Forum Finanzen & Wirtschaft Wirtschaftsthemen gute nachricht -> rezession

Wirtschaftsthemen gute nachricht -> rezession

arno
arno
Mitglied

Re: gute nachricht -> rezession
geschrieben von arno
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 18.01.2012, 21:25:27
Hallo, wolfgang,

was ist denn jetzt richtig:

Dein Thementitel: gute nachricht -> rezession

oder

diese maschinerie ist auf immer schnellere touren angewiesen,....


Da paßt doch etwas nicht zusammen: Rezession und immer
schneller laufende Maschinen!

Klär uns bitte auf!

Viele Grüße
arno
carlos1
carlos1
Mitglied

Re: gute nachricht -> rezession
geschrieben von carlos1
als Antwort auf pschroed vom 18.01.2012, 18:44:21
In dieser Frage - Rezession negativ oder positiv zu bewerten - kommen wir rasch immer auf einen Verschiebebahnhof der Verantwortlichkeiten. Die Menschen sind wachstumssüchtig, sie wollen immer mehr. Andere sehen im Kapitalismus den Schuldigen, andere wollen keinen Sozialismus, die USA sind für viele auch schuld, dann der Islam, China etc.

Verantwortung hin und herschieben führt zu Streit. Besser wäre aber Innehalten und ein Überlegen, wie wir unser Leben führen und wie wir wirtschaften. Also eine Überprüfung. Was aber soll überprüft werden?

Zunächst einmal bietet sich als Überprüfungsstrategie an Anspruch und Wirklichkeit einander gegenüber zu stellen. Im Grunde hat hugo dankenswerterweise bereits diese Strategie gewählt, indem er an die positiven Seiten des technischen Fortschritts erinnert.

"Zitat von hugo
Kann es denn nicht durchaus sein, (nur so eine Idee von mir) das durch Fortschritt, Konjunktur usw mehr ideologische, finanzielle und materielle Möglichkeiten entstehen um Probleme der Menschheit anzupacken ?

Abschwung wird sehr schnell auch zu lokalen Engpässen führen, zu Not und Elend, also zu Massenbewegungen bis hin zu neuen Kriegen,,naja und Krieg und Umweltschutz verträgt sich wohl nicht besonders gut ??

hugo


Wir sind heute sehr fortschrittskritisch insbesonders gegenüber moderner Technik, weil der technische Fortschritt seine Kehrseite in Form der Umweltzerstörung und Gefahren zeigt. Hugo erinnert an die positive Seite des technischen Fortschritts, ganz im Sinne von Marx im 19. Jhd,: Fortschritt als Befreiung von der drückenden Last der Arbeit, als Möglichkeit zu befreienden Erlebnissen im Leben aber auch noch im Alter. Selbstverwirklichung war nicht möglich bei einer Arbeitszeit von knapp 60 Stunden. Nach dem 2. Weltkrieg noch arbeiteten die Menschen über 50 Stunden. Die Wochenarbeitszeit endete am Samstagabend. Noch Anfang der 50er Jahre arbeitete ich bis Samstag 13.00 Uhr. Morgens 7Uhr Arbeitsbeginn, Ende 18.00 Uhr. Nix Zigarettenpause. Zeitarbeitslohn 1 DM/h. Im Akkord erreichte ich bis 2,30DM/h. 1950 wurde in der Familie ein Radio angeschafft, ein geradezu umwälzendes Erlebnis. Man konnte damit sogar Schweizer Sender empfangen.


Im letzten Jahrzehnt von Marxens Lebenszeit war ein Rentenalter von 70 Jahren etwas ganz Besonderes, ein bilblisches Alter. Ein Prozent der arbeitenden Bevölkerung erreichte es. Heute erreichen Rentner nach dem Arbeitsleben ein wesentlich höheres Alter. Die Frage aber ist nicht, ob sie 78 Jahre bei Männern alt werden, sondern wie. Frauen werden älter. Ich sitze am Internet und nehme Anteil am Geschehen in der Welt, sehe fern, habe Kontakt zu anderen Menschen. Das war vor 130 Jahren eben nicht selbstverständlich. Dafür haben wir Zukunftsängste. Immer mehr Menschen auf der Erde, Kriege, Währungen drohen zu zerfallen, Überschuldung, Naturzerstörung, Klimawandel. Nur wer sich nicht informiert über mögliche Katastrophen lebt unbeschwert von künstlichen Sorgen. Dabei werden Kriege tatsächlich der Zahl nach immer weniger. Natürlich bedeutet ein Nachlassen der Wirtschaftsleistung ein Schritt in Richtung Armut oder Verschuldung, aber gleichzeitig auch geringere Umweltbelastung, je nachdem von welchem Ausgangspunkt ich das Problem angehe. In diesem Falle würde sich eine andere Form der Überprüfung anbieten, indem nämlich Wirklichkeit und Möglichkeit erörtert würden. Diese Form der Überprüfung wird heute wenig genutzt, weil wir uns nicht vorstellen können, was eine andere Form des Wirtschaftens bedeuten würde. Der Hinweis auf mehr naturnahes Leben und Arbeiten klingt romantisch, scheint eine ideale Lösung zu sein, wäre aber mit einer gewaltigen Last körperlicher Arbeit verbunden. So radikal der Ansatz ist, wobei radikal ein freudiges Kitzeln hervorruft, so sehr muss bezweifelt werden, ob heute lebende Generationen die Last der Arbeit tragen könnten. Radikal ist der Ansatz von Marx. Radikal heißt von der Wurzel her denken (radix = Wurzel, wie "Radieschen"). Hugo hat Bedenken, ob das gut gehen könnte mit "Engpässen" und Not und Elend. Ich auch.


Im Moment allerdings muss gefragt werden, ob ein Absinken auf ein etwas niedrigeres Wachstum in Asien sofort eine katastrophale Rezession bedeuten würde. 6 oder 8% Wachstum in China sind eine Atempause und kein Absturz. Das Konjunkturklima kann sich global abkühlen, was nicht heißt, dass alle Volkswirtschaften in eine langanhaltende Depression stürzen.

Was nicht erörtert wird, ist der Anreiz, der von Krisen und Engpässen ausgeht. Armut ist eine Herausforderung für die, die sie erleiden (s. Schwellenländer!). Sie suchen mit allen Mitteln ihr zu entkommen. Armut und Krisen wecken Anstrengungsbereitschaft und Kreativität. Etwas, was wir im alternden Europa bis auf Ausnahmen vergessen haben. Ein Blick in die Wirtschaftsgeschichte zeigt viele Beispiele. Die Wirtschaftsgeschichte zeigt auch, dass dort, wo zu viel geholfen wird, die Kräfte erlahmen.

pschroed
pschroed
Mitglied

Re: gute nachricht -> rezession
geschrieben von pschroed
als Antwort auf carlos1 vom 19.01.2012, 20:32:34


Phil.

Anzeige

arno
arno
Mitglied

Re: gute nachricht -> rezession
geschrieben von arno
als Antwort auf carlos1 vom 19.01.2012, 20:32:34
Hallo, carlos 1,

wie so eine Rezession funktioniert, habe ich nicht verstanden.

Unsere Volkswirtschaft hat vier Konten:

1) Privathaushalte,
2) Firmen
3) Staat
4) Ausland.

Die Defizite u. Überschüsse (Nettofinanzierungssaldi)dieser vier
Posten ergänzen sich immer zu null.
Das gilt auch für die Überschüsse und Defizite der Länder.

Wie und welche Posten müssen sich wie verändern, damit eine
Rezession entsteht?

Viele Grüße und vielen Dank
arno
Mitglied_bed8151
Mitglied_bed8151
Mitglied

Re: gute nachricht -> rezession
geschrieben von ehemaliges Mitglied
sparen, eins der märchen fürs volk, war. ein neues märchen wird gerade erzählt. die chefs der größten wirtschaftsorganisationen warnen die regierungen der länder davor, maßzuhalten (was unter den gegebenen umständen sparen wäre). ihr aufruf: noch mehr schulden machen. noch mehr aus dem nichts geschöpftes geld mit vollen händen zum fenster rauswerfen. - grund: die entfesselte wirtschaft, real- wie irrealwirtschaft, braucht wachstum, wachstum, wachstum... schon eine langsamere gangart des wachstums ist systemisch unvereinbar.

--
Wolfgang
carlos1
carlos1
Mitglied

Re: gute nachricht -> rezession
geschrieben von carlos1
als Antwort auf arno vom 19.01.2012, 22:18:49
wie so eine Rezession funktioniert, habe ich nicht verstanden.

Unsere Volkswirtschaft hat vier Konten:

1) Privathaushalte,
2) Firmen
3) Staat
4) Ausland.

Die Defizite u. Überschüsse (Nettofinanzierungssaldi)dieser vier
Posten ergänzen sich immer zu null.
Das gilt auch für die Überschüsse und Defizite der Länder.

Wie und welche Posten müssen sich wie verändern, damit eine
Rezession entsteht?

Viele Grüße und vielen Dank
arno


----------------------------
Hallo arno,
diese Kontenbetrachtung versperrt dir u. U. den Zugang zum Verständnis von dem, was in der Wirtschaft abläuft. Wenn du von Marx in der heutigen Zeit etwas lernen willst, so dies: Es kommt auf den Ausgangspunkt der Betrachtung an, auf den Standpunkt, das Interesse und die Erkenntnis. Das klingt philosophisch, genau. Marx war ja Philosoph. Seine Vorgehensweise ist es.

Eine Kontenbetrachtung ist eine rückwärts gewandte Betrachtung und umfasst gerade den noch gegenwärtigen Zeitpunkt. Die Wirtschaftsleistung (Konjunkturdaten, also Boomphase, Abschwung, Rezession, Aufschwung) hängen aber von Erwartungen in der Zukunft ab, die von den Konten nicht abgerufen werden können. Sie können nur durch Abfrage und Stimmungsbilder grob erfasst, inm den blick genommen werden. Erwartungen sind Psychologie. Menschen handeln nicht wie Maschinen, also nach Berechnung. Sie handeln auch irrational. Diese Kontenbetrachtung ist natürlich kein Unsinn, kann aber keinen endgültigen und allgemeingültigen (immer richtigen) Hinweis darauf liefern, was getan werden muss, um einen Zustand zu bewahren oder herbeizuführen. Diese Erkenntnis ist wichtig. Denn jede Erkenntnis beginnt mit einer Ent-Täuschung. Eine Täuschung von uns besteht darin, dass die Zukunft so aussehen wird, wie die Gegenwart, die wir in Begriffen er"fassen". Wenn Geld vom Staat ausgeschüttet wird für ein Konjunkturprogramm, kann es durchaus sein, dass Verbraucher und Investoren zugreifen. Die Pferde saufen dann an der Tränke, um ein bekanntes Bild zu gebrauchen. Es kann aber auch sein, dass die Pferde an der Tränke stehen und nicht saufen wollen, weil sie Angst haben, keine Lust oder der ganzen Sache nicht trauen. Das Kontenmodell, das du anführst stammt von Keynes. Der erkannte aber auch, dass das Geld, das vom Staat ausgegeben wird, vorher über Steuern den Privathaushalten und Unternehmen abgenommen werden muss. Ist die Steuerbelastung hoch, werden Privathaushalte und Unternehmen sich fragen, ob es sich "lohnt". Konjunkturpolitik ist Psychologie. Wirtschaftspolitik ist immer die Politik, die das irrationale und verrückte Verhalten der Menschen in Rechnung stellt und sich fragt, was die Masse der verrückten Hühner im Hühnerhaufen tun oder nicht tun würde.

Rezession funktioniert nicht einfach so wie eine Maschine. Jede Rezession ist anders. Es gibt aber bestimmte Merkmale, an denen man sich orientieren konnte in der Vergangenheit, weil Konjunkturzyklen "ähnlich" abliefen.

Anzeige

schorsch
schorsch
Mitglied

Re: gute nachricht -> rezession
geschrieben von schorsch
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 20.01.2012, 09:45:34
.....und dies alles nach dem Motto: Die Schulden dem Volk - den Profit uns!

Anzeige