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Georg Segessenmann, alias Georg von Signau

(mailto:autorseges@yetnet.ch) schrieb am 07.03.01 (09:58):

 

Wie kommst  du eigentlich zu deinen Ideen etwas zu schreiben,  werde ich des öfteren gefragt. Antwort: Manchmal fallen einem die Ideen nur so zu. Manchmal aber gebe  ich mir selber einen Auftrag, wie zum Beispiel das nachfolgende „Potpourri“. Aus einer Autorenlesung im

 

Forum Schlosshof, Aarau, 1. April 2000

 

Willkommen zu meinem Literatur-Specktakoli!

 

Blau 1, Gedicht 1

 

Blaues Meer am Palmenstrand,

wir liebten uns mit Herz und Hand,

fühlten uns im Glück geboren.

 

Heut` gibt’s` dort, statt heisse Küsse,

Teergestank und schwarze Füsse;

Tanker hat wohl Öl verloren!

 

 

Blau 2, Kurzgeschichte 1

 

„Schau mir in die Augen, Kleines!“

Sie schaute ihm in die blau gefärbten Kontaktlinsen und schmolz dahin.

 

17 Jahre danach; Zeitungsmeldung:

 

Dank Gen-Analysen gewann die Tochter endlich den Vaterschaftsprozess gegen den inzwschen zum Superstar

Avancierten. 17 Millionen musste er hinblättern – für jedes Jahr eine.

 

Freudestrahlend kaufte die Tochter den grössten Blumenstrauss, den sie finden konnte. Sie brachte ihn ihrer

Mutter – aufs Grab!

 

 

Blau 3, Gedicht 2

 

 

Der Bauer, der von der Leiter fiel.

 

Ein Bauer stand auf seiner Leiter,

ziemlich blau und ziemlich heiter.

Sein Kopf war schwer, und die Gedanken

unkonzentriert, man sah ihn schwanken;

man sah erschrecken ihn und fallen;

er konnte nur noch „hoppla“ lallen;

schon fiel er hart auf seine Nase;

er plumpste hin und lag im Grase.

 

Gottlob, es ist ihm nichts passiert;

ich hab` euch nämlich angeschmiert,

und muss gesteh`n nun ganz verlegen:

Die Leiter stand nie; sie hat schon vorher gelegen!

 

 

Blau 4, Limerik 1

 

Ein blauäugiger Mensch aus poetischen Kreisen,

der wollte sich selber als Dichter beweisen.

Das Publikum staunte;

das Publikum raunte:

„Wir habens geahnt, der ist am Vergreisen!“

 

 

Blau 5, Missverstandene Lieder 1

 

Rote Lippen soll man küssen........

„Hast du kalt, Liebling; deine Lippen sind ja ganz blau!?“

„Nee; Kontaktlinsen verloren, Kandelaber geküsst!“

 

 

Blau 6, Kurzgeschichte 2

 

Strahlend stand die Sonne am strahlend blauen Himmel, als Heinrich am Montag strahlend zur Arbeit fuhr. Wie

hätte er ahnen können, dass er heute noch sein blaues Wunder erleben würde? Kurz vor Feierabend brachte der

Boss nämlich allen den Blauen Brief! Blauäugig sagte er. „Nun ärgert euch doch nicht gleich blau. Denn ab

morgen könnt ihr jeden Tag blau machen!“

 

 

Blau 7, Gedicht 3

 

Als Knabe lag ich

        des öftern mal im Grase

und schaute auf

        in des Himmels Blau.

Herrliche Düfte

        entzückten meine Nase,

das Lied der Vögel

        kannte ich genau.

Heut` nippe ich

        des öftern mal am Glase,

und wer mich sieht,

        der denkt, ich wäre blau,

und richtig komm` ich

        nur noch in Ekstase,

wenn ich ganz tief

        mal ins Gläschen schau!

 

 

Blau 8, Missverstandene Lieder 2

 

Dann hat die blaublütige Prinzessin den armen Frosch auf seinen grausligen Mund geküsst, und der Frosch

verwandelte sich in den ewig blonden Prinzen. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann singt er heute noch!

“Blau, blau, blau blüht der Enzian, wenn beim Alpenglühn, (grrrrrrrr), wir uns wiedersehn (grrrrrrr)......“.

 

 

Blau 9, Gedicht 4

 

Bergwelt

 

Berge unter lichten Wolken,

Sturzbach, der zu Tale rauscht,

Herdenkühe, frisch gemolken,

Gämse, die Gefahr erlauscht;

Bergblumen ducken ihre Köpfe,

zwei Murmeltiere halten Wacht,

an Krüppellärchen flattern Zöpfe,

die Wind und Wetter blau gemacht.

Ich wandere dem Licht entgegen,

bestaun` die hehre Alpenwelt,

trotze kaltem Wind und Regen

und bin wie selten aufgestellt.

Rund um mich tanzen Nebelfetzen,

feuchten mir das Haar, die Haut;

Perlenpracht auf Spinnennetzen,

so schön, wie ich noch nie geschaut.

Ist`s Märchenzauber? Zauberwelten?

ich verlier` mich hoffnungslos darin,

geniess` die Luft, die rein und sauber

und fühle, dass ich glücklich bin.

 

Die Wolkendecke, nun gerissen,

weicht dem zarten Himmelsblau,

verziert von weissen Wolkenkissen;

Gletscherwind wird lind und lau.

Seufzend pack` ich meine Sachen,

greif` zögernd nach dem Wanderstab,

durch meine Seele zieht ein Lachen,

das ich schon fast vergessen hab`.

Abwärts lenk` ich meine Schritte,

verlass` die hehre Zauberwelt;

hoch zum Himmel geht die Bitte,

dass der Herr sie lange noch erhält.

 

 

Blau 10, Gedicht 5

 

Zwei liebe Menschlein, Brüderlein,

wollten friedlich zusammen wohnen.

Das eine rief dem anderen: „Schwein!“,

schon flogen Blaue Bohnen.

 

Zwei liebe Menschlein, Brüderlein

die machten es dann besser:

Sie wollten nur noch leise sein,

drum griffen sie zum Messer!

 

Und die Moral von der Geschicht?

Friede auf Erden gibt es nicht.

Denn wo zwei Menschen sind im Spiel,

da ist der eine schon zu viel!

 

 

Blau 11, Kurzpoesie 1

 

Ein Schweisser sitzt am Schweissgerät,

darob er sehr in Schweiss gerät.

Ihr lieben Leut`, fragt ihr euch nun:

Was hat denn dies mit Blau zu tun?

Die Antwort weiss ich ganz genau:

Er ärgert sich halt grün und blau,

weils ihm auch nicht mit Fleiss gerät,

zu schweissen mit dem Scheiss-Gerät!

 

 

Blau 12, Kurzpoesie 2

 

 

Die Nase läuft, wird blau und träuft;

der Dichter schnäuzt und seufzt und säuft.        Prost!

 

 

Blau 13, Kurzpoesie 3

 

Trinkt Dichter Rum, (ohne „h“) bis zur Ekstase,

kriegt er nicht Ruhm, (mit „h“) nur blaue Nase!

 

 

Blau 14, Missverstandene Lieder 3

 

„Kornblumenblau......“

 

Fünf Korn, fünf Bier;

man wird zum Tier,

und fühlt im Magen man sich flau,

dann nennt sich dies: Korn-Blumen-Blau!

 

 

Blau 15, Gedicht 6

 

König Blaubart, auch euch wohl bekannt

in seinem Schloss ist herum gerannt.

Er vernahm, dass die Frauen von Italia

viel wilder seien als in Westphalia.

Drum brach er auf, mit seinem Schiff,

man umschiffte manch gefährliches Riff,

und man überstand manch bösen Sturm;

ein Wunder, denn im Holz frass der Wurm.

 

Der Wind wurde flau, man brachte es nur

an die blaue Küste, genannt Cote d Azur.

Dort sandte er Boten mit Geld von Bord,

um zu finden die geilsten Weiber im Ort.

 

Es ging ihm zu lange, nun liegt er im Sand;

zwei Knaben gehen ihm eifrig zur Hand!

 

 

Blau 16, Missverstandene Lieder 4

 

„Blaue nackt, oh Blaue nackt am Hafen.....“

Warum, so fragt sich der unvoreingenommene Dichter, warum ist denn diese Frau blau? Und was tut sie denn am

Hafen? Hat sie vielleicht zuviel getrunken? Aber warum ist sie dann nackt? Hat sie vielleicht ihre Zeche nicht

bezahlen können und hat darum ihre sämtlichen Klamotten in der Bar abgeben müssen als Pfand?

 

Aber dann kommen einem vielleicht all die jungen und weniger jungen Menschen in den Sinn, die sich ihren

Kopfputz färben lassen in allen möglichen und unmöglichen Mode-Farben. Warum also nicht auch blau? Aber - wäre

dann die provozierende Nacktheit dieser Frau nicht verräterisch? Da träte ja irgendwo doch die Originalfarbe

zutage!

 

 

Blau 17, Gedicht 7

 

Wintergrau

 

Schneestaub rieselt von den Bäumen,

die Sonne, hinter Grau versteckt,

versucht, die Wolken zu verräumen,

hat sich daran wohl wund geleckt.

 

Griesgrämig sitzt die alte Katze

des Nachbarn auf der Gartenbank,

versteckt die Krallen ihrer Tatze

und fühlt sich schon seit Tagen krank.

 

Kein Mensch will heute auf die Gasse,

nicht mal mein Hund will heut` hinaus,

er merkt, dass ich mich treiben lasse,

ist froh, muss er nicht aus dem Haus.

 

Derweil ich diese Zeilen schreibe

verweil ich einen Augenblick,

hoff`, dass die Sonn` das Grau vertreibe

und sie mir neue Hoffnung schick.

 

Da, als könnt` der Dichter zaubern,

zerfliesst das eklig Wintergrau.

Ich fühl` mein Herz vor Wonne schaudern

und stürz` mich gleich ins Himmelsblau!

 

 

Blau 18, Kurzgeschichte 3

 

Er hatte ihr das Blaue vom Himmel herab versprochen. Sie glaubte ihm und drückte stets beide Augen zu. Sie

gingen ihr erst wieder auf, als sie blaue Veilchen drauf hatte!

 

 

Blau 19, Limerik 2

 

Ein blauäugiger Mensch aus poetischen Kreisen,

der wollte sich gar dem Publikum beweisen:

Doch das tat nicht staunen;

es tat auch nicht raunen;

es tat ganz einfach klammheimlich verreisen!

 

 

Blau 20, Kurzgeschichte 4

 

„Draussen regnet`s und `s ist kalt, zieh den blauen Überzieher an, Klausi!“

„Ich will den blauen Überzieher aber nicht anziehen, Mutti; sieht doch sooo doof aus! Ich will lieber den roten Überzieher überziehen!“

„Der rote Überzieher kommt aber erst nächste Woche dran, Klausi, Zieh den blauen Überzieher an, sage ich, oder ich werde dir gleich eins überziehen!“

 

 

Ich schaue auf die Uhr.

 

Was sieht mein blaues Auge da?

Ich überziehe selber ja!

Hab` da wohl zu lang gezaudert?

Schluss, Ende: Es ist aus-ge-blau-dert!

 

 

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 - 07.03.01 (09:58)

 


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