Schwabenstraße
13, 90518 Altdorf, Tel.
09187/1203 Fax 09187/906549
Da wird der Fisch in der Pfanne verrücktKurz nachdem ich sie
über die Schwelle unserer ersten Wohnung getragen habe, hatte ich
Gelegenheit mich zu revanchieren. Ich erzähle Ihnen das alles im Vertrauen, deshalb meine Bitte: Lesen Sie bitte möglichst im stillen Kämmerlein! Ich hatte seinerzeit
den, aus heutiger Sicht übersteigerten, Ehrgeiz meine Frau und wenn es
dann soweit ist, auch meine Kinder, selber und allein zu ernähren. In dem
heute in dieser Form nicht mehr existierenden Beruf als Schriftsetzer (gleich
nachdem ich dem graphischen Gewerbe gekündigt hatte, ging die ganze
Technik ein) konnte man für damalige Verhältnisse gutes Geld
verdienen. Vor allem mit Nachtschichten. So kam ich dann,
wenige Tage nach dem obigen Ereignis – des „Über-die Schwelle-Tragens“
– von der Frühschicht nach Hause und roch schon im Hausflur am Duft,
dass sie mir heute ein besonderes Schmankerl aus ihrem, für eine so junge
Ehefrau, doch ganz respektablen Repertoire bereitet hatte. Ich fand meine „beste
Ehefrau von Allen“ – (wenn wir Frau Kishon auch noch eine
übergeordnete Sonderstellung einräumen wollen) – in
aufgelöstem Zustand, mit abgewandtem Gesicht am Herd stehend und
schreckensbleich mit ihrem längsten Kochlöffel in einer Pfanne
herumstochernd. Es war ja die Karpfenzeit als wir
heirateten und in der Pfanne lag herrlich goldgelb und knusprig gebacken ein
Prachtexemplar dieser Spezies. Es war weder verbrannt, noch schien es sonst wie
irgendwelche Sonderheiten aufzuweisen. Ich sah nicht den geringsten Grund
für eine derartige Aufregung. Mit allen Anzeichen des Entsetzens und
Schreckens drückte sie mir den Kochlöffel in die Hand: „Da –
mach du das fertig! – Ich rühr’ das Vieh nicht mehr an –
ich will ihn gar nicht mehr sehen!“ und verschwand eilends im Wohnzimmer. Nachdem sie
hörte, dass ich begonnen hatte das köstliche Mahl auf Teller zu legen
schrie sie entsetzt vom Wohnzimmer um die Ecke zur Küche: „Brauchst
für mich gar nichts anzurichten! – Ich bringe keinen Bissen
hinunter!“ „Was ist denn
los?“, fragte ich, „erzähl’ doch!“ „Erst wenn das
Biest weg ist. Ess’ ihn alleine, wenn er dir schmeckt – oder wirf
ihn weg! Mir ist alles egal!“ Es blieb mir nichts
anderes übrig, als alleine in der Küche zu genießen. Es
schmeckte vorzüglich. Eva weigerte sich beharrlich, mir wenigstens
Gesellschaft zu leisten und dabei etwas anderes zu essen. Endlich, als alle
Reste und Spuren – auch in
der Pfanne – beseitigt waren, ließ sie sich bewegen von ihrem
geheimnisvollen und so schrecklichen Erlebnis zu berichten. Es musste im
Wohnzimmer sein. Die Küche wollte sie noch immer nicht betreten. „Ich habe das
Vieh dort vorne in dem Fischladen gekauft“, begann sie, „und ihn
sogar lebend selbst ausgesucht. Der Verkäufer hat ihn vor meinen Augen
geschlachtet, ausgenommen und zerteilt ...“. „... dabei ist
dir schlecht geworden!“, warf ich ein. Eva sah mich erstaunt
und fast vorwurfsvoll an: „ Aber Reiner! – Deswegen wird mir doch
nicht schlecht! Du weißt, dass wir lange Zeit auf dem Land gewohnt haben
– sogar in einer Karpfengegend – ich habe schon öfter gesehen,
wie alle möglichen Tiere geschlachtet wurden.“ „Dann verstehe
ich gar nichts mehr!“ „Wart’s
ab! – Hast du schon einmal einen Karpfen gebacken?“ „Nein“. „Na siehst du
– dann wirst du gleich hören was passiert ist!“, sagte sie mit
zusammengebissenen Zähnen und schlotterte fast bei der Erinnerung.
„Ich hab’ das Vieh in das heiße Fett getan und nach wenigen
Augenblicken ist der halbe Karpfen wieder lebendig geworden!“ Sie wurde ganz
wütend, weil ich mir natürlich das Lachen nicht verkneifen konnte. „Der halbe
Karpfen hat zuerst den Schwanz und dann den Kopf gehoben und gezappelt, dass
ich meinte, er springt im nächsten Moment aus der Pfanne! – In meinem
Schreck bin ich gleich zu meiner Tante hoch (zwei Stockwerke höher wohnte
ein Tante von ihr) und die hat mir erklärt, dass das bei einem solchen
Vieh normal ist und der trotzdem tot ist. Aber ich konnte das Gezappel nicht
mehr sehen – und essen konnte ich schon gleich gar nichts!“ Bis heute haben wir
Karpfen nur in Lokalen gegessen. Und erzählt haben wir diese Geschichten
vom VW und dem Karpfen nur auserwählten Freunden. Ab heute
gehören Sie auch dazu! * |