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THEMA:   Lebensverhältnisse in Ost und West

 7 Antwort(en).

H. Jürgen Grebin begann die Diskussion am 01.01.01 (17:02) mit folgendem Beitrag:



Gleiche oder gleichwertige Lebensverhältnisse in Deutschland anstreben?

Wie oft habe ich in den zurückliegenden Jahren die „Zielstellung“ von Politikern aus den alten Bundesländern und das Nachgeplappere der neubundesdeutschen Avantgarde nach gleichen Lebensverhältnissen in Ost und West zur Kenntnis nehmen müssen.
Ich stelle mal die provokatorische Frage, wollen eigentlich alle Ostdeutschen wie die Superwestdeutschen werden? Ich nicht!
Zum Jahreswechsel las ich einen interessanten Artikel von Thomas de Maiziere in der NNN zu diesem brennend interessierenden Problem. Ich kann mich in d i e s e r Beziehung seiner klugen These nur anschließen, es geht nicht um gleiche Lebensverhältnisse, sondern um die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse bzw. um eine gleichwertige Infrastrukturausstattung.
Für mich sollen und werden die Mentalitätsunterschiede zwischen Mecklenburgern,Bayern, Sachsen und Schleswig-Holsteinern bleiben. Diese stellen auch keine Bedrohung der inneren Einheit dar.
Mehr wird die Akzeptanz der Politik in der BR Deutschland und damit der innere soziale Ausgleich durch unehrliche Handlungen der Gewalten gegen die Masse des Volkes gefährdet. Geld und Wirtschaft bestimmen den Gang der Entwicklung, das „dumme“ Volk ist nur eine Randerscheinung. Es steht nicht im Mittelpunkt, so wird es auch in der BSE- Verdummung deutlich und auch die Politik von ROT-GRÜN nimmt den Kleinen und gibt den Großen


Manfred Franz antwortete am 02.01.01 (11:46):

Du willst doch nicht etwa behaupten, dass in der Zeit der beiden Diktaturen (nazi- und komm-) das Volk das Sagen gehabt hätte? Es wurde immer nur das Mindeste getan, um den dummen Esel Volk halbwegs bei der Stange und ruhig zu halten. Brot und Spiele- wie schon vor 2000 Jahren. Solange es genug Brot, also einen hinreichenden mittleren Wohlstand, und genügend "interessante", d.h. also die primitiven Amüsiergelüste befriedigende Spiele gibt, geht die Rechnung auch auf. Aber diese BEIDEN Lebensnotwendigkeiten MÜSSEN erfüllt werden, sonst zerstört die gelöste Kraft des Mobs Zivilisation und Kultur. Auch schon da gewesen. Siehe den Untergang des römischen Reiches und seiner Kultur. Im Übrigen bin ich auch Deiner Meinung: Nicht bessere Besserwessis wollen wir werden, wir bleiben Sachsen, Thüringer, Brandenburger, Mecklenburger. Uns geht es NUR um den infrastrukturellen Ausgleich. Um Nichts weiter. WIR haben unsere Idendität glücklicherweise wieder gewonnen, als die alten Länder aus der Bezirks-Einheitssuppe wiede

(Internet-Tipp: https://Warum.here.de)


Margret antwortete am 04.03.01 (22:13):

Manfred Franz, Du hast ja so recht!
Nun bin ich gespannt, wann der erste Besserwessi
sich hier zum Thema äußern wird.
Da sehe ich in Gedanken jetzt schon die Worte vor mir:
"Da arbeitet man erst einmal, wir haben auch mit einem Fünfziger angefangen!"
Übrigens: diesen Satz habe ich bei meinem ersten Besuch
meiner Verwandtschaft in Alfeld bei Hannover zu hören
bekommen. Ich bin nicht wieder hingefahren, ich arbeite
jetzt nur noch!!!
Inzwischen bin ich aber Rentnerin und lebe immer noch
glücklich in Sachsen-Anhalt.


Manfred Franz antwortete am 05.03.01 (06:57):

Danke, dass Du das Thema noch rechtzeitig vor dem Verschwinden gerettet hast!
Ja, als wir endlich ungehindert reisen konnten, mussten einige der "lieben Verwandten", die immer bei uns angegeben haben, wie wohlhabend und klug sie seien, klein beigeben. Auch wir hatten die Zeit nicht verschlafen und der "goldene" Westen verlor schnell an Glanz. Zumal sich auch noch herausstellte, dass vor Allem auf dem Gebiet der Allgemeinbildung der Vorteil uns lag. Ein ungläubiges Staunen gab es immer, wenn ich denen vorhalten konnte, dass wir, weil wir zufällig in die sowj.Besatzungszone geraten waren, die Reparationen an "unsere" Siegermacht allein zu zahlen hatten, während die Westmächte, schon um die eigene Industrie zu schonen, "großzügig" verzichtet hatten. Unter diesem Gesichtspunkt sieht die (Finanz-)"Hilfe" der Altbundesländer schon ganz anders aus.


Wolfgang antwortete am 05.03.01 (10:28):

Gerade heute erst das doch schon ziemlich lang anstehende und wichtige Thema gefunden. :-) - Wer wollte bestreiten, dass sich die Lebensverhältnisse in West und Ost zehn Jahre nach der Einheit noch (oder schon wieder) gravierend unterscheiden...

Häufig wird gesagt (aber ich glaube, nur im Osten auch wirklich geglaubt), dass dies hauptsächlich eine Sache der Politik sei. Die, die im Westen aufgewachsen sind, wissen aber seit langem, dass in Wirtschaftsfragen (in diesem Fall sind das wohl die entscheidenden) NICHT der Staat das Sagen hat und seine Einflussmöglichkeiten äusserst gering sind. Im Osten wurde die industrielle Basis plattgemacht... Das war kapitalistisches business as usual, gewollt von denen, die das Sagen haben und die sitzen im Westen. Die Folgen haben per Arbeitslosigkeit hauptsächlich die Ossis zu tragen (aber auch die ArbeiterInnen im Westen UND im Osten mit sehr hohen Steuern und Sozialabgaben). Die Menschen im Osten wollten mehrheitlich den Kapitalismus und jetzt haben sie ihn. Und was ich so höre, sind sie auch letztendlich damit zufrieden (oder sagen jedenfalls so).

Der (westlich dominierte) Staat wird auf absehbare Zeit an den ungleichen wirtschaftlichen Strukturen nichts ändern. Ich vermute mal, die Lebensverhältnisse werden weiter auseinanderdriften... Nicht nur zwischen West und Ost, sondern in West und Ost auch zwischen Oben und Unten. Das wird so lange gehen, wie die betroffenen Menschen daran nichts ändern.


Wolfgang antwortete am 05.03.01 (10:36):

Noch ein online-Lesetipp zum Thema (ZEIT vom 3.1.2001):

Wolfgang Thierse
Fünf Thesen zur Vorbereitung eines Aktionsprogramms für Ostdeutschland
https://www.zeit.de/2001/02/Politik/200102_thiersepapier1.html

(Internet-Tipp: https://www.zeit.de/2001/02/Politik/200102_thiersepapier1.html)


Manfred Franz antwortete am 05.03.01 (17:00):

Wolfgang, ich gebe Dir absolut Recht. Nur noch soviel zur Klarstellung, da das oft nicht so bekannt ist:
Der Soli-Zuschlag wird in den Neuen Ländern genau in der gleichen Höhe erhoben, die Preise für Waren und Dienstleistungen sind auch gleich. Bis auf Löhne und Renten (liegen so um die 85 % herum, Betriebsrenten werden trotz entsprechender Gerichtsurteile noch immer nicht gezahlt) haben sich die materiellen Verhältnisse schon angeglichen.
Die Termini "Ossi" und "Wessi" habe ich nie in meinem aktivem Wortschatz gehabt. Selbst der Ausdruck "Neue Bundesländer" ist etwas verwirrend, zählen doch Sachsen und Thüringen mit zu den ältesten deutschen Ländern überhaupt mit einer über 1100 Jahre währenden Geschichte.


Wolfgang antwortete am 06.03.01 (02:02):

Manfred... mit den Wörtern 'Ossi' und 'Wessi' verbinde ich absolut nichts, ausser eben die Bezeichnung für Menschen, die im Osten bzw. im Westen wohnen. Ich bitte meine Ausdruckswweise zu tolerieren, die (zugegeben) manchmal etwas schnodderig ist. - Dagegen verwende ich den Begriff "neue Bundesländer" bewusst nicht. Den Grund dafür hast Du schon genannt. :-)