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THEMA:   Junge Deutsche in alten Schlössern......t v

 17 Antwort(en).

hedwig begann die Diskussion am 25.03.02 (12:49) mit folgendem Beitrag:

Heimweh
wollte ich eigentlich als Titel nehmen für diesen Text und ihn auch nicht unter der Rubrik "Reisen" bringen.

Am Sonnabend gab es diese tv-Sendung, die u.a. zeigte,
dass eine junge Familie Namens von Küster ein altes Schloß ihrer Familie zurückkaufen konnte in Hirschberg/Schlesien, also im heutigen Polen.

Zwar bin ich einheimische Westdeutsche, doch wie diese Familie tapfer den Kampf aufnimmt, sich seinen alten, total heruntergekommenen Familiensitz wieder aufzubauen, hat mich sehr interssiert. Mit Arbeit tun sie es, man packt an.

Die Gutsherrin bedient mit selbstgebackenem Kuchen die Gäste, man verdient an Touristen in den Sommermonaten.
Aber der Grund meines Heimwehs:

Als Kind auf dem Land erlebten wir die Flüchtlinge, und von diesen lernten wir deren Heimatlieder kennen und sangen mit ihnen..."Kehr ich einst zur Heimat wieder...." etc.

Gemeinsames Singen kann so verbinden. Es schallte weit über die Wiesen hinaus, wenn sich Eltern, Kinder, Jung und Alt zusammen fanden.
Wir waren vereint mit diesen Menschen, die verloren hatten, was wir besaßen, aber wir, als Kinder, fühlten ihren Verlust und trugen ihn irgendwie mit.

Bei der tv-Sendung wurde zuerst ein kleines Kind gezeigt, daß auf einer Wiese sitzt und spielt, mit sich und der Umwelt eins, ruhend in sich.....Heimweh..


elsabe antwortete am 25.03.02 (16:18):

Glaubst Du wirklich selbst, was Du im vorletzten Absatz schreibst, Hedwig? Dann warst D u aber das einzige Kind, das "mit-trug".


schorsch antwortete am 25.03.02 (18:08):

Oh heilges Land, von Wackeren einst bebaut,
wie sehn ich mich so sehr von hier nach dir.
Ich hab im TV einen hehren Film geschaut;
er wird wohl Wahrheit sein, so denk ich mir!

Schorsch


hedwig antwortete am 26.03.02 (07:37):

elsabe,
Es gab noch ein ganz anderes Miteinander, da auch Kinder schon - auf ihre Weise - mit trugen, o ja!

Der gezeigte Beitrag erinnerte schmerzlich an bei uns längst
Verlorenes
Schorschs Ironie finde ich hier bedauerlich.


gitta antwortete am 26.03.02 (12:26):

Etwas rührselig.
Oder hast Du auch einen Flüchtlings-Paß, Hedwig?


christa antwortete am 26.03.02 (22:30):


Es gibt dieses Heimweh, Hedwig,
von mir jedoch nicht so poetisch gesehen.-
Ich habe den tv-film nicht gesehen, aber das Thema scheint heute wieder aktuell zu sein und nach den vielen Jahren noch immer nicht verkraftet.- Vielleicht auch gut für die heutige Generation, das zu sehen. Aber wer das selbst nicht erlebt hat, sollte dazu besser keine -(vor allem ironische!)Kommentare geben.
Ich selbst habe damals als Kind erlebt, wie unsere Familie im Sudetenland Schlesier auf der Flucht beherbergt hat -und nicht viel später ereilte uns das gleiche Schicksal, aus der Heimat vertrieben zu werden. Als Kind spürt man eine ganze Menge, als junger Mensch verkraftet man das. Meine Eltern jedoch taten sich ihr Leben lang sehr schwer damit.
Heute nach 50 Jahren bleibt mir auch ein gewisses Heimweh nach der alten Heimat, aber es ist da. Es steht dort zwar kein Schloss, aber ein damals neu erbautes Haus und ein Bauernhof, heute vollkommen verwahrlost.

Christa


hedwig antwortete am 27.03.02 (12:31):

Ja, Christa, man erfährt so oft, dass früher erbautes
total verwahrlost lassen worden ist von den "Übernehmern".
Deine Eltern verstehe ich wohl.
Es muß ja auch kein Schloß sein, es war ein geschaffenes Heim,
um das (auch) deine Familie gebracht worden ist.
Gruß hedwig


schorsch antwortete am 27.03.02 (18:03):

My home is my castle...

Schorsch


Juliane1 antwortete am 27.03.02 (22:19):

Liebe Hedwig, meine Gedanken dazu: Den Begriff "Heimat" erfasst man häufig erst, wenn man sie verloren hat. Ich könnte einen ganzen Roman davon schreiben, wohlgemerkt: von Selbst-Erlebtem. An das "Mit-tragen" als Kind erinnere ich mich sehr deutlich:Meine Verwunderung, als die bei uns in Thüringen einquartierte Flüchtlingsfamilie (aus Schlesien) uns bat, die Kartoffelschalen nicht wegzuwerfen, da man sie doch essen könne;die Freude der Kinder, wenn wir uns mit ihnen unseren "Kaffeekuchen"(aus einer Art Mehlersatz)teilten; nachts das ängstliche Lauschen, wenn aus dem - leicht zugänglichen- Keller Geräusche zu hören waren (Flüchtlinge holten sich im Schutz der Dunkelheit einige Kartoffeln); halbwüchsige Kinder, die in kurzen Hosen in den schon verschneiten Wäldern nach Pilzen suchten. Später selbst im "Westen" lebend,blieb immer der Wunsch lebendig, diese Stätten der Kindheit noch einmal wiederzusehen (Beamte durften nicht ohne triftigen Grund in die DDR!). Als dann nach Grenzöffnung dieser Wunsch tatsächlich in Erfüllung ging- nach über 40 Jahren- waren die aufbrechenden Emotionen unbeschreiblich und wohl nur für jemanden nachvollziehbar, der Ähnliches erlebt hat: Die Altstadtstraßen von Erfurt ohne Stadtplan zu durchlaufen, nur um festzustellen, ob die seinerzeit Fünfjährige sich alles richtig gemerkt hatte.Die Altstadthäuser dort in abbruchreifem Zustand; dann aber wieder die Entdeckung, dass das Elternhaus im nicht weit entfernten Dorf als einziges denkmalgeschütztes Fachwerkhaus unter großen Opfern der Bevölkerung - es gabz.B. jahrelang weder Dachziegel noch Regenrinnen(Metall!)- in tadellosem Zustand erhalten war..Warum soll man nicht auch einmal etwas wehmütige Gefühle zulassen in unserer, ach so "coolen" Zeit?


hedwig antwortete am 28.03.02 (08:53):

Liebe Juliane 1,
danke auch für deinen Beitrag. Da lernt man noch allerhand.
Aber auch wir, als "Einheimische", die nicht flüchten mußten
und "nur" evakuiert waren, lernten Hunger kennen, obwohl wir auf dem Lande lebten. Aus Hunger stahlen wir uns auf dem Schulweg öfter eine Rübe vom Felde. Bratkartoffeln wurden mit scharzem Kaffee gebraten (kein Bohnen-, sondern sog. Muckefuk), von Flüchtlingen lernten wir, auf der Ofen-Eisenplatte das Braten von Kartoffelpuffern...doch viel Elend ist uns auch erspart worden, wie ich allein bei Dir und bei Christa lese, ja, und von der Kinderzeit noch weiß.
Dir und Christa Gruß!


elsabe antwortete am 28.03.02 (09:02):

Liebe Hedwig,
das "Klauen" von Rüben und Kartoffeln wurde "Fringsen" genannt und war somit (scheinbar) kein Diebstahl mehr. Wir Flüchtlinge klauten danach ohne Selbstvorwürfe, zumal die "Absolution" ja sogar aus der katholischen Kirche kam.


Mozart antwortete am 31.03.02 (23:33):

Liebe Elsabe, nur zur weiteren Erklärung bzgl. des Ausdrucks "Fringsen", von dem ich annahm, das dieser nur regional bekannt war: Kardinal Frings, in jenen Zeiten Erzbischhof von Köln, und Zeit seines Lebens sehr Volksnah, hat seinen Kölnern diese Absolution erteilt und Ihnen mit auf die nächtlichen Versorgungszüge gegeben. Ich zitiere: Dat is kein Diebstahl, dat is notwendijer Mundraub.: Daraus haben die Kölner postwendend den Begriff "Fringsen" gemacht, und fortan ein weit weniger schlechtes Gewissen gehabt, wie Du es ja auch schon beschrieben hast.
So hat auch Konrad Adenauer von den Kölnern einen Spitznamen erhalten, nämlich "Graupenauer" , weil er auf vielen Plätzen Tonnen mit Graupen aufstellen ließ. Damit konnte die Bevölkerung sich dann versorgen, wenn es mal wieder gar nichts mehr gab, dann gab es aber wenigstens noch Graupenauers Graupen. Ich erinnere mich, daß mein Vater sie nach der Zeit nie mehr angerührt hat.
Liebe Grüße Mozart


hedwig antwortete am 01.04.02 (09:02):

Hallo Mozart, das zu lesen ist alles interessant. Gruß!


Samanta antwortete am 08.04.02 (12:50):

Liebe Hedwig,
Dein Beitrag : "Heimweh" ist sehr eindrücklich geschrieben.

Es tat mir daher weh zu lesen wie er belächelt und kritisiert wurde. Aber zum Glück haben sich auch noch andere Stimmen gemeldet.
Liebe Grüsse
Samanta

@Georg,
So wie du, reagieren oft Jungs wenn sie von etwas berührt sind, es aber nicht zeigen wollen, sie denken , wenn sie die Sache runterspielen, würde man nicht bemerken wie sehr es sie berührt.
Schade eigentlich, es würde dem starken Geschlecht sehr gut anstehn, wenn auch sie zu ihren Gefühlen stehen könnten.


Samanta antwortete am 08.04.02 (12:50):

Liebe Hedwig,
Dein Beitrag : "Heimweh" ist sehr eindrücklich geschrieben.

Es tat mir daher weh zu lesen wie er belächelt und kritisiert wurde. Aber zum Glück haben sich auch noch andere Stimmen gemeldet.
Liebe Grüsse
Samanta

@Georg,
So wie du, reagieren oft Jungs wenn sie von etwas berührt sind, es aber nicht zeigen wollen, sie denken , wenn sie die Sache runterspielen, würde man nicht bemerken wie sehr es sie berührt.
Schade eigentlich, es würde dem starken Geschlecht sehr gut anstehn, wenn auch sie zu ihren Gefühlen stehen könnten.


hedwig antwortete am 08.04.02 (18:24):

Danke, liebe Samanta, ich grüße dich! h


schorsch antwortete am 09.04.02 (08:49):

Ja, liebe Samanta, da magst Du recht haben!

Schorsch


Samanta antwortete am 09.04.02 (09:54):

@Georg

Das rechne ich dir aber Haushooooch an, dass du so geantwortet hast. Das ist echt super stark!



Und nun verschwinde ich von der Bildfläche, da mein PC den Geist aufgibt. Konnte ihn nur mit dreistündigem Zureden, schimpfen und allen möglichen und unmöglichen Tricks starten. Und dann konnte ich nicht einwählen (vermutlich Wackelkontakt am Modemstecker, welchen ich dann mit Stagniolpapier überbrückte ) All diese Prozeduren will ich nicht nochmals versuchen, das kostet zuviele Nerven. Nun kommt ja der Sommer und da ist man sowieso mehr draussen.

Lieben Gruss
Samanta