Wasserschlösser im Münsterland
Friedgard Seiter
Schon
lange hatten wir uns diese „Forschungsreise“ vorgenommen. Durch
Freunde im Internet bekamen wir Hoteladressen, um einen ersten Anlaufpunkt zu
finden. Das war Billerbeck - eine originelle Kleinstadt mit einem großen,
neugotischen Münster und einer kleineren, alten Kirche mit leicht schief
geneigtem Turm. Hier
erwartete uns das erste Schloß, das wir auf unserem Programm stehen
hatten. Aber: hier lernten wir auch, dass wir pfadfinderische Fähigkeiten
entwickeln mussten. Wir hatten uns als Reiseführer 1. aus dem POMP-Verlag:
„Ausflugsziele im Münsterland / Schöne Wasserburgen und
Schlösser“ von Bossemeyer/Klaes und 2. den HB-Bildatlas,
Sonderausgabe: „Wasserschlösser im Münsterland“ zugelegt.
Da hieß es nun bei Billerbeck: Schloß Darfeld. Eine Kartenskizze
war auch dabei. Danach kreisten wir das Gebiet ein, in dem sich das
Schloß befinden musste, fanden aber weder Hinweisschild, noch Parkplatz.
Radfahrergruppen, die aus einem Waldweg kamen, ließen uns vermuten, dass
wir in diesem Wald fündig werden müssten. Und siehe da: eine Lichtung
tat sich auf mit See und Schloß, größer, als wir es erwartet
hatten. Das
Schloß Darfeld befindet sich in Privatbesitz, es scheint ein
landwirtschaftlicher Betrieb dazu zu gehören. Verschiedene Baustile
schließen sich zu einem harmonischen Ganzen zusammen, fast ein
Märchenschloß. Dann
machten wir uns auf die Suche nach Haus Alst, wobei uns eine muntere Hochzeits-
gesellschaft in einem Gasthaus am
Straßenrand behilflich sein musste, denn auch dieses kleine
Wasserschloß war nirgends ausgeschildert. Da es in einem dichten Urwald
liegt, kamen wir mit der Kamera nicht heran. Wir sahen Schlossherrn und
Schlossherrin vom Joggen heim- kommen - auch dieses Haus ist in Privatbesitz.
Es ist ein Haus im „Streifenlook“, wie es im Reiseführer
heißt: Ziegel und Sandstein im Wechsel verbaut, eine vermutlich aus
Holland stammende Bautechnik. Weiter
ging es nach Steinfurt. Diesmal ein Schloß, dass eine dominierende Lage
in der Stadt hat, sodaß wir nicht zu suchen brauchten. Es ist eine
großflächige Anlage in Nachbarschaft eines Parks. - Hiermit war
unser erstes Tagesprogramm erschöpft - und wir auch. Am
nächsten Tag ging es von Billerbeck aus in süwestlicher Richtung.
Leider begann es zu regnen, sodaß wir das Sportschloß Velen, das
sehr elegant angelegt ist, nur unter dem Schirm hervor betrachten und aufnehmen
konnten. Etwas besser ging es uns in Gemen, dessen Wasserschloß zur
„Jugendburg“ umfunktioniert wurde. Es ist ja ein Problem, wie diese
alten Bauten zu erhalten sind und nicht immer gelingt es. In
Raesfeld ist es der Handwerkerverein, der sich des umfangreichen
Gebäudekomplexes angenommen hat. Eine kunsthandwerklich hochwertige
Boutique lud zum Kaufen ein und im Park begrüßte uns ein Pfau mit
seinem Radschlag. Die
Burg Vischering bietet einen sehr geschlossenen Anblick, in der
Burgschänke konnten wir auch unseren Hunger stillen. Schwindelfreie
konnten auch auf der Burgmauer balancieren, was ich mir lieber verkniffen habe. Enttäuschend
war Schloß Senden - es sieht aus, als ob niemand mehr dafür
verantwortlich ist. Der rechte Flügelbau scheint abzusacken in Richtung
Wassergraben, das Restaurant, das hier sein sollte, war geschlossen. Am
folgenden Tag hatten wir das „westfälische Versailles“ auf dem
Programm: Schloß Nordkirchen. Diese Anlage ist in mustergültigem
Zustand, denn: dort ist eine Fachhochschule für Steuerbeamte des Landes
Nordrhein-Westfalen. Auch hier also, wie in alter Zeit, zahlen die Bürger
für die Erhaltung der Pracht. Mitten im See vor der prunkvollen
Schlossfassade saß auf einem Stein ein Kormoran mit ausgebreiteten
Flügeln - starr wie ein Bildwerk: der Pleitegeier?? Wir
kehrten wieder zurück zu den kleineren, weniger aufwendigen Bauten, die
uns mehr am Herzen liegen. Und da war die Perle: Schloß Hülshoff.
Hier konnte man sich sogar vorstellen, dass man es bewohnen könnte -
sicherlich im Zusammenhang damit, dass es als Museum für Annette von
Droste-Hülshoff sehr hübsch eingerichtet war. Eine
Tonband-Führung - nicht zu wortreich und sehr informativ - geleitete uns
durch die Räume. Wir hatten auch das Glück, dass die Sonne sich mal
wieder zeigte, was in diesem Juli ja eine Seltenheit war. So sind auch die
Aufnahmen von Schloß Hülshoff recht gut gelungen. Inzwischen
hatten wir unser Quartier gewechselt und uns in Tecklenburg niedergelassen, das
ein zauberhaftes Fachwerkstädtchen am Rand des Teutoburger Waldes ist. Vom
Zimmer aus hatten wir den weiten Blick über das Münsterland. In
Tecklenburg liegt das Geburtshaus von Friedrich von Bodelschwingh - es ist kaum
als „Schloß“ zu bezeichnen. Eigentlich ein Gutshaus, im
Wasser liegend. Es wirkte ein wenig heruntergewirtschaftet - wir konnten nicht
erkennen, wozu es genutzt wurde - einige alte Leute saßen in der Sonne im
Innenhof. Schloß
Surenburg, das wir auf unserer nächsten Tour aufsuchten, stand in einem
Reiseführer noch als „Hotel“, im anderen hieß es, es sei
der Wohnsitz von Constantin Freiherr von Heeremann, dem ehemaligen
Präsidenten des Deutschen Bauernverbandes. Im Wald, den wir
durchwanderten, fanden wir noch einen Hotel-Hinweis, aber an der Pforte hing
ein Schild: „Privat“. Jedenfalls wirkte das Haus lebendig und
bewohnt und hatte einen leuchtend bunten Garten. Tecklenburg
selbst hat eine Burgruine, in der im Sommer Theateraufführungen
stattfinden. „Der Räuber Hotzenplotz“ stand auf dem Programm,
entsprechend waren in unserm Hotel am Wochenende einige Familien mit Kindern -
teilweise aus Holland kommend - abgestiegen. Mit
Besichtigungen von Minden und Rinteln schlossen wir unsere kleine Rundreise ab
und flüchteten dann vor dem immer reichlicher strömenden Regen wieder
in unseren heimischen Hafen. Das Fazit: man braucht nicht nach Frankreich zu
reisen, um Schlösser zu sehen - was wir besucht haben, war nur ein kleiner
Teil dessen, was es bei uns noch zu erforschen gibt. |