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THEMA:   Umgang mit Behinderten

 25 Antwort(en).

Ilse begann die Diskussion am 26.08.00 (13:54) mit folgendem Beitrag:

Unter der Rubrik Politik und Gesellschaft hat mich der Betrag von Wolfgang (25.08.) zum Thema Rechtsradikalismus darauf gebracht, die Diskussion zu einem neuen Thema anzuregen.
Er schreibt:"Warum haben so viele Menschen Angst vor dem Fremden bzw. vor den Fremden?"
Ich denke, es ist nicht ausschließlich Angst; vielfach ist man sich vielleicht nur unsicher, wie man sich dem gegenüber, der anders als wir ist, verhalten soll.

Also: Wie gehen wir am besten mit Behinderten um?


Peter Glinka antwortete am 28.08.00 (14:49):

Oha liebe Ilse,

gestatte eine Gegenfrage. Wer ist denn überhaupt behindert? Ist es derjenige, der nicht laufen reden oder hören kann? Ist es der, natürlich auch diejenige, der seine Möglichkeiten nicht nützt, weil er vielleicht zu faul ist? Ist es der/diejenige, die lieber drei Stunden sucht anstatt einmal nach dem richtigen Weg zu fragen?
Behinderungen gibt es viele. Es gibt welche, die wir uns selbst auferlegen, es gibt welche, die wir überwinden können, es gibt welche, die uns hart treffen und die zu überwinden kaum möglich ist.

Peter Glinka


Ilse antwortete am 28.08.00 (19:48):

Hallo Peter,

klar, daß es außer Faulheit und Trägheit noch viele andere "Behinderungen" gibt, z. B. Lieblosigkeit. Aber ich denke, Du weißt, was ich meine: Die organisch Behinderten (für eine präzisere Definition wäre bin ich dankbar), z.B. die Leute im Rollstuhl. Ich wage mal zu fragen: Bist Du in irgendeiner betroffen? Oder hast Du auf dem Gebiet Erfahrungen? Das Thema liegt ist mir wirklich ernst.

Ilse


Petrone@t-online.de antwortete am 29.08.00 (14:38):

Es gibt altersbehinderte, liebe Ilse, es gibt unfallbehinderte, krankheitsbehinderte, gestig behinderte, körperlich behinderte und hinter allem steht immer ein MENSCH als Persönlichkeit.
Ja wie geht man denn mit Menschen um, liebe Ilse?
Viele die von einem Handicap betroffen sind versuchen immer wieder, es geistig zu überspringen - kompensieren ist wohl das schöne deutsche Wort dafür. dabei stehen ihnen jedoch allzu oft ihre Mitmenschen im Wege, was zu immer neuen Mißerfolgserlebnissen führt. das führt allzu oft in die Frustration und in Mutlosigkeit!
Ja, du hast recht, ich bin Betroffener. Ich bin seit 25 Jahren nach einem schweren Autounfall querschnittgelähmt ab dem 5. Halwirbel. Ich habe damals die Erfahrung gemacht, dass man als Mensch erst wieder zählt, wenn man man Leistung bringen kann. Also habe ich - auf eigene Kosten - einen Fernlehrgang in Managent belegt, habe mit diesem Wissen meine Firma aus der Pleite gerettet, habe darüber in Fachzeitschriften berichtet, wurde daraufhin Betriebsberater und dann endlich war ich wieder voll anerkannt. Menschen mit Behinderung müssen mehr wissen sonst werden Sie untergebuttert. 1996 habe ich die Firma als größte vor Ort meinem Sohn übergeben und widme mich nun sozialen Aufgaben. Bin ehrenamtlicher Vorsitzender des hiesigen Arbeiter-samariter-Bund und entwickle eine Wohlfühlstrategie für Rollstuhlfahrer und andere Menschen. man muß da sein für andere Menschen. Aufgaben gibtv es genug.

Peter Glinka


Peter Glinka antwortete am 29.08.00 (19:10):

Ja, Ilse, ich bin ein Betroffener. Vor 25 Jahren erlitt ich bei einem schweren Unfall eine Querschnittlähmung im Halswirbelbereich. Meine Frau und ich hatten uns damals vorgenommen, soweit wie nur möglich, "normal" weiter zu leben. Wir hatten damals, drei kleine Kinder, zwei neu gegründete Blumengeschäfte, ein frisch gekauftes Haus und einen Haufen Schulden, wie Du dir denken kannst.
Wir mußten weiter machen, aber es war nicht einfach. Die gesellschaft hat uns teils bewundert, teils aber auch aufs übelste über den Tisch gezogen.
Dann habe ich eingesehen, dass ich was tun mußte. Ich mußte mich meiner Situation entsprechend besser auf die Gesellschaft einwirken können. So erlernte ich auf eigene Kosten eine Managementstrategie und erkannte ganz neue Stärken in mir.
Ich richtete meine Geschäfte neu aus. So kam endlich wieder Geld ins Haus. Dann berichtete ich in Fachzeitschriften über meine Strategieumsetzung - und wurde betriebsberater im Facheinzelhandel.
Jetzt war ich wieder wer. Nicht mehr das mitleiderregende Paket im Rollstuhl. Ich verstehe ja, dass man als normaler Fussgänger nicht weiß, wie man Menschen im Rollstuhl begegnen soll. Es ist ja auch jeder anders. der eine ist empfindlich, der andere geht darüber hinweg.
Für mich war immer der wille entscheidend, etwas zu tun für die Gesellschaft, mir selbst zu beweisen, dass das Gehirn entscheidet und nicht ein gelähmter Körper.
Entscheidend ist doch immer der Mensch und nicht sein Handicap.
So bin ich auch heute noch aktiv. Ich bin ehrena. Vorsitzender eines sozialen Hilfsvereins und arbeite an einer "Wohlfühlstrategie für Rollis und andere Menschen". Nicht nur ich, alle Menschen und insbesondere Senioren sollten mehr tun für die Gesellschaft.

Peter Glinka


Christine Thiessen antwortete am 30.08.00 (09:23):

Liebe Ilse,
seit drei Tagen liege ich mit mir im Streit, ob ich auf Deine Frage eine Antwort schreibe. Peters Beitrag hat mich nun ermutigt, mich zu dem Thema zu äußern.
Ich bin im Vergleich zu Peter nur ganz geringfügig beeinträchtigt. Ich kann zwar laufen, aber nur kurze Strecken und unter ziemlichen Schmerzen.
Wie mit Behinderten umgegangen werden soll? Bringe ihnen den selben Respekt wie jedem Nicht-Behinderten entgegen. Und dabei ist die Art der Behinderung völlig nebensächlich!!
Der Mensch verliert doch nicht an Wert, nur weil er durch irgendein Handicap eine bestimmte Fähigkeit verloren hat.
Behinderte wollen von der Gesellschaft nicht ausgegrenzt sondern miteinbezogen werden. Mitleid brauchen wir nicht, sondern Anerkennung und Toleranz.

Mit lieben Grüßen

Christine Thiessen


Gisbert Pfundt (Gipf) antwortete am 30.08.00 (20:09):

Ja, mit dem Thema sollte sich jeder Nichtbehinderte, zu denen ich auch gehöre, befassen und sich überlegen, wie man mit Behinderten umgeht.
Wenn Sie auch in einer oder anderer Beziehung ein Handicap haben, sind sie jedenfalls, abgesehen von diesem, Menschen sind wie "Du und ich". Also muß man mit Ihnen auch umgehen wie mit anderen Mitmenschen. Was sie meiner Erfahrung nach nicht haben wollen, ist einerseits Neugier und andrerseits Mitleid, wohl aber Hilfe, wenn Sie wegen ihrer Behinderung einmal solche benötigen.
Habe ich recht, Peter und Christine?


christl antwortete am 30.08.00 (21:06):

Ein Thema das alle angeht. Ich selbst bin nicht behindert,aber wer weiß schon was morgen ist. Für mich hat sich nie die Frage gestellt, ob ich diesen Menschen anders als anderen begegnen soll, wenn sie Hilfe brauchten, versuchte ich zu helfen, aber meist bewunderte ich diese Personen, wie sie mit Ihrem etwas anders sein umgehen können,Peter kann stolz auf sich sein, schön, dass er auch anderen Mut macht.
Vor einigen Jahren hatte ich in Venedig ein Erlebnis, für das ich mich noch heute schäme und trotzdem, ich weiß nicht ob ich heute anders handeln würde, denn die Toleranz von der wir alle glauben, dass wir sie hätten, hat auch seine Grenzen. Mein Mann und ich waren in unserer Lieblingsstadt
und hatten uns müde in eines dieser netten und teuren Cafes am Kanal niedergesetzt und wollten uns stärken. Da kam eine Gruppe amerikanischer,leicht geistig behinderter Personen mit ihren Betreuern herein. Da nicht genug Plätze waren, nahmen sie auch an unserem Tisch Platz. Wir wollten etwas essen, aber wie ich in das Gesicht meines Gegenübers sah, der seinen Speichel nicht beherrschen konnte, stand ich auf, winkte ich, wie wenn wir einen Bekannten gesehen hätten, nahm meinen Mann bei der Hand und zog ihn fort.
Wie soll man sich in so einer Situation wirklich verhalten,
ich schaffte es nicht mich "normal" zu benehmen. Meine Hochachtung gilt vor allem den Menschen solchen Behinderten arbeiten, sie haben bestimmt selten Erfolgserlebnisse aber eine bewunderswerte Einstellung.


Peter Glinka antwortete am 31.08.00 (14:59):

Ein ganz großes Problem ist sicher auch, dass behinderte Menschen oft nicht wissen, wie sie sich nicht behindeten Menschen gegenüber verhalten sollen. Dafür sorgt schon ganz einfach das Anderssein. Oft liegt es natürlich an gemachten Erfahrungen.
Darum sage ich den Interessenten an meiner "Wohlfühlstrategie, "Seid selbstbewußt, rollt vor denSpiegel und sagt zu euch," wo ich bin, da ist oben. Was mich anficht, muß zu mir hoch kommen, ich kann es abwehren"
Viele behinderte Menschen, auch deren Verbände, sprechen von ständiger Diskriminierung! Mich hat in 25 Jahren noch niemand diskriminiert. Es ist alles eine Sache der Einstellung! Was also sagt uns das? Behinderte und nicht behinderte Menschen sollten sich besser auf einander einstellen. Genau wie weiße, schwarze, rote gelbe Menschen dieses tun sollten. Einfach oder nicht?


Helga Spengler antwortete am 07.09.00 (16:52):

Ich gehöre zu den Betroffenen und kann dem Beitrag von Christine Thiessen und Peter Glinka
nur zustimmen. Dabei habe ich die Erfahrung gemacht, je offener wir mit unserer Behinderung
umgehen, um so weniger steht sie im Vordergrund, sondern wird bald "übersehen" und es
entsteht ein "normales" Verhältnis. Das habe ich besonders im Umgang mit Kindern erlebt.


Günter Peltz antwortete am 08.09.00 (19:15):

Hallo, Helga, Peter und andere
Ich hatte 1957 einen Verkehrsunfall. Linker Arm im Eimer, Lähmung. Zunächst mit 70% eingestuft, dann „Sie haben sich ja daran gewöhnt“, auf 50% Körperbehinderung zurück gestuft. In gewissem Sinne hatte der Amtsarzt ja recht, ich trage nur noch Slipper, weil ich mir keinen Schuh mehr zubinden kann.
Im Betrieb wurde ich aus der Entwicklungabt. abgezogen und in der Arbeitsvorbereitung (REFA) eingesetzt.
Erfahrung 1
Habe mich dann bei einer anderen Fa. als Techn. Kaufmann mit REFA-Kenntnissen beworben, Beim Vorstellungsgespräch sagte mir der tech. Direktor als erstes:“ Wir brauchen keine techn. Koofmich, sondern einen Entw.-Ing.“ Mein Einwand, behindert zu sein, tat er mit den Worten ab: „Ich hab mich über Sie erkundigt, junger Mann, wir brauchen in erster linie Ihr Hirn, nicht Ihre Pfoten“! Glaubt Ihr meine Lieben, daß das für mich ein innerer Vorbeimarsch war!!
Erfahrung2
Ein zweites, aufmunterndes Erlebmis. In Höxter gibt es eine Spezialklinik (WBK) für Lähmungen. Ich die Leute angeschrieben, dann 6 Wochen dort verbracht. Man hat ja Hoffnung! Nix da, Erfolg gleich null. ABER!! Was ich dort gesehen habe, und welchen Lebensmut dort die Patienten hatten! Ich kam mir klein und nichtig, und total gesund vor
Erfahrung3
Etliche Jahre später, ich verheiratet, mein ältester Sohn macht ZIVI als Rettungssanitäter. Seine Worte: „Ich will lieber Leben erhalten, als vernichten!“
Eines Abends kam er heim, fix und foxi. Ging in sein Zimmer und heulte. Nach einer ½ Sunde ich hinterher, „was ist los?“ „ Papa, ich war heute in einer Klinik für Unfallopfer in ......“ „Weißt Du überhaupt, wie gesund Du bist?“ Über das weitere Gespräch möchte ich lieber schweigen.
Also, mein Wort an alle Behinderten (körperlich, geistig kann ich nicht beurteilen):
Reißt Euch zusammen, spielt nicht das Opfer (man muß ja was für mich tun!). Nehmt Euer Leben selber in die Hand, nutzt euer Wissen, Euer Ego wird es Euch danken! Wer sich auf andere verlässt, ist verlassen!!
Gruß Günter


Ilse Fahl antwortete am 09.09.00 (22:42):

Hallo,liebe Christine, ich habe einfach das Bedürfnis, hier mal mein persönliches Problem mit Menschen mit Behinderung zu äußern: Man sieht: da ist ein Mensch, der durch irgendein Schicksal nicht die gleichen Freiheiten und Voraussetzungen zur Lebensbewältigung zur Verfügung hat, wie ich und die scheinbar "normalen" Menschen! Klar, man empfindet Mitleid, und vor allem das Bedürfnis, hier seine Hilfe anbieten zu können! Und da setzt mein ganz großes Problem ein : Ist nicht mein Hilfsangebot gleichzeitig eine Kränkung für den Belasteten! Ein Zeichen, daß ich ihm nicht zutraue, daß er stark und geschickt genug ist, sein Problem allein zu lösen!? Daneben das Schuldgefühl: wie kommst Du dazu, ihm Deine Hilfe vorzuenthalten? Du hast das Glück - zur Zeit noch - daß Du körperlich o.k. bist! - Dieser innere Zwiespält quält mich immer und hindert mich, hier ganz einfach "da-zu-sein"!? Schlimm, nicht? Aber ich habe für mich noch keinen mich befriedigenden Weg gefunden! Vielleicht kannst Du mir Rat geben?


Karin Häsing antwortete am 10.09.00 (07:27):

Liebe Ilse,

ist es denn nicht möglich, dieses Gespräch mit dem/der Betroffenen zu führen in der konkreten Situation. Schildere ihm/ihr doch kurz deinen Zwiespalt. Es ist manchmal überraschend, wie bereitwillig so etwas aufgenommen wird, wenn dahinter Empathie, nicht aber Mitleid erspürt wird.
Versuch's doch mal! Das würde ich dann als ein gelungenes Miteinander bezeichnen.

Liebe Grüße

Karin


Ilse Fahl antwortete am 10.09.00 (17:24):

Liebe Karin, Danke für Deinen Vorschlag! Das aber geht nur - so will es mit z.Zt. scheinen - mit Menschen, die ich bereits kenne, in dem Fall bin ich immer für Offenheit im Umgang und dann erlebe ich genau wie Du, daß das die Wege ebnet! Schwieriger aber ist es mit Fremden , die man im Straßenverkehr trifft, auf die gehe ich ungern so zu, denn das macht doch zusätzlich darauf aufmerksam, daß ich diesen Menschen für "behindert" erlebe mit allen Möglichkeiten, die kränkend wirken können! Da liegt eigentlich das Problem!
Laß Dich grüßen von Ilse!
Wenn Dir hierzu ein guter und weiterführender Tipp einfällt, wäre ich Dir dankbar, wenn Du ihn mit mitteilst!


Ilse W. antwortete am 11.09.00 (10:43):

Hallo zusammen,

Ilse Fahl drückt ziemlich genau meine Empfindungen aus: Verständnis für die Betroffenen, Respekt, Hilfsbereitschaft - das ist selbstverständlich. Es ist bewundernswert, wie sie mit ihrer Situation fertig werden (müssen). Aber wenn der ständige Kontakt mit ihnen nicht da ist und man auf Fremde trifft, kommt oft Beklommenheit auf. Da kann ich die Reaktion von christl gut verstehen (übrigens ekele ich mich grundsätzlich vor schlechten Eßmanieren; aber das gehört nicht zum Thema).
Meine 4-jährige Enkelin kennt ihren Opa nicht anders als rundum pflegebedürftig im Krankenhausbett. Sie geht mit ihm ganz natürlich um; es stört sie überhaupt nicht, daß er nicht spricht und nur mit einem Lächeln reagieren kann. Ich bewundere diese Unbefangenheit von Kindern, die uns Erwachsenen oft abhanden gekommen ist.
Die Vielzahl der interessanten Beiträge zu diesem Thema freut mich, und ich hoffe, daß sie uns alle ein Stück vorangebracht haben.


Ilse Fahl antwortete am 12.09.00 (13:50):

Auf Karins Rat hin habe ich mich einfach mal an Peter Glinka gewandt und ihn um Rat gefragt,ich wußte, daß er mir vielleicht helfen kann! Dies ist nun das Ergebnis:
Einfach im Straßenverkehr blitzwach sein, wenn dann ein Behinderter Hilfe benötigt, hat er es in der Regel gelernt, um Hilfe zu fragen, das fällt ihm leichter, wenn ich ihn offen wahrgenommen habe. Wenn er das aus irgendeinem Grunde noch nicht kann oder mag, dann helfe ich ihm am besten,wenn ich ihn nicht bedränge, sondern ihm die Ruhe lasse, die er benötigt, um das zu lernen, was ihm das Leben erleichtert.
Peter möchte, daß ich Euch herzlich von ihm grüße! Er fand, daß ich unser Ergebnis ins Forum einbringen solle, weil es wohl außer mir doch noch mehrere Menschen gibt, die es sich und den Behinderten nur schwerer machen, die reale Situation zu akzeptieren und damit fertig zu werden!


Harald Leutsch antwortete am 20.09.00 (11:01):

Hallo,hier ist Kreta,
mein Beitrag hat nicht direkt mit dem Thema zu tun,aber ich habe alle Beiträge gelesen und mir haben alle Worte geholfen,vor allem die von Peter Glinka.
Geholfen,noch ein klein wenig mehr zu verstehen,geholfen aber auch für und bei meiner Arbeit,ein wenig ein kleines Tief zu überwinden - was jeder mal hat,aber hier hat man es halt ab und zu mal.
Zur Erklärung: Ich lebe seit 1982 hier auf KRETA und versuche seit knapp 10 Jahren den Urlaub für behinderte Gäste hier möglicher zu machen.
Von der Geschichte der Insel stößt das auf Vorurteile generell,viel in der Tradition begründet,aber auch auf das heutige Profitstreben.Es ist ein täglicher Kampf gegen Windmühlenflügel, 2 Schritte zurück,einen vor.
Das Schöne trotzdem ist,daß es inzwischen eine realistische,wenn auch noch kleine Basis gibt,und das es immer weiter geht.
Außerdem habe ich durchaus mehr positive Erlebnisse las mit und bei den "Normalen" Urlaubern.
Danke schön für die Möglichkeit,diese wenigen Worte loswerden zu dürfen.
Grüße von Kreta
Harald Leutsch

(Internet-Tipp: https://www.beepworld.de/members/haraldgleutsch)


Monika Keller antwortete am 26.09.00 (13:10):

Nicht behindert zu sein
ist kein Verdienst
sondern ein Geschenk,
des jedem von uns
j e d e r z e i t
genommen werden kann.
(Richard v. Weizäcker)

Warum nicht ganz einfach fragen: "Brauchen Sie Hilfe?"

Es ist eine ganz einfache Frage - und wir erhalten eine ganz einfache Antwort: "ja" bzw. "nein". Wenn sich dann noch ein Gespräch entwickelt - schön und wenn nicht - erledigt.

Warum alles so kompliziert ansehen: wie denkt der Andere, wenn ich ihn anspreche o.ä.; da liegen wir sowieso meistens falsch.

Einfach - offen - frei heraus. Eben "ganz normal".

Alles Gute und viel Erfolg.


Heidi Lachnitt antwortete am 27.09.00 (00:11):

Umgang mit B... nein mit Menschen!

Hallo, Monika!
Ich habe mir beim Lesen der obigen Beiträge schon einige kluge Worte zurecht gelegt. - Du hast sie mir aus dem Mund genommen. Stimme Dir voll und ganz zu: einfach ganz normal, denn es handelt sich um Menschen.
Herzlichen Gruß, Heidi


Monika Keller antwortete am 27.09.00 (00:54):

Ja Heidi, um Menschen wie Du und ich.

Woher kommt bloss immer diese Überheblichkeit gegenüber anderen Menschen oder Tieren?
Warum fühlen wir uns anderen gegenüber immer so überlegen? Sind wir immer noch "Herrenmenschen",
auch wenn uns das gar nicht bewusst ist? Weshalb haben wir nicht die Grösse, anderen zuzuhören ohne
sie abzuwerten, einzuschränken?
Das beginnt doch schon beim Kleinkind. Welche Mutter hat bzw. nimmt sich die Zeit, die hunderttausend
Fragen ihres Sprösslings geduldig anzuhören (auch wenn er sich verhaspelt), ihn aussprechen zu lassen,
ihn wirklich ernst zu nehmen? Damit macht sie ihn stark!
Wieviele Ärzte nehmen die Aussagen ihrer Patienten für bare Münze ohne zu überlegen, simuliert er jetzt?
Drängelnde Autofahrer, die sich einbilden, die Strasse gehört ihnen alleine?
Warum sind Ausländer oder andersfarbige Menschen in unseren Augen nicht gleichwertig?
Es stimmt schon: der Herrgott hat einen grossen Tiergarten!
Und viele werden sagen: ich denke nicht so! Dann sind Sie mal aufmerksam und Sie werden zugeben
müssen, immer wieder schleicht sichs ein. Es ist unsere Prägung von Kindesbeinen an!
Wir müssen uns das mal wirklich bewusst machen.
Es ist wirklich ein Geschenk, nichtbehindert zu sein. Aber das bemerken wir erst, wenn uns unsere
Gesundheit abhanden gekommen ist. Vielleicht ist das der Grund, warum uns immer wieder Krisen und
Krankheiten heimsuchen - damit wir sensibler werden, uns selbst gegenüber, unseren Mitmenschen,
Tieren und Pflanzen. Begreifen, die Natur ist ein Ganzes und wir nur e i n Teil von ihr.
Herzliche, sensible Grüsse an alle
Monika


Ilse antwortete am 27.09.00 (14:49):

Hallo Monika,

mit Deinem Beitrag von gestern hast Du mit sehr geholfen. ich werde Deinen Rat befolgen.

Danke!


christa1 antwortete am 29.09.00 (12:07):

Hallo zusammen,
bei mir liegt der Fall zwar anders aber nicht weniger bedrückend.
Habe zum 2. mal geheiratet. Mein Mann brachte einen Behinderten
Sohn mit in die Ehe. Mit den besten Vorsätzen habe ich diese Kind
(damals noch) akzeptiert. Da ich noch nie mit Behinderten so nahen
Kontakt hatte, habe ich sicher alles verkehrt gemacht. Mein Gefühl
sagte mir: behandle ihn NORMAL wie früher meine Tochter auch.
Dann ging das Donnerwetter los, seine leibliche Mutter, die mit
einem anderen Mann durchgebrannt war, weil sie zu schön für ein
behindertes Kind war, mischte sich plötzlich nach 4 Jahren wieder
in die Erziehung ein.
Mitterweile sind 8 Jahre vergangen, habe das Handtuch geworfen,
aber meine Seele blutet.
Es ist schrecklich mit ansehen zu müssen, wie ein Mensch wenn auch
behindert zum Vollidioten und Spielball einiger Menschen gemacht
wird. Leider habe ich kein Rezept und keine Kraft mehr dagegen
etwas auszurichten.
Vielleicht hat irgend Jemand eine Idee oder Vorschlag?
Danke für die Zeit des Lesens.
Christa


Günter Peltz antwortete am 04.11.00 (12:23):

Hallo Christa,
1. Ist der Sohn deines Mannes geistig oder/und körperlich behindert? Deinen Ausführungen entnehme ich, daß er es von Geburt an ist.
2. Sprich mit deinem Mann, dass er seine ex zum Teufel schickt.
3. Hat die leibliche Mutter ein Besuchsrecht? Wahrscheinlich, Männer sind in solchen fällen immer benachteiligt.
4. Schlagt, Du und dein Mann, der ex vor, auch das Sorgerecht mit allen Konsequenzen (Betreuung in ihrer Wohnung) zu übernehmen, und Dein Mann zahlt für seinen Sohn angemessenen Unterhalt.
Ich schätze, die Dame wird dann fluchtartig die Kurve kratzen und sich nicht mehr melden!!!

Entschuldige meine schlechte Meinung über Frauen, aber EX geht es nur ums Geld oder Macht.


Gerda Bruhn antwortete am 02.02.01 (22:24):

Hallo Christa!
Da mir nähere Informationen fehlen, nehme ich einmal an, daß der Sohn Deines Mannes geistig und möglicherweise mehrfach behindert ist. Was mir an dem ganzen so weh tut, ist der Umstand, daß Aggressionen gegen Ex-Partner über die Scheidungskinder ausgetragen werden. Gerade ein behindertes Kind wird bei diesen "Machtkämpfen" mehr leiden als ein nicht behindertes, da es weniger Möglichkeit hat, diese Dinge intellektuell zu verarbeiten.
Ich finde Dich großartig, daß Du dieses Kind angenommen und Dich bemüht hast, es möglichst normal aufwachsen zu lassen. Ich würde gerne wissen, wie alt der Bub ist und wie weit er über sein Leben selbst bestimmen kann. Was heißt für Dich, daß Du das Handtuch geworfen hast? Was konkret ist passiert? Es gibt immer mehrere Möglichkeiten, die aus einer schwierigen Lage herausführen können; den Vorschlag von Günter allerdings halte ich für kontraproduktiv, auch und gerade deshalb weil er meint sie würde ohnedies die Flucht ergreifen. Magst Du Dich nochmals melden? Wir könnten dann gemeinsam versuchen, eine vernünftige Lösung zu finden. Laß Dich nicht verunsichern und alles Liebe, Gerda.


Christa1 antwortete am 06.02.01 (15:40):

Hallo Gerda,
bin ganz erstaunt das hier noch eine Meinung kommt. Ja es ist alles nicht
so einfach. Nein der Sohn meines Mannes ist nicht absolut geistig behindert sondern durch seine Erziehung wird er von allen Seiten klein gehalten.
Er ist 21Jahre alt, geht in eine Behindertenwerkstatt arbeiten. Von daher sind dann keine Probleme gegeben, so dass ich meinen Beruf ohne Probleme ausüben kann.
Gut dafür hab ich zuwenig erzählt, wenn alles normal wäre, dann hätte Günter sogar Recht!! Aber diese liebe Mutter ist selbst schon einige mal in einer Psychatrischen Klinik gewesen, deswegen hat sie auch kein Sorgerecht. Aber ihre Bosheit, glaubt mir die ist erschreckend. Sie stichelt und hetzt wo sie nur kann. Für sie ist es ein Hochgenuss, wenn ich mal ganz dumm dasteh und muss ihren Scheisse ausbaden. Dann freuen sich Mutter und Sohn.
Ein kleine Episode: mein Stiefsohn war in Behandlung beim Kieferorthopäden, die Mutter fand es nicht gut und hat alles abgesagt. Bei der Krankenkasse Radau gemacht. Davon wusste ich nichts. Als ich für einen neuen Termin beim Kiieferorthopäden anrief, ach gott was musst ich über mich ergehen lassen. Musste mir anhören, brauchte nie mehr zu kommen weil ich so etwas von frech wäre usw.
Habe es aber klargestellt! Komme nach Hause, erzähle es meinem Stiefsohn er reibt sich die Hände und lacht. und sagt ... ja weiss ich hat meine Mama gemacht.
Klipp und klar habe ich ihm daraufhin meine Meinung gesagt und ihm auch gesagt, seine Mutter könnte gerne alles für ihn tun. Denn auf Hinterlist lege ich keinen Wert. Da meinte er, aber die Mama ist doch so krank und ich meinte dazu, für Unfrieden zu stiften ist sie kerngesund.
Dann kommt noch der Hammer, mein Mann meinte, das arme Kind(21) kommt doch nicht gegen seine Mutter an. Denke das sagt alles?? Oder.
Muss aufhören, bekomme dann immer Wut, weil ich alles nicht verstehe!


Gerda Bruhn antwortete am 09.02.01 (00:03):

Hallo Christa!
Dein Stiefsohn hat also eine psychisch kranke Mutter, die sich unberechtigterweise einmischt und nun hängt auch noch der Haussegen schief. Offensichtlich hat sie Besuchsrecht. Du weißt sicher, daß man gerichtlich wegen schwerwiegender Gründe Besuchsverbot erwirken kann. Nur glaube ich, daß Zwangsmaßnahmen eine Situation selten klären, sondern eher verschlimmern.
Es gibt in Deiner Nähe wahrscheinlich eine Familienberatung, die in solchen Fällen recht hilfreich sein kann. Du könntest Dich beim zuständigen Sozialamt einmal erkundigen.
Andererseits finde ich, daß bei einem 21jährigen Mann - ob behindert oder nicht - die Erziehung im großen und ganzen abgeschlossen ist und es an der Zeit wäre, gemeinsam eine andere Wohnform für ihn zu finden. Es gibt z.B. betreute Wohngemeinschaften, in denen die jungen Leute Selbständigkeit im Rahmen ihrer Möglichkeiten lernen, Umgang mit Gleichaltrigen, gegenseitiges Rücksicht nehmen, aber auch eigene, reale Wünsche durchzusetzen, und auch Pflichten und Verantwortung zu übernehmen. Selbstverständlich könntet Ihr den Kontakt zu ihm aufrechterhalten, aber die Mutter hätte wesentlich weniger Chancen, sich einzumischen und Dein Stiefsohn hätte keine Gelegenheit mehr, Euch gegeneinander auszuspielen. Ich nehme an, es gibt auch die Möglichkeit eines Kurzzeitaufenthaltes - eine Art "Urlaub", sodaß Dein Stiefsohn Gelegenheit hat, eine solche Wohnform kennenzulernen. Glaub mir, es wäre für Euch alle nicht gut, ihn lebenslang bei Euch wohnen zu lassen.
Alles Liebe, Gerda.