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THEMA:   Falls dem so sein sollte

 22 Antwort(en).

pheedor begann die Diskussion am 22.12.02 (10:29) mit folgendem Beitrag:

Habe ich das richtig gehört? Habe nur mit halben Ohr gelauscht. Da soll jemand via Internet vor laufenden Kameras einen Menschen seziert und Teile von ihm >gegessen< haben.

Falls dem so sein sollte, liegt der Verdacht nahe, daß Hannibal Lecters Geschichte ein vorgefaßter Tatsachenbericht ist.

Falls dem so sein sollte, frage ich mich, ist es wirklich nur Kannibalismus, oder die Entdeckung eines neuen Marktes an sensationeller Unterhaltung?

Ich kann mir nicht vorstellen, daß Menschenfleisch, zudem nicht zubereitet, geschmackvoll ist; der Verzehr der Stillung eines natürlichen Hungers dient, es muß doch in demjenigen, der dies für und vor Publikum anrichtet, eine pervers übersteigerte Geltungssucht wirken, die sich an einem ebenso abschreckenden wohl vorhandenen Interesse befriedigt – immer vorausgesetzt, dem ist so...


bello antwortete am 22.12.02 (11:22):

Dem ist so.
Und Du scheinst Dich mit dem Gedanken zu befassen, wie es wohl schmecken würde. Und wie man die Angelegenheit medienmäßig in die Höhe treiben könnte.

Wenn man bedenkt, daß es sich hier um eine krankhafte Abartigkeit handelt, hört man sofort auf, darüber zu diskutieren.


pheedor antwortete am 22.12.02 (11:40):

hallo, bello,

ist es wirklich nur das? krankhafte Abartigkeit


Angelika antwortete am 22.12.02 (12:11):

Hmm...als Vegetarierin sag ich einfach mal sehr provokant, dass es doch wahrscheinlich kein grosser Unterschied ist, wessen Fleisch man ist - abgesehen vom Geschmacksunterschied und eventueller Kontaminierung - Fleisch ist Fleisch.

Solange man nicht zum Mörder wird, gibt es ethisch eigentlich nichts daran auszusetzen, das Fleisch eines Menschen zu essen. Nüchtern betrachtet wäre es sogar sinnvoller, wenn es zur Ernährung beitragen würde, statt in der Erde zu verfaulen. In manchen Kulturen ehrte man die Verstorbenen, indem man sie verzehrte. Für uns ist Kannibalismus einfach nur ein Tabu, mehr nicht.

Bei Ureinwohnern auf Papua Neu Guinea, die auch heute noch fernab jeder Zivilisation leben; wurden vor einigen Jahren vermehrt BSE-Fälle bzw. Clausfeld-Jakob-Erkrankungen festgestellt. Wissenschaftler fanden heraus, dass der BSE-Erreger durch den verzehr von - Menschenhirn - übertragen wurde. Bei dem Stamm wird die letzte Ehre einem Toten dadurch erwiesen, dass seine Verwandten und Freunde in einer Zeremonie sein Hirn verspeisen.

Vor ich glaube fast 30 Jahren stürzte ein Flugzeug über den Anden ab, die Überlebenden wurden erst zu einer Zeit geborgen, als man sie längst für tot erklärt hatte und sie konnten nur überlegen, weil sie das Fleisch ihrer toten Mitpassagiere assen. Die Überlebenden erklärten später, dass ihnen nur das Sakrament des hl. Abendmahls (das ist mein Leib ...) und ihr tiefer Glaube ihnen ermöglicht hat, ihre Gefährten zu verzehren. Aus erst vor kurzem veröffentlichten Briefen von Soldaten in Stalingrad ging eindeutig hervor, dass die halb verhungrten armen Kerle Fleisch ihrer Kameraden assen.

Und was ist mit der Erotik? Der Liebe? Das Vokabular "liebender" Menschen ist voll von Kannibalismus wie "Ich hab Dich zum Fressen gern" oder unsere Märchen - auch da ist viel kannibalismus verborgen.

Interessant ist ein Artikel in der ZEIT zum Thema:

angelika

Internet-Tipp: https://www.zeit.de/2002/52/Kannibalen


Felix antwortete am 22.12.02 (12:21):

Hallo Phedoor ..
bist du ... oder spielst du nur den Naiven. Hast du in letzter Zeit keine Medien mehr konsultiert oder kannst du nicht mit dem Internet umgehen.
Jetzt google einmal mit dem Stichwort "Kannibal" oder ähnlich und klick die gesuchten Beiträge an:

z.B. findest du:

SPIEGEL ONLINE
https://www.spiegel.de/panorama/0,1518,228125,00.html
https://www.spiegel.de/panorama/0,1518,227886,00.html

WANN & WO
https://www.wannundwo.at/ww-3/Story_2.html

und viele andere!


susanna.berger antwortete am 22.12.02 (12:31):

@ Angelika

...vom Prinzip ist das, was du schreibst sicher richtig, obwohl mich der Gedanken an Kanibalismus schüttelt. Wer sagt eigentlich, daß wir Hühner und Enten essen können, dagegen Hunde, Katzen und anderes Getier nicht? Das ist doch wohl eher eine Frage, die sich in unserer Kultur so ergeben hat, weil wir diese Kreaturen als Haustiere sehen.

In Nordkorea sollen Frauen nach der Geburt die Plazenta gegessen haben, um wieder zu Kräften zu kommen, - auch dieser Gedanke entsetzt mich. Wir können uns sicher kaum noch richtigen Hunger vorstellen und ich möchte auch nicht wissen, was in wirklichen Notzeiten zum Teil gegessen wurde.


Angelika antwortete am 22.12.02 (12:52):

Liebe Susanne - Du schreibst "Wer sagt eigentlich, daß wir Hühner und Enten essen können, dagegen Hunde, Katzen und anderes Getier nicht? Das ist doch wohl eher eine Frage, die sich in unserer Kultur so ergeben hat, weil wir diese Kreaturen als Haustiere sehen" - genau das ist der Punkt, der mich veranlasste, Vegetarierin zu werden. Ich kann nicht Kuscheltiere versuchen zu schützen und mich für den Tierschutz engagieren und gleichzeitig nette kleine Schweinchen, Hasen oder Hühner usw, Rinder oder gar Strausse essen. Das ist - und bitte, das gilt für mich und ich habe auch nicht vor zu missionieren - halbherzig.
Mit grösster Überwindung habe ich vor vielen Jahren einmal einen Hasen geschossen (in Finnland ) und einmal ein Huhn geschlachtet. In meinem Kopf stand der gedanke: Wer gerne Fleisch isst aber selbst nicht schlachtet oder sich das mal ansieht, der ist ein feiger Mitläufer - also muss ich lernen, selbst zu töten, um eine berechtigung zu haben, Fleisch zu essen. Ich kann Dir versichern, dass ich niemals zuvor und niemals danach Fleisch mit so einem Respekt gegessen habe... und seit einigen Jahren ist ganz schluss damit (meine Knochen sind dafür sehr dankbar). Aber das muss jeder für sich entscheiden ...

Das mit der Placenta leuchtet eigentlich ein: denn auch alles fressende bzw Fleisch fressende Säugetiere verspeisen die Placenta nach der Geburt, da sie sehr nahrhaft und für das Muttertier somit sehr gesund ist. In der zivilisierten Welt bekommen Mütter nach der Geburt chemische Aufbaustoffe ..

Tierische Placenta wird ja auch in der Pharma und Kosmetikindustrie verarbeitet. Aber ich gebe Dir natürlich reht - die Vorstellung, dass Frauen die eigene Placenta essen müssen, weil sie sonst verhungern, ist widerwärtig. Weniger die Vorstellung der Placenta - eher die Vorstellung, dass sie überhaupt hungern müssen und zu solchen Verzweiflungstaten getrieben werden.


Medea antwortete am 22.12.02 (13:27):

Es wird wohl alles richtig sein, was Ihr da geschrieben habt, aber mir ist leider beim Lesen richtig schlecht geworden und ich mußte würgen.

Muß noch einmal meine Einstellung zum, wenn auch schon seit Jahren reduzierten - Fleischverzehr überdenken.

Allerdings liegt die Gänsebrust für das Weihnachtsfest bereits im Kühlschrank.


Beste Grüße MEDEA


pheedor antwortete am 22.12.02 (13:32):

@Felix

weder noch.


pheedor antwortete am 22.12.02 (13:50):

hallo, Angelika,

meine Frage zielt eigentlich woanders hin: wäre dies so auch geschehen, wenn es die Möglichkeit der Verbreitung durch irgendwelche Medien nicht gäbe? Ist das Ganze gar eine Schau, die Bedürfnisse stillt?


Angelika antwortete am 22.12.02 (14:14):

@pheedor: Die neuen Medien und Videotechnik lässt in Sachen Erfüllung von Phantasien fast keine grenzen mehr offen - das ist erschreckend und phantastisch zu gleich. Das Phänomen dieser Art von Kannibalismus oder dem Wunsch, gefressen bzw getötet zu werden, ist aber kein Produkt unserer Zeit sondern ist in vielen Kulturen zu finden und lässt sich in alter Literatur nachlesen. Heute findet man nur viel schneller ein passendes Gegenüber für seine Phantasien und so werden aus den Phantasien schneller reale Ereignisse. Hätte man zur Zeit des Marquise deSade oder im alten Rom bereits Videotechnik gekannt - nicht auszudenken, was uns dann alles überliefert worden wär.

Abgrundtiefe Phantasien haben wohl die allermeisten Menschen - bor an der richtigen Stelle und Du wirst feststellen, wie flüssig und unerschöpflich die Magma der Phantasie jedes einzelnen aus der tiefsten Tiefe brodelt. Und: Es ist erschreckend, welches Risiko -vor allem Männer- zum Ausleben ihrer dunkelsten Phantasien eingehen, besonders wenn es "schmerzgeile" Masochisten sind. Diese Männer sind im Alltag verantwortungsvolle Männer in Spitzenjobs: Richter, Anwälte, Politiker, Chirurgen, Manager grosser Firmen - mir haben Männer erzählt, dass sie sich mit einem sadistischen Paar irgendwo an der Autobahn verabredeten, sich die Augen verbinden liessen, ihr eigenes Auto stehen liessen und dann irgendwo hingebracht wurden und sie wirkliche Todesangst hatten ..und genau das war ihr Kick. Erschrecken tut mich die Geschichte aus Rotenburg deshalb noch nicht einmal - denn einschlägige Medien und besonders das Internet sind voll von Suchenden - solchen, die Opfer sein wollen in der Überzahl. Woher ich das alles weiss? Ich bin ein sehr neugieriger Mensch und mich interessiert alles, was menschen zusammenbringt und wieder trennt ...


pheedor antwortete am 22.12.02 (17:49):

hallo, Angelika

Es ist makaber und der Laie wundert sich (milde formuliert)

Was soll man letzthin mit der Info anfangen? Lehren ziehen? Wissen bereichern? Wozu und wem dient sie?

Es lebe Hannibal Lecter

schönen Abend noch
Pheedor


Simba antwortete am 22.12.02 (18:07):


Vielleicht wird in einigen hundert Jahren auch mal das Essen von Tieren als Kannibalismus angeprangert...
Mein Sohn hatte sich den Film über Hannibal angesehen und mir dann den Inhalt erzählt.Als ich in der Zeitung von dieser Kannibalenstory las musste ich an den Film denken. Ich dachte auch, dass solche Filme womöglich in Menschen die dunklen Seiten ihres Charakters wecken und sie zu Taten verführen könnten, die ihnen von selbst vielleicht gar nicht eingefallen wären.
Beispielsweise wurden auch vor dem dem 11. September schon Filme gemacht, welche sich mit der Materie eines möglichen Anschlags beschäftigten.
"Die Bilder der einstürzenden Türme des World Trade Centers in New York erinnerten an Horrorszenarien, die man bis dato nur aus Action-Thrillern oder Kriegsfilmen kannte. So flog etwa in »Independence Day« bereits das Weiße Haus in die Luft. Und schon 1994 ließ der Schriftsteller Tom Clancy in seinem Roman »Ehrenschuld« Washington mit einem Passagierflugzeug bombardieren. Nach den Anschlägen vom 11. September kam daher bald die Frage auf, inwieweit auch die Traumfabrik Drehbücher für die Wirklichkeit geliefert hat und die Terroristen mit apokalyptischen Bildern inspirierte." (ARD)


pheedor antwortete am 22.12.02 (19:43):

hallo, Simba,

so meinte ich es...
...oder die Entdeckung eines neuen Marktes an sensationeller Unterhaltung.

Gewagt gedacht?
Befriedigt sich da jemand weniger an seinem Tun, als Publizisten mehr an der Aufbereitung einer profitablen Idee? Ist das Ganze eine Schau, gelenktes Vorhaben? Weswegen vertrauen wir darauf, daß es keine Art der Manipulation in einer weniger an Aufsehen erregender Zeit ist?


Angelika antwortete am 22.12.02 (21:32):

pheedor: korrekt ist, dass täter und opfer sich via internet in einem chat kennenlernten.

korrekt ist auch, dass der täter diverste kannibalische szenen auf video aufnahm.

ich habe jedoch nirgendwo gelesen oder gehört, dass er die aufnahmen im internet gezeigt oder verkauft hat.

vielleicht mit beiden ohren hinhören :-)

bei der frage, wem solche nachrichten und infos dem einzelnen nützen und was er damit anfangen kann, fällt mir folgendes ein: spielt es wirklich eine rolle, ob am 11.sep 30, 300, 3, 3000 oder 30000 menschen umkamen oder wie viele tote beim nächsten bomenanschlag umkommen - das, was WIRKLICH eine Rolle spielt, ist das, was jeder von uns mit diesen Nachrichten anfängt - was wir empfinden und welche Schlüsse wir daraus ziehen. Die Medien liefert uns heute eine Vielfalt von Informationen in einer so rasenden Geschwindigkeit, dass wir sie weder ethisch noch rational in irgend einer Form wirklich verarbeiten sondern wenn überhaupt, nur als das, was sie sind, weitergeben: als Nachricht. (klassisches Beispiel: Morgens in der Bahn, wenn man Sätze hört wie "Hast Du das gestern gehört, 200 Tote beim Flugzeugabsturz über Sowieso..furchtbar). Und da ist dann auch schon Ende - wozu also werden wir vollgepumpt mit nachrichten, warum müssen wir schon von toten Soldaten in Kabul wissen, wenn die Maschine nicht mal ausgekühlt und die Leichen nicht einmal geborgen sind?

Nachrichten sind nur noch eine Ware, die von den Medien gefiltert und werbewirksam "verkauft" werden und wir - wir konsumieren den Fetisch Information und hängen immer mehr in einer multimedialen Pseudorealität.

Vielleicht ist es an der Zeit, dass wir uns, ganz wie die Höhlenmenschen bei Platon, endlich wieder mal um 180 Grad drehen um die Dinge ohne Projektion wahrzunehmen?
(Das Höhlengleichnis findet man im 7.Buch Platons Dialog Politeia)

Ich weiss, ich habe Deine Frage nach dem "wozu und warum" nicht wirklich beantwortet - ich wollte auch eher einen kleinen Denkanstoss geben -

Angelika


pheedor antwortete am 22.12.02 (21:45):

hallo,Angelika,

der Denkanstoß ist angekommen. Ich meine, in der Tagesschau gehört zu haben, daß dies übertragen worden ist, bin mir aber nicht sicher, war wahrscheinlich mit angenehmeren Dingen beschäftigt. Es reicht meiner Meinung aber auch ohne gesendet zu werden.


pheedor antwortete am 22.12.02 (22:32):

mal ganz konkret gefragt:

weswegen werde ich informiert?
kann ich eine Info nach wahr, oder unwahr beurteilen?
was fange ich mit einer solchen Info an?
welchen Nutzen hat sie?

Ich denke dabei an alle Medien.


Simba antwortete am 23.12.02 (01:23):

Der Mensch ist nun mal ein Produkt seiner Umwelt und er wird von ihr ständig beeinflusst und geformt. Zu dieser Umwelt zähle ich auch die Medien. Und ich denke dass das Tun vom Kannibalen und seinem Opfer nicht aus sich selbst heraus entstanden ist, sondern aus einem äusseren Einfluss.
Es gibt ja genug Lektüre und Filme dazu. Mir ist bewusst, dass das solche Sachen schon lange gibt, noch bevor es Medien gab - aber an dieser Anhäufung von Gewalt und Perversitäten in unserer scheinbar kultivierten und zivilisierten Welt tragen sie sicher ihren Anteil bei. Je schrecklicher die Schlagzeilen und Filmtitel unso höher die Einschaltquoten und Auflagenzahlen. Wir haben wohl seit den Gladiatorenkämpfen und den Löwenhatzen in den Arenen einiges dazugelernt aber gefühlmässig ist wohl ein grosser Teil der Menschheit noch immer in der Steinzeit angesiedelt.


sofia204 antwortete am 23.12.02 (01:37):

Angelika,
"Dinge ohne Projektion wahrzunehmen"
- ein Wahnsinnssatz -
jetzt muß ich das Höhlengleichnis lesen


schorsch antwortete am 23.12.02 (11:29):

Ob es nun wahr oder unwahr ist: Als die ersten Missionare zu den Kanibalen gingen um sie zu bekehren, stellte es sich heraus, dass jene die rauchten, die besseren Überlebenschancen hatten..... (;--))))


pheedor antwortete am 23.12.02 (11:47):

@schorsch

fast so sinnvoll wie Möchtegernautoren, ein Möchtegernbeitrag

ich klink mich aus, frohe Weihnachten


Klaus W antwortete am 25.12.02 (20:29):

Also schorsch das will ich jetzt aber ganz genau wissen.
genügt es zu rauchen, oder muß man auch noch Menschenfleisch essen? :-))
Ansonnsten Kanibalissmuss so verwerflicht es ist,hat es,gibt es,und wird es immer geben. Schlimm ist, was die Medien daraus machen.


schorsch antwortete am 26.12.02 (18:35):

Absolut gesichert ist: Auch jene Missionare, die nicht rauchten, sind inzwischen verstorben (;--))))

Schorsch der Möchtegern...

....aber was eigentlich?