Umwelt und Klima Kernfusion - Aussichten auf baldige konstengünstige Stromproduktion?
Das Internet quillt gerade mal wieder über mit Berichten über angeblich bahnbrechende Forschungsergebnisse wie diesem: „US-Forscher schaffen Durchbruch bei Kernfusion“.
Auch mich begeistern erzielte Fortschritte in Forschung und Technik immer wieder, und für Forscher*innen, die sich diesem Thema seit Jahrzehnten widmen, ist es tatsächlich ein bahnbrechendes Ergebnis, so dass ich deren Euphorie gut nachvollziehen kann.
Was mich an der Berichterstattung der Medien über solche Forschungsfortschritte nervt, ist die Art der Berichterstattung, bei der es sich allzu oft um nicht viel mehr als populärwissenschaftliche Desinformation zum Forschungsstand handelt.
Besonders enttäuscht es mich, wenn sich selbst die öffentlich-rechtlichen (einem Bildungsauftrag verpflichteten) Sender, wie ARD und ZDF, dieser Art der „Berichterstattung“ bedienen. Das betrachte ich in einer Zeit, in der der Klimawandel endlich auch die Mitte der Gesellschaft erreicht hat und umtreibt, schlichtweg als fahrlässig.
Bezogen auf den Stand der Kernfusion wird damit bei den meisten Menschen die völlig falsche Hoffnung geweckt, es könne sich um einen in absehbarer Zeit wirksam werdenden Durchbruch bei der Energieversorgung handeln. Ein beiläufiger Hinweis irgendwo im Artikel, dass immer noch alles bloße Theorie und damit Zukunftsmusik für spätere Generationen ist, wird dann nur allzu gerne überlesen.
In fast allen Medienberichten wird schon im Vorspann fälschlicherweise behauptet, bei dem Forschungsprojekt sei es den Forschenden endlich gelungen, mehr Energie freizusetzen, als hineingesteckt wurde.
Dieser Behauptung müssten nicht nur Plasmaphysiker*innen, sondern alle, die sich schon einmal etwas intensiver mit dem Thema Kernfusion bzw. dem Ablauf bis zur Stromerzeugung daraus befasst haben, ganz entschieden widersprechen – allein schon, damit unsere Regierung nicht womöglich mehr Geld in diese Forschung steckt, als in solche Projekte, die hinsichtlich einer kurzfristigeren kostengünstigeren Stromerzeugung vielversprechender sind.
Ich liege wohl nicht allzu sehr daneben, wenn ich davon ausgehe, dass nicht nur die meisten Otto-Normalverbraucher*innen, sondern auch die meisten unserer Politiker über wenig Hintergrundwissen zu diesem Thema verfügen und sich deshalb mit der breiten Medienberichterstattung darüber zufrieden geben, statt sie zu hinterfragen.
Dafür müssten sie sich nicht einmal durch die über 100 Seiten dieses wissenschaftlichen Berichts durchackern. Es gibt genug für Jedermann/-frau verständliche kürzere Zusammenfassungen der Kernpunkte des Prozesses (nämlich wie viel Energie tatsächlich bis zur Stromerzeugung hineingesteckt werden muss und wie lange es ggfls. bis dahin dauern wird) im Internet.
Auszug aus einem MDR-Bericht:
Damit gelang es zum ersten Mal teilweise, mit Kernfusion mehr Energie zu erzeugen als [allein der Start der Reaktion!] selbst benötigte. Einschränkend muss allerdings dazu gesagt werden, dass das nur für den Kern des Experiments gilt.
Ein Fazit zum US-Forschungsergebnis:
Zieht man den gesamten Verbrauch für den Betrieb der Anlage hinzu, so konnten die Forscher weniger als ein Prozent der aufgewendeten Energie erzeugen.
„Mit anderen Worten, der Energie-Output war immer noch nur 0,5 % dessen, was als Input hineingegeben wurde", sagt Roulsone.
Ich seh das gelassen, erinnert mich in etwa an die Meldung vor x Jahren, dass man statt flüssigen Wasserstoff trockenen herstellen könne. Oder auch vor x Jahren, dass mit Krill für alle Zeiten das Ernährungsproblem der Menschheit gelöste wäre.
aber ich glaube, dass Kernfusion eine Zukunft haben wird, in einigen Jahrzehnten, also ohne mich.
RE: Kernfusion - Aussichten auf baldige konstengünstige Stromproduktion?
geschrieben von werderanerin
Auch mich hat der Bericht gestern in den Medien fasziniert aber es wurde gleich gesagt, dass die Umsetzung dieser Produktion erst in vielen, vielen Jahren wirklich und umfangreich zum Einsatz kommen wird.
Der derzeitige Focus liegt auf der Forschung.
Kristine