Edgar Schulz edmoschulz@t-online.de Die
alte Frau. Die
alte Frau stand an der Ampel und wartete auf Grün. Schwer hing die Tasche
mit den Lebensmitteln in ihrer Hand. Ihr Herz pochte vor Aufregung, als sie endlich
Grün bekam und die Straße überqueren konnte. Sie war
für den dominanten Verkehr zu langsam. Vor und hinter ihr kreuzten eilige,
abbiegende Autos und Radfahrer den Weg. Manche Fahrerhand wurde zur Faust
geballt und der Zeigefinger an die Stirn geführt. In der
Straßenmitte befand sich eine Verkehrsinsel mit einem Verkehrsschild
darauf. Die alte Frau lehnte sich dagegen. Sie stellte ihre Einkaufstasche auf
die Erde. Schweratmend wischte sie sich mit dem Taschentuch über die
feuchte Stirn. Ein junger
Mann bog um die Hausecke. Er lief leichtfüßig über die
Straße, ergriff die Tasche und faßte die alte Frau am Arm und
führte sie, gegen ihren immer schwächer werdenden Protest, zwischen
den hin und hereilenden Autos, über den Damm. Auf dem Gehweg, neben der
Ampel, ließ er sie los. Er winkte ab, wollte keinen Dank. Sein
Gesichtsausdruck sagte: „War doch selbstverständlich.“
Gutgelaunt eilte er davon. Die alte
Frau seufzte. „Ich will ja nicht undankbar sein," und schaute
wehmütig auf die Verkehrsinsel, „aber warum hat er mich wieder
zurückgebracht? Nun muß ich den Weg noch einmal gehen.“ |