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THEMA:   Aktive Sterbehilfe in den Niederlanden legalisiert - human oder unverantwortlich?

 86 Antwort(en).

Heidi Lachnitt begann die Diskussion am 28.11.00 (20:46) mit folgendem Beitrag:

Für mich - unverantwortlich!

Welcher Arzt will die Verantwortung für das Töten von Menschen übernehmen und trotzdem noch in Übereinstimmung mit seinem geleisteteten Eid (s.u.Internet-Tipp) arbeiten und leben?

Wie kann man zweifelsfrei feststellen, das der Betreffende wirklich sterben will!

Wer will sicher stellen, dass dieses Gesetz nicht missbraucht wird?

Was ist eure Meinung hierzu?

(Internet-Tipp: https://www.mh-hannover.de/student/~Homoeopathie-AG/leid.html )


Heidi antwortete am 29.11.00 (11:24):

Wurde gerade darauf hingewiesen, dass der o.angegebene Link fehlerhaft ist, hier der richtige:

https://www.mh-hannover.de/student/~Homoeopathie-AG/eid.html

Nachstehend noch ein Auszug aus der TAZ:

taz Nr. 6309 vom 29.11.2000, Seite 11, 58 Zeilen Kommentar OLIVER TOLMEIN ,
Gastkommentar

"......
Dass "Euthanasie" nun in den Niederlanden gesetzlich erlaubt und nicht mehr nur
geduldet ist, lässt aber auch nicht alles beim Alten. In den westlichen
Industriestaaten muss menschliches Leben zusehends normativen Anforderungen
genügen und ist dem Zugriff der Medizin in immer größerem Umfang ausgesetzt. Die
Legalisierung der "Euthanasie" bringt zum Ausdruck, dass das Tötungstabu
zunehmend beseitigt wird, das die Kultur den westlichen Industriegesellschaften
bisher geprägt hat. Sie ist damit ein weiterer Versuch, die Gesellschaft durch
Begrenzung des Lebensschutzes zu formieren.

Das stößt auch in anderen europäischen Staaten auf Interesse........."


lydia antwortete am 29.11.00 (15:25):

ich befürchte vor allem, dass viele alte, kranke, behinderte und sonstwie "lästige"- für unsere gewinn orientierte gesellschaft seelisch unter druck gesetzt werden könnten von ihren angehörigen, oder auch vom staat (ihnen ein schlechtes gewissen machen weil sie zu teurer seien). dass sie aber vor allem von den erben solange bearbeitet würden, bis sie es selber glaubten, dass es für sie besser wäre, "freiwillig" aus dem leben zu scheiden!! so wird dem missbarauch tor und tür geöffnet! man stelle sich nur vor wie schnell man eine deppressiv veranlagte person dazu überreden könnte den geist aufzugeben! und dies nur um das geld für den aufenthalt in einer klinik oder die notwendige betreuung vor ort einzusparen!


Mechtild Threin antwortete am 30.11.00 (16:12):

Liebe Lydia,
mit Deinen Befürchtungen hast Du sicher recht. Aber es gibt auch die Sorge, dass man als kranker und behinderter Mensch dem Gesundheitsapparat ausgeliefert ist und das eine lebensverlängernde Maßnahme nach der anderen an einem ausprobiert wird, ohne dass noch Lebensqualität besteht. Ein Mensch hat auch ein Recht darauf den Zeitpunkt seines Todes mit zu bestimmen, wenn das Leben nicht mehr als lebenswert empfunden wird.
Wie ein Gesetz auszusehen hat, das Sterbehilfe möglich macht, aber Missbrauch verhindert, weiß ich nicht, aber wir brauchen ein Gesetz. Es darf nicht den Ärzten und der Pharmaindustrie allein die Verantwortung über Leben und Tod zu entscheiden überlassen werden.
Mechtild Threin


Heidi antwortete am 30.11.00 (20:58):

Liebe Mechtild,
das Recht, lebensverlängernde Maßnahmen abzulehnen, hat jeder und kann das in einem sog. Patiententestament niederlegen. Dazu bedarf es keines neuen Gesetzes. Ob ein Mensch das Recht hat, seinen Tod selbst zu bestimmen, ist natürlich abhängig von seinem Glauben oder seiner Lebensphilosophie.

Aber ein Gesetz zur Selbstbestimmung des eigenen Todes könnte sehr leicht zu Fremdbestimmung führen.


Pierre Helmer antwortete am 03.12.00 (15:16):

Ein heißes Thema! Ich bin ohne Zögern für eine Möglichkeit, selbst zu bestimmen, wie lange ich unter Schmerzen und unter evtl unerträglichen Bedingungen leben will. Leider ist das Problem folgendes: Selbst wenn ein Mensch vorgesorgt hat, also über Mittel verfügt, seinem Leben selbst ein Ende zu setzen, muß er dies tun solange er physisch selbst noch in der Lage dazu ist. Und meist warten Menschen bis zum letzten, unerträglichen Moment, dann aber sind sie selbst zu diesem Akt meist nicht mehr fähig. Deshalb ist hier eine Hilfe notwendig.

Über die moralischen Bedenken möchte ich sagen:
In unseren christlichen Ländern mit der Gewissheit des einmaligen Lebens ist zu verstehen, dass die Meisten so lange wie irgend möglich am Leben bleiben wollen. In den asiatischen Religionen, in denen Menschen sich der Reinkarnation bewußt sind, ist das Problem sicher völlig anders.

Für mich ist das Thema besonders aktuel, in 10 Tagen unterziehe ich mich einer Bypass-Operation, natürlich denke ich über diese Dinge nach und bespreche sie mit meiner Familie.

Hoffen wir, dass wir alle im entscheidenten Moment ärztliche Freunde haben, die uns nicht unnötig leden lassen.


Heidi antwortete am 04.12.00 (01:16):

"...dann aber sind sie selbst zu diesem Akt meist nicht mehr fähig. Deshalb ist hier eine Hilfe notwendig...."

Aber wie soll die Hilfe aussehen, Pierre? Wenn Du einen anderen darum bittest, dich zu töten - machst Du ihn zum Mörder und lastest ihm damit eine Verantwortung auf, die er evtl. nicht tragen kann, sofort oder irgendwann später in seinem Leben.Kannst Du das verantworten?

Ich sehe täglich Menschen die am Rande des Unerträglichen leben. Nicht alle wollen sterben. Einen von ihnen habe ich an anderer Stelle beschrieben. Wenn er einen seiner wachen Momente hat, freut er sich, seine Kinder zu sehen und er würde niemals zulassen, dass ihm diese Freude vorzeitig genommen wird.

Sterben erleichtern (passive Sterbehilfe) diese Möglichkeit gibt es. Z.B. Schmerztherapie - keiner muss Schmerzen erleiden, Apparatemedizin verweigern - nicht künstlich am Leben erhalten, Medikamente absetzen - einfach in Ruhe sterben lassen - ohne Schmerzen.

Es ist ein schwieriges Thema und es sind schwierige Entscheidungen, die aber letztlich jeder für sich selber treffen muss - ohne einen anderen Menschen mit zu belasten.

Ich wünsche Dir für Deinen Op-Termin alles Gute.


Almex antwortete am 10.12.00 (11:43):

wie schon verschiedene stimmen sagten I C H muß doch bestimmen können, wann ich aufhören will zu leben, und wenn ich das nicht mehr kann, z.b. im endstadium einer krankheit, dann darf doch der, der mir dabei hilft, nicht bestraft werden !
mein patiententestament sieht so etwas vor und wird jedes jahr vom arzt bestätigt.


Heidi antwortete am 10.12.00 (12:13):

Almex, der der Dir "hilft" wird sich vielleicht den Rest seines Lebens fragen, ob du - zu diesem Zeitpunkt - wirklich sterben wolltest.


porto antwortete am 12.12.00 (17:15):

Sterbehilfe? JA
Warum soll ein Tier mehr Rechte haben, als der Mensch.

Schon sehe ich die Antworten..der Mensch ist doch kein Tier..
(nochmal lesen)

(Internet-Tipp: https://news-mallorca.com/)


epikur antwortete am 12.12.00 (21:21):

Der Ausdruck "Sterbehilfe" ist ein ungenauer Begriff. Wenn man versucht, ihn genauer zu fassen, ergeben sich verschiedenartige Situationen.
Ich sehe ihn einmal als Hilfe, den Sterbevorgang, der schon eingesetzt hat, zu verkürzen. Muß jemand z.B. unbedingt aufgezwungen werden, den Vorgang des Sterbens in einer Situation mit entsetzlichen Schmerzen ( die nicht immer eingedämmt werden können ) und psychischen Ängsten noch drei weitere Tage durchzustehen oder soll gar dieser Vorgang noch mit allen möglichen medizinischen Hilfen zu verlängert werden, weil der Rechtsstatus eines Krankenhauses dieses verlangt.
Mancher wird jetzt sagen, man kann doch medizinische Hilfe unterlassen (Patiententestament) - aber ist das nicht auch Sterbehilfe, die den Zweck hat, den Sterbevorgang abzukürzen so wie aktive Sterbehilfe, nur dass die aktive Sterbehilfe das angestrebte Ziel der Leidensverkürzung vollkommener erreicht.
Man kann aktive Sterbehilfe in diesem Sinne aus weltanschaulichen Gründen ablehnen aber man darf diese persönliche Meinung nicht diktatorisch auf allen anderen Menschen ausdehnen.
Es würde zuviel Platz einnehmen, hier auch noch andere Facetten der Sterbehilfe zu betrachten, etwa die Situation eines depressiven Menschen. Da ist die Situation eine ganz andere als im geschilderten Beispiel und die Schlussfolgerungen daraus sind es auch.
Also: Diskussion über Sterbehilfe unter unterschiedlichen Rahmenbedingungen und keine pauschale Annahme oder Ablehnung.


Klaus D antwortete am 23.12.00 (10:56):

Frankreichs oberstes Gericht spricht einem Behinderten Entschädigung für seine Geburt aus!!!

Dieses Urteil löst in Frankreich eine Ethik-Debatte aus.

Der Mediziener steht sicherlich immer vor einem großen Problem:Geburt -oder Tot.

Das Gesetz sollte einem Mediziener erlauben,bei Vorlage eines Gutachtens von mehreren Fachärzten,den Patientenwunsch zu erfüllen!

Es gibt sicher eine Gruppe von Ärzten die das erfüllen können.


Pierre Helmer antwortete am 31.12.00 (17:32):

Hallo Heidi,

besten Dank für Deine guten Wünsche zu meiner Operation, ich bin über die Tage wieder zuhause, es geht alles gut.

Gerade während der ersten 3 sehr schweren Tage hatte ich Gelegenheit, über dieses Thema nachzudenken. Es scheint mir, gültig für mich, die innere Beziehung zum Göttlichen, was auch jeder darunter verstehen mag, eine große Hilfe in diesen Momenten zu sein.

Ich bin fest überzeugt, dass die Entscheidung über Leben, Krankheit und Tod von uns selbst auf einer anderen als der intellektuellen Ebene getroffen wird.

Vielleicht ergibt sich einmal eine Diskussion darüber in diesem Forum.

Liebe Grüße an alle



Pierre


Sieghard antwortete am 31.12.00 (18:28):

Pierre Helmer,
gratuliere zu dieser wunderbaren Einstellung:
"Beziehung zum Göttlichen, was auch jeder
darunter verstehen mag."

Allen Teilnehmern guten Rutsch und
gute Gesundheit für 2001 !

Zum Thema Sterben hat so mancher
gültige Gedanken. Dazu später.
.


E.M.Koenig antwortete am 20.01.01 (21:38):

ich wüsste sehr gerne, WAS man unter aktiver Sterbehilfe, und was unter passiver Sterbehilfe versteht. Wenn ich den Wunsch habe, einem leidvollem Leben ein Ende zu machen, möchte ich Die Möglichkeit dazu haben, und die ist leider nur Ärzten und Apothekern vorbehalten.Also muss ich, so weit ich es verstehe, auf aktive Hilfe hoffen. Ich finde, es hat nichts mit Humanität zu tun, Heidi, es MUSS einen Weg geben,sich selbst zu helfen. Und wenn es den nicht gibt, muss die Hilfe aktiv sein. Es grüsst Eva, die seit Jahren mit Schmerzmitteln lebt, und nicht weiss, was schlimmer ist, die Schmerzen, oder die Nebenwirkungen, die durch die Mittel kommen.


Pierre Helmer antwortete am 20.01.01 (21:59):

Liebe Eva,

Du hast genau beschrieben was der Unterschied ist zwischen aktiv und passiv, bei letzterem werden einfach nur die lebenserhaltenden Maßnahmen eingestellt.

Du schreibst über Schmerzen. Ich habe nie aufgegeben, habe 18 Monate lang versucht, den Arzt zu finden, der feststellt, woher meine Schmerzen kommen, mich nicht beeinflussen lassen von denen, die nur die Schultern zuckten.Dann endlich fand ich den richtigen Arzt, eine Operation war die Folge und nun habe ich fast keine Schmerzen mehr. (Die Op. ist erst 5 Wochen her!)

Die Wissenschaft macht dauernd Fortschritte, nie die Hoffnung aufgeben.

Wenn wir nun aber ins Philisophieren kommen, dann stellt sich die Frage nach dem Sinn einer Krankheit, dem Sinn von Schmerzen? Gibt es den?

Vielleicht wäre dies einmal ein generelles Thema zur Diskussion.

Liebe Grüße und gute Besserung

Pierre


Heidi Lachnitt antwortete am 20.01.01 (22:46):

Liebe Eva,
ich weiß nicht was ich Dir antworten soll - das Thema aktive Sterbehilfe sieht für dich als Betroffene, die tagtäglich Schmerzen ertragen muss naturgemäß anders aus als für mich als Betroffene, die tagtäglich mit ansieht wie Andere Schmerzen ertragen müssen. Und die Sprüche der Schmerztherapeuten, dass heute kein Mensch mehr Schmerzen erleiden muss, müssen Dir wie blanker Hohn vorkommen. Wir kennen beide aus unterschiedlicher Sicht die Nebenwirkungen der Schmerzmittel und wir wissen, dass die Qualität des Lebens dadurch auf ein Minimum herabgesetzt wird.

Da ich nicht weiß, welcher Art und Ursache Deine Schmerzen sind, kann auch Pierres Trost nicht heranziehen. Nicht alles lässt sich durch ein Operation beheben.Die Frage nach dem Sinn von Schmerzen, Krankheit und Tod überlasse ich den Theologen - ich kann mich mit dem Buch Hiob immer noch nicht anfreunden und den Betroffenen selbst ist es "aktuell" nicht unbedingt eine Hilfe.

Was soll ich Dir also sagen - wenn ich davon ausgehe, dass Du obigen Beitrag selbst geschrieben hast, bist Du noch in der Lage, in dieser oder jener Form am aktiven Leben teilzunehmen. Dem Inhalt Deines Schreibens entnehme ich, dass Du zwar Dein Leben mit Schmerzen und Schmerzmittel schwer erträgst aber zur Zeit nicht daran denkst es aus diesem Grunde zu beenden - aber Du hast Angst, dieses Leben irgendwann einmal nicht mehr ertragen zu können und wünschst Dir für diesen Zeitpunkt einen Menschen, der Dein Leben dann beendet.

Damit kommen wir wieder zur ethischen Seite dieses Problems. Meiner persönlichen Meinung nach hat es nichts mit Humanität zu tun sondern mit Verantwortung. Verantwortung für das eigene Leben und für das eines Anderen.

Diese Verantwortung kann man nicht per Gesetz übertragen. Das ist die persönliche Entscheidung eines jeden Einzelnen und abhängig von seiner Einstellung zum Leben oder zum Sinn des Lebens.

Vielleicht noch eine subjektive Sicht von mir : jeder der wirklich sterben will, stirbt! Weil er sich selbst aufgibt und in diesem Fall hilft keine medizinische Therapie. Sehr häufig ist dieser Wunsch nach dem Tod aber nur ein vorübergehender. ......

Sehr hilfreich ist dieser Beitrag vermutlich nicht für Dich, liebe Eva. Ich habe keine Patentlösung, nicht für dich und nicht für die zahlreichen anderen Leidenden.Nur mein Mitempfinden.

Liebe Grüsse, Heidi


Sieghard antwortete am 21.01.01 (05:17):

Lieber Helmer,
wollte deine Mail beantworten, es ist
aber nicht dazu gekommen. Nun finden
wir uns auf dieser Ebene wieder. Ja, das
kann ich in Hinsicht auf Sterbehilfe wohl
auch sagen. Aber es kommt für mich
noch folgender Aspekt hinzu:

Es sind zwei Dinge:
1) im gesunden Zustand etwas verfügen
für die Zukunft,
2) im schmerzvollen, totkranken Zustand
etwas für die nächsten Momente zu entscheiden.

Herzlichen Gruß ins Elsaß
sieghard
.


E.M.König_roeder antwortete am 22.01.01 (21:39):

LIEBER Helmer, liebe Heidi, danke für die Zuschriften. Ich habe heute Morgenschon geantwortet, doch das scheint nicht rausgegangen zu sein. Op würde bei mir nicht helfen, ich bin froh, dass bei Ihnen,Helmer, die Schmerzen fort sind, hoffentlich bleibt es lange so. Heidi, es hört sich an, als ob Sie aus der Medizin sind. Ich habe eine Knochenmarkserkrankung, aber sie stagniert, und es geht mir mit Hilfe der Morphin-+anderer Medikamente gut, versorge meinen 95 jährigen, fast blinden Mann, usw. Aber die sehr unerfreulichen teilweise erniedrigenden Nebenerscheinungen lassen mich oft zweifeln, was besser ist, Schmerzen,oder.. Meine Angst ist, wenn diese Mittel nicht mehr ausreichen, wer hilft dann, und ich fände es HUMAN, wenn einem das Wissen zur Selbsthilfe gegeben würde. Ich hoffe, dass ich nie einen Arzt oder Anverwandten oder Freund um diese letzte Hilfe bitten muss. Ich weiss, das es nicht gibt, was die Ärzte sagen:niemand muss Schmerzen haben. Irgendwann gibt es nur die Wahl zwischen einem Dahindämmern--und Schmerzen.Oder,Heidi? Gruss und danke, Eva


Wolfgang antwortete am 03.02.01 (12:46):

Ich möchte einen Auszug zur Diskussion beitragen. Ich selbst habe noch keine Meinung zum Thema. Ich bin hin und her gerissen. - Der Auszug ist aus dem Zusammenhang gerissen, aus einem längeren Essay zu einem anderen Thema von Walter Jens, "Frau von Kaschnitz und die 68er" (s. https://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,115505,00.html). Ich meine, Walter Jens drückt das aus, was viele Menschen einfordern: Selbstverantwortung. - Hier ist der Auszug:

[...]

Welche Debatte aber vor allem, wenn es um Probleme geht, die nicht nur Einzelne, sondern dich und mich in gleicher Weise betreffen: die Frage der Sterbehilfe zum Beispiel. Wie viel gelassener könnten wir leben, wenn wir wüssten: Ich darf auch in der letzten Stunde ein autonomes Individuum bleiben.

Unglaublich, das rasche Abtun des holländischen Modells - grad so, als hätte es niemals einen Sigmund Freud gegeben, der mit beispiellosem Mut alle Operationen über sich ergehen lassen konnte, weil er wusste: Du darfst gefasst sein; einer wird dir helfen, wenn's gar nicht mehr geht, dein Arzt, Doktor Max Schur.

Euthanasie: das Gegenteil einer niederträchtigen Mordpraxis, in deren Zeichen Menschen in der Zeit des Nationalsozialismus zu preisgegebenen Objekten gemacht worden sind. Und dagegen nun: Selbstverantwortung für Leben und Sterben als Fundament einer humanen Gesellschaft [...].

(Internet-Tipp: https://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,115505,00.html)


Günter Peltz antwortete am 04.03.01 (17:49):

Lieber Almex und die anderen Beiträger
1. Frage, lieber Almex: Ich habe auch ein Patiententestament gemacht, liegt bei meine Versicherungsunterlagen, nicht im Geldbeutel. Wie hast Du das Problem für den Notarzt bei einenm Unfall gelöst?
2. Der Eid des Hippokrates besagt, daß der ARZT Leben erhalten soll, aber nicht das Sterben verlängern! Ausnahme: Er verdient daran! Siehe Originaltext!
3. Sterbehilfe ist im „Christlentum“ verboten?
4. Wieviel „Sterbehilfe“ haben Christen bei den Ureinwohnern Amerikas und Afrikas geleistet? Wieviel den sogenannten „Hexen“ und „Ketzern“ im Mittelalter“
Wie froh bin ich, kein Christ zu sein!
Anschließend eine Glosse zum Thema. Vielleicht reizt diese zum Nachdenken an!

 Aktive Sterbehilfe contra Rentnerschwemme
 Betrachtungen eines zynischen Seniors (Jahrgang 1930)
Die Kassen haben ausgeklingelt. Es wird Zeit, den Tatsachen wieder in´s Auge zu sehen. Wie war das doch? Ein Ärtztefunktionär hat lauthals sinngemäß verkündet: „Wenn die Krankenkassen nicht mehr an Ärzte zahlen, wird man sich Gedanken darüber machen müssen, daß ältere und kranke Mitbürger, die die horrend gestiegenen Kosten nicht selbst aufbringen können, sozialverträglich entsorgt werden müssen!“ Über die Art und Weise hat sich dieser honorige Herr leider nicht ausgelassen!
Ich habe mir über dieses Problem Gedanken gemacht und bin auf eine ebenso einfache wie unortodoxe Lösung dieses Problems gekommen: Extreme Erhöhung des Sterbegeldes und Auszahlung desselben an die Erben!
Wie das? Eine einfache Rechnung: Nehmen wir an (alles ca-Werte), die monatliche Rente des Durchschnittsrentners beträgt DM 2.500,--, also per anno DM 30.000,--. In 10 J. sind das DM 300.000,--, in 20 J. DM 600.000,--!
Nehmen wir weiter an, der Durchschnittsrentner lebt nach Rentenbeginn noch 20 J., muß die Rentenkasse DM 600.000,-- zahlen!
Wird aber ein gestaffeltes Sterbegeld an die Erben gezahlt, z. B. im ersten Rentenjahr 5 Jahresrenten (im Beispiel DM 150.000,--), fallend bis zum 5ten Rentenjahr eine Jahresrente (im Beispiel DM 30.000,--), sind die Erben natürlich an einer -Aktiven Sterbehilfe- für den Erblasser, egal ob diese durch Unfall, Gift oder Revolver geschieht, interessiert. Unter Umständen möchte der Erblasser (Rentner) auch seine Familie durch einen Suizid versorgt wissen.
Egal wie, die Rentenkasse braucht dann nur für 5, statt für 20 J. zu zahlen! Die Krankenkasse überhaupt nicht mehr!
Vorteile für den Staat: Bei diesem relativ hohen Betrag, hier DM 150.000,-, werden auf jeden Fall Erbschaftssteuern fällig! Außerdem, wird den Erben nachgewiesen, daß sie am Tode des Erblassers mitgewirkt haben, fällt dieses Sterbegeld sowieso an den Staat! Diese Summen werden sich summen, so daß er damit z. B. AKW-Rückstände entsorgen und den TRANSRAPID bauen kann!
Aber, was ist mit dem älteren, kranken Mitbürger, sprich Rentner? Der wird nicht gefragt, er ist ja dann nur noch “VITAL-Müll“!
Noch ein Hinweis: Besonders effizient wird das Verfahren, wenn es auch auf ausgeschiedene und damit überflüssige Politiker angewandt wird! Günter


E.M.König-Roeder antwortete am 05.03.01 (17:41):

Lieber Günter, Deinen Beitrag musste ich einige Male lesen, um dann zu entscheiden, dass Du unmöglich eine Antwort darauf erwarten kannst, es ist für viele Menschen ein sehr ernstes Thema. Eva-Maria


Günter Peltz antwortete am 07.03.01 (12:30):

Lebe Eva-Maria. mein Beitrag, zumindest der erste Teil, ist toternst gemeint! Ich bin absolut für die Möglichkeit der aktiven Sterbehilfe, wenn ich nicht mehr in der Lage bin, selbst den großen Schalter umzulegen!
Leider haben in D. aber auch viele Ärzte nicht den Mut, bzw. die Möglichkeit, einem von Schmerzen gekrümmten Menschen das einzig noch helfende Mittel Morphum zu verabreichen. Es ist ganz einfach verboten! Wohlgemerkt, ich meine keine tödliche, sondern eine schmerzstillende Dosis! Dann könnte der Patient in Würde sterben, oder vielleicht sogar halbwegs gesund werden. Ohne Schmerzen wünscht er sich auch nicht unbedingt den Tod als Erlöser herbei.
Betr. Hippokrates. Lies das Buch "Der Meineid des Hippokrates".

Auch die Glosse sollte nicht nur zum Lachen, sondern auch zum Nachdenken anregen. Denn, die derzeitige Diskussion um die sogenannte "Rentenreform" macht doch deutlich, daß der Staat, egal welcher Coleur, nachdem er unsere Beiträge fremdbestimmt verschleudert hat, versucht einen Keil zwischen uns Rentnern (die wir 45 J. brav eingezahlt haben) und den jetzigen Beitragszahlern zu treiben! Gruß Günter


Heidi antwortete am 07.03.01 (14:38):

" --Leider haben in D. aber auch viele Ärzte nicht den Mut, bzw. die Möglichkeit, einem von Schmerzen gekrümmten Menschen das einzig noch helfende Mittel Morphum zu verabreichen. Es ist ganz einfach verboten! Wohlgemerkt, ich meine keine tödliche, sondern eine schmerzstillende Dosis! -- "

Lieber Günter,
das ist so nicht richtig. Es ist in Deutschland nicht verboten, Morphine zur Schmerzlinderung einzusetzen und es fehlt den Ärzten auch nicht an "Mut".

Es gibt, aus meinen Erfahrungen heraus, zwei Gründe warum Morphine von manchen Hausärzten nur ungern eingesetzt werden:

Es besteht bei manchen Ärzten immer noch die (zumindest bei älteren Patienten) unsinnige Angst, dass der Patient abhängig von dem Medikament wird. Natürlich wird man abhängig und die Dosis muss mit der Zeit erhöht werden.Aber gute Schmerztherapeuten sind in der Lage, die Dosierung so genau einzustellen, dass auf Jahre hinaus Schmerzfreiheit gewährleistet ist.

Ein anderer Grund ist die Tatsache, dass es gemäß dem Betäubungsmittelgesetz etwas umständlicher und zeitaufwendiger ist ein Rezept für Morphine auszustellen.

Inzwischen erlebe ich aber in der Praxis, dass die meisten Ärzte keine Probleme haben, Morphine zur Schmerzbekämpfung zu verordnen.


Gerda Bruhn antwortete am 07.03.01 (16:45):

Hallo Heidi!
Der Umgang mit Opoiden in Deutschland ist mir nicht bekannt. Über die Entwicklung der Schmerztherapie und der Palliativpflege in Österreich in den letzten Jahren bin ich recht gut informiert und ich KANN mir nicht vorstellen, daß Deutschland hier nachhinkt.
Selbstverständlich ist dieses Gebiet für viele Ärzte Neuland. Immer mehr Ärzte aber lernen in Fortbildungen die richtige Handhabung mit dem Ziel Schmerzfreiheit, geistige Klarheit, größtmögliche Vermeidung der Nebenwirkungen wie Verstopfung, Harnverhaltung, Übelkeit, Verwirrtheit, Schwitzen, Atemdepression etc.
Da gibt es doch von der WHO einen weltweit anerkannten Stufenplan über Opoide und den nötigen Adjuvantien.
Ich habe vor etwa 3 Jahren sehr persönlich das moralische Dilemma einer jungen Ärztin, die auf einer Pflegestation arbeitete, erlebt. "Wenn ich die Dosis erhöhe, kann ich für nix mehr garantieren", war einer ihrer Kernsätze bei schweren Schmerzpatienten. Sie litt wie ein Hund, nur war schlecht an sie heranzukommen, weil sie meinte, in ihrer Position Überlegenheit, nicht Unsicherheit vermitteln zu müssen. Aber nach anfänglicher Skepsis besuchte sie doch eine einschlägige Fortbildung und dann machte sie ihre Sache hervorragend: Auf dieser Pflegestation gab es nie mehr Probleme mit Schmerzpatienten, die sie nicht lösen konnte.
Ich meine: Wir haben nichts davon, wenn wir die Ärzte verteufeln und hoffen, daß wir uns rechtzeitig umbringen können. Es ist mir aber auch bewußt, daß gerade in Pflegestationen sehr altertümlich mit Schmerzmitteln umgegangen wird. Es gibt aber schon einige Hospize, die sehr multiprofessionell Palliativpflege mit Schmerztherapie betreiben. Leider sind diese derzeit nur Krebspatienten vorbehalten. Würdevolles Sterben kostet viel Geld. Aber wie schon an anderer Stelle gesagt: Erst gibt es ein Problem, dann kann man an der Lösung arbeiten. Schon jetzt gibt es immer mehr Spitalsärzte, die fachkundig Morphine mit den nötigen Adjuvantien verabreichen.
Nun möchte ich doch von einer Fachfrau wissen, wie es bei Euch aussieht, daß so viele Zynismen in diesem Forum zu lesen sind, die mir buchstäblich in die Seele schneiden.
Es grüßen Dich herzlich, Gerda und Besimimi


Heidi antwortete am 07.03.01 (17:31):

zunächst - ich bin Pflegefachkraft (Altenpflege) und keine Medizinerin - damit keine Irrtümer aufkommen :-)).

Ganz so "fachlich" möchte ich mich hier auch nicht äussern, liebe Gerda, weil das Sterben ein menschliches Problem(?) ist und kein wissenschaftliches.

Aber um Deine Frage zu beantworten: Schmerztherapie und Palliativpflege sind auch in Deutschland keine Fremdwörter, die Entwicklung ging hier wohl ähnlich von statten wie bei Euch in Österreich.

Trotzdem gibt es noch so manchen "Hausarzt" der wie oben beschrieben handelt - (bei Euch vermutlich auch) . Ich wollte damit aber keinesfalls "die Ärzte" verteufeln.:-)

Das Thema hier heisst "aktive Sterbehilfe.." wenn ich mir jedoch die Antworten hier durchlese ist das eigentliche Problem die Schmerzbekämpfung bzw. die Angst vor Schmerzen und als zweiter Schwerpunkt die Befürchtung "würdelos" zu sterben.

Ja - müssen wir denn für die Lösung dieser Problematik wirklich "aktive Sterbehilfe" leisten???



Gerda Bruhn antwortete am 08.03.01 (13:25):

Liebe Heidi!
Im letzten Satz hast Du genau den Punkt getroffen, weswegen ich in dieses Forum eingestiegen bin. Ich will nicht beurteilen müssen, ob die guten oder schlechten Seiten einer Legalisierung der Sterbehilfe überwiegen. Es kommt, wie bei jedem Gesetz, auf die Reglementierung der Praxis an, also wie sorgfältig vor einer solchen Tötung recherchiert wird. Es ist wie eine Tür, die man in äußerster Not aufstoßen kann. Ich habe nicht vor, durch diese Tür zu gehen, aber es beruhigt mich, daß es sie gibt.
Und es beruhigt mich auch, daß der Arzt nicht mehr kriminalisiert wird, solange er nicht leichtfertig entscheidet.

Es war also der Hintergrund dieser Problematik. Es hätte ja sein können, daß so manche Angst vor der letzten Phase des Lebens - nicht jede - vielleicht nur auf mangelnder Information beruht. Eben weil viele Ärzte nicht auf dem neuesten Stand der Entwicklungen stehen. Nein, wissenschaftliches Interesse am Sterben habe ich null, wohl aber große Betroffenheit über menschenunwürdiges Sterben. Günter Peltz schreibt z.B. sinngemäß, wenn die Schmerzen wegfallen, könnte das Leben wieder erträglicher, ja sogar lebenswert werden. Da wären also solche Schmerzambulanzen, die diese Schmerztherapie beherrschen, eine riesige Hilfe!
Ich habe an Dich geschrieben, weil Du offensichtlich sehr engagiert bist - als Altenhelferin und nicht als Ärztin, die ich ja auch nicht bin;-)).
Vielleicht kennst Du ein paar Adressen? Diese Fachleute beraten (in Ö jedenfalls) auch den Hausarzt und sind bereit, in öffentlichen Heimen Vorträge zu halten. Es ist das Pflegepersonal, das das große Wissen um das Befinden der Patienten hat und nicht die Ärzte.
Gruß, Gerda.


Gerda Bruhn antwortete am 08.03.01 (16:09):

Wen es interessiert oder wer Schmerztherapie braucht:
soeben informative Seite gefunden:
https://www.surfmed.de, dann beim Feld "Suche" das Wort "Schmerztherapie" eintippen. Es gibt dann auch eine Liste von Ärzten, die im Moment aber nicht zur Verfügung steht.

(Internet-Tipp: https://www.surfmed.de)


ricardo antwortete am 08.03.01 (16:31):

Zur Frage der Schmerztherapie:
In Deutschland ist der Verbrauch an Opiaten in Europa am geringsten, das wirft ein Licht auf die Schmerztherapie, man könnte sich also durchaus eine großzügigere Verabreichung wünschen, damit wäre sicher vielen geholfen, zumal die Suchtgefahr bei unheilbar Kranken kaum eine Rolle spielen dürfte.
Aber die Schmerzen sind nicht das alleinige Problem bei sterbenskranken Menschen, und in manchen Fällen kann man auch mit den stärksten Mitteln die Not des Patienten nicht
erreichen. Ich stimme Gerda Bruhn zu, es sollte eine Tür geben die offen ist...


Heidi antwortete am 08.03.01 (19:11):

Welche Gründe könnte es geben für den Wunsch nach "aktiver Sterbehilfe":

1. Ich bin selbst nicht in der Lage mein Leben zu beenden (Voraussetzung)

2. Ich habe unerträgliche Schmerzen (Schmerztherapie)

3. Ich bin nicht mehr in der Lage mich selbst pflegerisch zu versorgen, bin bei allen Dingen auf die Hilfe anderer angewiesen.... und empfinde das als lebensunwürdig

4. Ich bin auf lebenserhaltende maschinelle Maßnahmen angewiesen.... und empfinde das als lebensunwürdig

5. Ich bin sehr alt und des Lebens müde (auch das gibt es)

Ich habe einige Aussagen zu diesem Thema herausgepickt um zu sehen, ob es einen Lösungsansatz gibt für vorgenannte Gründe.


"Es sind zwei Dinge:
1) im gesunden Zustand etwas verfügen
für die Zukunft,
2) im schmerzvollen, totkranken Zustand
etwas für die nächsten Momente zu entscheiden."(Sieghard)

"..sozialverträglich entsorgt ..(O-Ton: sozialverträgliches Ableben) und Modell eines umfunktionierten Sterbegeldes"(Günter Peltz)

Ich darf auch in der letzten Stunde ein autonomes Individuum bleiben. (Spiegelzitat Wolfgang)

..daß so manche Angst vor der letzten Phase des Lebens - nicht jede - vielleicht nur auf mangelnder Information beruht. (Gerda Bruhn)

..und in manchen Fällen kann man auch mit den stärksten Mitteln die Not des Patienten nicht erreichen... ..es sollte eine Tür geben die offen ist... (ricardo)

---------

meine Meinung:

Bevor man Gesetze beschliesst zum legalisierten Töten (nichts anderes ist aktive Sterbehilfe) sollte man Gesetze beschliessen zum würdevollen Sterben, z.B. im Sozialgesetzbuch. Palliativ- und Hospizpflege muss unterstützt werden, d.h. es muss Geld bereit gestellt werden, entsprechende Ausbildung des Pflegepersonals gewährleistet sein ..... die Liste kann beliebig verlängert werden.

Die Geburt eines Menschen wird bei uns (mit Ausnahmen) immer noch gefeiert - sollten wir nicht auch dafür sorgen, dass das Sterben eines Menschen in Würde stattfinden kann?


E.M.König-Roeder antwortete am 09.03.01 (22:03):

An Gerda Bruhn möchte ich sagen, es gibt eine STK(Schmerz Therapie Koloquium(schreibt man das so?)), bei der Adresse kann man alles darüber Wissenswerte erfahren. --An Ricardo. die Ärzte haben sich nach meiner Erfahrung sehr umgestellt. Ich bekomme jede nötige Menge,erst Opiate, dann Morphine, und diese Mittel regelmässig genommen, machen NICHT süchtig. Die Schmerzfreiheit macht süchtig.Ich könnte mich jederzeit wieder aus diesen Mitteln herausschleichen(das ist wichtig). Ich habe eine "Schmerzärztin". Meine Schwester, die Brustkrebs hatte, bekommt von ihrem nicht mehr ganz jungem Hausarzt diese Mittel auch.Also ich denke, dass sich die Einstellung geändert hat. Aber zur "aktiven" Sterbehilfe habe ich meine Ärzte noch nicht zu einer Aüsserung bewegen können. Man würde gerne die Einstellung wissen. Ich habe es schon einmal gesagt hier im Forum, es wäre ja schon mit einer "passiven" sehr geholfen, nämlich, dass man einen Weg genannt bekäme. "damit einem eine Tür geöffnet wird", oder offen bleibt, der Satz hat mich beeindruckt. Danke Allen, die hier diskutieren. Eva-Maria


Gerda Bruhn antwortete am 10.03.01 (17:55):

Liebe Eva-Maria!
Danke für Deinen Beitrag. Ich habe auch Deine Ausführungen vom 22.1.aufmerksam gelesen und sie haben mich sehr betroffen gemacht. Jedenfalls freue ich mich, daß Du ein Umdenken festgestellt hast und den gleichen Eindruck habe ich auch bei den österreichischen Verhältnissen.
Als Krebspatientin seit 10 Jahren mit 2 Operationen, Chemo-, Strahlen- und Hormontherapien haben sich natürlich - abgesehen von der Grundkrankheit - mehrere recht belastende und z.T. schmerzhafte Leiden wie z.B. schwere Osteoporose, brüchige Venen etc. gebildet. Ich habe gelernt, meine nicht gerade rosige Zukunftsprognose anzunehmen so lange wie möglich. Weißt Du, was ich mir wünsche? Falls mir das Leben eines Tages nichts mehr außer Qual bedeuten sollte, hätte ich gern einen Arzt zur Seite, der verlässlich dafür sorgt, daß die Qual ein Ende nimmt. Ich würde mir auch wünschen, daß mich nahe Angehörige verstehen und mich auf meinem letzten Weg begleiten. Ich will nicht klammheimlich irgendetwas schlucken, selbst wenn ich es noch könnte, und Angst haben, ich könnte erbrechen oder frühzeitig entdeckt werden. Ich will haben, daß es klappt. Wie gesagt, es sind Wünsche. Wünsche, deren mögliche Erfüllung beruhigen würden. Bin ich zu "steil" geworden?
Gruß an alle, Gerda


Heidi antwortete am 10.03.01 (19:04):

Nein, Gerda, nicht zu "steil" nur sehr deutlich. Aber es ist notwendig "deutlich" zu werden, wenn man seinen Standpunkt erläutern will.

Meine erste Reaktion war, raus aus dem Thema - hierauf kannst du nicht mehr sachlich/theoretisch antworten ohne jemanden zu verletzen - und das will ich auch nicht.

Da ich von Berufs wegen auf der "anderen" Seite stehe habe ich zwangsläufig eine andere Meinung - sonst könnte ich meinen Beruf nicht mehr ausüben. Aber ich weiss nicht, wie oft ich an einem Bett gestanden und gedacht habe "lieber Gott, lass sie/ihn doch endlich sterben".

Die Entscheidung zu diesem Thema ist und bleibt eine ganz persönliche Entscheidung von den Betroffenen selbst oder deren Angehörigen und natürlich auch von den "ausführenden" Helfern.

Wenn ich selbst gegen aktive Sterbehilfe bin, bedeutet das nicht, dass ich kein Verständnis für Andersdenkende oder Andershandelnde habe. Im Gegenteil! - Ich kann es nur für mich selbst nicht akzeptieren.

Dir Gerda und auch allen anderen in ähnlicher Lage wünsche ich alles Gute und viel Kraft und Stärke ...

mit lieben Grüssen, Heidi


Gerda Bruhn antwortete am 11.03.01 (12:24):

Liebe Heidi!
Was mich angeht - verletzt bin ich überhaupt nicht durch Andersdenkende. Deine Denkweise und die ethischen Hintergründe hast Du ja sehr klar zum Ausdruck gebracht. Was ich so sehr an Dir mag, ist Dein Nachlassen-Können, Deine Fähigkeit, auch Andersdenkende verstehen zu wollen. Das ist schön!
Pierre Helmer hat da, finde ich, einen recht interessanten Hintergrund bezüglich Christentum und fernöstlichen Religionen angeschnitten. Auch diese Religionen achten sehr das Leben und "du sollst (sollst, nicht darfst) nicht töten"
hat dort sogar umfassendere Gültigkeit als bei uns, die wir das Gebot nur auf Menschen beziehen. Nein, ich mach Schluß, sonst komm ich ins Schwätzen.
Liebe Grüße, Gerda


Günter Peltz antwortete am 15.03.01 (11:40):

Ich möchte mich nochmal zu diesem Them melden.
1. Das Buch "Der Meineid des Hippokrates" wurde von dem bekannte Krebs-Arzt Julius Hacketal (selbst an Krebs gestorben) geschrieben. Es ist als hardcover und als Taschenbuch noch im Handel erhältlich.

2. Ich habe einen interessanten Link zum Thema aus den USA gefunden. Ich versuche ihn an diese Stelle zu kopieren,ansonsten, siehe unten.

Wenn Patienten um Sterbehilfe bitten, stehen Ärzte meist allein da
Ärzte, die von Patienten mit dem Bitte um Sterbehilfe konfrontiert werden, stehen diesem Problem in der Regel völlig allein gegenüber. Im Kollegenkreis ist das Thema tabu – nicht nur wegen möglicher strafrechtlicher Konsequenzen, sondern auch wegen des hippokratischen Eides. Dies ist das Ergebnis einer Studie von Forschern des Veterans Affairs Medical Center an der University of California in San Francisco. Die Studie ist in den "Archives of Internal Medicine" erschienen.

Jeffrey Kohlwes und seine Kollegen haben 20 Ärzte aus Seattle und San Francisco befragt, die mindestens einmal in ihrem Berufsleben mit einem Tötungswunsch von Patienten konfrontiert gewesen waren. Die Hälfte der Ärzte hatte mindestens in jeweils einem Fall diesem Wunsch entsprochen.

Die Forscher stellten fest, dass die Ärzte mit der Entscheidungsfindung jeweils völlig allein waren. Das Problem bestand für sie nicht nur darin, dass in fast allen US-Bundesstaaten – außer in Oregon – Sterbehilfe strafbar ist. Die Ärzte "empfanden auch ein unausgesprochenes Schweigegebot, das unter den Kollegen bestand", erläutert Kohlwes. Der Hintergrund für dieses Schweigegebot dürfte nach Vermutungen der Forscher weniger die tatsächliche Strafbarkeit der Sterbehilfe sein, sondern der Eid des Hippokrates, nach dem es untersagt ist, einem Patienten ein tödlich wirkendes Medikament zu verabreichen.

Das Alleinsein mit der Situation stellt nach Erkenntnissen der Wissenschaftler für die Ärzte eine große emotionale Last dar. Manche weinten auch während des Interviews, was aber, so Kohlwes, "eher damit zu tun zu haben schien, dass die Handlungen nicht richtig verarbeitet worden waren als damit, dass die Ärzte ihre Handlungen bereuten."

Kohlwes und seine Kollegen hoffen, dass nach ihrer Studie eine Diskussion darüber einsetzt, wie Ärzte auf Tötungswünsche von Patienten vorbereitet werden können. Ganz allgemein sollte auch darüber nachgedacht werden., wie junge Ärzte schon in der Ausbildung auf die Betreuung sterbenskranker Menschen vorbereitet werden könnten.

Doris Marszk


(Internet-Tipp: https://www.wissenschaft.de/sixcms/detail.php?d=76021)


Gerda Bruhn antwortete am 16.03.01 (18:32):

Lieber Günter!
Deinen letzten Beitrag hab ich sehr interessant gefunden. Ich kann mir gut vorstellen, daß Töten für den Arzt - ob gesetzlich gedeckt oder nicht - sehr belastend ist. Ich kann mir aber vorstellen, daß es zumindest ebenso belastend ist, einem Todkranken, der sterben möchte, durch Medikamente oder Behandlungen das Leben um ein paar Wochen oder Monate zu verlängern.
Der Eid, den unsere Ärzte leisten, würde nach meiner Auffassung nicht unbedingt im Widerspruch stehen, jedenfalls nicht explizit(s. Heidis Link v. 29.11.00). Mich wundert es nicht, wenn Ärzte auf die lezte Phase des Lebens nicht vorbereitet sind. Der Tod und der Umgang damit wird in unserer Kultur eben totgeschwiegen. Es gibt z.B. eine riesige Vielfalt von Fachärzten - Embryologie, Kinderheilkunde, Frauenheilkunde, Männerheilkunde - aber es gibt keinen Facharzt für Geriatrie!
Gruß, Gerda.


E.M.König-Roeder antwortete am 16.03.01 (20:04):

Liebe Gerda, es gibt Fachärzte für Geriatrie, wir haben hier in Hamburg mindestens eine Klinik, die sich nur damit beschäftigt, aber sicher nicht, befürchte ich, mit Sterbehilfe.
Ich war einmal Mitglied der Gesellschaft für humanes Sterben, in der Dr. Hackethal auch tätig war, leider war ich überhaupt nicht angetan von dem, was er sagte, oder wie er es sagte, und deshalb bin ich nicht so sicher, ob ein von ihm geschriebenes Buch den rechten Weg zeigt, entschuldige, Günter.Die Ausführungen von D. Marczk finde ich sehr interessant, man sollte das weiter verfolgen können. Gruss, Eva-Maria


Gerda Bruhn antwortete am 17.03.01 (17:44):

Ja ,liebe Eva-Maria - mir gings mit Hackethal genauso. Er wurde mir seinerzeit empfohlen als mögliche Alternative. Hat mich nicht angesprochen. Weder Stil noch Inhalt.
Gruß, Gerda.


anonym antwortete am 04.04.01 (14:00):

An alle Leute, die gegen die aktive Sterbehilfe sind!!!

Ich wünsche Ihnen viel Spass dabei, wenn sie soweit sind, dass Sie wissen, dass Sie sterben müssen und Sie vielleicht sogar ziemliche Schmerzen haben und niemand kann Ihnen helfen. Auch Medikamente helfen nicht lange. Man vegetiert vor sich hin und kann nichts mehr machen. Ich persönlich wäre froh wenn mich jemand von so einem Zustand so schnell wie möglich erlösen würde.
Die Sterbehilfe ist auch nur für solche Leute gedacht, denen es schlecht geht und für die es keine Hoffnung mehr gibt. Warum soll man deren Leben sinnlos verlängern.
Auch für aktive Sterbehilfe muss man seine Zustimmung geben und wenn es der Wille eines Menschen ist warum sollte man ihn dann diesen letzten Gefallen verweigern??


Heidi antwortete am 05.04.01 (07:43):

Vielen Dank für Ihre "guten Wünsche", liebe/r anonym(?). Ich weiss zwar nicht, ob ich "Spass" haben werde, wenn mein Leben zu Ende geht, aber ich hoffe, dass man mir Schmerzen ersparen wird. So oder so werde ich jedoch in dem Bewusstsein sterben, dass sich nach meinem Tod niemand Gedanken darüber machen muss, dass er einen Menschen(mich) getötet hat.
Eine Frage noch an Sie: Sind Sie bereit, die Spritze zu setzen, in dem vollen Bewußtsein, dass Sie damit einen Menschen vom Leben in den Tod bringen? Ich bitte Sie, sich das sehr genau vorzustellen: Da liegt ein atmender, lebendiger Mensch vor Ihnen, Sie setzen die Spritze und danach ist dieser Mensch tot, durch Ihre Handlung.


Schüler antwortete am 08.04.01 (14:58):

ICh habe mir diese Diskussion eigentlich nur durchgelesen, da ich ein Refferat zu diesem Thema schreiben soll.
Nun denke ich aus den Beiträgen gelesen zu haben, dass es hier vorallem um den geht der die Sterbehilfe ausführt und nicht um den Menschen selber.
Ich denke wenn es einem Menschen so schlecht geht warum soll man ihm dann nicht helfen. Würde der Mensch sich nicht selber helfen, wenn er könnte? Macht das dann einen Unterschied?

Ich finde man darf auf keinen fall den Tot eines Menschen herunterspielen. Aber ich denke das Problem der Sterbehilfe ist nicht das OB sondern das WANN!!


Heidi antwortete am 10.04.01 (21:51):

"..Aber ich denke das Problem der Sterbehilfe ist nicht das OB sondern das WANN!!"

Wer will aber das WANN beurteilen, lieber Schüler(Till?)?

Und das OB beinhaltet nun einmal die Entscheidung des Ausführenden ob er Aktive Sterbehilfe (töten) leisten will oder nicht. Daher meine Betonung dieses Aspektes.

Ich wünsche Dir viel Erfolg bei Deiner Arbeit

Herzlichen Gruß, Heidi


Till (alias Schüler) antwortete am 10.04.01 (22:24):

Also:
Das (Schul)Projekt ist nun vorbei, ich kann gleich sagen: ich habe super viel dabei gelernt, und viele neue Aspekte gehört.
Wenn es euch Intressiert könnte ich hier einen Auszug aus unserer Schülerdiskussion posten.

Zu deinen Einwänden Heidi:
Also ich denke mir ist klar das du (zur Zeit) nicht in der Lage wärst Aktive Sterbehilfe zu leisten.
Warum ist mir so nicht klar, aber du wirst deine Gründe haben.
Ich denke aber schon, das es Menschen gibt die in der Lage wären soetwas auszuführen. Und wenn sie das mit ihrem Gewissen vereinbaren können, glaube ich nicht das sie sich später vorwürfe Machen würden.
Ich glaube Jeder Mensch wünscht sich einen Tot ohne Schmerzen. (Unser Ideal ist doch: Einschlafen und nicht wieder aufwachen) Warum wollen wir einem Menschen die Möglichleit nehmen so zu sterben, gerade wenn wir wissen das er nicht mehr auf die Beine kommen wird.

Grüße
Till


PS: Ich weiß nicht ob ich in der Lage bin, das alles so genau zu sehen (das wird wohl an meinem Alter liegen), aber ich stand schon vor der Entscheidung, ob mein Kater eingeschläfert werden sollte. Damals gab es die Wahl zwischen einem ruhigen tot, oder etwa 4 Wochen weiterleben mit höllischen schmerzen (der Kater konnte sich nichtmal mehr bewegen) damals entschied ich mich dafür ihn sich nicht noch weiter quälen zu lassen. Das habe ich für mich mit meinem Gewissen geklärt und ich habe heute keine Schuldgefühle dafür. Ich würde in dem Fall heute wieder so handeln.
jetzt aber gute n8


webmaster antwortete am 10.04.01 (22:36):

Lieber Till,

ich möchte mich für Deinen Beitrag bedanken. Wenn wir hier zwischen den Generationen über ein so wichtiges Thema ruhig und sachlich diskutieren können, finde ich das prima. In diesem Sinn möchte ich Dich ermutigen die Ergebnisse Eurer Schülerdiskussion zu diesem Thema hier zu veröffentlichen.

MfG Karl


Till antwortete am 10.04.01 (22:55):

Danke für die Ermutigung!!!
Dann werde ich mich da mal dran machen!!
wird wohl etwas dauern, denn die Notizen habe ich mir (was ja in der heutigen Zeit fast undenkbar ist, mit Papier und Stift gemacht)


Grüße Till


Werner Gans antwortete am 10.04.01 (23:01):

Das habe ich gerade bei Web.de gelesen:
Den Haag (dpa) - Das niederländische Parlament hat das weltweit erste Euthanasiegesetz verabschiedet. Wie erwartet unterstützten die Repräsentanten der sozialliberalen Regierungskoalition das Gesetz. Die christlichen Parteien blieben bei ihrer Ablehnung. Das Gesetz wird voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte in Kraft treten. Die Debatte im Senat war zwar kürzer als geplant, fiel aber trotzdem heftig aus. Nach der Regelung können Ärzte Sterbehilfe leisten, wenn Patienten unerträglich leiden und Heilung nicht mehr möglich ist.


Heidi antwortete am 11.04.01 (05:41):

Da ist sie also, die "offene Türe" - ob sich damit auch für das "sozialverträgliche Ableben" eine Türe geöffnet hat?
Wir werden sehen..


Sieghard antwortete am 11.04.01 (09:35):


Glaubt man den Umfragen, will die Mehrzahl der Menschen
schnell und plötzlich sterben. Diesen Gefallen tut uns Gevatter
Tod aber nur selten. Dem Sterben gehen häufig längeres
Siechtum, Schmerz und Leid voraus. Vor so viel Leiblichkeit
haben wir Angst - nicht nur vor dem Tod, sondern mehr noch
vor dem Weg dahin. Diese Angst ist auch die Angst davor,
allein gelassen zu werden, den Angehörigen die Pflege nicht
zumuten zu können. In unsere schöne, neue mit Gen-Utopien
als leidfrei fantasierte Welt passt kein langsames Sterben mehr.
Schließlich will heute ja auch kaum jemand die Pflege anderer
übernehmen.

Selbst für viele Ärzte ist der Tod tabu geworden. Sie empfinden
das Versagen jeder Therapie am Lebensende als ärgerliche
Niederlage. Vielleicht liegt darin der Grund, dass Deutschland
im Bereich der Schmerztherapie weit hinter vergleichbaren Län-
dern zurückliegt. Nach Meinung vieler Experten kommt der Ruf
nach Sterbehilfe nur bei unzureichender Schmerztherapie oder
Versorgung auf. Dass die Niederlande die dort seit Jahren
praktizierte Sterbehilfe legalisiert haben, ist kein Zeichen für
einen offeneren Umgang mit Tabus. Diese Entscheidung ist
vielmehr ein Armutszeugnis für die Gesellschaft und ein nur
notdürftig als Liberalität getarnter Hilferuf. Man muss keine NS-
Euthanasie-Diskussion führen, um zu erkennen: So bequem
sollten wir es uns mit der Entsorgung am Lebensende nicht
machen.

.
.


Georg Segessenmann,alias Georg von Signau antwortete am 11.04.01 (10:35):

Als ich vor bald 70 Jahren das Licht der Welt erblickte, da fragte mich niemand, ob ich das wolle. Mein Leben war erfüllt von Sorgen und Nöten. 50 Jahre habe ich es bei meinem Arbeitgeber ausgehalten - es ging an die Gesundheit.
Nun will ich das Leben noch eine Weile geniessen. Aber ich erbitte mir die Gnade, wenn mein Leben dereinst nicht mehr lebenswert ist, dann möchte ich mich entscheiden können, es an den Nagel zu hängen - wenn ich schon nicht gefragt wurde, ob ich es beginnen möchte!

Herzliche Grüsse

Schorsch


Georg Segessenmann,alias Georg von Signau antwortete am 11.04.01 (10:36):

Als ich vor bald 70 Jahren das Licht der Welt erblickte, da fragte mich niemand, ob ich das wolle. Mein Leben war erfüllt von Sorgen und Nöten. 50 Jahre habe ich es bei meinem Arbeitgeber ausgehalten - es ging an die Gesundheit.
Nun will ich das Leben noch eine Weile geniessen. Aber ich erbitte mir die Gnade, wenn mein Leben dereinst nicht mehr lebenswert ist, dann möchte ich mich entscheiden können, es an den Nagel zu hängen - wenn ich schon nicht gefragt wurde, ob ich es beginnen möchte!

Herzliche Grüsse

Schorsch


Ricardo antwortete am 11.04.01 (11:02):

Zur Frage der Sterbehilfe:

Wir alle wünschen uns einen Tod ohne langes Leiden, mit guter Betreuung bis zum Ende, vor allem gute Schmerztherapie, wie sie hierzulande noch nicht genügend vorhanden.
Aktive Sterbehilfe wird auch in den Niederlanden nur in wenigen Ausnahmefällen angewandt und dies nur auf Wunsch des Patienten.
Einen Anspruch auf eine solche Hilfe wird es aber niemals geben, da es nur wenige Ärzte gibt, die sich dazu bereitfinden, es geht nicht nur um das Recht eines Patienten, sondern auch um das Recht des Behandelnden, derartige Hilfe abzulehnen.
Wer soll hier handeln?
Wenn man einem Patienten das Tun selbst überläßt, ist er wohl meist voller Skrupel .

Anders bei der passiven Sterbehilfe, diese ist auch bei uns möglich und ist weniger belastend für die Beteiligten.


Artur Gutsche antwortete am 11.04.01 (12:03):

Habe die Beiträge zur Diskussion Aktieve Sterbehilfe mehrere mal gelesen. Nun hat mich ein Bericht sehr gut gefallen und zwar der von einem Schüler(alias 10.4.01)
Warum hat eigentlich eine Katze mehr Recht als ein todkranker Mensch? Ich habe erst vor kurzem eine Patienten-verfügung in siebenfacher Ausführung erstellt,die bei meinem
Hausarzt ,Patientenanwalt und bei weiteren hinterlegt ist. Jetzt verlange ich,daß niemand auf der Welt (auch Ätzte)
gegen meinen Willen handeln.Im Grundgesetz steht, die Würde des Menschen ist unantastbar. Mir soll es einmal so ergehen,wie dem Kater von diesem Schüler Till,alias.


Artur antwortete am 13.04.01 (08:28):

An alle Leute die gegen die aktieve Sterbehilfe sind,habe ich noch ein paar Fragen?
Wer hat das Recht Menschen qualvoll sterben zulassen?
Wer außer der Patient muß die Schmerzen ertragen?
Jedes Tier wird von Qualen erlöst nur der Mensch nicht,
ist das Würdevoll?
Ein Mensch hat ein gutes Leben und muß sich quälen weil keiner da ist der diesen Menschen von seiner Pein befreit.
Ist das Menschlich?
Meine Meinung wäre:
Es muß geregelt sein wie bei der
Organspende. Zwei Ärzte die nicht im gleichen Krankenhaus
angestellt sind,müssen zum gleichen Ergebnis kommen.


blaettchen antwortete am 13.04.01 (14:01):

Nach all den Beiträgen zur aktiven Sterbehilfe habe ich ein solches Gefühl von Traurigkeit. Meine persönliche Meinung dazu ist, daß dieses "Mich-töten-lassen-Wollen" daher rühren kann, daß ich nicht selbst loslassen kann, mich dem Tod nicht überlassen kann und dann sollen es die Ärzte entscheiden und tun. Es ist bekannt, daß alte Menschen dann sterben, wenn sie noch ein letztes Ziel erreicht haben, z.B. die Geburt eines Enkels, die Ankunft eines lieben , noch sehnsüchtig erwarteten Menschen.
Es ist weiter bekannt, daß viele Menschen fast sofort nach ihrer Berentung erkranken und sterben, weil sie, oft sehr unbewußt, keinen Sinn mehr im Leben sehen können.
Daher glaube ich, daß der Tod kommt, wenn man innerlich bereit dazu , die Arbeit dafür geleistet hat. Doch darüber wird leider so gut wie nie in unserer Gesellschaft gesprochen


Wolfgang antwortete am 13.04.01 (16:04):

Ich glaube, hinter dem Wunsch nach der staatlich regulierten Lizenz zum Töten (auch ziemlich euphemistisch "aktive Sterbehilfe" gennannt) steckt der Wunsch, den Schmerz und das Leid aus dem eigenen Leben zu verbannen. Ein Leben ohne Schmerz und Leid... ist es wirklich so erstrebenswert?


Heidi antwortete am 13.04.01 (17:26):

Ja, das ist erstrebenswert, Wolfgang. Allerdings nicht um den Preis des Verdrängens oder Verbannens. Schmerz und Leid gehört zum Leben, wir müssen es hinnehmen aber wir haben die Wahl ob und wie wir es verarbeiten.


Sieghard antwortete am 13.04.01 (19:09):


Hallo Heidi,
eine "Verarbeitungs-Möglichkeit" liegt wohl im
christlichen Glauben, wenn er einem denn ge-
schenkt ist:

Karfreitag - die letzte Begründung und die letzte
Konsequenz der Liebe Gottes zu uns Menschen.
Karfreitag - das Äußerste der Menschwerdung
Gottes bis in die Niedrigkeit menschlichen Sterbens
und Begrabenwerdens. Karfreitag - das Geheimnis
des Glaubens, ohne das nicht Ostern geworden
wäre. Karfreitag - ein Tag schwerwiegender Stille.
In dieser Stille hören wir die Botschaft der Leidens-
geschichte. In dieser Stille spüren wir vielleicht,
welche Rolle wir auf dem Leidensweg Christi
einnehmen.
Auch wir - schlafende Jünger?
Auch wir - Verräter wie Judas?
Auch wir - Verleugner wie Petrus?
Auch wir - unter dem Kreuz?

.


Eva-Maria antwortete am 13.04.01 (22:21):

es ist schon Abend füllend, wenn man alle EINSENDUNGENÜBER DIESES Thema lesen möchte, deshalb gehe ich nur auf einiges ein. SIEGHART: Du hast so recht, es ist der lange und würdelose Weg zm Tod, den wir Menschen fürchten. Und wenn der Tod gewiss ist, und uns die letzten Tage oder Wochen sehr schwer werden, dann ist Sterbehilfe gut, passive, wenn man noch selber in der Lage ist, aktiv, wenn es garnicht mehr geht. Man würde nicht leichtfertig einen anderen Menschen mit diesem Wunsch belasten.-Ich kann mir nicht denken, dass unsere Ärzte so "klein"sind, dass sie Ärger empfinden über ein Versagen, doch eher Verzweiflung über ihre Hilflosigkeit?-Der immer wiederkehrende Meinung, dass die Schmerztherapie in Deutschland nicht ausreichend durchgeführt wird, kann ich aus eigener Erfahrung widersprechen.-
Georg, Schorsch(ich lese grad´Dein Herbstlaub) hättest Du NEIN gesagt, wenn man Dich gefragt hätte, ob Du ins Leben rutschen möchtest??
Ricardo, ich finde auch, dass die passive Sterbehilfe am Besten ist. Jedem Menschen in Not sollte die Möglichkeit, das Wissen, gegeben werden, sich selbst zu helfen. Wer dann garnicht mehr in der Lage ist, muss die Gewissheit haben dürfen, dass Aparate abgestellt werden, oder die nötige Überdosis an Medikamenten verabreicht wird.


Günter Peltz antwortete am 14.04.01 (12:05):

Wer hilft dem Helfer??
Der Mensch hat, wie viele andere Raubtiere auch, eine genetisch vorprogrammierte Tötungshemmung gegenüber Spezies der gleichen Art. Der Mensch überwindet diese durch Tötung auf Distanz (im Krieg) oder entsprechende Gehirnwäsche (Hexenjagd der Christen, Verfolgung andersdenkender durch islamische Sekten) usw.. Trotzdem hat der nicht entsprechend konditionierte Mensch die Tötungshemmung beibehalten. Das trifft auch auf den Arzt zu, der ja Leben erhalten soll und nicht vernichten. Aber, wieviel mehr hat ein Angehöriger oder Freund unter dem Todeswunsch des geliebten Menschen zu leiden?

Wie schlimm sich dieses Dilemma auswirken kann, zeigt ein Bericht, den ich in den 60er/70er Jahre in der Presse las. Ich gebe ihn sinngemäß aus dem Gedächtnis wieder:

Es war seinerzeit in England. Zwei sehr gute Freunde, nennen wir sie George und William, fuhren gemeinsam einen großen Truck auf Langstrecke über 5 Jahre unfallfrei. Dann kam es zu einem schweren Unfall, bei dem George leicht, aber William sehr schwer verletzt wurde. Auf die Einzelheiten möchte ich hier verzichten, zu brutal. William schrie wahnsinnig vor Schmerzen und bat dazwischen George, ihn als letzten Freundesdienst zu töten. George erschlug ihn nach langem Zögern mit der Brechstange.

George wurde wegen vorsätzlichem Totschlags angeklagt. Vor Gericht schilderte er den Tathergang: "..... und dann schlug ich William auf den Kopf...". Hier unterbrach ihn der Richter: "Sie wollten sicher sagen "damit er bewußtlos wurde und somit keine Schmerzen mehr hatte?!"" George wollte widersprechen, denn er w o l l t e seinen Freund ja töten. Darauf der Staatsanwalt: "Widersprechen Sie gefälligst nicht dem Richter!" auch der Verteidiger bremste George. Der Richter verurteilte George wegen fahrlässiger Tötung zu einem Jahr Gefängnis auf Bewährung und bedauerte in seiner Urteilsbegründung, daß er ihn wegen der Gesetzeslage nicht freisprechen konnte.

Übrigens: Die Gerichtsmedizinische Untersuchung ergab, daß William ohne den Schlag auf den Kopf auch nur noch maximal 2-3 Tge unter größten Schmerzen gelebt hätte.

George begab sich in psychatrische Behandlung. Trotzdem wurden seine Schuldgefühle so groß, daß er nach einem Jahr den Freitod wählte.
Dem ist wohl nichts hinzu zu fügen!


Wolfgang antwortete am 14.04.01 (14:16):

Ich möchte noch einen weiteren Aspekt beitragen: Das Töten von Menschen ist auch ein Geschäft und unterliegt wirtschaftlichen Zwängen. Ich meine jetzt nicht den Krieg (dort wird es ganz deutlich, ist aber nicht das Thema hier). Ich meine Rechtsgrundlagen, die das lizenzierte Töten erlauben, führen zu profitablen wirtschaftlichen Betätigungsfeldern. Holland war immer schon das Land mit dem sogenannten Abtreibungstourismus. Es könnte nun das Land für den Sterbehilfetourismus werden*.

Solch ein Tourismus ist immer verbunden mit spezialisierten Kliniken, Ärzten, Psychologen, Rechtsanwälten und Notaren, Bestattungsinstituten, Hotels und anderen Dienstleistern drum herum. - Die Nachfrage wird sich Angebote schaffen und umgekehrt. Marktpreise werden sich einstellen und es wird sicher luxuriöse Angebote geben und für den Kassenpatienten die eher schlichten und schmucklosen Ausführungen. Ich denke mir, das kann eine boomende Branche werden...

*Ich bin nicht gut genug informiert, ob die Holländer im Falle der Sterbehilfe dem rechtlich einen Riegel vorgeschoben haben, indem nur Holländer nach den dort jetzt geltenden Regularien getötet werden dürfen. Abtreibungen darf - unabhängig von der Nationalität - jede Frau dort vornehmen lassen, die das bezahlen kann. Vielleicht weiss jemand Genaueres?


Wolfgang antwortete am 14.04.01 (15:35):

Vielleicht sollte man auch über folgende These sprechen:

"Keiner hat über den Wert oder Unwert eines anderen menschlichen Lebens zu befinden - selbst nicht über das eigene."

Dieses Zitat stammt aus dem Dokument "Gott ist ein Freund des Lebens". Das ist eine gemeinsame Erklärung des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Deutschen Bischofskonferenz. Aus dieser Grundüberzeugung abgeleitet, sprechen sich alle massgeblichen VertreterInnen der deutschen Kirchen gegen die Tötung (oder die Hilfe dabei) auf Verlangen eines Sterbenden aus.

EKD: Gott ist ein Freund der Menschen
https://www.ekd.de/EKD-Texte/gottist/freund6-5.html

(Internet-Tipp: https://www.ekd.de/EKD-Texte/gottist/freund6-5.html)


Karl antwortete am 17.04.01 (09:32):

Folgende Meldung in der Tageszeitung von heute hat mich doch sehr schockiert: "Selbstmordpille für Alte? Niederländische Gesundheitsministerin: Abgabe denkbar".

Angesichts der Pflegeproblematik in 50 Jahren (entweder durch Robotor oder gar nicht, s. Alterspyramide unten anklickbar) nähern wir uns offensichtlich dem Eskimo-Modell. Wer nur noch kostet und nichts mehr bringt, melde sich doch bitte schön ab. Wird der soziale Druck in diese Richtung wachsen?

(Internet-Tipp: https://194.94.105.16/FB4/Projekte/2000/leben_im_alter/sites/00_Einleitung/media/altersaufbau.swf)


Anne antwortete am 25.04.01 (15:07):

Ich wollte mal fragen, ob jemand von euch weiss, wie und wo man sich in den Niederlanden über die aktive Sterbehilfe informieren lassen kann. Ich bin in der Ausbildung zur Kinderkrankenpflegerin& stelle das Programm für unsere Kursfahrt nach Amsterdam zusammen, bekomme aber zu diesem Thema nur sehr schwer Informationen. Danke für eingehende Tips.


Peter Luvim antwortete am 06.05.01 (13:30):

Wie würdet ihr euch verhalten ?
Wenn euer bester Freund, hoffnungslos verletzt, unendlich leidend, euch anfleht, ihn zu töten ?

Günter, du hast so eine schreckliche Geschichte erzählt. Im Krieg kam das in ähnlicher Weise immer und immer wieder vor.

Da ist dann keine Zeit für geistreiche philosophische Erörterungen.
Helfe ich meinem Freund in seiner äußersten Not -- oder verweigere ich ihm meine Hilfe ?

Was würdet ihr in dieser schrecklichen Situation tun ?
Ich würde ihm helfen, selbst wenn ich mein Leben lang
daran zu tragen hätte.


doris16 antwortete am 08.05.01 (00:52):

Peter - das ist echte Freundschaft. Im uebrigen, wenn man so wie ich absolut fuer die Wahl, d.h. Euthanasie, eingestellt ist, dann kann man das vorher festlegen, wenn man noch alle geistigen Faehigkeiten hat. Habe meine Familie jedenfalls entsprechend informiert - - keine heroischen Massnahmen.Was hier "living will" genannt wird, ist gesetzlich nicht bindend.


Heidi antwortete am 09.06.01 (16:55):

Peter schrieb:
Was für eine schreckliche Geschichte...
Wie würdet ihr euch verhalten ?
Wenn euer bester Freund, hoffnungslos verletzt, unendlich leidend, euch anfleht, ihn zu töten ?

Ich würde ihm helfen
........
Doris schrieb:
Peter - das ist echte Freundschaft
.......

Günter schrieb u.a.:
George begab sich in psychatrische Behandlung. Trotzdem wurden seine Schuldgefühle so groß, daß er nach einem Jahr den Freitod wählte

*********

Vielleicht eine weitere "schreckliche" Geschichte zum Nachdenken über dieses Thema:

Während meiner Krankenhauszeit wurde von den Stahlwerken ein Mann eingeliefert mit Verbrennungen 3.Grades durch Starkstrom. Ich habe diesen Mann gesehen - er kam als ein schreiendes, wimmerndes, schwarz verkohltes Etwas .

Sicher, er konnte zu diesem Zeitpunkt niemanden anflehen, ihn zu töten - wäre er dazu in der Lage gewesen, hätte er es vermutlich auch getan. Die Ärzte gaben ihm keine Überlebenschance, taten trotzdem alles medizinisch Mögliche um diesen Mann am Leben zu erhalten und die Schmerzen zu lindern.

Zu diesem Zeitpunkt (1956) hat kaum ein Arzt über aktive Sterbehilfe nachgedacht. Das war undenkbar .

Ich war damals 18 Jahre alt und hatte Sitzwache an seinem Bett. Trotz reichlicher Schmerzmittelgabe wimmerte der Mann ständig vor sich hin und ich habe in dieser Nacht auch gedacht, es wäre besser, die Infusionen einzustellen und die Schmerzmittel soweit zu erhöhen, dass sie den Tod dieses Mannes herbei führen würden.

... Drei Jahre später habe ich den Mann wieder gesehen. Außer einigen Narben wies nichts auf den schrecklichen Unfall zurück, der Mann war glücklich, noch zu leben!

(Internet-Tipp: https://www.freitag.de/2001/20/01201301.php)


Sara antwortete am 10.06.01 (14:27):

Hi Leute!
Mich interessiert dieses Thema sehr, und deshalb habe ich in der Schule vorgeschlagen über dieses Thema
zu sprechen. Nun muss ich mit einer Freundin ein Referat halten.
Könntet ihr mir vielleicht ein paar Informationen geben???
Das wär echt super von euch!
Vielen Dank im Voraus,
Mfg,
Sara


Heidi antwortete am 10.06.01 (20:31):

Meinst Du nicht, Sara, dass sich in dem bisher Geschriebenen genügend Stoff für ein Referat findet? ;-))

Wenn Du noch Fragen dazu hast, frag' ruhig


Schülerin antwortete am 17.06.01 (17:37):

Ich habe alle diese Beiträge mit Interresse durchgelesen! Und ich bin ganz der Meinung des Schülers!
Warum soll man einem Menschen nicht helfen wenn er schmerzen hat, solche schmerzen das er schreien muss, warum muss ein Mensch so einene Tod haben, warum muss das Menschenleben so qualvoll enden?
Weil weil das aus Tradition so machen, oder weil es in der Bibel steht ( du sollst nicht töten)?
Ist es überhaupt töten ? Eigentlich nicht. Man hilft einem Menschen sein Leben ohne Schmerzen zu beenden und dagegen soll man sich stemmen?


Kimi antwortete am 21.06.01 (23:04):

Für eine Diskussion im Rahmen des Deutschunterrichtes bin ich mit dem Thema Sterbehilfe konfrontiert worden. Anfangs war ich eigentlich klar der Ansicht, dass jeder das Recht auf die individuelle Gestalltung seines Lebens hat, sprich dass jeder seinem Leben dann ein Ende setzen kann, wann er es für richtig befindet. Ich würde diese Aussage noch jetzt Unterstützen, doch im Verlaufe meiner Recherchen bin ich auf Anhaltspunkte gestossen, die mich veranlassten, meine Meinung zu überdenken oder einfach auch andere Standpunkte in Betracht zu ziehen. Ich denke da gerade zum Beispiel an die Palliativmedizin, die in den letzten Jahren erheblich verbessert wurde, sprich eine echte Alternative zur aktiven Sterbehilfe ist!
Allgemein sollte man Menschen, die den Wunsch haben zu sterben mehr helfen, indem man ihnen seine tatkräftige Unterstützung im Leben(!) anbietet. Die Gesellschaft ist für alle Menschen gleich verantwortlich. Der Tod kann doch nicht eifach die letzte Lösung sein! Man sollte sich die Frage stellen, ob man so etwas einzigartiges wie das Leben einfach aufgeben will, "nur" um einer unangenehmen/auswegsloserscheinenden Situation zu entfliehen. Wer garantiert uns, dass nach dem Tod alles anders wird?


Gerda antwortete am 25.06.01 (10:48):

Hallo Kimi!
Dein Standpunkt, den Du Dir durch mehr Information über dieses Thema geschaffen hast, gefällt mir sehr gut. Unser Prof.Ringel, ein Selbstmordspezialist, hat einmal gesagt:"Keiner will sterben. Aber manche wollen SO auf keinen Fall weiterleben." Da muß Hilfe einsetzen, um das Leben wieder erträglich erscheinen zu lassen. Hilfe, die es in den meisten Fällen auch gibt - jedenfalls theoretisch. Ob diese Hilfe dann jedermann, der sie braucht, auch zugänglich ist, lasse ich einmal offen. Wie humanistisch ist unsere Gesellschaft, wieviel Geld sind wir bereit, für solche Einrichtungen locker zu machen? Wie gehen wir an das große Problem unserer Zeit, nämlich die menschenwürdige Behandlung alter, siecher, unheilbar Kranker heran? Schaffen wir es wirklich, allen diesen Menschen (es werden täglich mehr) die letzte Phase ihres Lebens erträglich zu gestalten? Gibt es überhaupt genug Personal, das bereit ist, eine solch unattraktive Aufgabe zu übernehmen? Gibt es z.B. genug Ärzte, Krankenpfleger, Psychologen, die genügend berufliche Erfüllung nicht in der Wiederherstellung der Gesundheit, sondern lediglich in der Erleichterung des Leidens auf Zeit finden? Denn am Ende steht immer wieder - Tag für Tag - nur der Tod. Es sind wenige, die bereit sind, sich 40-60 Wochenstunden ein Arbeitsleben lang engagiert damit auseinanderzusetzen. Ich sehe hier einen großen Konflikt zwischen humanitärer Grundeinstellung und Machbarkeit. Es würde mich sehr interessieren, ob Ihr für dieses Problem einen Lösungsansatz finden könnt.
Jedenfalls aber finde ich es ganz super, daß Ihr Euch mit dieser Problematik auseinandersetzt.
Liebe Grüße, Gerda


blaettchen antwortete am 26.06.01 (21:50):

Hallo, liebe Kimi, Dein Beitrag hat mir gut gefallen.
Ich denke ähnlich wie Du, nämlich, daß man nicht darauf abzielen sollte, die alten und kranken Menschen zu töten, sondern ihnen ein Leben ohne Schmerzen und mit viel Liebe zu ermöglichen, bis ihr Leben zuendegeht.
Viele liebe Grüße und viel Erfolg im Deutschunterricht!
blaettchen

(Internet-Tipp: www.vogelstimmen.de)


Heidi antwortete am 03.07.01 (15:22):

Thema: Pressemitteilung zu neuem Patientenratgeber
Datum: 02.07.01 18:14:25 (MEZ) - Mitteleurop. Sommerzeit
To: HSMSiegen@aol.com

P R E S S E M I T T E I L U N G

Taschenbuch zur Patientenverfügung bereits nach wenigen Wochen in dritter Auflage erschienen
Patientenverfügungen gelten mittlerweile fast als so etwas wie ein Allheilmittel gegen mögliche Übergriffe der Medizin in den letzten Lebenstagen und Garanten für ein würdiges Sterben. Hinter diese Annahmen setzten die Autoren des im Verlag Herder erschienenen Buches "Die Patientenverfügung - was Sie tun können, um richtig vorzusorgen" ein Fragezeichen. Die Bedeutung dieses Themas und das große Interesse, das hieran in der Bevölkerung besteht wird nicht zuletzt daran deutlich, dass das Taschenbuch bereits innerhalb weniger Wochen zum dritten Male aufgelegt wurde.
Die Autoren - der Jurist Prof. Dr. jur. Thomas Klie und der Palliativmediziner Prof. Dr. med. Johann-Christoph Student - sind beide anerkannte Fachleute auf ihrem Gebiet. Klie lehrt Recht an der Evang. Fachhochschule Freiburg, ist Vizepräsident der Dt. Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie und seit Jahren mit Fragen der rechtlichen Vorsorge im Alter und der Patientenverfügung befasst. Student leitet das renommierte Hospiz Stuttgart, ist Mitglied der Akademie für Ethik in der Medizin und gilt als einer der Väter der deutschen Hospizbewegung.

In ihrem gemeinsam verfassten Buch kommen die beiden Professoren zu dem Schluss, dass die derzeit gängigen Formulare zur Patientenverfügung "bisweilen kaum das Papier wert sind, auf dem sie stehen," wie Student es bei der Präsentation des Buches formulierte. Sogar gefährlich könnten sie werden und so etwas wie eine "stille Euthanasie bewirken," ergänzte Klie, wenn Ärzte sich blind an die in solchen Formularen enthaltenen Aussagen hielten.

Zu folgendem Vorgehen raten die beiden Autoren stattdessen dringend: Zunächst sei es wichtig, dass eine Patientenverfügung individuell formuliert werde und genau auf die persönlichen Bedürfnisse des Verfügenden zugeschnitten sei. Man könne nicht alles vorweg regeln, warnt der Arzt Student. Stattdessen sollten die eigenen Wertvorstellungen und Wünsche bezogen auf das Lebensende klar formuliert werden. Aber dann, ergänzt der Jurist und Rechtsanwalt Klie, müssten eine (oder mehrere) Personen auch mit der nötigen rechtlichen Macht ausgestattet werden, um den Wünschen zur Durchsetzung zu verhelfen, wenn der Betroffenen hierzu nicht mehr in der Lage sei. Dies gelinge mittels einer Vorsorgevollmacht. Hierfür genüge nun wiederum das sorgfältige Ausfüllen eines entsprechenden Formulars, das ggf. mit Hilfe eines Notars die erforderliche Rechtskraft erhalte. - Alternativ oder ergänzend könne auch eine Betreuungsvollmacht ausgefüllt werden, die dann zu gegebener Zeit dazu führe, dass das Vormundschaftsgericht einen gesetzlichen Betreuer ernenne, der die Wünsche des Betroffenen durchzusetzen habe.
In ihrem Buch geben die Autoren aber nicht nur genaue medizin-rechtliche Informationen und Formulierungsvorschläge. Sie schildern auch anhand zahlreicher plastischer Berichte aus dem Leben schwerkranker Menschen, wie das Lebensende würdig gestaltet werden kann. Auf diese Weise nimmt das Buch die Leserinnen und Leser gewissermaßen behutsam an die Hand und geleitet sie sanft und sicher zu einer selbstbestimmten Entscheidung.
Das Buch "Die Patientenverfügung - was Sie tun können, um richtig vorzusorgen" wendet sich an Laien ebenso wie an Fachleute aus dem Gesundheits- und Rechtsbereich.

Thomas Klie und Johann-Christoph Student:
Die Patientenverfügung - was Sie tun können, um richtig vorzusorgen.
Verlag Herder, Freiburg 2001
(ISBN 3-451-05044-7, DM 18,90)


Stefanie antwortete am 05.07.01 (14:49):

Ich bin Schülerin der Bakip Riedi.I. Ich schreibe eine Diolomarbeit zum Thema "aktive Sterbehilfe" und habe darüber auch bereits ein Referat verfaßt. Ich bin sehr interessiert an diesem Thema und verfolge aktuelle Entwicklungen ganz genau.Verschiedene Meinungen und Informationen über "aktive Sterbehilfe" wären meiner Arbeit sehr dienlich.Würde mich über jede Information sehr freuen

Ich habe mich mit einem Arzt über dieses Thema unterhalten, der mir mitteilte, daß aktive Sterbehilfe mit den Budgetkürzungen im Zusammenhang steht. Es kommt billiger jemanden zu töten, als ihn in einem Hospiz würdig und weitgehend schmerzfrei sterben zu lassen. Eine schlimme Entwicklung


André Hoyer antwortete am 08.07.01 (20:55):

ich finde das sterbehilfe gar keine schlechte idee ist, es gibt so viele leute die vom hals ab nach unten gelähmt, gefüttert werden müssen, nix mehr alleine machen können und mit sicherheit gerne sterben wollen. Sie werden doch nur noch durch "MASCHINEN" am leben gehalten, und der Grundsatz der Ärzte ist alles "MENSCHENMÖGLICHE" zu tun um die menschen am leben zu erhalten. und wenn die leute es wirklich wünschen, sollte man ihnen den Wunsch nicht abschlagen, sie haben ein recht auf einen ehrwürdigen Tod!!!


Heidi antwortete am 16.07.01 (05:28):

Lesenswerter Artikel in der Frankfurter Rundschau heute:

"..Was unsere Gesellschaft von alt und unproduktiv gewordenen Menschen hält, können die Betroffenen sich täglich beim Blick in die Zeitung vergegenwärtigen, wo von "Vergreisung", "Rentenkrise" und einer "Explosion der Gesundheitskosten" die Rede ist.

Die Alten und Kranken haben längst angefangen, jenes gesellschaftliche Werturteil über ihr Leben zu verinnerlichen. Das dokumentieren eindrucksvoll die Aussagen von Euthanasiewilligen, die die Wissenschaftlerinnen Corrie Koppedraijer und Anne-Mei The gesammelt haben.Da sagt Els, eine 43jährige unheilbar lungenkranke Frau: "Was hab' ich vom Leben, wenn ich es nicht mehr genießen kann? Was ist dann der Wert des Lebens?" und läßt sich von ihrem Hausarzt beim Suizid helfen...."

https://www.fr-aktuell.de/fr/160/t160001.htm

(Internet-Tipp: https://www.fr-aktuell.de/fr/160/t160001.htm)


Carmen antwortete am 19.09.01 (16:47):


Ich möchte eigentlich nur ein "Sprichwort" zum Thema Sterbehilfe schreiben:


Viele leben um zu sterben, viele sterben um zu leben!


fritz2 antwortete am 19.09.01 (20:39):

Hallo Carmen,


ist das angesichts der Selbstmordattentäter, die sich ja wohl auch einen Heldenplatz im Jenseits erträumt haben, makaber.


Carmen antwortete am 19.09.01 (21:19):

Lieber Fritz, ich hoffe dass du nicht ernsthaft von mir denkst, dass ich das auf das Attentat beziehe. Ich beziehe dieses Sprichwort auf die 100-jährigen Menschen, die mit Schmerzen im Heim verbringen, wo möglich keine Verwandten mehr haben und so vor sich hinvegitieren. Ich hoffe du verstehst was ich meine.

Carmen


Heidi antwortete am 22.10.01 (20:47):

"In einem freien Land sollte jede/r die Möglichkeit der Selbstbestimmung haben. Das trifft natürlich insbesondere für hilflose und kranke Menschen zu, besonders dann, wenn sie im Kopf noch völlig klar sind und lediglich der Körper bereits weitetsgehend schon tot ist. Wenn sie von unheilbaren Schmerzen geplagt werden und Keine/r mehr Hilfe leisten kann/will.
Sie können jegliche Art von Freitod wählen, diese Menschen jedoch nicht. Es geht bei dieser Lebenserhaltung ausschließlich um Profit und das trifft insbesondere auf die Ärzteschaft, Juristen und vor allem die sog. Himmelskomiker, zu. Sie sollen zu Lebzeiten noch alles das genommen bekommen, was sie sich in einem ganzen Leben erarbeitet haben.
Ich wünsche Ihnen, daß Sie auch einmal in diese Situation kommen und diese menschliche "Fürsorge" genießen können, damit Sie wissen von was sie einmal geschrieben haben und damit anderen zugefügt haben.

Ich weiß von was ich schreibe: Ich bin gerade wieder aus dem Krankenhaus entlassen worden. Ich bin querschnittgelähmt, schwerstpflegebedürftig und Schmerzpatient."

---

Diesen Text erhielt ich letzte Woche per Mail. Im Moment fällt es mir schwer, darauf zu antworten.. ich werde darüber nachdenken.


Michael Maier aus Hatmannsdorf antwortete am 08.11.01 (11:22):

ich finde die totesspritz nicht ganz so schlecht weill mann TOTKRANKE von den schmerzen erlösen kan.


Gisbert antwortete am 08.11.01 (20:10):

Ich habe vor einem Vierteljahr die letzten "nur" 3 Wochen meiner 92 jährigen Schwiegermutter miterlebt, die sie ab dem 2. Herzinfarkt bis zu ihrem Tod im Krankenhaus lag. Spätestens nach 1 1/2 Wochen war den Ärzten klar, dass sie das Haus nicht mehr lebend verlassen würde. Aber Infusionen mußten ihr täglich gegeben werden, damit sie "nicht austrocknet". Es war eine Tortur! Venen, die noch durchgängig waren, fand man kaum noch. Hände und Arme waren nur noch blau von den vielen Blutergüssen, die bei diesen Versuchen entstanden. Die Spritzen gegen die Schmerzen versetzten sie in fast dauernden Trance-Zustand. Kinder, Enkel und auch ich waren zwar täglich mehrere Stunden bei ihr, aber wie weit sie das noch registrieren konnte, war nicht eindeutig zu erkennen. Wer so etwas erlebt (und bei manchen Menschen dauert das Warten auf den Tod ja noch länger), der fragt sich schon, ob nicht mindestens eine passive Sterbehilfe menschlicher gewesen wäre.


Doris Routliffe antwortete am 09.11.01 (04:52):

Das christliche Dogma verbietet es den Menschen eben, die Entscheidung ueber Leben und Tod in die eigenen Haende zu nehmen . . . das ist "Gott" vorbehalten. Dabei sind wir unseren todkranken Haustieren gegenueber human, erloesen sie von total nutzlosem Leiden. Warum sind wir dann todkranken Menschen gegenueber so grausam?


Maike antwortete am 13.12.01 (13:01):

Ich finde es gut das Sterbehilfe in den niederlande jetzt erlaubt ist! denn ist es menschen würdig einen totkranken menschen ohne eine geringste chance am leben zu erhalten und in damit noch mehr schmerzen zuzufügen??????????????????????????????????????????? soll so ihr tot aussehen! oder können verwandte und angehörige und auch selbst der mensch sich nicht in einer glücklicheren zeit in erinergung haben??? oder weiß man das der mensch den man so geliebt hat sich quälen musste bis er erlöst wurde? macht man sich dann keine vorwürfe! und was ist das für ein leben wenn maschinen jemand am leben halten??????????????????????????????????????????? dieser mensch ist doch nur noch ein "OBJEKT" das dort still und rughig liegt aber gar nicht mehr am leben teilnehmen kann! Das kann kein leben sein!!!!!!! Ist es dann nicht besser wenn man einen befreien kann! oder sollen auch kindersolche quallen durchmachen????????????????????????????????