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Anna
Ein Zeitspann nur von 80
Jahren – Ein Wimpernschlag im
WeltgeschehÕn; Es reichte aus um zu
erfahren, dass Leben nur aus Kampf
besteht. Ans Elternhaus denkt sie
verschwommen, an der Geschwister gro§e
Zahl. Die Mutter ist in Himmel
kommen, als sie gerade sieben war. Der erste Weltkrieg war
beendet – Der Vater arm – mit
Kinderschar, man wusste nicht, wie das
noch endet – da er auch oft betrunken war. Die kranke Tante kümmert sich
– Sie hätte selbst genug zu
klagen, es wäre ihr ganz sicherlich noch heute gro§er Dank zu
sagen. Mit dreizehn aus der SchulÕ
entlassen, brauchte sie Arbeit und
Logis. Sie konnte fast ihr Glück
nicht fassen – die Pfarrersfrau – die
brauchte sie. Sie blieb dort unter strenger
Hand – lernte den Haushalt und
Benimm, bis sie die andre Stelle fand
– als ãZimmermädchenÒ sie nun
ging. Nun gab es für sie schöne
Tage – zuerst war sie in Hindelang, es folgt ein Haus in guter
Lage – um Arbeit war ihr niemals
bang. Sie hättÕ die Jugend voll
genossen – wärÕ nicht im Volk das gro§e
Raunen. Man hörte von Parteigenossen, von Kriegsgefahr – und
von den Braunen. Und dann war Krieg –
sie musst erleben und schmerzlich fühlÕn am
eignen Leib – was Frauen und Mütter müssen
geben, an Kraft, an Sorgen,
Herzeleid. Ihr Lieblingsbruder kam zum
Heer – er durftÕ für Deutschland
streiten. Die Todesnachricht traf sie
schwer – der Auftakt schlimmer Zeiten. Sie geht nach Erfurt ins
Hotel und dort – in dieser
Stadt voll Blumen – verliebt sie sich und heiratÕ
schnell die Pflicht hat ihn gerufen. Drei Jahre dauerte das Glück
– sie wünscht sich sehnlichst
Kinder – er kehrt vom Krieg nicht mehr
zurück – in ihrer SeelÕ war Winter. Der Endsieg wurde prophezeit
– doch der lie§ auf sich
warten. In Reutlingen versucht sie
jetzt, ihr Leben neu zu starten. Sie muss an einem Webstuhl
stehen und wohnt zur Untermiete
– es zählt nur eins – das
Weitergehen- was auch das Schicksal biete. Sie war noch jung und voller
Leben, drum dauerte es auch nicht
lang, die Liebe spann erneut die
Fäden – noch einmal reicht sie ihre
Hand. Er war nur Schuster von Beruf
– hat nie die Front gesehen. Als Gott ein neues Leben
schuf, denkt sie, das müsste gehen. Die Kriegstrauung war schnell
vollzogen – mit dickem Bauch, geliehenen
SchuhÕn – das Bataillon ist abgezogen, für Schuster gabÕs nichts
mehr zu tun. Der Trupp sollte nach
Mindelheim, im Jahre fünfundvierzig. Dort trafen sie jedoch nicht
ein – die Kriegswirren sprachen für
sich. Sirenen heulten Tag und Nacht
– die Menschen in den Bunkern
– sie haben fast nie Licht gemacht
– die Angst durchzog das
Dunkel. Sie sa§ mit Freundinnen im
Keller – die Bombe schlug ganz
plötzlich ein – der Feuerschein wurdÕ immer
greller – sie war mit Gott und sich
allein. Vier waren tot – total
verschüttet - sie durfte weiterleben. Ihr Dasein war total
zerrüttet – wer konnte Trost ihr geben. Nach Stunden wurde sie
gerettet, sie hatte nicht mehr dran
geglaubt – steht auf der Stra§e und muss
betteln – sie wurde von der Zeit
beraubt. Ein Rucksack war ihr noch
geblieben mit etwas Babysachen den schultert sie – den
Kopf im Nacken will auf den Weg sich machen. Sie hat noch einen
Hoffnungsschimmer – das ist die Heimat –
Donauwörth. Sie will zurück und zwar für
immer, hat von den Lieben nichts
gehört. Beförderungen gabÕs nicht
mehr, sie musste alles laufen. Das tut sie auch – es
ging ums Leben – das Deutsche Reich ein
Trümmerhaufen. Manchmal lie§ man sie
übernachten – auch gab es mal ein Essen. Die Leute muss man dafür
achten, es hat doch keiner was
besessen. Man schenkt ihr einen
Kinderwagen – jetzt geht es leichter schon
voran. Sie braucht den Rucksack
nicht mehr tragen – Kommt irgendwann in Günzburg
an. Hier war mal eine
Donaubrücke, doch das ist endlos lange
her, nun gähnt hier eine gro§e
Lücke – die Heimkehr wurde wirklich
schwer. Es war bereits schon Mitte
Mai – die Amis fuhren mit den
Panzern. Den Flüchtlingen warÕs
einerlei, auch den versprengten
Landsern. Ein Waldrand lockt mit seine
Kühle, es war sehr hei§ an diesem
Tag – auch merkte man bereits die
Schwüle, die ein Gewitter bringen mag. Hier rastet sie, schläft auch
gleich ein – den Rucksack dicht bei sich. Das Wägelchen noch obendrein
– sie träumt von Zuversicht. Doch dann verlässt sie aller
Mut, als sie vom Schlaf erwacht. Gestohlen ist ihr letztes Gut
– man hat zur €rmsten sie
gemacht. Sie weint, sie schreit
– kann es nicht fassen, was hier und jetzt mit ihr
geschieht. Es scheint ihr, Gott hat sie
verlassen – fühlt sich erbärmlich wie
noch nie. Nur in die KittelschürzÕ
gekleidet, sieht sie die Heimat wieder
– und als sie die Familie
sieht, sind nass die Augenlider. Nur Tage später –
schicksalhaft – hat sie mich dann geboren. Jetzt wusste sie von Gottes
Macht – und war nicht mehr verloren. |