Vorwort |
Seit der Veröffentlichung des Buches ,,Hitlers willige Helfer, ganz gewöhnliche Deutsche und der Holocaust" von dem amerikanischen
Historiker Jonah Daniel Goldhagen wird der Terminus ,,ganz gewöhnliche Deutsche"in der Öffentlichkeit diskutiert. Diesen Begriff halte ich
für unglücklich gewählt, denn wer waren ,,ganz gewöhnliche Deutsche"?
Zunächst ist doch jeder Mensch ganz gewöhnlich, ehe er zum Verbrecher oder zum Heiligen (oder Helden) wird. Wo gibt es in
ungewöhnlichen Zeiten, wie es der Zweite Weltkrieg war, noch ganz gewöhnliche Menschen? Es war doch jeder vor ungewöhnliche Probleme
und Entscheidungen gestellt. Selbst die Mütter und ihre Kinder konnten nirgendwo in den vom Krieg gebeutelten Ländern ein normales und
ganz gewöhnliches Leben führen.
Ein Krieg hat viele Gesichter und viele Facetten, wahrscheinlich so viele wie es Menschen gibt, die in irgendeiner Weise in das
Kriegsgeschehen geraten sind. Kein Schicksal gleicht genau dem anderen.
In diesem Buch gibt es keine erfundene Geschichte und alle Personen darin lebten tatsächlich oder leben noch. Es soll und kann auch kein
geschichtlich exaktes Werk sein oder ein abenteuerlicher Kriegsroman. Sicherlich hat es millionenfach tragischere Erlebnisse gegeben, als sie
hier geschildert werden. Es ist der Versuch, die großen und kleinen Ereignisse, eben einige der Millionen Facetten, so zu schildern, dass der
eine oder andere der Leser sich sagen kann: das hätte mir damals auch passieren können, wollen wir hoffen, dass uns dieses niemals wieder
passiert!
Meine Erinnerungen an die Zeit zwischen 1938 und 1948 (auch die ersten Nachkriegsjahre waren ,,ungewöhnliche Zeiten") zeigen einen
Jungen von 6 bis 16 Jahre, dessen erwachendes Bewusstsein von den Gegensätzen seiner Umwelt geprägt wurde. Er war im August 1938 sechs
Jahre alt geworden und die Hakenkreuzfahne, das Führerportrait und das ganze Gepränge um die Nazi-Ideologie war ihm eine
Selbstverständlichkeit wie das Amen in der Kirche, das er bei jeder Sonntagsmesse hörte.
Ich glaube, dass es gerade die naive Sicht eines Kindes und eines Heranwachsenden ist, die den heutigen Menschen das Geschehen dieser Zeit
transparent machen kann.
Inhalt sverzeichn is Vorwort Der Weiberfeind Warum kommt man nach Dachau? |