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THEMA:   Speicheltest für Frauen bei Kindstötung?

 16 Antwort(en).

Barbara begann die Diskussion am 22.03.03 (12:01) mit folgendem Beitrag:

Ich hatte soeben eine heiße Diskussion mit meinem Sohn....und wüsste gern Eure Meinung dazu:

In Hamburg wurde vor einem Monat die Leiche eines Neugeborenen in einem Müllcontainer gefunden. Obwohl eine Spezial-Gruppe zur Erfassung der Täterin gegründet wurde, tappt die Polizei bisher im Dunkeln. Nun wird erwogen, einen Speicheltest bei allen Frauen im gebärfähigem Alter durchzuführen, die im Umkreis von 5km wohnen, damit dadurch die Mutter des Kindes identifiziert werden kann.

Ich finde den Aufwand, der seit vier Wochen getrieben wird, zu groß... Wie viele Mörder laufen frei herum? Hier wird nach einer Frau gefahndet, die vermutlich unter Schock diese schreckliche Tat begangen hat und die m.M.n. keine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt. Natürlich finde auch ich es grausam, ein Neugeborenes zu töten....kann mir jedoch auch verzweifelte Situationen vorstellen, in denen eine 21jährige "durchdreht".

Mein Sohn vertritt den Standpunkt: Mord bleibt Mord. Fast jeden Tag wird in den Zeitungen von derartigen Fällen berichtet, obwohl es Babyklappen, Frauenhäuser und Hilfsangebote für Frauen in Not gäbe. Außerdem meint er, es sei ja gar nicht gesagt, dass die Mutter ihr Baby getötet habe...schließlich könne es genau so gut ihr Lebensgefährte oder ein Mitglied der Familie getan haben...

Nun bin ich recht verunsichert...
Wie steht Ihr dazu?
Ist ein Speicheltest als letzte Möglichkeit zu befürworten, den oder die Mörderin eines Neugeborenen zu finden?

https://www.abendblatt.de/daten/2003/03/22/136919.html

Internet-Tipp: https://www.abendblatt.de/daten/2003/03/22/136919.html


Antje antwortete am 22.03.03 (13:38):

Liebe Barbara,

ich hatte auch kürzlich davon gehört, sicherlich dieselbe Begebenheit. Damals habe ich zu meinem Mann gesagt: Mensch, und dabei gibt es riesige Wartelisten von kinderlosen Ehepaaren, die alles geben würden, ein Kind zu bekommen oder eins zu adoptieren. Es tut immer erneut weh, denn es zeigt sich hier immer wieder, dass grosse Chancen vergeben wurden: ein Kind verliert nach ein paar Stunden sein Leben, eine Mutter macht sich für den Rest ihres Lebens unglücklich und ein Ehepaar weniger hat die Chance, einem Kind ein zu Hause zu schenken...

Zum Speicheltest: vielleicht würde eind solche Datenbank die Hemmschwelle zum Töten oder Sterbenlassen herabsetzen. Aber wie gesagt, als Täter könnte auch der Kindsvater oder ein Verwandter oder sonstwer in Frage kommen, was wiederum Raum für neues Unrecht - Justizirrtümer - schafft. Da müsste man sehr genau abwägen.

Internet-Tipp: https://www.gottistdieliebe.de


Margret antwortete am 22.03.03 (14:48):

Speicheltest für Babymord? warum nicht? Mord bleibt Mord da stimmme ich deinem Sohn zu, aber bei der Frage der Strafhöhe muss die Verzweiflung einer jungen Mutter natürlich berücksichtigt werden.
Du schreibst von der Babyklappe und anderen Hilfsmöglichkeiten für verzweifelte Frauen,aber wer weiß denn wo es solche Möglichkeiten gibt, in den Städten ist es sehr einfach ein Kind so abzugeben das es in sichere Hände kommt aber welcher Vezweifelte Mensch sucht diese Möglichkeiten, ich denke dass eine Tötung in einer Paniksituation geschieht.
Wäre das Kind von Anfang an nicht gewollt so wäre doch ein Schwangerschaftsabbruch möglich gewesen, es muss doch einen Grund geben das der,sicher auch sehr schwere, Weg nicht gewählt wurde.


schorsch antwortete am 22.03.03 (15:25):

Ein mögliches Szenario: Ein Mädchen wird vergewaltigt, wird schwanger, die Umgebung merkt es erst wenn es zu spät ist für einen Abbruch. Man hält Familienrat - das Mädchen brachte Unehre über die Familie - es wird isoliert bis zur Geburt - die Familie beseitigt gemeinsam das Neugeborene....
In vielen Kulturen gilt die Familienehre höher als das Gesetz - diese Kulturen leben auch unter uns.....


Ernst antwortete am 22.03.03 (19:29):

Die Tötung eines Neugeborenen geschieht nach aller Erfahrung meist durch die in einer psychischen Ausnahmesituation befindliche Mutter. Ich würde mich mehr der Ansicht Barbaras als der Ihres Sohnes zuwenden. Mord ist es im juristischen Sinne wohl extrem selten, sondern ein eigener Straftatsbestand "Kindestötung" (§ 217 StGB). Das Strafmaß muß sich dem anpassen. Natürlich keine Straffreiheit. Der Ermittlungsaufwand erscheint mir doch recht groß, zumal eine Wiederholung oder Gefährdung für die Allgemeinheit extrem selten zu befürchten ist.
Ernst


kleinella antwortete am 22.03.03 (22:54):

Ich bin der Meinung, es gibt heute so viele Möglichkeiten, ein ungewolltes Kind auch nach der Geburt legal in gute Hände zu geben, daß es nicht gerechtfertigt ist, sein Baby zu töten. Schon zur Abschreckung für andere ist es notwendig, daß nach der Mutter gesucht wird. Sollte jemand anderes das Kind getötet haben, kann sie doch sicherlich dazu etwas sagen. So eine junge Frau hat 9 Monate Zeit, sich mit dem Gedanken vertraut zu machen, wie es weitergehen soll, da kann man doch wohl nicht von einer Kurzschlußhandlung sprechen. Und Mord bleibt Mord.


Barbara antwortete am 23.03.03 (00:36):

kleinella,

ich stimme Dir zu, dass Mord Mord bleibt und ein Baby zu töten nicht "gerechtfertigt" werden kann. Allerdings gibt es immer wieder Frauen, die bis zur Entbindung von der Schwangerschaft nichts gewusst haben....die nicht neun Monate überlegen konnten. Vielleicht haben sie den Gedanken auch verdrängt. Jedenfalls stehen sie unter Schock, wenn die Entbindung einsetzt....und sie völlig auf sich gestellt sind. Diese Mörderin sehe ich mit anderen Augen als einen Triebtäter.

Es wurde eine Sondergruppe zur Erfassung des Mörders bzw. der Mörderin eingesetzt. Soweit finde ich es in Ordnung.

Ein Speicheltest wurde m.M.n. bisher lediglich bei Triebtätern angewandt, und selbst in dem Fall erfolgte die Teilnahme freiwillig. Ich wüsste nicht, dass sich rechtlich etwas in Sachen Freiwilligkeit geändert hat. Dabei kann ich mich jedoch irren.

Wie in dem Artikel beschrieben, kann der Speicheltest als letzte Möglichkeit zur Erfassung eines Mörders herangezogen werden. Und dabei kommen mir Zweifel, ob in diesem Fall wirklich zum letzten Mittel gegriffen werden muss, um die Täterin oder den Täter zu fassen.

Wieviele ungeklärte Raubmorde gibt es in der Millionenstadt Hamburg? Ich habe noch nie gehört, dass zur Aufklärung einer derartigen Tat ganze Stadtteile zum Speicheltest aufgefordert wurden.

Dieser Übereifer erschreckt mich....


WANDA antwortete am 23.03.03 (08:02):

Ich habe alles sorgfältig durchgelesen. Die Familienehre die schorsch anspricht, gibt es in unserer Welt, damit meine ich die, in der wir hier in Deutschland und der Schweiz leben nicht mehr.
Heute kann man sich immer und überall Rat holen, d.h. es gibt so viele Stellen, die einer werdenden Mutter auch bei Vergewaltigung helfen.
Deshalb bin auch ich der Meinung Mord ist Mord und da wir den Speicheltest als Untersuchungsmethode haben, sollte der auch angewandt werden. Verbrechen, und die Tötung eines Kindes ist ein Verbrechen, gehören aufgeklärt.


Nuxel antwortete am 23.03.03 (08:06):

Grundsätzlich bin ich der Meinung,dass es unmöglich ist,9 Monte lang NICHT zu spüren,dass im eigenen Körper durch die Schwangerschaft eine Veränderung vorgegangen ist!

Unvorstellbar ist für mich,ein Kind nach der Geburt --und überhaupt--zu töten.
Für Kinder,die warum auch immer,von der Mutter abgelehnt werden,gibt es genügend Hilfe,die auch überall bekannt ist!

Speicheltest für Stadtteile finde ich unsinnig,egal ob freiwillig oder nicht!Die Frauen können ja einen ganz anderen Wohnsitz haben.


mechtild antwortete am 23.03.03 (11:23):

Kindestötung ist Mord und muss bestraft werden. Ob hier allerdings der Speicheltest erforderlich ist bezweifle ich. Die flächendeckende Erfassung von Daten sehe ich u.a.aus Datenschutz Gründen als sehr problematisch an und sollte Ausnahme bleiben. Eine Mutter, die ihr Kind tötet ist keine Gefahr für die Allgemeinheit und rechtfertigt keine flächendeckende Genuntersuchung. Die Polizei hat andere Möglichkeiten solch ein Verbrechen aufzuklären.
Die Tötung eines neugeborenen Kindes ist Mord. Aber richten und einen Urteilspruch fällen sollten nicht Laien, sondern ein ordentliches Gericht und andere Menschen, die Erfahrung in der Frauenarbeit haben.


schorsch antwortete am 23.03.03 (17:59):

Da ich selber noch nie schwanger war, kann ich das nicht so genau beurteilen. Im Prinzip bin ich aber der Meinung, man müsse jede Möglichkeit nutzen, ein Verbrechen aufzuklären - schon im Interesse Unschuldiger.


mechtild antwortete am 23.03.03 (19:59):

@ Schorsch
auch Männer dürfen sich beim Thema Kinder zu Wort melden. Du musst jetzt nicht schwanger zu werden. :-))


Ullika antwortete am 24.03.03 (10:01):

Ein Kind auszutragen, es umzubringen und auf dem Hausmüll zu entsorgen rechtfertigt m.E. alle zur Verfügung stehenden Rechtsmittel. Bei allem Verständnis für die Nöte und das soziale Umfeld der Mutter bin ich doch der Ansicht, dass es genügend Hilfsangebote gibt, auch kann das Kind zur Adoption freigegeben werden und letztlich - wenn die Schwangerschaft unbemerkt bleiben sollte - bleibt immer noch der Weg zur Babyklappe. Wo kommen wir hin, wenn solche Machenschaften nicht verfolgt werden?


Barbara antwortete am 24.03.03 (10:23):

@ Ullika

Wo liest Du, dass auch nur ein einziger oder eine einzige sich für eine Nichtverfolgung ausgesprochen hat? Eine Sonderkommission verfolgt seit mehr als vier Wochen sämtliche Spuren, um den Täter oder die Täterin zu fassen. Das ist in Ordnung.

Es ging allein darum, ob zur Ergreifung des Täters/der Täterin zum allerletzten Mittel gegriffen werden sollte, nämlich ganze Stadtteile einer Millionenstadt zum Speicheltest aufzufordern. Kennst Du einen einzigen Fall, in dem - außer bei Triebtätern - diese Möglichkeit herangezogen wurde?

Leider klang auch hier ganz zart an, dass ein derartiges Verbrechen wohl eher nichtdeutschen Tätern zugetraut wird...
Liegt hier vielleicht die Ursache für diesen Übereifer, den oder die Täterin unter wirklich allen Umständen zu fassen, um sie danach ausweisen zu können?


Ullika antwortete am 24.03.03 (12:46):

Hallo Barbara, ich hatte gesagt: "... rechtfertigt m.E. alle zur Verfügung stehenden Rechtsmittel" und wollte damit deine Frage beantworten und keineswegs zum Ausdruck bringen, dass sich im Forum auch nur einer für eine Nichtverfolgung ausgesprochen hat. Und deine beiden letzten Absätze verstehe ich nun wirklich nicht und scheinen mir etwas weit hergeholt zu sein.
Ich hoffe, das dient der Klarstellung.


WANDA antwortete am 24.03.03 (17:58):

@barbara, ich weiss nicht, wo Du meinst, dass es zart angeklungen hat. Auf jeden Fall habe ich noch nie von einer Ausländerin gehört, in letzter Zeit waren es immer deutsche Frauen - sicher sehr verzweifelte Frauen - ich möchte hier nicht urteilen, die ihre Kinder umgebracht haben. Hier hat eine Studentin sogar zwei ihrer Söhne kurz nach der Geburt erstickt und entsorgt - sie ist inzwischen verurteilt.


Barbara antwortete am 24.03.03 (19:47):

Ich möchte niemandem etwas unterstellen...daher sagte ich "klang hier ganz zart an"

>>Ein Mädchen wird vergewaltigt, wird schwanger, die Umgebung merkt es erst wenn es zu spät ist für einen Abbruch. Man hält Familienrat - das Mädchen brachte Unehre über die Familie - es wird isoliert bis zur Geburt - die Familie beseitigt gemeinsam das Neugeborene....
In vielen Kulturen gilt die Familienehre höher als das Gesetz - diese Kulturen leben auch unter uns.....<<