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Wirtschaftsthemen Zins und Zinseszins führen in die Schuldenfalle

Karl
Karl
Administrator

Zins und Zinseszins führen in die Schuldenfalle
geschrieben von Karl
Ich möchte vorausschicken, dass ich kein Ökonom, sondern Biologe bin. In wirtschaftlichen und finanztechnischen Fragen bin ich also ein Laie, aber mit exponentiellem Wachstum und seinen Grenzen kenne ich mich aus.

Der Zins ist in islamischen Ländern verboten. Dieses Faktum stößt oft auf Unverständnis und wird als Zeichen von Rückständigkeit belächelt. Seit den Zeiten der Finanzkrise denke ich aber langsam um. Offensichtlich hat der Westen sein Konto hoffnungslos überzogen. Die Finanzkrise schwelt weiter. Die Banken scheinen gerettet, aber die Staaten, die solches getan haben, gehen pleite.

Ich erinnere an die von mir eröffnete Diskussion Quo vadis Euroland?. Diese Frage ist ja noch nicht beantwortet, sondern erweitert. Jetzt wurde gestern erstmals die Kreditwürdigkeit der USA in Frage gestellt: Furcht vor dem Undenkbaren.

Die europäischen Staaten und die USA haben unglaubliche Schulden angehäuft und auf Kosten der künftigen Generationen deutlich über ihre Verhältnisse gelebt. Dabei haben einige Einzelpersonen enorme Gewinne erzielt und Vermögen erworben, die diejenigen mancher Staaten übersteigen. Nach dem Prinzip von Zins und Zinseszins würden diese Personen und deren Nachkommen nie mehr arbeiten müssen und trotzdem jedes Jahr auf Kosten der anderen reicher werden. Da die Staaten bei den Reichen hoch verschuldet sind (Staatsanleihen, Bundesschätze etc.), werden die einfachen Bürger über Steuern und Abgaben und den Wegfall von Leistungen die Zeche zu zahlen haben. Soziale Unruhen werden die Folge sein, siehe Griechenland, beobachte Irland, Portugal und Spanien. Kaum auszudenken, was passiert, wenn die USA erkennen müssen, pleite zu sein.

Die Anzahl der ablenkenden Kriege wird steigen. Sarkozy führt seinen Libyenfeldzug bereits jetzt, um Wahlen zu gewinnen und um von innenpolitischen Problemen abzulenken. Wir stehen vor unruhigen Zeiten, wenn die Schuldenfalle zuschnappt und die Sozialstaaten zu funktionieren aufhören.

Vielleicht ist es doch keine so dumme Idee, die Zinsen abzuschaffen, denn dem exponentiellen Geldwachstum steht das ungebremste exponentielle Wachstum der Schulden gegenüber. Das kann auf Dauer nicht gut gehen, es wird ein schmerzliches Erwachen geben: es ist nicht gut gegangen, es haben nur noch nicht alle gemerkt.

Karl
hockey
hockey
Mitglied

Re: Zins und Zinseszins führen in die Schuldenfalle
geschrieben von hockey
Karl
"Der Zins ist in islamischen Ländern verboten"

Das stimmt und ist im Koran zu finden (arabisch Riba genannt) aber versuche mal bei einer arabischen Bank Geld zu bekommen als Moslem (zinsfrei) und du wirst eine ueberraschung erleben. Natuerlich werden dir keine Zinsen oder Hypotekzinsen berechnet. Was wird gemacht? Die Bank kauft das Haus fuer dich schlaegt eine Summe fuer Zinsen (sorry natuerlich sind es bearbeitungsgebuehren drauf. aehnlich wird es gemacht wenn eine Firma Geld braucht. dieser vorgang wird arabisch Murabaha gennant)und verkauft dir das haus fuer Ratenzahlungen " ohne Zinsen"
Auch legen die Saudis und andere gerne ihr Geld in England, USA usw usw an und nehmen die gleichen Zinsen von "Unglauebigen" wie die Deutsche Bank und aehnliche.
Auch im Mittelalter war ja der Zinshandel fuer Christen nicht erlaubt.
Es hoehrt sich vielleicht sehr interessant und "besser" an, die realitaet ist aber leider nicht viel anders als im Westen.
der canadische Taschendieb
Hockey
adam
adam
Mitglied

Re: Zins und Zinseszins führen in die Schuldenfalle
geschrieben von adam
als Antwort auf hockey vom 19.04.2011, 22:41:12
Hockey,

es stimmt ja, was Du schreibst. Auch islamische Banken verleihen Geld nicht für lau und finden einen anderen Weg, um mit ihrem verliehenen Geld einen Gewinn zu erwirtschaften. Allerdings hat das Zinsverbot dort bewirkt, daß sich islamische Banken kaum an den Spekulationen der internationalen Finanzmärkte beteiligt haben und so vor Pleiten verschont blieben, die vom Steuerzahler ausgeglichen werden mußten, um das System zu erhalten.

Ohne Zinsen geht es aber auch nicht, weil sonst niemand mehr bereit ist, Geld zu verleihen. Die Frage ist, wo Geld aufhört, einen wirklich erwirtschafteten Gegenwert darzustellen, wo Geld nur der Bezifferung nach aufgebläht wird, was unweigerlich zu einem Wertverlust, also zu Inflation führt. Es klingt ganz einfach und es ist doch so schwer: Es muß aufhören, daß nur mit Spekulationen Geld verdient wird, das nicht erwitschaftet wurde, sondern nur auf dem Papier existiert.

Im Grunde genommen ist es schon zu spät, um noch einzugreifen. Auf dem internationalen Finanzmärkten schwirren so gewaltige Summen herum, daß die Währungen, vorneweg der Dollar, sowieso nichts mehr wert sind. Im Grunde genommen müßten die Geldkreisläufe von Spekulation und realer Wirtschaft von einer Sekunde zur anderen getrennt werden. Das Geld der Spekulationskreisläufe wäre dann nichts mehr wert, was im real wirtschaftenden System egal wäre. Teilweise wird versucht, wenigstens einen Teil der wertlosen Geldblase in den Badbanks vom Finanzmarkt zu nehmen. Das hat aber auch nur aufschiebende Wirkung, weil der Staat, also der Steuerzahler, dafür bürgt, dieses Geld also früher oder später wieder in den Wirtschaftkreislauf kommt und durch tatsächliche Werte abgedeckt werden muß. Sind die nicht vorhanden, kommt es zur Inflation. Eine Lösung des Problems ist nicht in Sicht.

--

adam

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Karl
Karl
Administrator

Re: Zins und Zinseszins führen in die Schuldenfalle
geschrieben von Karl
als Antwort auf hockey vom 19.04.2011, 22:41:12
Natuerlich werden dir keine Zinsen oder Hypotekzinsen berechnet. Was wird gemacht? Die Bank kauft das Haus fuer dich schlaegt eine Summe fuer Zinsen (sorry natuerlich sind es bearbeitungsgebuehren drauf. aehnlich wird es gemacht wenn eine Firma Geld braucht. dieser vorgang wird arabisch Murabaha gennant)und verkauft dir das haus fuer Ratenzahlungen " ohne Zinsen"
hockey,

es kommt mir auf das exponentielle Zinswachstum an. Gewinn muss auch eine islamische Bank erzielen. Solange reale Geschäfte dahinter versteckt sind, ist das doch in Ordnung. Es ist der Zinseszins der Griechenland et al. niederdrückt und bald auch die USA. Der Einbau exponentiellen Wachstums in das Finanzsystem ist das mathematisch voraussagbare Problem.

Karl
Marija
Marija
Mitglied

Re: Zins und Zinseszins führen in die Schuldenfalle
geschrieben von Marija
als Antwort auf Karl vom 20.04.2011, 11:49:40
@ Karl

Ich häng das posting mal hier an, da die Misere hauptsächlich mit dem Zinsezins ( nicht nur ) zu tun hat.

Der Euro steuert auf den Eisberg zu

04.09.2011, 09:57 Uhr
Was passiert mit unserem Geld, wenn die Turbulenzen an den Märkten eine Kettenreaktion auslösen und die Euro-Zone zerfällt? Beraten von Prof. Clemens Fuest aus Oxford hat Handelsblatt ein »Worst-Case-Szenario« entworfen.

> http://www.handelsblatt.com/politik/international/der-euro-steuert-auf-den-eisberg-zu/4569202.html

So könnte es aussehen :
"Düsseldorf 22. Februar 2012: Südeuropa versinkt in der Rezession. In Griechenland stürzt die Regierung.
Der globale Abschwung seit Mitte 2011 vermischt sich mit der Schuldenkrise in Europa zu einem giftigen Cocktail." Zitat / handelsblatt

Marija


hafel
hafel
Mitglied

Re: Zins und Zinseszins führen in die Schuldenfalle
geschrieben von hafel
als Antwort auf Karl vom 20.04.2011, 11:49:40
Ich denke, dass Zinsen auch einen Sinn haben, nämlich überschaubar überhaupt von einem Geldgeber Geld zu bekommen.

Das Problem liegt in der Höhe der Zinsen. Überziehungskredite werden in Deuschland locker mit ca. 20% berechnet, eine ausgesprochene Sauerei. Legst Du aber Geld an, bekommst Du ca. 2%.

Es müsste "weltweit" eine Zinsbeschränkung in der Höhe der Zinsen geben .... aber das soll mal jemand durchsetzen -- gegen die Banken.

Hafel

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rolf †
rolf †
Mitglied

Re: Zins und Zinseszins führen in die Schuldenfalle
geschrieben von rolf †
als Antwort auf hafel vom 04.09.2011, 12:05:58
Die Diskrepans ist doch noch schlimmer, hans.

Wenn du beim Girokonto bleibst bekommst du 0 - 0,5 % (von ganz wenigen Direktbanken abgesehen), für die Überziehung des gleichen Kontos zahlst du aber die von dir angeführten Dispozinsen von bis zu 20 %.
Hier wäre ein Beschränkung auf das 10-fache des Guthabenzinses angebracht, evtl. mit Begrenzung des Überziehungzeitraumes, für den die Deckelung gilt.
hugo
hugo
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Re: Zins und Zinseszins führen in die Schuldenfalle
geschrieben von hugo
als Antwort auf hafel vom 04.09.2011, 12:05:58
Es müsste "weltweit" eine Zinsbeschränkung in der Höhe der Zinsen geben .... aber das soll mal jemand durchsetzen -- gegen die Banken. (Hafel)

davon abgesehen hafel, das ich Deinem Vorschlag absolut zustimme,-ich würde sogar noch pingeliger sein- befürchte ich, das dann die
Stimmen wieder laut werden welche dann über Planwirtschaft oder Sozialismus orakeln und das Ende der ach so freien Marktwirtschaft oder gar des Kapitalismus an die Wand malen.

kennst doch die Erkenntnis des ollen Marx,,"Mit entsprechendem Profit wird Kapital kühn. Zehn Prozent sicher, und man kann es überall anwenden; 20 Prozent, es wird lebhaft; 50 Prozent, positiv waghalsig; für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß,,,

derzeit fühlt man sich als "Kleindarsteller bezüglich Zinsniveau" usw tatsächlich 30 Jahre und in eine völlig andere Welt zurückversetzt.

für einen Hauskredit musste man 1% Zinsen zahlen und das für 33 Jahre garantiert,,zum Glück kam der Kapitalismus dazwischen (werden jene nicht sagen, die betroffen waren) dafür gabs wohl nie mehr als 3,33 % für die Geldanlage.

Überziehungs-, oder Dispokredite ,,solche Wortschöpfungen mussten wir, wie Vieles noch, erst lernen, manches hab ich heute noch nicht kapiert *g*

hugo
hafel
hafel
Mitglied

Re: Zins und Zinseszins führen in die Schuldenfalle
geschrieben von hafel
als Antwort auf hugo vom 04.09.2011, 13:33:18
@ Hugo:

Ich bin ja nicht weltfremd. Banken haben – nach meiner Denke – eine Berechtigung im Wirtschaftsgefüge und sollen auch ein wirtschaftliches Konzept haben.

Nur zwischen Spar- und Kreditzinsen geht die Schere zu weit auseinander. Deshalb sollte hier für beide Seiten eine Begrenzung gelten. Schon gar nicht sollten Zinsen von irgendwelchen Rating-Agenturen festgeschrieben werden.

Hafel

Mitglied_bed8151
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Mitglied

Re: Zins und Zinseszins führen in die Schuldenfalle
geschrieben von ehemaliges Mitglied
es liegt nicht am euro. es liegt auch nicht an den zinsen auf geliehenes geld. es liegt an den viel zu hohen staatsschulden, die bis ins mark korrupte politiker in unverantwortlicher höhe angehäuft haben. es liegt an mangelnder vertragstreue.

pacta sunt servanda

höchstens 3 prozent vom bip durften die griechen sich verschulden. sie sind mittlerweile bei mehr als 8 prozent (vgl. mein posting vom 03.09.2011 13:20 in einem anderen thema). tendenz weiter steigend. schon schreien sie nach noch mehr krediten, d.h. nach noch mehr schulden, um wenigstens tilgung + zins der alten schulden bezahlen zu können.

der EURO, die währung EURO-lands, steht auf dem spiel

griechenland ist pleite. lasst den schuldner griechenland pleite gehen (mitsamt der in den schuldenskandal verwickelten gläubigern, egal welcher nationalität)! kein "rettungsschirm" mehr - für nichts und niemanden! schluss mit der schuldenmacherei!

--
Wolfgang

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