck für die geringen Kenntnisse, die über die Problematik von einem Stoff herrschen und über die Einflüsse, die Hersteller auf die Festlegung dieser Werte haben.
Grenzwerte werden nämlich ausgehandelt, - fast unglaublich für den Laien aber es ist so.
Ebenso vernachläßigt ein Grenzwert die so oft schon dokumentierten positiven Verstärkungen von chem. Stoffen, die jeder für sich genommen unter jeder Wirkung sind, aber sich im Zusammenwirken eben gefährlich potenzieren.
Grenzwerte berücksichtigen auch kaum, die Stoffwechselprodukte, die beim Abbau bzw. Entgiftung im Körper zustande kommen können und die ebenfalls wieder in Wechselwirkung mit anderen stehen.
Gutachter können sich immer nur auf vorgeschriebene Grenzwerte stützen und feststellen, ob sie überschritten werden oder nicht - nichts anderes, leider, auch wenn es der Laie gerne anders sähe oder nach dem Rechtsempfinden fordert.
In den Japan, das ja in der Vergangenheit von Umweltskandalen (bis zu vielen Todesfällen und schrecklichen Erkrankungen) geplagt war, ist man in dieser Problematik zu einer Umdrehung der Beweislast gekommen. Da muß der Hersteller beweisen, daß sein Stoff unschädlich ist und nicht der Geschädigte, daß dieser Stoff und nichts anderes ihn geschädigt hat. Das ist aber leider im europäischen Recht immer noch so und hat zur Folge, daß ein Schadenersatzprozeß (bes. als einzelner, aber auch als Gemeinschaft der Geschädigten wie z.B. bei den chlorierten Holzschutzmitteln) fast aussichtslos ist.
In einem Schadenersatzprozeß geht es darum, zweifelfrei festzustellen, daß ein Stoff eines best. Herstellers und NUR dieser die Schädigungen ausgelöst hat. Und das ist eben auch für einen unabhängigen Gutachter schwer.
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carla
antwortete am 16.04.04 (21:32):
Ja, das ist ein übles Thema, über das man nüchtern fast gar nicht nachdenken darf: In Italien z.B. werden die Grenzwerte für verunreinigtes Meereswasser einfach angehoben, und schwuppdiwupp ist das Wasser wieder zum Baden geeignet. Prof. Wassermann, einstiger Leiter der Toxikologie in Kiel, hat immer wieder darauf hingewiesen, daß es nicht nur fraglich ist, Grenzwerte für einzelne Gifte festzulegen. Er hat vor allem betont, daß man so gut wie nichts darüber weiß, was verschiedene Gifte miteinander tun und was sie dann anrichten können. Aber Du hast Recht: solange in Deutschland der Kranke oder Rentenanwärter beweisen muß, daß ein Stoff ihn krank gemacht hat (oder eine ärztl.Behandlung), sieht es nicht gut aus für die Patienten. Ich finde das ziemlich schlimm, und es stärkt mein Vertrauen in unser Rechtssystem nicht unbedingt.
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hugo1
antwortete am 17.04.04 (10:00):
ja ja die Grenzwerte..Viele können aller paar Jahre gezielter nach oben bzw. unten korrigiert werden, weil die Messmethoden immer genauere und detailiertere Ergebnisse zutage bringen. Wenn ich mit meinen begrenzten Labormöglichkeiten nicht belegen kann, ob z.B.in 10 m³ Abwasser 1 oder 10 oder 100 Milligramm Öl enthalten sind, kann ich vom Verursacher auch nicht mehr verlangen bzw, je nachdem pro Liter, dann kann ich wohl schlecht in solchen Kategorieen Vorschriften erlassen. wer mißt im täglichem Leben z.B den Elektrosmog, wie oft telefoniere ich mit meinem Handy, welche Gefahr geht von ihm aus, wie oft und wie lange halte ich es an mein Ohr und wie toll oder sachte drücke ich es an den kopf, wie laut ist es eingestellt (und wer spricht gerade mit mir *g*) Keiner kann sagen, wie sich dies auf Dauer auf den menschlichen Organismus (falls überhaupt) positiv oder negativ auswirkt. -Jahrzehntelange Erfahrungen darüber kanns noch nicht geben- usw usf,, Also Grenzwertdebatten find ich gewagt, egal ob der Limes gegen Null oder Unedlich geht
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mart
antwortete am 17.04.04 (11:09):
Nachdem sich die Methoden von ppm auf ppb bei vielen Stoffen hinbewegen, gibt es natürlich überall! wesentlich mehr "giftige" Stoffe als früher.
Trotzdem, über die Wechselwirkungen sowohl in der Umwelt als auch in Organismen weiß man viel zu wenig.
Das ärztliche Gutachter, besonders wenn sie von Betrieben kommen, na ja, eine Nähe zu ihrem Brötchengeber haben, hat man natürlich immer wieder gesehen. Ich denke da an die erschütternden Chloraknefälle durch Dioxine bei BASF in den 80 (?) er Jahren .
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