Forum Finanzen & Wirtschaft Wirtschaftsthemen Nur abgehackte Bäume bringen Geld!!!

Wirtschaftsthemen Nur abgehackte Bäume bringen Geld!!!

arno
arno
Mitglied

Re: Nur abgehackte Bäume bringen Geld!!!
geschrieben von arno
als Antwort auf schorsch vom 19.05.2008, 19:15:23
Hallo, schorsch,

gibt es nicht zu viele Menschen, die nur ernten, aber niemals säen?

Viele Grüße
--
arno
carlos1
carlos1
Mitglied

Re: Nur abgehackte Bäume bringen Geld!!!
geschrieben von carlos1
als Antwort auf arno vom 19.05.2008, 11:40:17
"Nur abgehackte Bäume bringen Geld!!!"

"Bereitet diese einseitige Sicht der Zusammenhänge nicht unseren
(wirtschaftlichen) Untergang vor?"

arno

Der Wald als solcher ist ein Vermögenswert. Nichts also, von dem man etwas runterbeißen könnte, wenn man Hunger hat. Vermögenswerte müssen erst zu Geld gemacht werden, um Nutzen zu bringen. Damit ist noch nicht alles über die volkwirtschaftliche Bedeutung des Waldes, seinen kulturellen, seinen ökologischen Wert, seinen Erholungswert für die Menschen gesagt. Wie jedes Vermögen bedarf der Wald der Pflege, sonst verwildert er. Aber es ist nicht immer sinnvoll zu viel abzuholzen, wenn man Geld braucht. Es würde später fehlen. Oft ist es besser zu warten. Holz ist ein Rohstoff. Theoretisch könnte das obige Zitat von vielen Eigentümern geäußert worden sein. In der Praxis wird es deshalb noch lange nicht zu einem rücksichtlosen Abholzen kommen, weil gerade in der Forstwirtschaft das Prinzip der Nachhaltigkeit, seit Jahrhunderten üblich in Deutschland, gegeben war. Jeder Waldbeseitzer weiß, dass er nur so viel entnehmen kann, wie regelmäßig nachwächst. Pro Hektar Waldfläche sind es etwa 8,5 cbm Holzmasse im Jahr. Darüber hinauszugehen ist Raubbau, wie er in den tropischen Regenwäldern betrieben wird.

Das Prinzip der Nachhaltigkeit, der ökologisch dauerhaften Entwicklung wurde nicht von Juristen oder Diplomaten irgendwo in Amerika erfunden. Es ist uraltes Prinzip menchlicher Kulturen. Sogar Tiere, Parasiten und Räuber mussten es beachten, bevor der erste Mensch auf der Erde sein Lebensrecht forderte. Auch Parasiten und Räuber mussten aufpassen, dass sie nicht die Populationen ausrotteten, von denen sie lebten. Auch Pflanzenfresser dürfen ihre Reviere nicht überweiden. Es gab und gibt aber trotzdem Raubbau. Jagdbares Wild ist in einigen Frühkulturen dezimiert worden. Die alten Baumbestände im Mittelmeerraum sind von den Phöniziern, Griechen und Römern einem hektischen Flottenbau geopfert worden.

Ich will die Geschichte nicht verklären. Das Prinzip der Nachhaltigkeit, wie es heute gepredigt wird, geht aber auf die mittelalterliche deutsche Forstwirtschaft zurück. Nachhaltigkeit war Bestandteil des Landfrieden. Er sah vor, dass die nachhaltige Nutzung des Allmendewaldes (des Waldes, der für alle nutzbar war) nur in eingeschränktem Maße möglich war. Nur so viel durfte geschlagen werden, wie nachwuchs. Obwohl die Industrie später immer mehr Energie verschlang und Kohle als leicht verfügbarer Brennstoff entdeckt worden war, gelang es das Prinzip der nachhaltigen Forstwirtschaft zu etablieren. Sicher lässt sich einwenden, dass der ökologische Wert der angelegten Fichten- und Kiefermonokulturen, reinen Holzplantagen also mit schnell nachwachsenden Bäumen, gering ist. Festzuhalten verdient aber, dass die in Deutschland kultuerell tief verwurzelte Forstwirtschaft eine wichtige Rolle, eine Vorbildrolle sogar, bei der Entwicklung des neuzeitlichen Nachhaltigkeitsverständnisses gespielt hat.

Nicht verschwiegen werden darf aber auch, dass ein nichtnachhaltiger Kohleverbrauch und einhergehend damit eine Verschwendung fossiler Energien bei der Wiederentdeckung der nachhaltigen Waldwirtschaft in Deutschland eine entscheidende Rolle gespielt hat.

Mir ist nicht ganz klar, warum hier jemand arno ob seiner Wortflatulenz virtuell an die Kehle gehen will. Wir sollten uns überlegen, welche Worte wir wählen. Eine einseitige Sicht - wenn nur das Geld im Augenblick zählt - wäre falsch. Das ist zu diskutieren. Diese Gefahr besteht, sie bestand immer. Eine solche Einstellung kann katastrophale Folgen haben. Wir sollten aber nicht unterstellen, dass es ausschließlich die Sicht auf das schnelle Geld ist, das das Handeln bestimmt.
c.
Karl
Karl
Administrator

Re: Nur abgehackte Bäume bringen Geld!!!
geschrieben von Karl
als Antwort auf carlos1 vom 19.05.2008, 20:39:23
Danke Carlos für diesen sehr guten Beitrag! Ich stamme aus dem Siegerland und dort ist der "Hauberg" ein alter Brauch. Der Mischwald aus schnell wachsenden Hölzern gehört einer Art Genossenschaft, die alteingesessenen Dorfbewohner besitzen Anteile, die sie auch vererben können. Jedes Jahr wird ein anderer Teil des Waldes gefällt und "Holz gemacht". Dieses Holz wird unter den Haubergbesitzern aufgeteilt und der Überstand verkauft und in Geld umgewandelt. Der geschlagene Wald muss ein gewisses Mindestalter haben (ich glaube, das sind etwa 20 Jahre). Daraus ergibt sich zwangsläufig eine maximale Fläche, die jährlich abgeholzt werden darf. Auch im Siegerland gibt es bei der Waldwirtschaft also das Prinzip der Nachhaltigkeit.

Interessant ist der Wikipedia-Artikel zum Siegerländer Hauberg, den ich jetzt gerade gesucht und gefunden habe (s. Linktipp).
--
karl

Anzeige

schorsch
schorsch
Mitglied

Re: Nur abgehackte Bäume bringen Geld!!!
geschrieben von schorsch
als Antwort auf arno vom 19.05.2008, 20:02:53
@arno: "...gibt es nicht zu viele Menschen, die nur ernten, aber niemals säen?..."

Doch, die gibts zuhauf. Aber die haben ja das Privileg, nicht selber säen zu müssen, sondern säen zu lassen!

Vor Jahrtausenden musste jeder, der überleben wollte, für seinen Lebensunterhalt selber sorgen. Heute ist es doch so, dass es einige gibt, die - ohne einen Finger zu rühren - täglich tonnenweise sich Reis leisten könnten - und dafür verhungern andere zu Millionen....

Carlos, danke für den Bericht über Nachhaltigkeit. Vielleicht lernt auch Woelfin daraus etwas dazu?

--
schorsch
angelottchen
angelottchen
Mitglied

Re: Nur abgehackte Bäume bringen Geld!!!
geschrieben von angelottchen
als Antwort auf carlos1 vom 19.05.2008, 20:39:23
Danke für Deinen ausführlichen und ausgezeichneten Bericht - da Du mich indirekt kritisierst ob meiner Kritik an arno: es ist weniger das Thema als die Darstellung des Themas - arno behauptet, ein Waldbesitzer hätte das so gesagt oder es wäre so geschrieben gewesen - wo aber bitte steht das? Ich finde einen Satz ähnlichen Inhalts in keinem einzigen Presseportal der Forstwirtschaft noch eine Pressemeldung ähnlichen Inhalts. Es ist einmal mehr der BILD-Zeitungsstil ohne Quellenangabe, der einen einfach verärgert.

Im übrigen lohnt es sich, mal einige Infos aus entsprechenden Portalen zu ziehen wie zB

Waldbesitzer

Deutscher Waldbesitzerverband

Arbeitsverband deutscher Waldbesitzer
--
angelottchen
Drachenmutter
Drachenmutter
Mitglied

Re: Nur abgehackte Bäume bringen Geld!!!
geschrieben von Drachenmutter
als Antwort auf schorsch vom 19.05.2008, 19:15:23
Hallo Schorsch,

danke für die genauere Erklärung, so kann ich damit leben. Dein erster Satz Was vom Menschen gesetzt oder gesät werden kann, hat nur einen Sinn, wenn es auch geerntet wird!* hat mich doch sehr irritiert und ich habe ihn wohl falsch verstanden.
Ich dachte nur, um Himmels Willen, hat denn in seinen Augen die Natur sonst keinen Sinn? Der Mensch kann inzwischen so ziemlich alles züchten, setzen oder säen. Verliert nun die Natur ihre Daseinsberechtigung, wenn der Mensch sie nicht ausnutzen darf? Hat sie nur ihren Sinn darin, von Menschen benutzt zu werden?
Das waren meine Gedankengänge, als ich Deinen Satz las und deswegen fragte ich etwas entsetzt, ob Du das wohl ernst meinst. Aber Du hast es anders gemeint, als ich dachte und das beruhigt mich nun wieder.

Liebe Grüße,

woelfin


Anzeige

arno
arno
Mitglied

Re: Nur abgehackte Bäume bringen Geld!!!
geschrieben von arno
als Antwort auf schorsch vom 20.05.2008, 09:17:51
Hallo, schorsch,

ich dachte viel mehr an die vielen fabrikmäßig ausgerüsteten Fischfangflotten
auf den Weltmeeren, die ihrer Amortisation wegen immer schneller die
Fischrestbestände nebst Beifang den Garaus machen.
Diese Fischfangflottenbesitzer säen nicht, sie ernten und vernichten!

Viele Grüße
--
arno
senhora
senhora
Mitglied

Re: Nur abgehackte Bäume bringen Geld!!!
geschrieben von senhora
als Antwort auf arno vom 20.05.2008, 10:18:11
Hallo Arno,
Aus diesem Blickwinkel ist dies so. Gerade die Überfischung der Meere durch reiche Industrienationen, bringt die überwiegend Fisch essenden Bevölkerungen in Afrika und Asien in der Zukunft in noch existenziellere Not.
Obwohl dies EU- und Landespolitikern ausreichen bekannt ist, sieht es nicht so aus, als würde sich sobald etwas ändern. Lieber klagt man über die Flüchtlingsströme aus diesen Regionen und bringt viel Energie auf, um zu verhindern, dass diese nach Europa kommen.
Eigentlich muss man sich als Europäer schämen, wenn man Berichte und Dokumentationen über die Folgen unserer Fischereipolitik verfolgt.

P.S. Übrigens: "Omnia aequo animo ferre sapientis est!"

In diesem Sinne
Viele Grüße
senhora
Drachenmutter
Drachenmutter
Mitglied

Re: Nur abgehackte Bäume bringen Geld!!!
geschrieben von Drachenmutter
als Antwort auf senhora vom 20.05.2008, 11:01:14
P.S. Übrigens: "Omnia aequo animo ferre sapientis est!"


Ach sei doch so gut und übersetz das für eine Nichtlateinerin.
--
woelfin
desoxy
desoxy
Mitglied

Re: Nur abgehackte Bäume bringen Geld!!!
geschrieben von desoxy
als Antwort auf Drachenmutter vom 20.05.2008, 15:39:36
P.S. Übrigens: "Omnia aequo animo ferre sapientis est!"
geschrieben von woelfin


Ach sei doch so gut und übersetz das für eine Nichtlateinerin.
--
woelfin


Es ist ein Zeichen von Weisheit, alles gelassen zu ertragen!

)sagt Google.....



--
desoxy

Anzeige