Cäcilie
Steiner: Mein Lebenslauf Mein
Name ist Cäcilia Steiner, geboren wurde ich am 27. Juli 1906 in Golling
Österreich. Mein Vater, Peter Wallmann, jüngster Sohn vom Großkaasgut
im Voregg 1, Post Golling, war damals Steinbrucharbeiter, verheiratet mit
Cäcilia Polm. Vaters
Leben war nicht lange. Als ich 1 Jahr alt war, verstarb er plötzlich an
seinen inneren Blutungen. Mein
Onkel Michael Wallmann, Großkaasgutsbesitzer übernahm mich als sein
eigenes Kind. Meine
Adoptivmutter Katharina Wallmann, war eine leidende Frau und darum hatten sie
keine Kinder. Im
Alter von 3 Jahren erkrankte ich schwer an der Diphtherie, das verhinderte mein
Wachstum, so daß ich erst mit 7 Jahren die Schule besuchen konnte. Nach
Absolvierung aller Klassen, verließ ich mit Abschluß der 7. Klasse
im Alter von 14 Jahren die Volksschule Golling, danach begann meine Arbeit in
der Landwirtschaft. Schon
in frühester Jugend mußte ich das Kochen erlernen, da wie bereits erwähnt
die Mutter sehr oft das Krankenlager hüten mußte. Als
ich 15 Jahre alt war, hatte die Mutter eine schwere Operation. Ich versorgte
fleißig das Hauswesen, half im Stall und auf dem Feld mit und betreute
die kranke Mutter. Es
waren oft sehr arbeitsreiche Wochen, denn nicht nur am Tage, sondern auch in
vielen Nächten mußte ich für die kranke Mutter da sein. Dann
passierte mir ein für meine Jugend schweres Schicksal. Mit 16 Jahren
wußte ich, daß ich Mutter werde. Als ich 17 Jahre war, gebar ich
einen gesunden Knaben. Es war ein ringen auf Leben und Tod, doch wir beide
schafften es. Der Kleine war mein Sonnenschein. Er brachte oft heitere Stunden
in dieses traurige Haus. Mutter
kam später ganz ins Bett und brauchte noch mehr Pflege als zuvor. Es gab
keine Genesung mehr. Als man sie zu Grabe trug, war ich gerade 20 Jahre. Mein
Vater war damals 65 Jahre alt. Er litt an Rheuma und konnte nicht mehr
schaffen. Nun
mußte ich mit den Dienstboten aufs Feld und überall dabei sein. Mein
Junge war stets mit. So
verging ein Jahr ums andere. Als
ich 23 Jahre war, erfaßte mich eine langwierige Nervenentzündung. Es
hieß , durch dauernde Überanstrengung. Im
Alter von 25 Jahren verheiratetet ich mich mit dem Peter Steiner. 2
Jahre später übernahmen wir den Hof. Inzwischen hatte ich bereits 2
weitere Kinder. Ein Knäblein und ein Mädchen. Es
war Winter 1934, am 9. Februar, wir hatten gerade 6 Wochen den Hof übernommen,
als in der Nacht das Haus, samt Wirtschaftsgebäude in Flammen aufging. Nur
unbekleidet konnten wir dem Feuer entkommen. Jetzt
kamen viele schwere Zeiten auf uns zu. Mein Mann kam in Untersuchungshaft.
Meine 3 Kinder, der alte Vater und ich mußten unter fremden Dach Obdach
hausen. Nach
7 Wochen endlich, entließ man meinen Mann. Jetzt bauten wir in aller Eile
ein neues Zuhause, denn es mußte ja die Ernte unter Dach kommen. Viel,
viel Arbeit, kein Geld, keine Maschinen, keine Arbeitsgeräte, 7 Personen
und keine Betten. Alles nur auf Bitte und Danke. Ich
weiß nicht, wie alles vorbei ging. Wir
hatten den Hof schwer verschuldet übernommen und dazu dieses Unglück. Mein
Mann bekam ein schweres Nierenleiden. 1938
kam dann Hilfe. Wir konnten auf dem Hof bleiben. Durch einen Umschuldung hatten
wir und die Kinder eine neue Heimat. Im
Laufe der Jahre habe ich noch weitere 4 Kinder geboren .Nun hatte ich 7 Kinder,
4 Mädchen und 3 Knaben. Alle sind am Leben. Im Kriege war mein Mann
untauglich geschrieben worden, wegen seines Nierenleidens. Er betäubte seine
Dauerschmerzen mit Alkohol. 1956
entfernte man ihm eine Niere, danach ging es ihm besser. Aber er konnte den
Alkohol nicht lassen. Im Stall hatten wir durchs Jahr viel unsein. Drei mal
nacheinander mußte das Vieh weg. Dadurch hatten wir keine Einnahmen. Da
entschloß ich mich, um das Gastgewerbe an zumachen. 1961
bekam ich das Gastgewerbe und führte es bis zum 28. Februar 1967. Ich habe
keine Hilfe zur Arbeit und allein kann ich nicht schaffen, da ich ausgerackert
bin. Meine Füße schmerzen, das Herz will nicht mehr mitmachen. 47
Arbeitsjahre habe ich hinter mir und für die Rente ist es noch zu wenig.
Sie ist abgelehnt. Ich
kann es nicht fassen, wenn ich es mir nicht verdient habe, dann weiß ich
nicht, wo die sozialen Gesetze begraben sind. Es muß in dieser Rechnung
ein Irrtum sein. Nach
der Absage meines Rentenansuchens ging ich Arbeit suchen. Mein
Sohn Peter Steiner hat am 26. Oktober 1963 den Hof übernommen. Es
lastet ein großer Schuldenstand darauf. Mein Mann, noch immer leidend,
besucht die meiste Zeit im Jahr den Arzt, um Linderung seines Leidens zu
bekommen. Ich stand ohne jede Hilfe für mein Leiden, ohne Krankenversicherung,
ohne Rente. In
der Sägeschule Kuchl, bekam ich am 2. Oktober 1967 Arbeit als Hausmädchen,
aber schon am 15. Dezember 1967 mußte ich von der Arbeit wieder weg
gehen, den Vorgesetzten war ich mit 61 Jahren zu alt. Am 2. Januar bekam ich
eine Anstellung als Köchin bei der Wildbachverbauung Lammer Ens, wo ich
zur Zeit noch tätig bin. Zu
meinem Leidwesen mußte ich im Februar ins Krankenhaus, da sich mein
Bandscheibenleiden und die Gallenentzündung verschlechtert hatte. Jetzt habe
ich Angst, daß ich meine Arbeit als Köchin nicht mehr lange so verrichten
kann, wie es zur Zeit von mir verlangt wird. Ich koche für 16 Personen und
muß 4 große Barackenräume, samt Küche sauber halten, viel
Wasser tragen und putzen. Auch ist mein Vorarbeiter gegen mich, er will eine
junge Köchin. Alles große Sorgen für mich. Wie wird es ausgehen? Geschrieben
am 1. April 1970 Cäcilie
Steiner starb schwer leidend am 4. April 1992 im Alter von 86 Jahren. Ihr
Sohn Peter Steiner nahm sich 1988 das Leben, nachdem seine Frau nach einem
Herzinfarkt im Wald, beim Bäume streichen, tot aufgefunden wurde. |