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THEMA:   Negatives Weltbild ? --- oder realistische Einschätzung?

 51 Antwort(en).

Heidi begann die Diskussion am 10.03.01 (23:46) mit folgendem Beitrag:

Nachstehenden Rundbrief möchte ich hier zur Diskussion stellen, da nicht alle den Rundbrief erhalten und ich denke das ist ein Thema, dass alle interessiert:


Kommunikations-Gesellschaft kommuniziert nicht mehr.
Keiner schreibt - ruft an, besucht seinen Nächsten.
Keiner kümmert sich um den Nächsten
dafür sind Andere da.
Ersatz ist:
Man lässt sich unterhalten.
Arbeitet um unterhalten zu werden.
Lobpreist Unterhalter. Verehrt sie.
Amüsiert sich zu Tode.
Man reagiert statt zu agieren.
Verdeckt Reaktion Unvermögen?
Eigenaktion würde ohnehin zerrissen.
Briefe werden zu Signalen
müssen ultrakurz sein -
wenn länger - Entschuldigen!
Kurzmitteilung ist IN. Reduziert auf Signal.
Briefe - was war das? Wahrheit und Geist?
Gehörte das früher zum Brief?
Mitmenschliches reduziert auf Signale. Technik.
Ersetzt Technik ALLES?
Man weiß alles.
Auch alles über Andere.
Aber nichts vom Nächsten.
Distanz ist IN.
News ersetzen Leben. Morgen vergessen. News folgen.
NEU zählt. Neu ist Prämisse. Warenzeichen. Einzig
Erstrebenswertes.
Neu - ist gleich - gut.
Lebensgier regiert. Vorwärtspaddeln. Egal was ist.
JETZT ist alt. Nicht mehr neu. Somit OUT. Morgen.
Morgen. Später.
Irgendwann holt uns das SPÄTER ein.
Dann bleibt nur noch GOTT UND ICH.
Was dann kleiner Mensch?

Bruno-Maria Schulz
bms@brigaendle.de
--------------------


Heidi antwortete am 10.03.01 (23:57):

Von der Pauschalierung mal abgesehen, erscheinen mir einige Aussagen des obigen Briefes erschreckend realistisch!


Almex antwortete am 11.03.01 (10:32):

Irgenwie stimmt das schon.
Früher war es üblich, wenn jemand irgendwo neu einzog, daß er sich im Haus und in der Nachbarschaft kurz vorstellte. Heute weiß ich nicht einmal, wer im Nachbarhaus wohnt.
Früher pflegte ich auch das Schreiben von Briefen, schön mit Tinte auf Japan-Post.
Heute verschickt man e-mails.
Aber das ist nun einmal der Preis des Fortschritts, wer will heute noch beim Kienspan sitzen und die elektrische Energie ignorieren ?


Wolfgang antwortete am 11.03.01 (12:28):

Über die Mailingliste hat sich zum Thema ja schon eine heftige Diskussion entwickelt. Ich gehe mal davon aus, dass es dem Bruno recht oder sogar mit ihm abgesprochen ist, dass über sein Beitrag hier diskutiert wird. Immer wenn eine(r) so was schreibt, zeiht man ihn/sie des "Pessimismus" oder des "Negativen". Dann stehen alle "Optimisten" auf und sind furchtbar erbost, dass es eine(r) wagt, Wahrheiten auszusprechen. Das nächste "Argument" folgt dann auf dem Fusse: Pauschalierung...

Ich möchte dazu ein Zitat des Philosophen Martin HEIDEGGER anbringen. Der schrieb vor langer Zeit (in seiner Metaphysik, 29):

"Der geistige Verfall der Erde ist so weit fortgeschritten, daß die Völker die letzte geistige Kraft zu verlieren drohen, die es ermöglicht, den ... Verfall auch nur zu sehen und als solchen abzuschätzen. Diese einfache Feststellung hat nichts mit Kulturpessimismus zu tun, freilich auch nichts mit einem Optimismus; denn die Verdüsterung der Welt, die Flucht der Götter, die Zerstörung der Erde, die Vermassung des Menschen, der hassende Verdacht gegen alles Schöpferische und Freie hat auf der ganzen Erde bereits ein Ausmaß erreicht, daß so kindische Kategorien wie Pessimismus und Optimismus längst lächerlich geworden sind."

Dem Bruno möchte ich noch sagen, dass ich es supergut finde, dass einer sich engagiert und nicht stromlinienförmig und pflegeleicht ist... Du hast es geschafft, die Mitglieder der Mailingliste aufzurütteln. Das beste, was einer Mailingliste passieren kann...


webmaster antwortete am 11.03.01 (12:28):

Mit Zustimmung von Bruno-Maria Schulz wird dieses Thema diesmal das der Woche.
Meine persönliche Ansicht ist, dass die Technik nicht notwendigerweise zu einer Verminderung menschlicher Kontakte führt. Es stimmt zwar schon, dass die räumliche Nachbarschaft an Bedeutung (relativ) abnimmt. Aber dafür rede ich ja mit Euch ;-)) und wie sich gezeigt hat, keineswegs immer nur virtuell.
Auch die SMS-Nachrichten, die mein Sohn mit Freunden austauscht, verbinden eher als zu trennen.


KlausD antwortete am 11.03.01 (13:03):

Wunderbares Thema.

Man kann den Beitrag von Wolfgang nur unterstreichen!!

Die räumliche Nachbarschaft hat enorm abgenommen.
Das macht sogar bei politisch hochgestellten Persönlichkeiten die Runde.Nicht einmal hier hält man es für nötig sich vorzustellen -geschweige denn zu grüßen!

So gut die neuen Medien sind,auf eine gute Nachbarschaft möchte ich nicht verzichten!


Louise Ludwig antwortete am 11.03.01 (13:25):

Kommt es nicht auf jeden Einzelnen an, wie er Modernes mit Erfahrenem integriert?

Also - ich kenne meine Nachbarn - und sie mich.
Bin erst vor einem halben Jahr umgezogen.

Geruhsame Zeiten

Louise


Inge Weber antwortete am 11.03.01 (14:24):

Inge antworte
Negatives Weltbild? Das sollte man wirklich nicht verallge-
meinern. Ich wohne noch auf dem Lande u. habe eine wunder-
bare Nachbarschaft. Man achtet gegenseitig auf sich, man
kennt seine Gewohnheiten u. merkt es sofort, sollte was
nicht stimmen. -Meine Kinder habe diese Aufmerksamkeiten vor
Jahren noch als Neugier empfunden. Inzwischen schätzen sie
diese als Anteilnahme u. Aufmerksamkeit.


Rosmarie Schmitt antwortete am 11.03.01 (15:52):

> Dem Bruno möchte ich noch sagen, dass ich es supergut finde, dass einer sich engagiert und nicht stromlinienförmig und pflegeleicht ist... Du hast es geschafft, die Mitglieder der Mailingliste aufzurütteln. Das beste, was einer Mailingliste passieren kann...

Lieber Wolfgang,

in diesem Punkt gebe ich dir voll Recht! Erst durch die unterschiedlichen Sichtweisen bekomme ich die Anregungen, die ich mir wünsche.

Zur Weltsicht, in der vor allem das Negative hervorgehoben wird: Glaubst du, dass die Welt früher besser war? Bei den feudalen Strukturen, dem unkontrollierten Machtgehabe früherer Herrscher, dem hemmungslosen Erobern anderer Länder und Unterdrücken von Menschen, besonders Armen, Behinderten, Kranken, Frauen Kindern, Andersdenkenden und... und... glaube ich nicht, dass vor Hunderten oder Tausenden von Jahren die zwischenmenschlichen Beziehungen besser waren als heute.
Im Gegenteil, ich bin überzeugt, dass durch die Demokratisierung und die soziale Kontrolle die Welt erträglicher ist denn je.


Rosmarie Schmitt antwortete am 11.03.01 (15:53):

Thema "Anonymität heutzutage"

Hallo miteinander,

an sich lebe ich gerade dort, wo oft über Anonymität geklagt wird, nämlich in einem Hochhaus. Sicher, es gibt viele Wohnungen, wo oft gewechselt wird und man die Bewohner kaum kennt. Aber gegrüßt wird jeder und jederzeit, der auf dem Grundstück oder in den Fluren herumläuft. Mit den Alteingesessenen und jedem Neuen, der sich öffnen mag, werden Schwätzchen am Briefkasten oder in den Aufzügen gehalten, Blumen gegossen, Briefkästen geleert und natürlich auch auf Auffälliges geachtet.
Außerdem habe ich beobachtet, dass sich immer wieder ältere Bewohner enger aneinander anschließen, wenn der Partner gestorben ist. Vereinsamung müsste also auch nicht sein.

Dass ich hier im Haus keine regelmäßigen Besuchskontakte pflege, liegt ausschließlich an meinen eigenen Bedürfnissen, ganz sicher aber nicht an der unmenschlichen Anonymität unserer Zeit.


Monika antwortete am 11.03.01 (16:24):

Einfach zum Nachdenken!

"Kommunikations-Gesellschaft kommuniziert nicht mehr"
Kommuniziere ICH noch?
mit wem?
wann?
wie oft?

"Keiner schreibt - ruft an, besucht seinen Nächsten".
Schreibe ICH?
rufe ICH an?
besuche ICH meinen Nächsten?

"Keiner kümmert sich um den Nächsten"
Kümmere ICH mich um den Nächsten?

"dafür sind Andere da"
Bin ICH der/die Andere?


Ricardo antwortete am 11.03.01 (17:01):

Jede Zeit hat ihre Plagen, aber auch ihre einmalig schönen Seiten, hier in diesem Rundbrief werden heutige Plagen genannt, jeder leidet mehr oder weniger darunter.
Nur möchte ich darauf hinweisen, daß auch in meiner Jugendzeit die Nachbarschaft nicht etwa nur Lichtseiten hatte.
Die Vergangenheit wird in Erzählungen meist verklärt, nur: Wie war sie denn wirklich?
Hatten wir als Kinder gute Beziehungen zur Nachbarschaft?
Da gäbe es auch schreckliches zu berichten über Denunziantentum, sogar in der Schule, der Krieg hat viele Beziehungen mitleidlos zerrissen, Briefpost kam oft nicht mehr an oder erst nach langer Zeit.
Wir haben jetzt ein halbes Jahrhundert Frieden, und dadurch konnten sich Beziehungen auch wieder auf längere Zeit bilden. Meine Kinder leben zwar entfernt, aber Telefon und Email
FUNKTIONIEREN, das nehmen wir als selbstverständlich, ist es aber nicht.
Meine Nachbarin hat uns bei einer Notsituation angerufen, sie lebt alleine,
und wir sehen uns sonst selten, aber umgekehrt würde es auch so sein, ich könnte sie auch um etwas bitten.
Ideal ist es nie, Gottseidank, sonst gäbs hier auch keine Diskussion.
Und ich bin sehr froh über unser Forum :-))).


Scheira antwortete am 11.03.01 (17:21):

Es ist unsere schnellebige Zeit, das jeder Angst hat was zu verpassen...
Kaum kommen sie aus dem Urlaub, wird schon der nächste gebucht.
Auch giebt es keinen Sonntag mehr, nur noch Freizeit.
Die Vereinsamkeit , der Jugend und der Alten nimmt ständig zu,
denn nicht alle können finanziell und geistig mithalten,
in unserer technisierten Welt.
Also :
Die reale, materielle Welt in der sich bald jeder selbst der
Nächste ist , ist so wie sie ist.
Sie ändert sich , oder bleibt wie sie ist.


Helga Sauer antwortete am 11.03.01 (18:21):

Hallo an alle!
Alle Beiträge waren für mich interessant, aber Monikas Beitrag "Einfach.." trifft m.E. den Nagel auf den Kopf. Ich muss auf die Menschen zugehen, um Kontakte zu bekommen und kann nicht darauf warten, dass i c h angesprochen werde.
Freundschaften und eine gute Nachbarschaft müssen gepflegt werden, damit sie halten. Entgegenkommen, Freundlichkeit, Hilfe, das sind doch Worte, die in unserem Sprachgebrauch noch vorkommen und praktiziert werden sollten. Das ist doch gar nicht so schwer.
Ich kenne meine Nachbarschaft und weiss, dass ich jederzeit Hilfe bekommen könnte, genauso, wie ich sie bieten würde.

Computer, E-Mail, Chat, sind doch wunderbare Kommunikationsmöglichkeiten in unserer Zeit, wenn man damit vernünftig umgehen kann. Ich habe dadurch Kontakte in die ganze Welt. Per Hand habe ich früher nicht so viel geschrieben.
Aber das alles ist kein Ersatz für reale Kontakte und fröhliche Stunden mit Freunden oder Bekannten.


Wolfgang antwortete am 11.03.01 (18:36):

Man kennt nur die Welt, wie sie heute ist. Und davon auch nur die, in der man lebt. So unterschiedlich die Welten, so unterschiedlich sind auch die Sichtweisen... Oft denke ich schon, dass früher die Welt besser war... "Besser" muss man natürlich dafinieren: Ich meine damit, dass sie überschaubarer war... dass die Menschen mehr aufeinander angewiesen waren... enger zusammenrücken mussten... nicht so viele Möglichkeiten hatten, voneinander wegzulaufen...

Es liegt mir fern, etwas zu verklären. Das Leben war sicher härter und lange nicht so komfortabel... Aber genau das ist der Punkt: Die Menschen brauchten sich, die Familie war eine Schicksalsgemeinschaft... Ich empfinde es so: Wir sind heute austauschbar geworden, Funktionen sind wir... die Termine treiben dich gnadenlos, wir produzieren und konsumieren und es geht uns ständig besser und es gibt viel fun und action, aber es wirkt so aufgesetzt und das Leben scheint dabei auf der Strecke zu bleiben...


Marianne Otto antwortete am 11.03.01 (18:37):

Lieber Bruno, Du siehst zu schwarz. Wahrscheinlich um uns zu provozieren?

In allen Deinen Formulierungen gibt es k e i n e Hoffnung. Das reizt mich, darüber nachzudenken, was anders ist in meinem unmittelbaren Gesichtskreis. Oder in Situationen, die ich z.B. durch's SeniorenTreff erfahre.

Da höre (lese) ich die Geschichte von "Glady", die durch das INTERNET einen völlig vereinsamten hilflosen 82jährigen Mann in einem Dorf im Süden von Iowa fand und aktive praktische Hilfe für ihn organisierte. Sie rüttelte durch ihren Einsatz die Mitbewohner und den Bürgermeister des Ortes so auf, daß sie sich bereit erklärten, diesen Mann in Zukunft zu Unterstützen.

Da hatte ich z.B. Lust, vor Weihnachten eine Liste zu machen, von Menschen, die mir lieb und wert sind. An die habe ich dann per Hand geschrieben. Ich freue mich doch auch über Post, also muß ich mich auch selber mal bemühen. Was denkt Ihr, wieviel schöne Post da retour für mich ankam.
Auch per e-mail. Warm wird einem und fröhlich.

Sich über kleine freundliche Gesten freuen, sie überhaupt wahrzunehmen. Jemand lächelt Dich an, hält für Dich die Tür auf, obwohl er vielleicht in Eile ist.

Jemand fragt, ob Dein Fuß noch weh tut. Du wunderst Dich, daß er nicht vergessen hat, daß Du Plage damit hattest. Bist gerührt.

Ich denke, Hoffnung gibt es in kleinen Dingen. ich versuche, auch diese positiven Gesten wahrzunehmen. Junge Leute begrüßen sich heute anders. Sie umarmen sich freundschaftlich ohne Scheu. Das war zu meiner Zeit noch nicht üblich.

Für mich, die ich allein lebe, ist die INTERNET-Verbindung mit vielen mir vorher fremden Menschen eine große Bereicherung. Sicher, man könnte süchtig werden und zuviel am PC oder auch vor der "Flimmerkiste" sitzen. Aber das können wir ja dosieren. Wer neugierig auf anderes ist und die Natur liebt, den hält es sowieso nicht zu lange still auf dem Stuhl vor den Geräten.

Auch Du, lieber Bruno, kannst ja dazu beitragen, daß nicht alles wahr ist und wird, was Du düster formuliert hast.
Schönen Sonntagabend allen wünscht
Paula


Peter Joachim antwortete am 11.03.01 (23:19):

Wann in der Geschichte und wo auf der weiten Welt
hatten - und haben - Menschen
...eine solche geistige Freiheit wie wir in Mitteleuropa ?
...einen solchen materiellen Wohlstand ?
...eine derart lange Lebenserwartung ?
...solch ungekannte Möglichkeiten, Wissen zu erlangen, sich Wünsche zu erfüllen, Menschen, Länder, Kulturen kennenzulernen ?
Ich frage mich oft, wieso wir Deutschen, obschon wir beinahe in einer Art von Paradies leben, zu Weltmeistern im Jammern geworden sind.
Sagt mir, was hat unsere Weltsicht so verdüstert? Warum sind so viele von uns gegenwartsverdrossen und zukunftsängstlich ?
Wer kann das erklären ?


Wolfgang antwortete am 11.03.01 (23:56):

Bitte, Peter, wer in diesem Thema hat "gejammert" oder wer ist "gegenwartsverdrossen" und "zukunftsängstlich"? - Ich finde keinen einzigen Beitrag, aus dem Du das herauslesen könntest...


Herbert Clostermann antwortete am 12.03.01 (08:50):

Nach Durchsicht der vorangegangenen Darlegungen, sehe ich viele Parallelen zu meinen Erfahrungen. Ricardo kann ich durchaus beipflichten, dass - mit meinen Worten gesprochen- jede Zeit ihr eigenes Gesicht hat. In meinen Kindheitstagen wohnte ich in einer Wohngegend, in der fast alle Familien sozial fast ebenbürtig waren, es gab keine großen Unterschiede. Wir Kinder kannten uns untereinander, gingen in die gleichen Schulen und konnten die Elternhäuser fast untereinander austauschen, und der Krieg schmiedete uns durch Besuche der gleichen Luftschutzkeller und die Abwesenheit der Väter durch Kriegseinsätze zusammen. Heute ist die Situation ganz anders. Ich wohne z.Zt. in einer Großstadt (500.000 Einw.) In meiner unmittelbaren Nachbarschaft wohnen 2 Russlanddeutsche-Familie, eine chinesische , 2 türkische Familien und der Rest sind Deutsche. Ich kann beim besten Willen nicht sagen, dass wir aneinander vorbeileben. Wir kennen uns kaum mit Namen, aber ich habe noch nie erlebt, dass man morgens auf dem Parkplatz nicht gegrüßt wird , und ich bin sicher, dass in Notfällen (Krankheit, Umzüge, Krankenwagen-SOS) nicht jederzeit jeder helfen würde. Einmal im Jahr gestalten wir ein Straßenfest, und dann ist jeder eingeladen und willkommen. Der einzige Unterschied gegenüber früher ist, dass man im häuslichen Bereich
durch das Engaufeinadersitzen reservierter ist, die Türen nicht mehr so offen sind wie früher.
Von einer Vereinsamung kann überhaupt nicht die Rede sein. Meine nächsten Familienangehörige sind quer über Europa verstreut. Es besteht , wie auch Ricardo berichtet, ein lebhafter e-Mail-Kontakt dahingehend, dass allgemein interessierende Ereignisse durch Aufführung der e-Mail-Adresse im Verteiler zur Kenntnis gelangen. Das wäre auf dem normale Postwege überhaupt nicht möglich. Daher meine Frage: Ist die moderne elektronische Kommunikation nicht eine abgewandelte Form der wertneutralen zwischenmenschlichen Beziehung? Wir sind froh, dass die heutige Zeit auch noch für uns als angenehm erscheint. Vielleicht ist das auch eine Frage der Typologie.


M.Threin antwortete am 12.03.01 (12:16):

Kommunikationsformen haben sich in den letzten Jahren sehr verändert. Die Welt ist kleiner
geworden, zumindest hat man das Gefühl. Man kann, wenn man möchte Kontakte nach Japan
USA und Australien pflegen und muß nicht Wochen auf einen Antwort warten. Die Kontakte in
die ganze Welt, führen aber auch dazu, dass man auf die Kontakte vor Ort nicht mehr so viel
Wert legt, denn man ist nicht darauf angewiesen. Eigentlich ist es schön so viele Kontakte in der ganzen Welt zu haben. Ein Problem besteht nur da, wo Menschen nicht die Möglichkeit haben diese Kontakte
zu nutzen. Wenn die alten Strukturen dann noch funktionieren, gibt es auch da kein Problem.
Wenn das nicht der Fall ist, sind die „Nachbarn" gefragt. Wichtig ist, dass die junge Menschen
auch in dem Bereich „soziale Kontakte" für das Alter vorsorgen. Das geht meist nicht mit einer Lebensversicherung. Auch Ehepartner und Kinder reichen als Vorsorge nicht aus. Es ist wichtig einen großen Freundeskreis zu haben und zu pflegen. Der virtuelle Bekanntenkreis kann eine zusätzliche Bereicherung sein.


Sammy antwortete am 12.03.01 (20:27):


Ein Jeder möchte Gesellschaft - doch gesellig ist er nicht.
Ein Jeder möchte nehmen - doch geben tut er nicht.
Ein Jeder möchte Ehrlichkeit-doch die Wahrheit mag er nicht.
Ein Jeder sehnt sich nach Glück und Zufriedenheit - doch er
findet sie nicht.
Ein Jeder erkennt - aber handeln tut er nicht.

"Fortschritt für wen in dieser Welt - und zu welchem
"Preis"?
Nur in der "NOT" und kurz vor dem "TOD" erkennt so mancher Mensch die "WAHREN WERTE".

Und trotzdem sind es GEDANKEN eines REALISTEN und nicht PESSIMISTEN

>Ein JEDER wird ein "Produkt" seiner Umgebung<


Manfred Kergel antwortete am 12.03.01 (23:27):

Du sollst dich nicht erzürnen über diese Welt.
Sie kümmert sich nicht drum.
So ordne, was da kommt, in deine kleine Welt, und du wirst glücklich sein. Plutarch.


Der Mensch hat sich sein Tollhaus geschaffen.-
lasst ihn darin schmoren. (Fredrick Lewis Allen)

So sehe ich ich es als pessimistischer Optimist.
Gruß Manfred.


Kattel antwortete am 13.03.01 (07:46):

Ich finde Ihre seht das alles zu negativ.
Unsere Welt ist doch schön und Negatives, Probleme, Veränderung (egal welcher Art) gab es auch schon immer.
Was mir hier fehlt, ist eins:
Habt Ihr schon mal in die Bibel geschaut? Mit welchen Umständen hatten die Menschen im AT zu kämpfen?
Vielleicht ist unsere Welt heute ein Vorgeschmack auf die Appokalypse (BSE, Maul- und Klauenseuche, Erdbeben, Umweltkatastrophen) - ich denke, wir haben mehr Probleme auf der Welt, als im Rundbrief beschrieben.
Ich sehe es gelassen! Uns geht es doch gut, wir leiden nicht Hunger, haben keinen Krieg, ein warmes Zuhause, sind versorgt...


Friedgard antwortete am 13.03.01 (09:04):

Da gibt es eine schöne Erzählung, die hierherpaßt, finde ich.

Zu einem Torwärter in einer Stadt kommt ein Fremder und fragt:
"Sag mir, wie sind die Menschen hier in der Stadt? Ich möchte hier wohnen."
Fragt der Torwärter: "Wie waren die Menschen dort, wo Du herkommst?"
Antwortet der Fremde:"Sie waren schlimm. Zänkisch, geizig, selbstsüchtig,
es war nicht zum Aushalten!"
"So wirst du sie hier auch finden", meint der Torwärter.

Kommt ein zweiter Fremder, fragt den Torwärter, bekommt die gleiche
Gegenfrage gestellt. Er antwortet: "Da wo ich herkomme war es lang-
weilig - nichts los. Keiner hat sich um den andern gekümmert. Zum Gähnen!"
"So wirst du es hier auch finden", sagt der Torwärter.

Kommt ein dritter Fremder. Gleiche Frage, gleiche Gegenfrage.
Der dritte Fremde sagt: "Oh, da wo ich herkomme waren tolle Leute!
Freundlich und hilfsbereit und immer war was los - war ein schöner Ort!"
"Genau so wirst Du es hier auch vorfinden", sagt der Torwärter.


Harry Wielsch antwortete am 13.03.01 (12:31):

Zu diesem Thema haben sich schon viele geäußert.

Als optimistischer Mensch möchte ich die Diskussion nicht noch mehr aufheizen.

Dem sorgenbelasteten Menschen" Zuzuhören " ist manchmal auch behilflich & Ratschläge sind auch Schläge.

Mfg Harry


Werner Weber antwortete am 13.03.01 (17:43):

Man könnte schon meinen, dass es so ist, der Gemeinsinn und das Leben in der unmittelbaren Gemeinschaft sind überholte Lebensformen. Das ist aber, wie ich meine, nicht eine Frage der Enrwicklung der Technik, sondern das ist die widersprüchliche Entwicklung von schneller Zivilisation und aabnehmender Gemeinschaftskultur.
Der wissenschaftliche Fortschritt läßt sich nicht aufhalten.Das wird sich übrigens auch in der GenTechnik so darstellen, ob es uns als Deutschen passt oder nicht. Es ist nur geflissentlich darauf zu achten, das er den Menschen im weitesten Sinne des Wortes dient und die "Schöpfung" oder das "Sein" sichert und mit Nachhaltigkeit erhält.
Das wird nur gelingen, wenn in der globalen Gesllschaft ein großer Konsenz dazu erreicht wird. Und genau da sehe ich das Problem. Wir erreichen schon in den sogenannten "kleinen Fragen des Lebens" in der "Gemeinschaft2 diesen Konsenz nicht.
Mobbing, Herzlosigkeit, Fremdenfeindlichkeit und Ausländerhass, Deutschtümelwei und Nationalismus, fehlende Solidarität u. v. a. m. sind alles Erscheinungen die den objektiven Erfordernissen der Zeit subjektiv entgegen stehen.
Hier ist die Politik gefragt und müßte für mehr gesellschaftlichen Fortschritt sorgen. Das erfordert aber nach meinem Selbstverständnis, die Werteerziehung in der Familie, in der Schule sowie im Beruf und auch eben in der "Gemeinschaftt" erheblich zu aktivieren. Da genügtz es nicht den Religionsunterricht bei sinkendem Einfluß der kirche zu "fördern". Die Politik verkommt aber immer mehr in Pragmatismus aus Gründen der Machterhaltung und aus Oportunismus. Visionen zur Gesellschaftentwicklung erscheinen heute als "antiquiert". Deshalb sehe ich die dinge eher pessimistisch, obwohl ich selbst ein sehr optimistischer Mensch bin. Das Them aber hier in der Diskussion finde ich sehr gut und auch spannend.


Rosmarie Schmitt antwortete am 13.03.01 (18:19):

Hallo miteinander,

die vielen verschiedenen Äußerungen hier haben mir sehr zu denken gegeben, aber ganz im positiven blickwinkel-erweiternden Sinne!

Ein paar Beiträge haben mir auch bewusst gemacht, wie sehr für mich persönlich die Dankbarkeit für all das Gute, das mir über den Weg läuft, wichtig ist. Ohne diese Bereitschaft zur dankbaren Freude nähme ich alles Erfreuliche als selbstverständlich, wäre unzufrieden, wenn es nicht wie erwartet einträfe und würde viel zu offen für die täglichen Unerfreulichkeiten.
Da ich nicht so ein vitaler, kämpferischer Mensch bin wie sicher einige hier, wäre ich bei negativerer Sichtweise wie gelähmt. Bei anderen hier kann ich mir vorstellen, dass sie durch Wahrnehmen des Negativen erst so richtig in Schwung kommen, die Ärmel hoch zu krempeln...

Enttäuscht zu sein und unzufrieden vor sich hingrummelnd den Kopf in den Sand zu stecken - das fände ich allerdings eine schlechte Lösung...


Wolfgang antwortete am 14.03.01 (11:35):

Die Technisierung der Welt schreitet voran, in den letzten Jahrzehnten in einem atemberaubenden Tempo. Insbesondere auch die Technisierung der menschlichen Beziehungen... Vielen Menschen - vor allem älteren Menschen - bleibt bei dieser Parforcekur buchstäblich die Luft weg. Die Entwicklung wird begleitet von einem pausenlosen kulturellen Trommelfeuer: Wir werden (angeblich) immer kreativer, kommunikativer, innovativer, dynamischer... und ein Event jagt das andere. Der neue Mensch heisst Yettie - young, entrepreneurial, tech-based... - natürlich muss er fit for fun sein in der (angeblich) besten aller bisherigen Welten. *g*

Das kann man feiern (die Mehrheit tut das, sogar die Mehrheit der Älteren, denen man doch schon eindrucksvoll bescheinigt hat, dass sie in der High-Tech-Welt als Produzenten ziemlich entbehrlich sind). Man kann das auch bedauern, - an der Tatsache dieser Entwicklung wird das aber nichts ändern. Und dann gehört noch dazu, dass die "Optimisten" den "Pessimisten" vorhalten, sie seien die Spielverderber im global amusement. Ich meide gerne beide Lager... *fg*


Theresia Heinzelmann antwortete am 14.03.01 (15:58):

Hallo !!

Auch ich habe so was ähnliches schon festgestellt und zwar als ich von der Stadt auf ein Dorf (2000 Seelen) gezogen bin (natürlich ohne Überlegung). Nunmehr bin ich hier 2 Jahre wohnhaft und stelle fest, daß ich immer noch, hauptsächlich aber von den Dorfbewohnern, die quasi schon von Geburt an hier verwurzelt waren, als sogenannte "Reingeschmeckte" und eigentlich nicht hierhergehörende und auch nicht akzeptierte Person angesehen werde. Ich habe es inzwischen aufgegeben, diese Personen von Ihrem "Vorurteil" abzubringen, daß auch ich das Recht habe, hier zu wohnen. Dies ist lediglich ein Beispiel von vielen. Hier in meiner Wohnanlage sind 6 Parteien z. B., wobei ich momentan die einzige bin, die alleine lebt. Hier wird wenigstens gegrüßt und wenn ich mal wegfahre, kümmern sich meine Nachbarn um die Post/Zeitung und um die Blumen, zumal hier ja die Bewohner auch "Zugezogene" sind.
Allgemein habe ich aber auch schon festgestellt, daß im Zeitalter der ewigen Hektik und des fortwährenden Dauerstreßes die echte Kommunikation zwischen den Menschen sehr zu wünschen übrig läßt. Viele denken nur an ihr eigenes "Wohl" und daran daß für sie vielleicht auch mal eine Zeit kommen kann, in der es ihnen guttut, richtige und persönliche Anteilnahmen zu spüren, denken sie erst, wenn es ihnen schlecht geht. Fast keiner nimmt sich mehr Zeit, wenigstens für 5 Minuten ein persönliches Telefongespräch zu führen, das für mich selbst eher eine Bereicherung ist als z. B. ein E-Mail oder eine lieblose Karte. Die Menschen sollten sich wieder besinnen und aufeinander zukommen, Gespräche führen statt vor der "Kiste" oder PC stundenlang zu hocken. Denn wie inzwischen auch statistisch bzw. wissenschaftlich erwiesen ist, kann der Chat niemals im Leben den guten persönlichen Kontakt ersetzen, auch wenn das viele niemals wahrhaben wollen, sie verschließen ganz einfach die Augen vor der Realität.
Und bevor es die Menschen nicht selbst einsehen, bringt es auch gar nichts, immer wieder diese Tatsache vor Augen zu führen, denn wie heisst es so treffend: Selbsterkenntnis ist der 1. Weg zur Besserung !!

In diesem Sinne grüßt Euch


- Apfel -


Peter Joachim antwortete am 14.03.01 (15:59):

Hallo Freunde,

ob wir die Welt optimistisch oder pessimistisch sehen, das können wir nicht so einfach frei wählen.
Es liegt sehr an unserer Gemütsverfassung: Der eine hat etwas mehr Serotonin, er sieht alles positiver; der andere hat etwas weniger, er sieht alles negativer.
Ob nun Serotonin oder ein anderer Stoff, ob unsere Gene oder die Erziehung und Lebenserfahrungen, es kommt auf eins hinaus:
-- wir können unsere allgemeine Gestimmtheit (leider) nicht so leicht ändern;
-- ob wir Optimisten oder Pessimisten sind, das hängt in hohem Maße von uns selber und nur ganz wenig von der Welt ab.

Ich güße Euch,
Peter Joachim


Helmut antwortete am 14.03.01 (21:13):

Wir leben in einer Welt der Polaritäten.
Ob man nun negativ oder positiv denkt - die Psyche wird es über den unbewußten Willen schon ausbauen - daher sollte auch eine gewisse Gedankenkontrolle geübt werden.
Oft wird in Vorstellungsbildern gelebt - ungegenwärtig; denn real ist doch nur das, was von der Aktualität erkannt wird - je nach dem Zustand der geistigen Reife.


Georg Segessenmann,alias Georg von Signau antwortete am 15.03.01 (09:29):

Bei uns in der Schweiz galt früher einmal:
Wotsch en Brief? So schrib en Brief!
Ich lebe in einem Wohnquartier aus lauter Einfamilienhäusern. Als ich herzog, selber eins baute, waren da lauter Familien mit Kindern.
Die Kinder sind ausgeflogen, die Männer meist schon gestorben, die Witwen sind geblieben in ihrem nun fast zu gross gewordenen Haus.
Schon als ich noch beruflich aktiv war, haben die Frauen begonnen, sich gegenseitig zu Kaffee und Kuchen enzuladen. Einige lassen sich gerne einladen, laden aber nicht ein! Man toleriert es, denkt und hofft, irgendeinmal würde es doch noch klappen.
Ich bin der einzige Mann in der Runde, darf dafür den Grill bedienen, die Würste braten im Sommer!

Wotsch en Brief? So schrib en Brief!

Schorsch


Friedgard antwortete am 15.03.01 (10:54):

Als ich vor 15 Jahren meine Heimat verließ und hierherkam in einen mutterlosen
Haushalt mit 4 teils erwachsenen, teils "halbstarken" Kindern, war ich der bunte
Hund im Dorf. Da mir die Aufgabe fast über den Kopf wuchs, hatte ich keine Zeit,
Kontakte zu knüpfen - außerdem einen extrem intorvertierten Partner.
Inzwischen sind die Kinder erwachsen und wenn ich durch's Dorf gehe, treffe
ich lauter Bekannte. Ich bin in den Frauenkreis eingetreten, um die Frauen aus
dem Dorf kennen zu lernen. Nur ein Beispiel von vielen Möglichkeiten, sich
Kontakte zu schaffen und in fremder Umgebung die Menschen kennen zu lernen.
"Wottsch en Brief - so schrieb en Brief" klappt manchmal, aber nicht immer,
denn es gibt extrem schreibfaule Menschen. Wie oft habe ich angerufen:
"Hast Du meinen Brief bekommen....?"


Ricardo antwortete am 15.03.01 (22:51):

Dieses Gedicht bekam ich heute von Liselotte Beran zugesandt,es wirft eine ernste Frage auf angesichts der heutigen Misere.


Ernste Frage

Drei Mäuse besprachen
die ernste Frage:
Was tut man
gegen die Menschenplage?



Wie wär´s mit
mit einer Menschenfalle?
Aber damit fangen wir
nicht alle.


Georg Segessenmann,alias Georg von Signau antwortete am 18.03.01 (10:19):

Liebe Friedgard
""Wottsch en Brief - so schrieb en Brief" klappt manchmal, aber nicht immer......"" hast Du geschrieben. Aber man kann diesen Spruch auch so verstehen: Willst Du Leute kennenlernen, dann geh auf sie zu; möchtest Du, dass man Dich lieb hat, dann liebe zuerst; möchtest Du irgendetwas bekommen, dann gib zuerst. Oder auch anders ausgedrückt: Wie man in den Wald ruft, so tönts zurück!

Herzliche Grüsse

Schorsch


Rosmarie Schmitt antwortete am 18.03.01 (12:00):

Lieber Schorsch,

das hast du wunderbar zusammen gefasst! "Willst Du Leute kennenlernen, dann geh auf sie zu; möchtest Du, dass man Dich lieb hat, dann liebe zuerst; möchtest Du irgendetwas bekommen, dann gib zuerst..."

Auf diese Weise bekommt man eine Menge im Leben, für mich jedenfalls genug, um rundum zufrieden zu sein.
Und die vielen Fehlinvestitionen? Nix Fehlinvestitionen! Einfach Kosten des Lebens! Aufrechnen darf man nämlich nicht. Geliebt und gegeben zu haben, ist doch auch was!


Friedgard antwortete am 18.03.01 (17:06):

Ja, lieber Schorsch, genau so ist es, das habe ich immer wieder erfahren.
Und Enttäuschungen wie nicht beantwortete Briefe gehören auch dazu, es gibt
auch Beziehungen, die einschlafen. Und gerade, wenn man Hilfe am nötigsten braucht
erkennt man oft, welche Menschen bereit und fähig sind, zu helfen, und welche
nicht.
Wichtig ist, daß man nie aufgibt, sich nie eingräbt, sondern immer wieder neu
"aufbricht", so wie es uns der Frühling gerade wieder vormacht.
Ich werde an den Webmaster ein Gedicht und ein Foto zu dem Thema einschicken,
das könnt Ihr dann bald bei den "Autoren im ST" lesen.
Übrigens: einen tollen Film zu dem Thema habe ich gestern in Basel zusammen
mit meiner Schwiegertochter gesehen: "Chocolat". Kann ich Euch allen nur empfehlen!


Rosmarie Schmitt antwortete am 18.03.01 (18:03):

Hallo miteinander,

eben ist mir dieses zugeflattert. Ich finde, es passt sehr gut zu unserer Diskussion. Mich hat es ziemlich nachdenklich gemacht.
(Falls solch relativ lange Texte hier unerwünscht sind, bitte ich um Nachricht!)

> Subject: Mal was zum Nachdenken
>
> > Wenn man die Weltbevölkerung auf ein 100 Seelen zählendes Dorf
> > reduzieren könnte und dabei die Proportionen aller auf der Erde lebenden
> >
> > Völker
> > beibehalten würde, wäre dieses Dorf folgendermaßen zusammengesetzt :
> >
> > 57 Asiaten
> > 21 Europäer
> > 14 Amerikaner (Nord-, Zentral- und Südamerikaner)
> > 8 Afrikaner
> >
> > Es gäbe :
> > 52 Frauen und 48 Männer
> > 30 Weiße und 70 nicht Weiße
> > 30 Christen und 70 nicht Christen
> > 89 Heterosexuelle und 11 Homosexuelle
> >
> > 6 Personen besäßen 59% des gesamten Reichtums und alle 6 kämen aus den
> > USA,
> > 80 lebten in maroden Häusern, 70 wären Analphabeten, 50 würden an
> > Unterernährung leiden, 1 wäre dabei zu sterben, 1 wäre dabei geboren zu
> > werden. 1 besäße einen Computer, 1 (ja, nur einer) hätte einen
> > Universitätsabschluß.
> >
> > Wenn man die Welt auf diese Weise betrachtet, wird das Bedürfnis nach
> > Akzeptanz und Verständnis offensichtlich.
> >
> > Du solltest auch folgendes bedenken :
> >
> > Wenn Du heute morgen aufgestanden bist und eher gesund als krank warst,
> > hast Du ein besseres Los gezogen als die Millionen Menschen, die die
> > nächste Woche nicht mehr erleben werden.
> >
> > Wenn Du noch nie in der Gefahr einer Schlacht, in der Einsamkeit der
> > Gefangenschaft, im Todeskampf der Folterung oder im Schraubstock des
> > Hungers warst, geht es Dir besser als 500 Millionen Menschen.
> >
> > Wenn Du zur Kirche gehen kannst ohne Angst haben zu müssen bedroht,
> > gefoltert oder getötet zu werden, hast Du mehr Glück als 3 Milliarden
> > Menschen.
> >
> > Wenn Du Essen im Kühlschrank, Kleider am Leib, ein Dach über dem Kopf
> > und
> > einen Platz zum Schlafen hast, bist du reicher als 75% der Menschen
> > dieser Erde.
> >
> > Wenn Du Geld auf der Bank, in Deinem Portemonnaie und im Sparschwein
> > hast,
> > gehörst Du zu den privilegiertesten 8% dieser Welt.
> >
> > Wenn Deine Eltern noch leben und immer noch verheiratet sind, bist Du
> > schon wahrlich eine Rarität.
> >
> > Wenn Du diese Nachricht erhältst, bist Du direkt zweifach gesegnet:
> > Zum einen weil jemand an Dich gedacht hat, und zum anderen weil Du nicht
> >
> > zu den zwei Milliarden Menschen gehörst, die nicht lesen können.
> >
> > Arbeite, als bräuchtest Du kein Geld.
> > Liebe, als habe Dir nie jemand etwas zu leide getan.
> > Tanze, als ob niemand Dich beobachte.
> > Singe, als ob niemand Dir zuhöre.
> > Lebe, als sei das Paradies auf Erden.


Sammy antwortete am 18.03.01 (18:38):

WAS WILL ROSEMARIE DAMIT ZUM AUSDRUCK BRINGEN????????
Eine subjektive Betrachung unseres Erdballs kann auch
ganz einfach erfolgen. Frage alle 100 "ERDENBEWOHNER"
nach "NEGATIVEN" und "POSITIVEN" Erfahrungen.Dieses Er-
gebnis wird VERGANGENHEIT, GEGENWART und ZUKUNFT auf-
zeigen.


Karl antwortete am 18.03.01 (18:42):

Ich finde Rosemaries Beitrag sehr informativ.


Marianne Otto antwortete am 18.03.01 (19:37):

Liebe Rosmarie,
auch ich bin dankbar für Deinen Beitrag.
Diese Zeilen und Zahlen rücken doch einiges zurecht. Eindrücklich wird einem klar gemacht, wie gut es uns doch geht. Das gilt auch für mich. Grad' heute habe ich so etwas gebraucht. Ich meinte, es gehe mir schlecht. Aber alle meine Gründe für's "Kopf-hängen-lassen" sind entkräftet, wenn ich diesen Text, den Du uns geschickt hast, nicht nur überfliege sondern bewußt aufnehme.
Woher kommt dieser Text?
Herzlichen Gruß
Paula


Rosmarie Schmitt antwortete am 18.03.01 (19:38):

> Frage alle 100 "ERDENBEWOHNER"
> nach "NEGATIVEN" und "POSITIVEN" Erfahrungen.Dieses Er-
> gebnis wird VERGANGENHEIT, GEGENWART und ZUKUNFT auf-
> zeigen.

Lieber Sammy,
sicher wird es das. Unsere Wahrnehmung ist ja immer geprägt von unseren vergangenen Erfahrungen, auch den Menschheitserfahrungen, die unsere Kultur geprägt haben, unseren jetzigen und unseren Erwartungen an die Zukunft.
Nur verstehe ich nicht ganz, was du uns damit sagen willst.


Wolfgang antwortete am 18.03.01 (20:00):

Ich fand Rosemaries Beitrag auch sehr informativ. Denn unser industrieller Lebensstil ist nicht nachhaltig und kann nicht mehr lange durchgehalten werden. Deutlich wird in dem Beitrag, dass sich nur sehr wenig Menschen vom Luxus oder zumindest vom Wohlstand zu verabschieden haben - ein paar Prozent der Weltbevölkerung nur.

Die meisten Menschen auf der Welt haben das uns so selbstverständlich anmutende Wohlstandsmodell nie "genossen". Im Gegenteil: In diesem Modell ist deren Not die notwendige Bedingung für unser Wohlergehen. Auch unser Bestreben, die Natur, die Menschen und die menschlichen Beziehungen durch High-Tech zu ersetzen, haben sie nie mitgemacht. Vielleicht ist das wenigstens deren Vorteil...


Karl antwortete am 18.03.01 (20:24):

Hallo Wolfgang,


ob sich die priviligierten Menschen (also wir) vom Wohlstand zu verabschieden haben, würde ich nicht wie eine sichere Behauptung über eine Tatsache formulieren. Es besteht die Möglichkeit, die Gefahr...

Auch an einem anderen Punkt habe ich eine optimistischere Sichtweise als du. Du schreibst "... ist deren Not die notwendige Bedingung für unser Wohlergehen". Das kannst du so nicht halten. Wir haben sicher auf Kosten der dritten Welt gelebt und deren Armut ist z.T. eine Folge der Ausbeutung, aber dein Satz würde keinen Ausweg zeigen. Ökonomen sehen das z.T. völlig anders als du. Wenn die dritte Welt mehr Kaufkraft hätte, wäre das sehr gut für unsere Wirtschaft. es geht also um eine Erhöhung des Wohlstands in der dritten Welt, das hilft auch uns!

MfG Karl


Friedgard antwortete am 20.03.01 (09:06):

Das war gut, Rosemarie, daß Du uns diese Zahlen vor Augen geführt hast.
Man wird ganz bescheiden, wenn man das liest.
Ich versuche immer wieder, meinen Enkelkindern klar zu machen, daß wir
im Grund in einer Art Paradies leben und daß das nicht selbstverständlich
ist. Zwar sieht man im Fernsehen Schreckensbilder aus aller Welt, aber auf
dem kleinen Bildschirm sind sie irgendwie irreal und außerdem gewöhnt man
sich dran - man kann ja ausschalten.....


friedrich antwortete am 20.03.01 (21:59):

Hallo Karl, wenn Du Dir den Lauf der Menschheitsgeschichte vor Augen hältst --- bekommst Du dann nicht Angst, dass diese zunehmenden Massen an Armen in der Welt uns Reichen nicht einestages unseren Lebensstil- und Lebensstandard ( = Lebensfreude) steitig machen werden ---sobald sie selber effektive Waffen produzieren können ?? Dein falscher Kaufkraft-Optimismus klingt wie die Feindesliebepredigt von Christus. Aber für diesen lag die Zukunft prinzipiell nicht auf Erden, sondern in einem ominösen Jenseits ---das erst nach dem Tode der Erdbevölkerung ((globale Apokalypse)) eintritt -----.


B. Hoffmann antwortete am 21.03.01 (16:40):

Ich habe mit großen Interesse die Beiträge gelesen. Es steckt viel Wahrheit und auch viel überdenkenswerte Lebensweisheit in den meisten. Ich wohne in der ehemaligen DDR und habe folgende Erfahrungen gemacht: Bis zur Wende war unsere Hausgemeinschaft eine verschworene Truppe. Wir halfen uns gegenseitig und packten da an, wo materielle und finanzielle "Engpässe" uns forderten. Als unser Hausdach aus mehr Löchern als Schindeln bestand und der staatliche Vermieter weder Geld noch Material zur Verfügung stellte organisierten wir eine "Feierabendbrigade" von Dachdeckern, ließ jeder seine persönlichen Beziehungen spielen um Dachpappe, Schindeln und was man so braucht zum Eindecken eines Daches, zu besorgen. Aus eigenen Mitteln finanzierten wir die Ausgaben vor. Das gelieferte Material wurde von uns entladen und auf den Boden geschleppt (Priolithschindeln! Die sind wie Sandpapier!) und es war selbstverständlich, daß die älteren Mieter von dieser Arbeit verschont wurden. Als dann die Handwerker anrückten, an Wochenenden, es war ja eine Feierabendbrigade, wurden sie reihum von jeder Familie bekocht, damit die Jungs auch bei der Stange blieben. Nach der Wende wurde alles anders. Jeder beschäftigte sich zunehmend mit sich selbst. Mit dem materiellen Wohlstand zog ein anderes Klima ein. Dinge, die nie zu Neid oder Mißgunst geführt hatten, z.B. fährt jemand nur einen Trabant oder einen Wartburg, erlangten aufeinmal eine fast zerstörerische Bedeutung. Was ich damit sagen will, die Ausrichtung auf materielle Werte (die natürlich auch durch Zukunftsängste jeglicher Art begründet ist) läßt viele Menschen kalt und egoistisch werden. Die Jagd nach dem goldenen Kalb macht uns alle ärmer. Ich glaube nicht, daß man da was ändern kann, denn das hat tiefere Wurzeln.


friedrich antwortete am 21.03.01 (17:54):

Ja, das ist ein teuflisch paradoxer Fluch, dass die Menschen nur dann zusammenhalten, wenn es ihnen schlecht geht ---!


Wolfgang antwortete am 22.03.01 (14:28):

Es gibt keinen Automatismus zwischen Wachstum und menschlicher Entwicklung. Seit etwa 20 Jahren wächst in den 15 reichen Ländern die Wirtschaft mit atemberaubenden Wachstumsraten. Dies brachte der Mehrzahl ihrer 1,5 Milliarden Menschen (etwa einem Viertel der Weltbevölkerung) eine gewaltige Einkommenssteigerung mit entsprechenden Konsummöglichkeiten. - Über beinahe den gleichen Zeitraum hinweg kam es jedoch in rund 100 armen Ländern zu einem wirtschaftlichen Rückgang, so daß die Einkommen von 1,6 Milliarden Menschen - ebenfalls mehr als ein Viertel der Weltbevölkerung - verringert wurden. In 70 dieser Länder sind die Durchschnittseinkommen heute niedriger als 1980, in 43 Ländern sogar niedriger als 1970.

Mit anderen Worten: Der Abstand zwischen Arm und Reich hat sich nicht verringert, sondern er wird immer grösser. Und das TROTZ aller Erfolge an der wissenschaftlichen und technischen Front... Diese Kluft ist die Folge ausbeuterischer Strukturen. Ein bedeutender Teil unseres Wohlergehens ist auf den Hunger der Armen aufgebaut...


Rosmarie Vancura antwortete am 22.03.01 (20:04):

!Wotsch en Brief, so schrib en Brief!" Und " Wie me in Wald ine rüeft, so tönt's zrugg". Will heissen: Wer auf einen Menschen zugeht, wird einenStunde miteinander verbracht.
Menschen kennenlernen. Die Diskussion hat mich dazu bewogen, mich im Cafe neben eine alleinswtehende Dame gesetzt und wir haben uns eine halbe Stunde lang prächtig unterhalten. Irgendeiner muss immer den ersten Schritt tun und die Scheu überwinden.Es ist soviel Sehnsucht auf dieser Welt. Sehnsucht nach dem Anderen, es braucht oft nur etwas Mut. Ganz liebe Grüsse an den Schweizer Georg und in die
Schweiz!


Wolfgang Mücke antwortete am 11.04.01 (21:12):

Mal ganz vorsichtig angemerkt und für mich überraschend sind die vielen positiven Beiträge zu diesem Thema. Positiv heißt hier für mich, daß man nachdenkt und versucht zu Schlußfolgerungen zu kommen.
Ein Beitrag war ganz typisch für die Unmöglichkeit die junge Generation - und nicht nur unsere Enkel, sondern auch unsere Kinder, die ja auch, wie bei uns, erst Mitte der 50ziger Jahre geboren wurden, Erfahrungen zu verdeutlichen und akzeptabel zu machen.
Was ist z.B. Hunger? Wie soll ich meinen Kindern und Enkeln erklären, was es heißt, wenn man immer Hunger hat, gestern, heute und morgen und übermorgen und wie lange noch?
Dies muß man erlebt haben, über Jahre (habe ich). Auch Bilder im Fernsehen über hungernde Menschen bleiben im Endeffekt unbegreiflich. Der Krieg in Grosny - wer hat nicht Ähnliches bei uns im Krieg erlebt? Februar 45 Dresden. Wie soll meine Frau, damals 13, ihren Enkeln heute begreiflich machen, was es heißt durch brennende Straßen zu laufen, an Leichenbergen vorbei, um für den kleinen Bruder etwas Eßbares aufzutreiben?
Denken wir negativ, wenn wir unseren Wohlstand - der ist leider nur materiell! - kritisch betrachten? Hatte man nicht in der DDR - eben nicht im westlichen Wohlstand lebend - einen guten Zusammenhalt zwischen den Menschen, z.B. Hausgemeinschaften? (Ja, ja, es gab auch die Hausbücher für Besucher etc.)
Woran drohen wir kaputt zu gehen, an unsere Not? Oder an unserer Gier?
Shareholder´s Value - Irrsinn und menschenverachtend.
Ein Midas-Sydrom.
Ich höre auf, interessiert wahrscheinlich ohnehin niemand. Was soll´s.....


Georg Segessenmann,alias Georg von Signau antwortete am 16.04.01 (12:05):

Thema-Erweiterung

Frage 1: Woher kommen eigentlich all die Tausenden von Flüchtlingen, die in unsere Länder drängen?

Mögliche Antwort: Aus jenen Ländern, in die wir unsere Waffen hinschicken.

Frage 2: Mit was sollen wir eigentlich all die hungrigen Mäuler stopfen, die bei uns Aufnahme und Speisung heischen?

Mögliche Antwort: Mit dem Geld, das wir aus den Waffengeschäften lösen.

Frage 3: Wie könnten wir denn verhindern, dass uns Flüchtlinge überrennen?

Mögliche Antwort: Indem wir statt Waffen Nahrung, Kleider und Wissen exportieren.

Frage 4: Mit was werden uns die "unterentwickelten" Völker einmal ausrotten?

Mögliche Antwort: Mit unseren eigenen Waffen!

Herzliche Grüsse

Schorsch