Interview mit Margit & Karl
Karl: Das hängt sehr eng mit der Gründung der Webseite „Das WWW als Lern- und Lehrhilfe“ 1995 durch Margit zusammen, die 1997 zur Gründung des gemeinnützigen Vereins „Zentrale für Unterrichtsmedien im Internet e. V.“ (ZUM.DE) geführt hatte. Meine Frau hatte gezeigt, dass die räumliche Entfernung von Kooperationspartnern im Zeitalter des Internets keinen Hinderungsgrund mehr darstellt. Der Wegfall der Distanz sollte auch Menschen zusammenbringen können, die weit entfernt von ihren Angehörigen und Freunden leben. Ich hatte auch an meine Eltern gedacht, die beide über 90 Jahre alt geworden sind und in Siegen wohnten.
Neuland Internet?! Welche technischen Hürden sind Euch gerade zu Beginn begegnet?
Margit: Damals war das Internet oft quälend langsam. Die Einwahl über Modemverbindungen führte zur Umdeutung des WWW zum Welt-Weiten-Warten. Gleichzeitig war das Internet sehr teuer. Für den Datenverkehr, für die Datenspeicherung wie für Hard- und Software fielen sehr hohe Kosten an. Es gab auch noch keine guten Suchmaschinen, um nach Inhalten zu forschen, oder Editoren zur Erstellung von Webseiten. Dazu waren HTML-Kenntnisse damals unerlässlich.
Wie gelang Euch die Mitgliedergewinnung?
Karl: Unsere Community ist organisch gewachsen. Mitglieder haben ihre deutschsprachigen Freunde und Bekannten in aller Welt auf unseren Seniorentreff im Internet aufmerksam gemacht, sowohl herkömmlich über Telefon wie per E-Mail. So hatten wir von Anfang an Mitglieder aus allen Kontinenten. Natürlich kamen aber schon damals die meisten Mitglieder aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Wir haben nicht wie später die großen kommerziellen Online Communities wie Facebook etc. automatisch die Adressbücher der Mitglieder durchforstet. Das kam uns immer als nicht „richtig“ vor.
Einen maßgeblichen Anteil an der Gewinnung von Mitgliedern spielten auch Flyer, die von Mitgliedern angefordert und von uns verschickt wurden.
Es sind so oft ganze Gruppen wie Volkshochschulkurse zu uns gestoßen. Das relativ langsame organische Wachstum hat es ermöglicht, dass sich viele alteingesessene Mitglieder als Familie verstehen, was sich auch in dem vorherrschende „Du“ auf unserer Seite wiederfindet.
Wie habt Ihr persönlich die Entwicklung des Internets in den letzten 25 Jahren erlebt?
Margit: Als rasant, herausfordernd und sehr zeitaufwendig. Anfangs hatten sowohl unsere Arbeiten an ZUM.DE wie an SENIORENTREFF.DE den Charakter eines gemeinsamen Hobbies. Diese Arbeiten fanden in der Freizeit abends oder an den Wochenenden statt. Nach der Pensionierung konnten wir uns dann beide mit voller Kraft auf SENIORENTREFF.DE konzentrieren.
Karl: Nun, es hat sich technisch gesehen in den letzten 25 Jahren sehr viel getan. Der Preisverfall der Hardware bei gleichzeitiger Leistungssteigerung der Geräte war atemberaubend. Heute können wir einen unserer neuen Schwerpunkte auf Videokonferenzen legen. In Coronazeiten war es möglich den Wegfall realer Treffen etwas hierdurch aufzufangen. Immerhin ermöglichten tägliche Videokonferenzen und monatliche Vorträge mit Diskussion das Kennenlernen von Mitgliedern untereinander selbst in einer Quarantäne-Situation. Wir haben diese neuen Möglichkeiten so lieben gelernt, dass wir diese während Corona geschaffenen Einrichtungen wie den täglichen Plauderchat und seniorentreff.tv auch jetzt nach dem offiziellen Ende der Pandemie beibehalten werden.
Was macht den Seniorentreff einzigartig?Margit: Einzigartig ist sicherlich der familiäre Charakter unserer Community und die persönliche Betreuung der Mitglieder – falls diese das wünschen – durch uns Admins. Es gibt zwar eine ausführliche Hilfefunktion online, aber es ist auch tagsüber jederzeit möglich, die Administration telefonisch zu erreichen und nach Möglichkeit werden die Probleme dann gelöst, auch wenn sie nicht immer technischer Natur sind.
Wie erlebt Ihr den Zusammenhalt und den Austausch in der Community?
Karl: Aus dem Kreis der ST-Mitglieder werden immer wieder reale Treffen organisiert. Dies kann privat in ganz kleinem Rahmen geschehen. Es ist kein Geheimnis, dass sich im Seniorentreff schon viele Lebenspartner gefunden haben. Viele Treffen sind aber auch offiziell mit Einladung für alle Interessierten über die Webseite angekündigt worden und so wurden z. B. viele Städtereisen von und für Seniorentreffler organisiert, über die es unter dem Menüpunkt „Reale Treffen“ teilweise sehr ausführliche Bildberichte gibt.
Erinnert Ihr Euch an Anekdoten, die Ihr gerne mit uns teilen möchtet?
Margit: Vom 22.-25.3.2010 gab es ein ST-Städtetreffen in Bochum. Bei der Ankunft begrüßten uns vor dem Hotel die Europa- und Deutschland Fahnen und dazwischen flattere nicht weniger beeindruckend eine Seniorentrefffahne mit dem ST-Logo. Da hatten doch eifrige Mitglieder eine Seniorentrefffahne genäht und die Hotelleitung überzeugt, diese anlässlich der anreisenden Seniorentreffler auch zu hissen.
Karl: Ob ich auch eine Anekdote weiß? Ich erinnere mich an die Anfrage einer bekannten bayrischen Zeitung, ob wir etwas von Paaren wüssten, die sich im Seniorentreff gefunden hätten. Ich veröffentlichte diese Anfrage und erhielt nach einiger Zeit einen Dank der Redakteurin mit einem Zeitungsausschnitt. Die Zeitung berichtete über die Lebenspartnerschaft zweier Damen, die sich im Seniorentreff gefunden hatten. Das fanden wir bemerkenswert und es steht dafür, dass wir zwar primär keine Dating Plattform sind, dass sich aber im virtuellen ST reale Menschen begegnen.
An welche weiteren Highlights erinnert Ihr Euch?
Karl: Wenn man die Reservierung der Domäne seniorentreff.de als Gründung des Seniorentreffs im Internet ansehen möchte, dann fand diese Ende Januar 1998 statt. Die in den nächsten Wochen gebastelte Webseite enthielt als Kommunikationsmöglichkeit im Wesentlichen nur eine Art Gästebuch. Darin konnten Seniorinnen und Senioren ihre Anliegen beschreiben.
Etwa im Jahr 2000 habe ich die Webseite um einen Chat und um die „alten“ Diskussionsforen erweitert. Die Diskussionen von damals sind noch heute im öffentlichen Archiv nachlesbar.
Ich stieß jedoch schnell an die Grenze meiner technischen Kapazitäten und Fähigkeiten und deshalb kooperierten wir ab 2007 mit einer Würzburger IT-Firma, von der wir die Softwarenutzung für einen neuen Chat, für neue Diskussionsforen und – besonders wichtig – für die Mitgliederverwaltung mieteten.
Im Jahr 2010 wurde das Softwarepaket um die Gruppenfunktion erweitert.
Margit: Um das Jahr 2015 herum begannen wir uns wegen unseres Alters Gedanken zu machen, wie die Community seniorentreff.de von unserem persönlichen Wohlergehen unabhängig weiterbestehen könnte. Deshalb schlossen wir mit den relativ jungen Betreibern von Seniorenportal.de zunächst einen Kooperationsvertrag, der uns erlaubte, deren Suchmaschinen auf unserer Webseite zu integrieren. Diese Partnerschaft wurde dann weiterentwickelt und 2017 der technische Betrieb des Seniorentreffs ganz in die Hände von seniorenportal.de gelegt, was eine komplette Neuprogrammierung beinhaltete. seniorentreff.de leitet nun weiter auf www.seniorenportal.de/community/.
Wir sind wie bisher die Administratoren der Webseite und haben Einfluss auf mögliche Weiterentwicklungen. Der Seniorentreff jedoch ist nicht mehr allein von unserem Wohl und Wehe abhängig.
Viele Communities sind im Laufe der vergangenen Jahre entstanden und wieder verschwunden. Den Seniorentreff gibt es bis heute – Wie seht Ihr die Zukunft der Community?
Karl: Wir glauben, dass der Ausbau der Videoformate eine Zukunft hat. Hand in Hand hiermit kann das Informations- und Bildungsangebot für unsere Mitglieder ausgebaut werden. Gleichzeitig dürfen wir aber nicht übersehen, dass viele im Seniorentreff vor allem Unterhaltung und Spiele suchen. Deshalb wäre für uns persönlich auch der Erhalt und möglichst der Ausbau der Chat- und Spieleplattformen wichtig.
Bis heute habt Ihr für jedes Mitglied ein offenes Ohr: Bleibt Ihr der Community auch in den nächsten Jahren als Administratoren erhalten?
Margit: Nicht nur bei vielen unserer Mitglieder, sondern auch bei uns ist der Seniorentreff ein fester Bestandteil des täglichen Lebens. Deshalb: Solang es unsere Gesundheit erlaubt, sind wir dabei!
Am 20. Januar 2023 wurde Euch die Staufermedaille verliehen...
Karl: Bei der Übergabe der Staufermedaillen an meine Frau und mich durch den Staatssekretär Patrick Rapp wurden unsere Gründungen ZUM.DE und SENIORENTREFF.DE gleichermaßen gewürdigt. Da wir seit fast 51 Jahren verheiratet sind und uns immer als Team verstanden haben und dementsprechend wir beide jeweils an ZUM und SENIORENTREFF gearbeitet haben, sind wir sehr glücklich, dass wir auch gleichermaßen gewürdigt wurden.
(Foto: Martin Fischbach)
Erfüllt Euch das mit Blick auf die vergangenen 25 Jahre mit Stolz?
Margit: Weniger mit Stolz. Es ist eher eine tiefe Befriedigung etwas Sinnvolles auf die Beine gestellt zu haben.
Wie habt Ihr den Tag der Verleihung verbracht?
Karl: Die Preisverleihung durch Staatssekretär Dr. Rapp fand in einem Restaurant in Sulzburg auch in Gegenwart des Merzhauser Bürgermeisters Dr. Ante und von unserem Sohn Martin und Enkel Julian statt. Vom Seniorentreff war stellvertretend für eine Gruppe von 12 antragstellenden Mitgliedern Syrdal von Ro anwesend. Diese Gruppe hatte das Projekt „Staufermedaille“ über 2 Jahre lang erfolgreich geheimhalten können.(Foto: Martin Fischbach)
Welche Motivation zieht Ihr aus der Verleihung?
Margit: Wir möchten weiterhin unsere Ideen und Zeit einbringen, den Seniorentreff zu betreuen und weiterentwickeln zu können.
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Kommentare (2)
Grüezi ihr Beiden!
Schön dass ihr geehrt worden seid und es uns wissen lassen habt.
Danke vielmals!
Liebe Grüsse Sabine
Hallo Margit hallo Karl,
bedanke mich bei euch für dieses schöne Portal für unsere Generation, täglich schau ich hier her , besonders die Wortspiele machen mir viel Spaß,
wünsche euch alles Gute,bleibt gesund,
liebe Grüße an euch
Struppchen