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THEMA:   Änderung der Handwerksordnung

 9 Antwort(en).

Johannes Michalowsky begann die Diskussion am 28.05.03 (21:21) mit folgendem Beitrag:

Im deutschen Handwerk soll es künftig nur noch 29 Meisterberufe statt 94 geben. Der Meisterzwang soll dort aufrecht erhalten bleiben, wo durch mangelhafte Ausübung handwerklicher Arbeiten eine gesundheitliche Gefährdung des Publikums die Folge sein könnte, z.B. bei Bauhandwerkern und im Kfz-Werkstattbetrieb sowie in Nahrungsmittelbetrieben (Bäcker, Metzger usw.).

Ich begrüße jegliche Dereglementierung, aber wenn ich mir d i e s e s Argument anschaue, dann schließe ich daraus, daß künftig in 65 Handwerksberufen Pfusch sanktioniert ist.


mechtild antwortete am 28.05.03 (23:58):

Ziel des Ganzen ist doch möglichst viele Menschen in die Selbständigkeit zu bekommen und damit aus den Sozialkassen raus. Ob weniger Qualifikation dem Ruf der Deutschen Wertarbeit gut tut mag ich bezweifeln. Know-how ist der Rahstoff den unser Land besitzt. Wenn es heute möglich wird mit kurzer Ausbildung in die Selbständigkeit zu gehen, werden noch mehr Jugendliche vor einer langen Ausbildung zurückschrecken. Ob das dem Industriestandort Deutschland gut tut bezweifle ich. Eine hohe Qualifikation sollte man von jedem, der einen Betrieb leitet erwarten, sonst kann man alles in Familien- und Nachbarschaftshilfe machen. Außer Kosten sparen sehe ich keinen Sinn hinter der Idee und ob das sich nicht in der nächsten Generation rächt interessiert den nicht der sagt: „Nach mir die Sündflut.“


jolli antwortete am 29.05.03 (07:12):

Wenn ich mir ansehe, wie die derzeitigen Gesetze seit Jahren umgangen werden, dann kann ich diese Gesetztesänderung nur begrüßen. Beispiel: Friseur! Da ist jemand Geselle/Gesellin, hat Talent, hat auch einige Finanzen, um einen eigenen Salon aufzumachen, muss aber, um dem Gesetz Genüge zu tun, einen Meister (der aber nie dort arbeitet) einstellen, der den Titel hergibt, damit dieser Salon eröffnet werden kann. Das ist gängige Praxis auch in einigen anderen Meisterberufen. Viele Gesellen werden so an der Selbstständigkeit gehindert, weil sie eben diese zusätzlichen Kosten für einen Meister auf Dauer nicht tragen können.


Johannes Michalowsky antwortete am 29.05.03 (07:59):

Jolli

Ich kann das nicht beurteilen; wenn es gängige Praxis ist, dann hätte das vielleicht auch mir mal begegnen sollen - hab grad mal überschlagen, ich denke daß ich z.B. rund 1.000 mal in meinem Leben beim Friseur gewesen bin (ich bin gerade 865 Monate alt!).

Die andere Frage ist dann aber, warum denn jetzt zweierlei Arten von handwerklichen Berufen geschaffen werden sollen. Gilt am Bau - gerade da! - oder in Kfz-Werkstätten nicht womöglich auch das, was Jolli da für Friseure anführt?


pilli antwortete am 29.05.03 (12:01):

nun,

mit dem "begegnen" ist es nicht immer so leicht. :-)
nicht jeder wird über die eingangstüre ein schild anbringen, auf dem zu lesen ist:

eigner: "

"Hänschen Müller...möglich machte das...Fränzchen Schmitz"

gleich 3 meiner kunden, für die ich monatliche dienstleistungen leiste, haben seit vielen jahren von dieser möglichkeit gebrauch gemacht. u.a. eine gut florierende...weil eben handwerklich bestens arbeitende...
kfz-werkstatt.

lackierungen, insbesondere von oldies haben lange wartezeiten :-) tja, nicht immer ist es das büttenpapier der innung, daß qualität verspricht.

es gibt da so einige möglichkeiten...:-) letztendlich aber meine ich, daß der kunde entscheidet, ob er dienste wieder in anspruch nehmen möchte und das regelt dann uch ziemlich rasch, wie lange ein betrieb "sich halten kann" mit oder ohne "Meisterbrief" :-)


jolli antwortete am 29.05.03 (13:18):

@ Johannes

ich weiß von einigen Fällen im Laufe meiner langjährigen Friseurbesuche-Karriere ;-) , da hat "Meister" zusammen mit "Gesellen" ein Geschäft eröffnet, obwohl es eigentlich "Geselles" Geschäft war ;-) "Meister" trug die Verantwortung und hat dafür ein Gehalt bekommen (vielleicht Geschäftsführer?). Ich habe mich wohl falsch ausgedrückt, als ich schrieb: angestellt. Natürlich kann sowas nur auf Partnerbasis laufen. Aber eben gezwungenermaßen.


mechtild antwortete am 29.05.03 (14:25):

Zwischen Theorie und Praxis gibt es halt einen Unterschied. Dafür findet man dann praktischen Lösungen. Das ist aber kein Grund um die geforderte Qualifikation allgemein abzusenken.


KG antwortete am 29.05.03 (19:33):

Ich las von 32 Meisterberufen, die es noch geben soll, doch das ist nicht entscheidend.
Kann mir jemand sagen, was ein Geselle mit 10 jähriger Praxis auf der Meisterschule noch lernen soll? und wer ihm da noch was beibringen will? Legt doch den jungen Menschen, die den Mut zur Selbständigkeit aufbringen, nicht gleich wieder Steine in den Weg. Habt ihr denn bessere Vorschläge, wie neue Betriebe entstehen sollen?


rolf antwortete am 30.05.03 (11:02):

Arbeiten die deutschen Handwerksgesellen so schlecht, daß sie - im Gegensatz zu den Handwerkern aus allen anderen Staaten - von einem Meister kontorolliert werden müssen?
Oder dient der Meisterzwang doch nur der Marktregulierung?


Tobias antwortete am 30.05.03 (19:10):

Diese Thema hatte ich im Bezug auf Gewerken am Bau schon einmal angeschnitten. Leider war der damalig Zuspruch sehr gering.

Um einen Neubau zu erstellen, bedarf es 24 Gewerke. 24 handwerkliche Meisterfirmen sind daran beteilig. Es dürften demnach überhaupt keine Mängel, bei so viel meisterlicher Arbeit, auftreten.
Aber leider sitzen in den Gerichtsgängen viele Häuslebauer die sich mit meisterlich geführten Handwerksbetrieben rumschlagen. Das schönste an der Sache, der Mitmeister aus der gleichen Innung wird dann als Gutachter bestellt.

Änderungen sind dringend notwendig aber leider haben die Handwerksmeister mit ihrer halbstaatlichen Institution Handwerkskammer oder Industrie und Handelskammer eine mächtige Lobby. Die werden Wirbel machen, das ist sicher wie das Amen in der Kirche.