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THEMA:   Gedanken zu Allerheiligen

 11 Antwort(en).

schorsch begann die Diskussion am 01.11.01 (10:12) mit folgendem Beitrag:

Heute Nacht peitschten Sturm und Regen durch die Lande. Als ich am Morgen aus dem Fenster schaute, lag auf dem Hausplatz und der Strasse ein Haufen Laub von meiner Birke und dem Haselnussstrauch.
Nach dem Morgenessen machte ich mich hinter das Laub. Ich rechte es zusammen und streute es zwischen die Rosenstöcke - als Wärmepuffer im Winter.
Eine Nachbarin, offenbar auf dem Weg zur Kirche, blieb stehen und fragte verschmitzt: "Glaubst du, der Herrgott sehe es gerne wenn du an Allerheiligen arbeitest?"
Ich guckte ebenso verschmitzt zurück und antwortete: "Glaubst du, ER hätte ausgerechnet heut Nacht Sturm und Regen geschickt, mir die Blätter von den Bäumen zu blasen, wenn er wollte, dass ich heut nicht arbeite?"
Sie lachte und ging ihres Weges.
Das Gespräch hat Gedanken in mir geweckt. Ich hörte Worte in mir sich formen: "Ich habe euch den siebten Tag gegeben, dass ihr euch ausruht und stärkt für die kommende Woche. Was erfrecht ihr euch, weitere Feiertage dazwischen zu schalten, nur dass der Klingelbeutel in der Kirche ein paarmal mehr im Jahr sich fülle?!"

Ich wünsche euch allen einen besinnlichen Tag.

Schorsch


KarinD antwortete am 01.11.01 (12:22):

Lieber Schorsch!

Ein nachdenklicher, aber auch schöner Beitrag. Ich bin nicht katholisch, genieße mit meinem Mann "nur" den freien Tag. In Ruhe.

Hier habe ich noch etwas gefunden, das ich ganz interessant finde:

Samhain - Totenfest
Nacht zum 1. November
Fest der Toten und der Anderswelt.
Symbole: Kürbis, Mais, Schädel

Das vielleicht unheimlichste Fest, aber auch ein sehr interessanter Tag: Am November-Vorabend ist der Schleier, der unsere Welt von der Anderwelt trennt am dünnsten (besonders im Nebel). Die Bewohner der Anderwelt, Feen und Elfen, kamen manchmal zu uns, und nahmen Menschenkinder, die sie für würdig befanden, mit in ihre Welt. Die Eltern hatten Angst und höhlten Kürbisse aus und schnitzten erschreckende Gesichter hinein (höchstes druidisches Symbol für Schutz). Dann wurde der Kürbis mit einer Kerze ans Fenster gestellt, um die Feen und Elfen abzuschrecken. Zu Samhain steht die Anderswelt offen, Vergangenheit und Gegenwart verbinden sich, die Geister der Ahnen werden wach. Durch das rituelle Gedenken leben sie in unserem Geist weiter. Wir werden uns bewußt, daß sie ein Teil von uns und wir ein Teil von ihnen sind – und daß der Tod ein Teil des Lebens und das Totenreich (Annwn, Hel) ein Teil der Welt ist, ohne den es kein Leben gibt.
Dieser Brauch wird heute noch gefeiert und ist unter dem Namen "Halloween"bekannt, das von den Kirchen als Allerheiligen bzw. Allerseelen vereinnahmt wurde.
Samhain ist das Ende des alten Jahres und der Beginn des Neuen. Es ist ein Fest des Abschieds, bei dem die Verstorbenen geehrt werden. Anders als die Christen glauben die meisten Heiden an die Reinkarnation, so daß der Tod eine Notwendigkeit für neues Leben darstellt. Samhain ist ein Fest des Todes und der Hoffnung auf neues Leben.Auch markiert Samhain den Beginn des "Dunklen Jahres", den introspektiven Teil des Jahresrades, in dem man auf und vor allem in sich selbst schaut. Früher war die Zeit nach Samhain diejenige, in der die Leute vorwiegend im Haus blieben. Es ist eine stille, tote Zeit. Die Natur bereitet sich darauf vor, bis Imbolc zu ruhen, die Zugvögel sind im warmen Süden und das Land ist kalt und grau. Wenn sich nun die Naturenergien zur Ruhe begeben und die Dunkelheit des Winters regiert, ist es Zeit, sich selbst zu beobachten, auszuruhen und sich auf das kommende Jahr vorzubereiten. Es ist Zeit für einen Rückblick auf das, was im gerade vergangenen Jahr getan wurde und was das Jahr und die eigenen Taten gebracht haben. Es ist eine Gelegenheit, sich selbst kennenzulernen. Samhain ist das Fest, an dem Mutter Erde sich zur Ruhe begibt.

Einen schönen Tag wünsche ich ebenfalls.
Gruß von Karin.


Erika Kalkert antwortete am 01.11.01 (13:47):

Hallo Schorsch,

Allerheiligen und Allerseelen sind kath. Feiertage.
Wie Deine Nachbarin, habe auch ich heute den Gottesdienst besucht.
An Allerheiligen kommen bei uns die Angehörigen aus nah und fern zum Gottesdienst und zum Friedhof,um ihrer Toten zu gedenken.Hierbei trifft man nicht nur Familienangehörige, sondern auch Bekannte, die schon lange nicht mehr in der Gemeinde wohnen;sich ihrer Heimat aber noch verbunden fühlen.
Im Gottesdienst gedachte unser Pastor besonders auch der Verstorbenen des letzten Jahres und es wurde für jeden eine Kerze angezündet.
Für mich persönlich fand ich das sehr bereichernd.
Vielleicht ist das in der Stadt nicht mehr so. (Ich wohne in einem Dorf).
Laub gehört zum Monat November. Ich habe in den letzten Tagen schon reichlich viel zusammen gefegt und werde in den nächsten Tagen noch weiter damit beschäftigt sein.
Heute ist jedoch für mich ein Feiertag und bei uns in Rheinland-Pfalz auch ein gesetzlicher Feiertag.
Um den tristen Novembergedanken zu entgehen, werde ich noch einen Spaziergang in die herbstlichen Wälder machen.Alles Laub hat der Wind noch nicht weggefegt.
Gruß Erika


Wolfgang antwortete am 01.11.01 (14:28):

Katholische Christen denken heute (hoffentlich nicht nur heute) an ihre Heiligen, das heißt an ihre Verstorbenen, die jetzt im Himmel sind. Die Toten gehören zur Gemeinschaft der Heiligen, aber auch die noch Lebenden gehören dazu, weil sie getauft sind.

Für mich persönlich ist der Tag ein schmerzvoller Tag. Ich tröste mich mit dem Gedanken, dass, so gesehen, Allerheiligen kein "Totentag" ist, sondern der Namenstag aller Getaufter, auch der Namenstag der Kinder der Toten.


Erna Ecker-Philippi antwortete am 01.11.01 (15:46):

Die kath. Kirche feiert viele Heiligen, die sie namentlich kennt, und für jeden hat sie einen ganz bestimmten Tag zur Verehrung fest gelegt. All' die unbekannten Heiligen werden dann gemeinsam an einem Tag verehrt, an dem Festtag Allerheiligen.
Der Allerseelentag ist eigentlich der 2. November. Aber da dies kein Feiertag ist, legen die Menschen ihr Totengedenken auf Allerheiligen.
Der Gang zum Friedhof bringt dann Verwandte und Freunde zusammen, wie oben beschrieben. Bei uns trifft man sich dann auch noch zu einem Nachmittagskaffee und tauscht Erinnerungen und Neuigkeiten aus. Besonders an kalten Tagen ist dies ein harmonischer Ausklang.

Ich habe zu Allerseelen ein Gedicht gefunden, das sehr zart von einer vergangenen Liebe spricht. Ich füge es hier ein und nicht in den Abschnitt Gedichte. Es ist von Hermann von Gilm (1812 - 1864) geschrieben.

Ein Festtagsgruß an alle
Erna

Allerseelen

Stell auf den Tisch die duftenden Reseden,
Die letzten roten Astern trag herbei
Und lass uns wieder von der Liebe reden
Wie einst im Mai.

Gib mir die Hand, dass ich sie heimlich drücke,
Und wenn mans sieht, mir ist es einerlei,
Gib mir nur einen deiner süßen Blicke
Wie einst im Mai.

Es blüht und funkelt heut auf jedem Grabe,
Ein Tag im Jahre ist den Toten frei;
Komm an mein Herz, dass ich dich wieder habe,
Wie einst im Mai.


Schorsch antwortete am 02.11.01 (11:16):

Auch bei uns treffen sich viele Menschen an Allerheiligen - damit sie sich einmal im Jahr gesehen haben. Sie treffen sich am Grab ihrer Angehörigen und fragen sich: Warum hat eigentlich niemand das Grab unserer Eltern gepflegt?
Ich werde einmal meine Asche über meiner Heimat von meinem Schwiegersohn aus dem Flugzeug verstreuen lassen - damit niemand sich fragen muss.

Schorsch


KlausD antwortete am 02.11.01 (15:18):

Auch das ist ein Stück "Wahrheit" Schorsch!

Guten Flug,-)


Jutta antwortete am 03.11.01 (03:25):

Lieber Schorsch,

auch meine Asche wird verstreut werden (nachdem alles
noch rettbare und verwendbare anderen gegeben wurde,
die es noetiger brauchen als ich).
Da ich das Meer liebe, wird meine Asche in den Golf von Mexico
gestreut werden. Der Golf Strom wird sie entlang der
Amerikanischen Kueste nach Norden tragen und dann endlich
nach Osten - Richtung alte Heimat - abkehren.
Das "gesparte" fuer eine Beisetzung soll von allen meinen Freunden in frohem Kreise verprasst werden. Es soll dabei
kein Auge - vor Lachen - trockenbleiben.
Das nur nebenher.

Der Tag der Toten, Samhain, Halloween, Allerheiligen,
wie immer man es nennt, wird nirgendwo auf der Welt gleich
gefeiert.

Mein Mann ist Mexikaner und dort gibt es den "Dia de los Muertos"
den Tag der Toten.
Man feiert diesen Tag zum Andenken der Verstorbenen mit
Essen, Trinken, Musik und Froh sein dass man den Toten geliebt
und gekannt hat.
Oft wird die Feier auf den Friedhof verlegt, komplett mit Musikanten.
Man sitzt um das Grab des Verstorbenen und es wird viel
gegessen, getrunken, gelacht und getanzt.
Die Idee ist, das der Verstorbenen so an seiner "Party"
teilhaben kann.
Welches natuerlich eindeutig die Vermischung von Katholizismus
mit dem urspruenglichen Glauben der Azteken vermischt.

Gewoehnen musste ich mich an den Gedanken auch erst,
aber als ueberzeugter "Wiedergeburt'ler" war das fuer mich
kein sehr grosser Schritt.
Ich sehe "Dia de los Muertos" und die Art wie dies in Mexiko
gefeiert wird als sehr sinnvoll.
Wenn vielleicht nicht fuer die Verstorbenen, so auf jeden Fall
fuer die Hinterbliebenen, die sich ihren Angehoerigen an diesem
Tag sehr nahe fuehlen und ihr Leben "feiern", anstatt ihren Tod
zu beweinen.

Jutta


Schorsch antwortete am 03.11.01 (16:33):

Danke allen, die auf meinen "Leitartikel" geantwortet haben.
In der Schweiz ist Allerheiligen ein Fest, das nur in den mehrheitlich katholischen Kantonen gefeiert wird. So kann es also vorkommen, dass auf einem Friedhof die Angehörigen ihre Toten besuchen - und ein paar Meter daneben donnern Lastwagen vorbei aus Kantonen, die normal arbeiten. Kein befriedigender Zustand. Wie sollen da die in obigen Beiträgen erwähnten Geister sich wohfühlen und ihres Amtes walten......

Schorsch


Barbara antwortete am 03.11.01 (18:57):

Ich kann mich gut in Eure Gefühle und Gedanken hineinversetzen. Wir hier im Norden Deutschlands hatten ähnliche Gefühle am Buß- und Bettag, der immer um den 22. November lag. Vor ein paar Jahren nahm man ihn uns zur Finanzierung der Pflegeversicherung. Hier im Norden Deutschlands haben wir weitaus weniger Feiertage als im Süden.
Ich bin nicht neidisch auf die Feiertage. Die ganze Besinnlichkeit, die Ihr so sensibel gezeichnet habt, wurde uns jedoch auch genommen.
Mir ist wirklich richtig elend zumute, wenn es immer wieder heißt: das ist heute nicht mehr bezahlbar.
In der Nachkriegszeit, als unsere Umwelt in Trümmern lag, viele Väter und Ernährer aus dem Krieg nicht zurückkehrten, war ein Buß- und Bettag noch bezahlbar. Ist das nicht traurig?

Es grüßt Euch mit Wehmut

Barbara


KlausD antwortete am 03.11.01 (20:00):

Ja Barbara,diese "unseelige" Zeit macht die Menschen zur Maschine.

Auch ein Stück Buße?
Für was?


Barbara antwortete am 03.11.01 (22:02):

Buße vielleicht als Innehalten, Nachdenken, Grübeln. Fragen, ob wir immer richtig handeln. Täte das nicht gut?

Barbara