Forum Tierschutz etc. Tierschutz Diesen Verein möchte ich vorstellen: Schmiede ohne Grenzen - internationale Pferdehilfe

Tierschutz Diesen Verein möchte ich vorstellen: Schmiede ohne Grenzen - internationale Pferdehilfe

Diesen Verein möchte ich vorstellen: Schmiede ohne Grenzen - internationale Pferdehilfe
geschrieben von ehemaliges Mitglied

Schon länger verfolge ich die Berichte und die Arbeit dieses Vereins, der vor allem in Rumänien tätig ist und der es allemal wert ist, davon auch auch hier zu berichten. Besonders die menschen - aber auch ie Tiere in Rumänien sind ein bisschen vergessen worden und sie liegen mir am Herzen, weil das Land die Heimat meiner Mutter ist. Der Bericht zeigt, dass Tierschutz lange nicht alles ist, was die Menschen dieses Vereins fokussieren, denn das Leid der Menschen ist oft mindestens so gross wie das der Tiere.

Ich gebe den bericht mit Erlaubnis weiter:


Außerhalb eines echten Lebens...
von Markus Raabe, So. 3.03 Ostrumänien 23.00 Uhr
Mein Tag.
Es ist 6.00 Uhr in Rumänien und mein Wecker klingelt. Um 7.30 ist das tägliche Treffen in der Tierklinik. Unsere Tierklinik ist zum Mittelpunkt des Geschehens in Rumänien geworden. Von hier aus wird alles gesteuert.
Heute fahren wir nach Iasi. Iasi ist eine Großstadt, grau und schäbig. Hier in Rumänien gilt diese Stadt aber als schön.
Außerhalb, in den Randgebieten, befinden sich die Ghettos. In Nordostrumänien, am Ende unserer EU, leben ca 1 Mio Menschen in einer unvorstellbaren Armut. Schnell neigt man zu Vorurteilen.
Man denkt diese Menschen könnten doch Arbeit suchen. Ein Irrglaube. Wer am falschen Fleck geboren ist hat keine Chance. Kein Strom, kein Internet, keine Krankenversicherung, kein sauberes Trinkwasser, keine richtige Nahrung. Aber am Schlimmsten ist, dass es niemals eine Chance auf Schulbildung gab. Analphabeten haben in den Armutsregionen keine Chance.
Unser Tross besteht aus drei Fahrzeugen. Alles alte Geländewagen, sonst würde es auch nicht gehen. Die letzten 50km geht es über staubige Lehmpisten. Ich fahre den letzten Wagen. Vor einer Woche lag noch Schnee. Heute ist es 9 Grad Plus und die Lehmwege werfen ihren Dreck in die Luft, die Sonne scheint hell.
Hoffentlich lässt Gott es heute nicht regnen, denke ich.
Der Regen über den rumänischen Ghettos wäscht Furchen in mein Hirn, tiefer Furchen.
Ärmliche Hütten am Wegesrand . Ein Bild wie in Syrien denke ich so zu mir.
Kinder mit blassen Gesichtern spielen im Staub. Zerfetzte Kleider und aufgeplatzte Lippen mit Krusten zieren das Bild.
Wir sind gut ausgerüstet, wir haben ein mobiles Ultraschallgerät und ein Röntgengerät an Bord.
Zwei Ärzte von uns sind an Bord und jede Menge Lebensmittel und Medizin.
Es ist nun 11.00 Uhr. Die Fahrt hat ewig gedauert für diese lächerlichen gesamten 150 km.
Wir halten vor einer Hütte. Sofort fällt mit das widerliche Asbestdach auf.
Die Hütte ist ca 6 qm groß. Ich sehe nur Grau. Alles ist grau. Ich bemerke wie meine Handflächen
schwitzen und meine Lippen taub werden. Ich habe Angst. Angst vor dem was da lauert.
In ganz schlimmen Situationen , z.B. mißbrauchte Kinder, werden meine Backen nicht mehr durchblutet. Sie kribbeln dann so heftig, ich kann das nicht kontrollieren.
Oft konfrontieren mich unsere Ärzte mit mißbrauchten Frauen oder Kindern in Extremsituationen.
Ich bin dann gezwungen Entscheidungen zu treffen. Hier und jetzt, nicht demnächst.
Einfachen „machen und nicht „labern“.
Klingt einfach, ist aber oft unmöglich.
Ich bete, dass es sich nicht um Kinder handelt. In bin jeden Monat in Rumänien. Dieses Projekt ist mein Lebenswerk geworden. Wir sind von einem Tierschutzverein zu einer internationalen Hilfsorganisation mutiert.
Leben ist schützenswert. Für mich gibt es keinen Unterschied zwischen Farbe oder Rasse.
Blut ist rot. Tränen sind durchsichtig und der liebe Gott hat die Sonne für uns alle erschaffen.
Kindernot, Mädchen mit 12 Jahren welche durch Vergewaltigung zur Mutter wurden...
Hätte ich als Hufschmied meinen Amboss in Sichtweite gehalten, so würde ich jetzt hier nicht stehen.
Aber ich bin fern der heimischen Schmiede. Der Amboss ist stumm und die Schreie der Seelen werden erhört.
Für jedes Pferd, welches ich in Deutschland beschlage, kann ich in den Ghettos zwei Kinder einen Monat ernähren.
Stillstand bedeutet Hunger. Aber nun bin ich hier. Mein erarbeitetes Geld und die Hilfe unserer vielen Fördermitglieder erlauben mir es zu helfen, weit über eigentlichen Tierschutz hinaus.
Die Tür knarrt und es kommt ein alter Mann heraus gehumpelt. Ich schätze ihn so auf 60 Jahre.
Er guckt mich ängstlich an.
Mein ältester Arzt (Bild) ergreift das Wort. Ich verstehe aber kein Rumänisch.
Der Mann beginnt zu lächeln. Offensichtlich haben ihn gute Nachrichten erreicht.
Ich stelle mich diesem alten Mann vor. Mein Arzt übersetzt.
Er heißt Ion und ist 40 Jahre alt. Ich bin schockiert, denn er ist 6 Jahre jünger als ich.
Er war ein Tagelöhner- damals. Vor 15 Jahren kamen seine Füße in eine Erntemaschine.
Er wachte damals in seinem Haus auf, dachte es war nur ein böser Traum. Doch da waren diese Schmerzen. Er war alleine. Er schlug die Decke zur Seite und sah seine Füße nicht. Da waren nur Stumpen, sie waren mit blutgetränkten Tüchern umwickelt und mit Wäscheleinen verbunden.
Er schrie, niemand kam. Er dachte er sei in der Hölle. Abends kam ein Nachbar. Es war sein alter Freund aber der ist auch schon längst tot.
Er hat jede Nacht den gleichen Traum. Der Teufel öffnet seinen Schlund und beißt ihm die Füße ab..
Seine Gummistiefel sind bleichgrün. Darin sind Holzbalken eingearbeitet. Mit Krücken kann er sich somit auf seinen Stumpen fortbewegen. Sein Gangbild ist erbärmlich. Als Hufschmied achtet man automatisch auf das Gangbild.
Ich könnte nun die Dinge aufzählen welche er nicht besitzt, das würde aber zu lange dauern.
Er hat ein Asbestdach über dem Kopf und damit ist alles gesagt.
Ich höre Hufgetrappel. Eine Kutsche kommt, graue Kutsche, graue Pferde, graues Brennholz.
Alles grau dachte ich. Mein Fotoapparat sah das aber hinterher anders und erkannte Farben.
Gib dem Kutscher 330 Ron (ca 70 Euro) sagte mein Arzt zu mir. Ich zückte das Geld kommentarlos. Brennholz ist unglaublich teuer in Rumänien, die Bäume wurden verkauft.
Österreich und Deutschland machten den größten Zuschlag als Rumänien seine Waldseele verkaufte.
Nun kann Ion seinen Lehmofen wieder anwerfen wenn der nächste Kälteeinbruch kommt. Ion bekommt eine Sozialhilfe, diese beträgt stolze 9 Euro.
9 Euro pro Tag fragte ich. Nein, im Monat antwortet mir mein Arzt.
Die Plane am großen Geländewagen wird geöffnet. Es werden Lebensmittel heraus gegeben. Das Wort „Lebensmittel“ hat eine andere Bedeutung für mich bekommen.
Eigentlich wäre „Überlebensmittel“ passender.
Und spätestens jetzt bemerken einige Spender wie wichtig die Spenden auf das Konto
„Hilfe zur Nothilfe“ sind. Es hängen Leben daran.
Ich versuche mich zu beherrschen und nette Worte für Ion zu finden. Nun kenne ich ihn, ich kenne seine Nöte, seine Sorgen und seine Träume. Ich kenne seine Schmerzen.
Er darf keine Tränen bei mir entdecken. Denn er wüsste sofort, dass die Tränen eigentlich seine Eigenen sind.
Und in Wahrheit weiß ich , dass es keine staatliche Hilfe für Ion gibt. Er hängt am Tropfe einer
Pferdehilfsorganisation, so wie über 250 weitere Menschen in Extremnot...
Ich speichere Ion in meinem Navi ein. Es ist nur ein Punkt im Navi, keine Strassen, kein Ort. Keine echte Adresse. Einmal im Monat kommt der Pfarrer und bringt ihm seine „Sozialhilfe“.
Er kann nichts davon kaufen, kein Laden, keine Tankstelle, NICHTS dort.
Er tauscht seine 9 Euro (43 RON rumänisches Geld) gegen Brot und Milch ein.
Der einzige Sozialkontakt ist also ein Nachbar und diese Pferdefritzen, also wir.
Ich trage die Lebensmittel in sein Haus, ein Raum, Lehmwände, ein Bett sonst nichts.
Ich sitze wieder im Auto. Das nächste Mal werde ich ihm eine Tafel Schokolade mitbringen, denke ich so zu mir selbst.
Ich stelle mir vor wie er nun hektisch eine Orange isst ,welche wir mitgebracht hatten.
Vermutlich wird er die Tage zählen bis wir zurück kommen.
Im Auto sitzt mein alter Tierarzt neben mir. In meinem Lada müssen wir etwas lauter sprechen.
Ich folge dem Tross. Wo geht es nun hin, frage ich.
Zu einem kleinem Mädchen, antwortet der Arzt.
Ich blicke nach oben und denke: warum lässt du es regnen?
Meine Hände beginnen zu schwitzen und meine Lippen werden taub.
Ich spüre das kribbeln in meinen Backen..
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