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THEMA:   Bibelfest?

 18 Antwort(en).

Jürgen Schmidbauer begann die Diskussion am 28.08.01 (13:12) mit folgendem Beitrag:

Bibelfest.
Wer ist es?
Ich habe mal, vor Jahren, intensiv im Alten Testament gestöbert; mir ist in Erinnerung, dass es den Israeliten gelungen war, alle Völker im gelobten Land zu eliminieren, ausser den Philistern.
Woanders las ich dann, in Gegenwartsdokumenten, dass die Pälästinenser im Prinzip genau die Nachfahren dieses nicht ganz elimierten Stammes sind.

Und nun gilt, offensichtlich heute nach wie vor, Auge um Auge, Zahn um Zahn.
Wo bleibt da der Humanismus, wo bleibt die Distanzierung gegenüber dem sog. holocaust, der doch aus Überheblichkeit eines Volkes gegenüber einem anderen resultierte?

Ohne smilies.

Aber mit freundichen Grüssen, Jürgen Schmidbauer


Wolfgang antwortete am 28.08.01 (14:46):

Lieber Jürgen... Ich glaube nicht, dass die derzeitigen Auseinandersetzungen alleine auf irgendwelche biblischen Ereignisse reduziert werden können. Ich darf daran erinnern, dass sich die Juden einen Staat geschaffen haben, damit ihnen so etwas wie der Holocaust - also die Ermordung der europäischen Juden - nicht noch einmal passiert. Hier geht es nicht Auge um Auge, oder Zahn um Zahn. Hier kämpft eine kleine Religionsgemeinschaft mit ihrem eigenen Staat ums Überleben. Denn um sie herum leben Menschen, die den Juden nicht wohlgesonnen sind.

Ich bin wahrhaftig nicht mit allem einverstanden, was die israelische Regierung und die israelische Armee tun. Ihr Recht auf Schutz der eigenen Bevölkerung und zum Kampf gegen palästinensische Terrororganisationen und ihre verantwortlichen Mörder im Hintergrund bestreite ich ihnen aber nicht. Die israelische Armee - IDF genannt - tötete gestern Mustafa ZIBRI (Abu Ali Mustafa) mittels einem Raketenangriff aus Kampfhubschraubern. ZIBRI war der Kopf der Terrororganisation Marxist Popular Front for the Liberation of Palestine (PFLP). Diese Organisation brüstete sich unmittelbar nach dem Tod ihres Führers mit der Ermordung von Meir LIXENBERG... - das war ein 38jähriger Mann, Vater von fünf Kindern, Zivilist und unbewaffnet, aus Itamar in Samaria.

The Jerusalem Post Newspaper
Terror victim being buried
By Margot DUDKEVITCH
https://www.jpost.com/Editions/2001/08/28/News/News.33539.html

(Internet-Tipp: https://www.jpost.com/Editions/2001/08/28/News/News.33599.html)


Karl antwortete am 28.08.01 (16:17):

Erschreckend ist aber schon, dass aus der israelischen Regierung Stimmen laut werden, zur Abschreckung von Selbstmordattentätern deren Angehörige zu töten. In ihrem "Kampf ums Überleben" müssen die Israelis aufpassen, nicht in die Stapfen der Nationalsozialisten zu stolpern, die Sippenhaft und Mord auf ihre Fahnen geschrieben hatten.

Bei dem Rakentenangriff auf Mustafa ZIBRI gab es auch wieder (wen wundert es) erhebliche "Kollateralschäden".

Mich verstört und beunruhigt diese Spirale der Gewalt sehr.


Ricardo antwortete am 28.08.01 (16:41):

Das Zitat Auge um Auge, Zahn um Zahn wird immer wieder in sinnentstellender Weise zitiert.
Nach der jüdischen Überlieferung bedeutet es nicht etwa Rache, sondern eine Wiedergutmachung für erlittenes Unrecht. Wenn ich also jemandem sein Auge verletzt habe, so muß ich ihm ein Schmerzensgeld im Wert des Auges zahlen, dafür gab es im Gesetz Vorschriften.
Zum anderen: Die Bibel ist kein Geschichtsbuch, viele Ereignisse sind legendär, so auch die Schilderung der ägyptischen Gefangenschaft und der Zug durch die Wüste, ebenso die "babylonische Gefangenschaft."
Es hat in biblischer Zeit histrorisch nie eine "Elimination" gegeben, wohl aber erbitterte Kämpfe zwischen verschiedenen Völkern, wie überall auf der Welt.
Historisch ist die Vertreibung der Juden durch die Römer und die Zerstörung des Tempels im Jahr 75 n.Chr.
Historisch ist auch, daß es in Palästina immer jüdische Siedlungen gegeben hat unter verschiedenen Herrschaften, eine davon ist Hebron.


J.Schmidbauer antwortete am 28.08.01 (16:48):

Zack, Wolfgang.

Aber die Fakten kennen wir ja alle, suchen aber nach den Lehren aus dem Holocaust, der aus der Arroganz eines Volkes, das ebenfalls Auserwähltheit für sich beanspruchte, entstand.
Keine noch so schwache Nachahmung ist akzeptabel.

Und, stimmt denn das mit der Bibel?.
Das war meine eigentliche Frage?

Gruss Jürgen Schmidbauer


Wolfgang antwortete am 28.08.01 (18:48):

Die Bewohner Israels sind in ihrer Mehrheit bestimmt nicht arrogant, und sie halten sich schon gar nicht für auserwählt. Jeglicher Vergleich mit der deutschen Bevölkerung und den Nazi-Schergen zu Zeiten der Diktatur in Deutschland ist in diesem Fall fehl am Platze. Die Äusserung, Angehörige von Terroristen umzubringen, stiess in Israel auf Ablehnung und erzeugte Empörung. Man kann sicher sein: Dies wird niemals Regierungspolitik Israels werden.

Im übrigen teile ich die Besorgnis, die Karl äusserte. Palästinenser und Israels müssen lernen, friedlich miteinander auszukommen. Sie haben gar keine andere Wahl. Sie leben in derselben Region. Einer ist auf den anderen angewiesen... Das Morden und Töten muss aufhören.


J.Schmidbauer antwortete am 29.08.01 (12:39):

Ich denke, ich habe mich geirrt in der Annahme, dass bei dem Thema ein differenziertes breites Meinungsbild erscheint, die Zahl der Reaktionen ist für mich überraschend gering.

Schlage eigentlich vor, das Thema wieder zu löschen, vielleicht sind ja die meisten auch noch in Urlaub, bzw. auf Reisen.

Gruss J.Schmidbauer


Ricardo antwortete am 29.08.01 (13:11):

Warum löschen?
Es hat schon Themen mit weniger Reaktionen gegeben, die geblieben sind,außerdem hätte mich interessiert, ob es Meinungen zu meinem Eintrag geben wird.


BrigitteS antwortete am 30.08.01 (11:36):

Ich finde dieses Thema auch sehr interessant. Die Lage ist dermaßen festgefahren, dass man auf keiner Seite Verständnis für die Situation des anderen erwarten kann. Selbst ein Mann, wie Avi Primor – ehemaliger Botschafter Israels in Deutschland - dessen Stellungnahmen in Funk und Fernsehen sowie der Presse zu vernehmen sind und der als gemäßigt anzusehen ist, verlangt einseitig uneinsichtig, dass die Palästinenser mit dem Terror aufhören sollen. Man muß sich viell. noch einmal in Erinnerung rufen, was mit den Palästinensern 1948 passiert ist. Man hat sie von ihrem Land vertrieben und die Kriegsgewinner waren froh, die noch verbleibenden wenigen Europäer jüdischen Glaubens in Israel auf Kosten der Palästinenser ansiedeln zu können. Eine Lösungsmöglichkeit wäre doch; einen föderalistischern Bundesstaat mit verschiedenen autonomen Bundesländern zu kreieren, in dem Juden und Palästinenser nebeneinander leben, mit palästinensischen sowie israelischen Parteien etc. Vielleicht sollten auch Frauen in Israel und bei den Palästinensern in der Politik mehr mitmischen. Frauen suchen eher nach Kompromissen und müssen nicht "siegen" auf Teufel komm raus.
Brigitte


Wolfgang antwortete am 31.08.01 (10:23):

Ich möchte, Jürgen, auf Deine ursprüngliche Frage eingehen: Stimmt das, was in der Bibel steht über Philister und Hebräer (die sich nach und nach Israeliten nannten)? - Diese Zeitspanne, um die es hierbei geht, liegt etwa 3000 Jahre zurück. Es geht um Auseinandersetzungen um Land, Wasser und Weidegründe (wie heute auch). Zuerst unterwarfen die Philister - ein eroberndes Seevolk (sie kamen vermutlich aus Kreta) - die hebräischen Stamme. Als Reaktion darauf und im Laufe der Zeit kam es zu einer Einigungsbewegung der hebräischen Stämme und nach langen und schweren Kämpfen zum Königreich Israel unter SAUL (das war etwa 1020 v. Chr.). Die berühmt gewordene Geschichte vom Kampf der Kleinen gegen die Grossen, vom Kampf des DAVID gegen den Philister GOLIATH, ist aus dieser Zeit. Die Israeliten ihrerseits waren nun auf Eroberung aus und schafften nach Trennungen und Vereinigungen das jüdische Grossreich unter den Königen DAVID und SALOMON (um 1000 v. Chr.). Kaum zwei Generationen später war es dann wieder vorbei mit dem Traum der Juden vom eigenen Reich...

Viel weiss man nicht über diese Zeit. Alte Geschichten sind das, nicht dazu geeignet, heute Rechtsansprüche zu stellen. Würde man das tun, gehörte das Land den Israeliten, denn die waren zuerst da und siedelten friedlich und wehrten sich nachher gegen ihre Unterdrückung. Aber die Bibel ist nur bedingt als Geschichtsbuch brauchbar, sondern hauptsächlich eine Quelle für Gläubige. - Ich habe im Internet recherchiert und eine kleine Einführung in das Judentum gefunden:

Cottbusser Initiative für deutsch-israelischen Jugendaustausch (cidiju)
Judentum - Einleitung, Geschichte, Religion
https://www.cidiju.gmxhome.de/judentum.htm

(Internet-Tipp: https://www.cidiju.gmxhome.de/judentum.htm)


Ingrid antwortete am 02.09.01 (15:46):

Tel Aviv (dpa) - Israel erwägt nach den Worten von Außenminister Schimon Peres einen Rückzug von der Anti-Rassismus-Konferenz im südafrikanischen Durban. Peres habe die von Hilfs- und Menschenrechtsorganisationen angenommene Deklaration als eine «Schande» bezeichnet, berichtete die israelische Tageszeitung «Haaretz». Zuvor hatten die rund 3000 in Durban versammelten, nicht staatlichen Organisationen mehrheitlich Israel als «rassistischen Apartheidstaat» verurteilt.

- Ohne Kommentar -


Georg Segessenmann antwortete am 03.09.01 (11:42):

Vielleicht zur Geschichte unserer Bibel eine Erklärung:

Vor ein paar tausend Jahren konnten nur ein paar Auserwählte schreiben. Die Erlebnisse der damaligen Zeit wurden mündlich - meist von Märchenerzählern, die davon lebten, möglichst farbige Historien zu erzählen - an das Publikum getragen.

Nach und nach wurden diese Geschichten gesammelt und von Schriftgelehrten aufgeschrieben. Jeder liess ein bisschen von dem, was ihm nicht gefiel, weg und fügte dafür solches, das ihm besser gefiel, bei.

Noch später wurde die Bibel in alle Sprachen übersetzt. Wieder liessen die Übersetzer einiges weg und interpretierten dafür anderes nach ihrem Gusto. Die Bibel wurde so von der Originalsprache in eine andere transponiert und von dieser wieder in unendlichen Variationen in noch mehr anderere.

Wenn man heute die Bibeln, die von den Missionaren "heidengerecht" in deren Sprachen übersetzt wurden, liest, findet man nicht mehr viel vor aus jener Zeit, da die Bibel ihren Ursprung hatte.

Darum betrachte ich das, was heute als "Biblische Geschichte" uns in den Kirchen vorgetragen wird, als nichts anderes, denn als uns Christen angepasste "Orientalische Märchen". Dass es einmal einen Christus gab, der mehr konnte als die meisten seiner Zeitgenossen und der besser in die Zukunft schauen konnte als diese, weil er eben ganzheitlich zu denken imstande war, bezweifle ich nicht. Aber solche Seher und Heiler gab - und gibt es heute noch - in allen Religionen der Welt.

Schorsch


Ruth antwortete am 07.09.01 (15:24):

An Schorsch

Zum Thema "Bibel - Gottes Wort oder Märchen?" möchte ich nur einen Satz bringen:
"Dem der glaubt, ist keine Erklärung nötig - dem, der nicht glaubt, ist keine möglich".

Gruss Ruth

(Internet-Tipp: https://www.mnr.ch)


Ricardo antwortete am 10.09.01 (22:19):

Liebe Ruth
Du hast es auf den Punkt gebracht.
Die Bibel ist noch heute das meistgelesene Buch der Welt.


Georg Segessenmann antwortete am 11.09.01 (09:49):

Bibelfest?
Bibel-Fest?

Danke Ruth

Danke, ruht

Schorsch


Hermann Penker antwortete am 11.09.01 (21:25):

Lieber Georg!
Sind Sie Bibelfachmann? Kennen Sie eine jüdische Bibelfassung? (Altes Testament) Haben Sie eine christliche Ausgabe persönlich mit einer jüdischen verglichen? Reichen Ihre Kenntnische der orientalischen und klassischen Sprachen aus, um zu Beurteilen, ob Übersetzungsfehler und bewusste sinnentstellende Veränderungen durchgeführt wurden? Vorallem aber, sind Ihre Kenntnis über die Kulturen der in der Bibel vorkommenden Völker und deren Sprache sicher besser als die der Bibelkommission von kath. und evangelischen Kirchen gemeinsam? Wenn dies alles auf Sie zutrifft, dann bitte bringen Sie doch ein Foto Ihrer Person in einem weiteren Beitrag. Ich möchte den einzigen Universalgebildeten der heutigen Zeit wenigstens auf einem Foto betrachten können. Leider konnte ich nicht früher auf Ihren Beitrag reagieren, ich war zu selten am PC.
Nichts für ungut, aber ich brenne darauf, endlich einen Bibelfachmann kennen zu lernen, denn ich interessiere mich sehr für die Bibel.
Herzliche Grüße
Hermann


G. Segessenmann, alias Georg von Signau antwortete am 12.09.01 (10:59):

Lieber Hermann,

nein, ich kann mich nicht rühmen, ein Bibelfachmann zu sein. Vor ein paar Jahren suchte die Mobile Bibelausstellung der Schweiz Leute, die sich für Führungen zur Verfügung stellen. Ich wurde vom hiesigen Pfarrer angefragt, ob ich wollte. Ich will immer, wenn es etwas zu lernen gibt. So wurde denn eine Gruppe rudimentär in die Entwicklungsgeschichte der Bibel eingeführt - und auf die Menschheit losgelassen. Später wollte ich Themen, die in meinem unbedarften Kopfe hängenblieben, vertiefen. In unserem Familienbesitz ist noch eine dicke in Leder und Holz gebundene Bibel aus dem 17. Jahrhundert. Ich verglich Stellen mit anderen Bibeln, kaufte mir sogar eine elektronische Ausgabe (auf einem Chip von einigen Quadratmillimetern finden das alte und das neue Testament bequem Platz!).
Nein, das alles macht mich noch nicht zu einem Bibelfachmann, lieber Hermann. Eher denke ich, dass Sie ein solcher sein könnten - sonst würden Sie ja kaum mit solcher Vehemenz meine Darlegungen und Überlegungen zur Entstehungsgeschichte der Bibel kommentieren.

Herzlich-biblische Grüsse

Schorsch


eva gertis antwortete am 24.10.01 (15:45):

Man muss ja nicht bibelfest sein, um sich an das Gebot "du sollst nicht töten" halten zu können

gruß eva


Schorsch antwortete am 25.10.01 (09:33):

Stimmt, liebe Eva. Dieses Gebot aber sollte in jedem Menschen tief verankert sein, ob er nun mit der Bibel, dem Talmut oder dem Koran aufgewachsen ist. Und sogar wenn er überhaupt keine Religion hat. Denn schliesslich ist es doch reiner Zufall, in welche Religionsregion wir hineingeboren worden sind.

Schorsch