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THEMA:   Buchprojekt:"Wege der Erinnerung"-Erinnerung an verstorbene Ehe/Lebenspartner

 13 Antwort(en).

Markus Pletz begann die Diskussion am 23.01.02 (19:23) mit folgendem Beitrag:

Markus Pletz -Mainz
Diplom Designer (Fh) Fotograf



Diplomarbeit- Buchprojekt "Wege der Erinnerung"
Erinnerung an verstorbene Ehe/Lebenspartner



Sehr geehrte Damen und Herren,


Ich erlaube mir mich über diese Forum an Sie zu wenden.

Ich schreibe eine Diplomarbeit im Fachbereich Kommunikations- Design an der Fachhochschule Mainz, Schwerpunkt Fotografie, betreut von Professorin Ute Schendel, Basel,
die sich mit Formen der Erinnerung von Witwen und Witwer an ihre verstorbene Ehe- oder Lebenspartner beschäftigt . Mich interessiert dabei, welche sichtbare Form dieses emotional- und gedankliche Erinnern annimmt. Mir geht es nicht um Trauerrituale, sondern um individuelles Erleben und Leben. Darum, welche sichtbare, gelebte Form dieses emotional- und gedankliche Erinnern annimmt.
Dafür suche ich Menschen, die ihren Partner vor längerer Zeit verloren haben, und / oder die im Gespräch von der Form dieses praktischen Erinnerns sprechen möchten und können.

Mir geht es nicht um das Hervorzerren von Persönlichem, zum Nutze der Vermarktung .
Mich interessiert der Mensch dabei, das Menschliche, Feine und Anrührige dabei, aber auch die Unterschiede, das Individuelle und das Verbindende.

Ich suche Menschen, bei denen der konkrete Trennungs- und Schmerzprozeß abgeschlossen ist. In meinem ersten erlernten Beruf als Krankenpfleger konnte ich Erfahrungen mit Menschen, deren Ängste und Schmerzen gesammelt. Ich möchte niemandem durch das Auseinandersetzen mit der Arbeit im Gespräch erneut Schmerzen zufügen- ehr die Möglichkeit geben, um über diese Auseinandersetzung neu Abstand zu bekommen und darüber erzählen zu können.
Es entsteht ein Buch, das aus Portraitfotografie des Einzelnen und gestellter Fotografien besteht, kombiniert mit Text, der aus Interviews entspringt. Ich könnte mir vorstellen, das, bei einer von mir angestrebten Veröffentlichung diese Arbeit wiederum denen Mut und Kraft zuspricht, die eben noch nicht soweit in der Verarbeitung sind. Es soll ein Buch werden, das vom Leben spricht, das stark ist und nach vorne schaut.

Zwei Beispiele:
Ein Mann, der mit seiner Frau jahrelang auf Sylt Urlaub machte, fährt nach ihrem Tod in genau dem gleichen Rhythmus immer wieder auf diese Insel, um einmal in der Erinnerung zu ihr zu bleiben, aber auf diesem Weg auch das Erlebte zu verarbeiten.
Beispiel der Umsetzung: Portraitfoto (klein), Foto von Menschen am Strand laufend, Text.

Eine Frau, die nie wirklich Interesse an der Fußballbegeisterung ihres Mannes hatte, schaut nun, seit dem er tot ist mit Leidenschaft Bundesligaübertragungen, weil sie eine Erinnerung für sie beinhalten.
Beispiel der Umsetzung: Portraitfoto (klein) - Foto sie im Fußballstadion stehend, Text.


Können Sie sich so etwas vorstellen? Ich würde mich freuen von Ihnen zu hören!
Mit freundlichen Grüßen
Markus Pletz

Adresse:

Markus Pletz
Forsterstraße 23
55118 Mainz
Tel: 06131.676352
Mob: 0179. 4921662
Email: markuspletz@hotmail.com


Referenz:

Professor Roland Siegrist
Dekan der FH-Mainz
Holzhofstraße
55108 Mainz
Sekretariat: Frau Höhn 06131.2859511

Joachim Hipfel - Pfarrer
Bund Freie evangelische Gemeinde- Mainz
Kurt-Schuhmacher-Straße 43
55124 Mainz
Tel: 06131.44926


Uul antwortete am 24.01.02 (02:23):

NEIN! Kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen!


schorsch antwortete am 24.01.02 (11:58):

Irgendwie habe ich da einfach ein schlechtes Gefühl. Ein leiser Verdacht: Da möchte ein Sensations-Journalist Geschichten kostengünstig bekommen. Falls ich mich irre: Entschuldigung.

Schorsch


Bert antwortete am 24.01.02 (12:56):

Lieber Markus!
Ich fühle ähnlich wie der Schorsch, da Du allerdings ganz offen davon sprichst, die Betroffenheit der Menschen für Deine Studienarbeit zu verwenden, sei Dir verziehen.
Ich glaube nicht, dass durch Dein Projekt irgendjemandem Mut und Kraft zuteil wird, seine Trauer zu verarbeiten.
Die Königin Viktoria von England verlor Ihren Ehemann in noch sehr jungen Jahren, sie war ca 40.
Sie hat den Rest ihres Lebens allein verbracht, weil sie "ihn" liebte, und sie wurde alt, sehr alt!
Es soll immer noch so sein, dass es Paare gibt, die sich wirklich lieben. Die Liebe führt diese Menschen zusammen und die Liebe entscheidet über das, was nach dem Tod mit ihnen geschieht.
Sie werden sich immer lieben und wenn beide es so empfinden, wird der eine auf den anderen warten.
Und da gibt es dann eigentlich keinen wirklichen Grund zur Trauer.
Suchst Du vielleicht Menschen, die ihren verpassten Gelegenheiten nachtrauern oder Menschen, die nicht alleine sein wollen oder können?
Da könnt ich mir schon vorstellen, dass bei denen nach etwa fünf Jahren der Trauer- und Schmerzprozess abgeschlossen ist.
Solche Menschen mag es viele geben, doch wem hilft dann Dein Buch, mit seinem Schmerz besser umzugehen, wem mag es dann Mut und Kraft zu vermitteln, ausser eben solchen, die es eh nicht brauchen?
Siehst Du, da beisst sich die Katze in den Schwanz.
Das bringt so nix.
Ich finde die Idee als solche gut, Menschen daran teilhaben zu lassen, wie man mit seiner Trauer und mit seinen Erinnerungen umgeht.
Ich denke aber, dass es eher den Menschen helfen kann, die sich wirklich lieben und Angst vor einer Trennung durch den Tod haben. Denen zu zeigen, dass es eben nach dem Tode eines Lebenspartners nicht endgültig vorbei ist, dass man sich durchaus wiedersehen kann, wenn beide es wollen. Das emfinde ich als wirklichen Trost, und ich weiss, dass es wirklich so ist, lieber Markus!
Das wäre aus meinem Empfinden ein sehr viel wertvolleres Buch!
Liebe Grüße
Bert


Rosmarie Schmitt antwortete am 25.01.02 (09:36):

Hallo miteinander,

auf mich hat Markus´Anliegen durchaus positiv gewirkt. Allerdings gehöre ich nicht zum Betroffenenkreis und kann insofern nicht wirklich mitreden.
Markus spricht Zurückgebliebene an, deren Trauer schon bearbeitet ist. Also will er nicht den dramatischen Schmerz schildern und auch kein Voyeur dabei sein.

Ich sehe sein Angliegen so, dass er einfach schauen möchte, welche außen sichtbaren Spuren des Verstorbenen im neu geordneten Leben des Zurückgebliebenen bleiben.

Dies mag ein Tabuthema sein. Aber da der Tod von Lieben zum Leben dazu gehört, finde ich, man sollte diese Spuren, die bleiben, nicht ausklammern.
Ich trage z.B. den Ehering meiner verstorbenen Eltern. Andere halten vielleicht tägliche Zwiesprache auf dem früheren gemeinsamen Lieblingsplatz im Garten... Warum sollten solche Zeichen der Verbundenheit nur ganz persönlich sein? (Natürlich können sie ganz persönlich sein, und es sollte um himmelswillen niemand etwas preisgeben, was ihm zu intim ist!) Aber ich könnte mir denken, dass es genug Spuren gibt, die durchaus mit anderen geteilt werden könnten.

Ich würde dies gern lesen oder Bilder darüber betrachten. Für mich sind Tod und Abschied etwas, was zum Leben gehört, aber etwas sehr Schmerzhaftes! Erinnerungen, die sich danach in regelmäßigen Handlungen oder in zum Gedächtnis aufgestellten Bildern oder Gegenständen widerspiegeln, halte ich für ehrende Zeichen - für etwas, was dem Verstorbenen zur Würdigung gereicht und uns lebenen Menschen würdig ist.

Warum sollten solche Zeichen der Würde nicht öffentlich geteilt werden?

Herzliche Grüße und dir, lieber Markus, ein gutes Gelingen deines Vorhabens!
Rosmarie


schorsch antwortete am 25.01.02 (11:51):

Etwas zum Thema "Trauerbewältigung" aus meinem Bekanntenkreis, vor ein paar Wochen passiert:

Der Ehemann, Vater und Grossvater A. starb nach kurzer Krankheit mit 73 Jahren unerwartet. Die Familie wusch ihn, kleidete ihn in sein bestes Wams und setzte ihn in seine Lieblingsecke auf dem Sofa. Die ganze Familie - 3 Generationen - setzten sich zu ihm und sprachen mit ihm. Dann schauten sie mit im TV bis die Männer vom Beerdigungsinstitut kamen um A. einzusargen.
Die Asche wurde in einer Urne heim genommen. Sie hat ihren Platz auf dem Esstisch, dort wo der Verstorbene immer gesessen hatte.
Dem einen oder der anderen unter uns werden sich nun die Nacken- oder Rückenhärchen gesträubt haben und denkt vielleicht, das sei wieder mal einer von Schorschs Gags. Aber die Sache hat sich tatsächlich so abgespielt und spielt sich immer noch so ab. Im Frühling, wenn die Büsche im Garten grünen und blühen werden, wird man die Urne von A. unter einem seiner Lieblingsbüsche eingraben.
Das ist die eine Art der Trauerbewältigung. Meine wäre es nicht. Aber ich lache nicht über die geschilderte, sondern respektiere sie.

Schorsch


Rosmarie Schmitt antwortete am 25.01.02 (13:25):

Lieber Schorsch,

meine Nackenhaare stellen sich kein bisschen!
Das Einzige... Zusammen mit dem Toten fernzusehen, das hätte ich nicht gerade gemacht.

Ich denke, das entscheidende Kriterium, was man tun oder lassen sollte, ist, wie der Verstorbene die Abschiedszeremonien empfinden würde.

Herzliche Grüße
Rosmarie


Sammy antwortete am 25.01.02 (18:19):

Hallo Schorsch,
ich glaube auf Anhieb die Geschichte.Aber zeigt sie nicht deutlich,wie extrem Menschen auf den Tod reagieren.
Aber liegt hier nicht genau eine unrealistische "Trauerbewältigung" vor.
Leider wird das Thema "Tod" in vielen Partnerschaften und Familien vor sich hergeschoben bzw ausgeklammert.
Erst wenn uns bewußt wird,das alles Irdische vergänglich ist und somit Geburt und Tod zusammengehören,werden wir gut daran tun auf den Rhythmus der Natur bzw. des Lebens zu horchen und entsprechend zu reagieren.
Erst wenn wir diesen Rhythmus akzeptieren und alles Vergängliche loslassen,wird die Seele erstarken für eine liebevolle Erinnerung über den Tod hinaus.


Waldtraut antwortete am 26.01.02 (16:26):

Mit einen Toten fernzusehen halte ich für makaber.
Die Art des Trauerns bleibt jeden selbst überlassen.
Wichtig ist für mich den Toten nicht zu vergessen.


Markus Pletz antwortete am 29.01.02 (19:34):

Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für Ihr Antworten auf mein Schreiben.

Ich möchte hier die Gelegenheit nutzen zu zwei Punkten Stellung zu nehmen.

Vertrauen -
Mir ist bewußt, das diese Arbeit ohne ein gegenseitiges Vertrauen und Kennen nicht möglich ist.
Es muß aber einen Anfang haben. Ich kann denen , die sich auf das Projekt einlassen versichern, dass bei einen Austausch die von mir erstellten Sachen – sprich Fotografien und Texte - nicht ohne vorherige Einsicht und Freigabe von der betreffenden Person weitergeführt werden. Jede Person hat das Personen gebundene Recht am eigenen Foto.

Ich möchte mich deswegen auch entschieden gegen die weitläufige Annahme einiger Illustrierten und Fotografen stellen und distanzieren, die behaupten, daß das allgemeine Interesse vor persönlicher Sphäre geht.

In meiner Arbeit orientiere ich mich an bereits vorhandenen Veröffentlichungen- wie die Serie in der Zeit: "ich habe einen Traum", eine Reihe in der Zeitschrift GEO Ausgabe 2001 "Liebe, Freundschaft, Glück". In diesen Arbeiten sehe ich neben der guten Fotografie auch den Anspruch der Kunst. In einer zurückliegenden Semesterarbeit habe ich ein Portrait einer Dame erarbeitet, das ich grundlegend für meine Arbeit sehe. Wenn Sie Interesse habe, können Sie sich unter: www.pletz.artnorm.de unter dem Link "Buchprojekt "- die Arbeit ansehen. Diese Seite befindet sich noch im Aufbau- wird aber sicher in Kürze stehen.

Erinnerung-
durch das Medium der Fotografie schaffen wir es, Verbindungen über Raum und Zeit hinweg zu schaffen.
Im Augenblick des Betrachtens eines Bildes wirkt weder das Eine noch das Andere. Vergangenheit wird Gegenwart. Ich möchte versuchen durch mein fotografieren, denen die sich darauf einlassen etwas wiedergeben: Die Erinnerung an den Partner und das Erleben in der Gegenwart für jeden persönlich - dokumentarische –nicht voyeuristische – erneut festgehalten.

Erlauben Sie mir noch ein Wort zu Thema Diplomarbeit.
Eine Diplomarbeit ermöglicht die Auseinandersetzung mit einen selbst gestellten Thema über sechs Monaten- eine Zeit, die sich nach dem Einstieg ins Berufsleben nicht mehr ergibt.
Dieser Arbeit ist nach Abschluß selbstdarstellend, dies heißt, daß ich mit meiner Person für diese Arbeit stehe.
Sie können sich dadurch sicher vorstellen, welchen Stellenwert diese Arbeit hat.
Aber um es erneut zu betonen. Ich habe mir (bitte entschuldigen Sie in diesem Zusammenhang die Wortwahl ) dieses "Thema" nicht gewählt, weil es in einem gewissen Sinne "sensationell" ist. Eine Veröffentlichung ist von meiner Seite denkbar, ob sie trotzdem erreichbar ist- bleibt dahingestellt und ist nicht ausschlaggebend für mein Tun.

Denen, die mir bereits geschrieben haben, danke ich sehr. Sie haben mir wertvolle Gedanken und Eindrücke geschenkt.

Markus Pletz


schorsch antwortete am 30.01.02 (10:32):

Viel Glück dabei!

Schorsch


Marusa antwortete am 08.02.02 (11:11):

Worte, die mir nach dem Tod meines Mannes einfielen:

Abschied.
Meine Seele schreit,
lautlos in fassungslosem Schmerz
aufbäumen wollend
gegen die unabwebdbare Gewißheit:
sie soll bald zu Ende gehen,
unsere Gemeinsamkeit.

Meine Seele weint,
tränenlos,
in unsagbarem Leid
beim Miterleben Deine Vergehens.
Langsam bereiten wir uns vor,-
auf den Abschied.

Meine Seele schweigt,
ausgehöhlt
in gähnender Leere.
Nichts ist mehr,
nur Trauer und Dunkelheit.- -
Du bist gegangen- - - -

Meine Seele lächelt,
Stille istz in mir.
Langsam füllen Erinnerungen
meine Leere.
Sie geben mir Kraft,
alleine weiterzugehen.
--Danke für Dein Leben!


Marusa antwortete am 08.02.02 (11:15):

Ich hab einen Fehler gemacht. Es heißt in der 5. Zeile natürlich: ___unabwendbaren.
Gruß, Marusa


Bert antwortete am 08.02.02 (17:58):

Was mir zu dem sehr nahegehenden Gedicht von Marusa einfällt, welches in mir Erinnerungen weckt.

Nichts in dieser Welt ist endgültig, alles ist immer Veränderung.
Da sich nichts in Nichts auflösen kann, liegt es an uns die Veränderung anzunehmen, so wie wir es empfinden und mögen wollen.
Das Unglaublichste an sich ist die Geburt eines neuen Leben, ob es ein Blatt ist oder ein Mensch. Eine kleine süße Katze oder ein gewaltiger Blauwal.(Gibts die noch?)
Das etwas so in das Leben kommt, diese Vorstellung das etwas neues uns besucht, dann einfach so quasi aus dem Nichts da ist, das ist eigentlich das unglaubliche, ja unfassbare, wie kann das eigentlich geschehen, Den Vorgang können wir beschreiben und meinen auch ihn erklären zu können.
Wie unglaublich und unfassbar ist jedoch dann der zweite Schritt des Seins, der Tod, die Verwandlung oder Veränderung des Lebens in einen für uns nicht mehr so ohne weiteres wahrnehmbaren Zustand.
Es ist so unglaublich, dass wir beim Erleben des Todes eines uns sehr nahestehenden Menschen uns selbst für eigentlich nicht mehr lebendig halten.
Bis wir merken, etwas bleibt zurück und dann merken wir, wenn wir danach suchen, dass wir ein kleines Stückchen von uns selbst tatsächlich haben sterben lassen und das läßt uns schauen in eine phantastische Welt.
So ist es mir ergangen

Liebe Grüße an alle

Euer Bert