Soziales Zerbrechen von Freundschaften, Beziehungen, Kontakten
Kann eine Freundschaft zerbrechen?
Für mich erst dann, wenn man das verbindende Vertrauen bewusst mißbrauchen würde, aber dann stelle ich in Frage, ob es Freundschaft war.
Alles andere ist Abstand, Unverständnis, vlt. auch sehr unterschiedliche Entwicklungen der Freunde.
Nicht alle Freundschaften dauern an, in dem Sinne, dass wir bis ans Lebensende viel Zeit miteinander verbringen, im Gespräch sind ect. - das bedeutet noch lange nicht, dass die Freundschaft zerbrochen ist, zumindest sehe ich es so.
Manche Freundschaften haben ihre Zeit und sind wichtig für uns und irgendwann bemerken wir, dass sich das geändert hat. Es bleibt die Erkenntnis, dass man eine gute, wertvolle Zeit hatte.
Manchmal trennen sich die Wege von Freunden und wir verstehen es nicht so recht -
manchmal auch mit Missverständnissen, Ärger, Zorn oder anderem - das bedeutet nicht zwangsläufig, dass das Verbindende abhanden gekommen ist - aber es kann nicht mehr gelebt werden und das kann sehr schmerzlich sein.
Manchmal ist Abstand und/oder Fortgehen aber die einzige Möglichkeit, die vielen gemeinsamen Jahren und guten Erfahrungen nicht zu zerstören.
Es kann hilfreich sein, wenn eine*r oder beide sich stark verändert haben - für mich ist das Fort-Entwicklung im wahrsten Sinn des Wortes.
Es kann eine Möglichkeit sein, dass gemeinsam Erlebte zu schützen. Klingt paradox, ich weiß - aber das Leben ist manchmal paradox.
Diese Aspekte einer Freundschaft kamen mir bei deiner Schilderung @der-Waldler spontan in den Sinn.
WurzelFluegel
Seit gut 59 Jahren habe ich eine Freundin.
Wir haben leider total verschiedene Interessen, aber trotzdem haben wir uns immer wieder in Ausnahmesituationen gegenseitig geholfen.
Auch als sie nach Bayern verzog haben wir uns geschrieben, telefoniert und uns auch gegenseitig besucht.
Doch irgendwann, ich kann heute noch nicht einmal sagen warum, hatte ich plötzlich die Nase voll, und ich beendete die Freundschaft, weil meine Freundin mit ihrer Nörgelei vermutlich das Fass zum Überlaufen gebracht hatte.
Nach mehreren Jahren, inzwischen hatte ich einen PC und hatte durch den ST angefangen zu reimen, fiel mir plötzlich ein, sie wird 75.
Der Abstand zu meinem damaligen Ärger war nun groß genug und so schrieb ich ein kleines Gedicht und schickte es ihr mit einigen Fotos und meiner Gratulation per Mail.
Es geschah aber nichts. Die Mail kam nicht zurück und so nahm ich an, sie hätte kein Interesse mehr an einer Wiederbelebung.
Doch vor zwei Jahren, kurz vor Weihnachten rief sie mich an (inzwischen war ich verzogen) und war froh, dass sie mich endlich wiedergefunden hatte.
Meine Mail zu ihrem Geburtstag hatte sie gar nicht zu Gesicht bekommen, weil ihr Mann glaubte, es würde sie nicht interessieren.
Sie lebte nun allein in Niederbayern und nun war ich es wieder, die ihr helfen konnten.
Zunächst lud ich sie zu Weihnachten ein und es war, als hätten wir nie eine Pause eingelegt.
Ein paar Monate später fuhren mein Mann und ich zu ihr und merkten, dass sie mit dem großen Haus und dem anspruchsvollen Grundstück irgendwie überfordert war.
Bei ihrem nächsten Besuch hier sagte ich so ganz nebenbei, als wir an einem Neubauprojekt im Rohbau vorbeigingen: „ Dort oben, in dem Penthouse möchte ich wohnen, aber Bernd will nicht mehr umziehen".
Was soll ich sagen, einige Monate später hatte sie ihr Haus sehr gut verkauft und wohnt jetzt genau in dieser Wohnung.
Das ist ca 10 Monate her, und nun wohnen wir beiden alten Tanten tatsächlich wieder in einem Ort, so wie vor 59 Jahren.
Pippa
Nun, ich werde die Schilderung vom Kontaktabbruch meiner Schwester zu mir hier nicht wiederholen, das ist in dem anderen Thread nachlesbar. Aber ich habe noch anderes zum Zerbrechen von Freundschaften zu berichten.
Es heißt ja, wenn ein Unglück geschieht, dann trennt sich die Spreu vom Weizen, dann merkt man, wer wirklich Freund ist und wer nicht..
Als mein Mann vor 11 Jahren seinen schweren Schlaganfall hatte und danach rechtsseitig gelähmt und damit pflegebedürftig war, da zeigte sich, wer Freund war und wer sich bis dahin nur so nannte.
Mein Mann und ich haben über 25 Jahre mit bis zu sechs *Freunden/Freundinnen* einmal im Monat Pen & Paper Rollenspiele gespielt, jeweils im Wechsel bei einem der Mitspieler/innen. Diese Gruppe nannte sich Freunde, war aber eine reine Zweckgemeinschaft. Als mein Mann und ich nämlich nicht mehr zu den anderen fahren konnten, um am Spiel teilzunehmen, kam die Gruppe noch einmal zu uns, um sich danach nicht mehr bei uns zu melden. Es war ihr Abschiedsbesuch, der allerdings nicht als solcher ersichtlich war. Keiner aus der Gruppe sagte uns, dass sie den Kontakt abbrechen würden. Keiner fragte mehr telefonisch nach dem Befinden meines Mannes. Keiner von ihnen war auf seiner Beerdigung.
Ich habe daraus gelernt und mich von den Menschen weitestgehend zurückgezogen. Es fällt mir inzwischen schwer, anderen noch zu vertrauen. Zuviel unschöne Dinge geschehen zwischen Menschen.
Die Zeit, dass ich Freunde gesucht habe, ist vorbei. Ich brauche keine Freunde mehr, komme mit mir alleine gut zurecht und genieße mein Leben alleine so wie es mir gefällt.
LG,
Drachenmutter (Einzelgängerin)
Ich habe gerade bei Drachenmutter gelesen, sie brauche keine Freunde mehr, das ist schade. Natürlich kommt man in gewisser Weise auch alleine zurecht, aber auch im fortgeschrittenen Alter können Kontakte Freude machen und den Alltag beleben. Dafür habe ich ein Beispiel:
Durch den Bau der Mauer sind viele Kontakte weggebrochen, bei meiner Mutter waren es ein paar Schulfreundinnen, mit denen sie noch immer losen Kontakt hatte, trotzdem sich durch Heirat u.a. die Wege getrennt hatten. Sie gingen alle in dieselbe Klasse, waren gleichen Jahrgangs. Und dann plötzlich, nach 1989 lebten diese Kontakte wieder auf, die Damen trafen sich und verabredeten eine monatliche Rommérunde, jeweils bei einer aus dem Kränzchen, mal im Ost- und mal im Westteil von Berlin. Sie waren alle mittlerweile allein und hatten sich viel zu erzählen. Die Treffen begannen im Jahre 1997, da waren die fünf alle schon über 80 Jahre alt. Nach ein paar Jahren wurden die Kaffeestunden für die eine oder andere beschwerlich und ich holte oder brachte die eine oder andere zum jeweiligen Treffpunkt bzw. nach Haus. Sie hielten durch bis 2015, eine Dame starb, eine andere ging in ein Heim, wieder eine andere zog zu ihren Kindern. Da waren sie im 98. Lebensjahr und das Ganze wurde sehr beschwerlich. Im Dezember 2018 starb die vorletzte Dame aus der Runde und meine Mama starb 2019 im Alter von 101 Jahren.
Bei mir sind im Laufe der letzten 50- 60 Jahre fast alle Kontakte, ich würde es nicht zerbrochen nennen, sondern eher auf eine andere Ebene gerutscht nennen. Richtige Freundschaften hatte ich seit meiner Pubertät nicht mehr.
Durch meine ständigen Umzüge ( ca 20) ist fast alles auf der Strecke geblieben. Da wir ein richtiges expat Leben geführt haben sind aber auch meine Freunde/Bekannten ständig umgezogen. Manchmal traf man sich in einem anderen Land wieder. Als Faustregel galt immer, wenn ich mich einmal mit jemanden gut oder sogar super verstanden habe, dann bleibt das. Man trifft sich nach Jahren wieder und die Sympathie ist wieder da. Da macht das gar nichts wenn wir mal lange Zeit nichts voneinander gehört haben.
Lieber @waldler im "geärgert" thread schreibst du hattest immer gehofft es würde sich alles wieder einrenken. Wusste dein Freund das? Wäre seine Heirat nicht eine schöne Gelegenheit die Freundschaft wieder zu reaktivieren indem du ihm einfach gratulierst?
Lange Jahre war ich mit einer Frau befreundet, deren
Tochter mit meinem Sohn in dieselbe Grundschulklasse
ging. Durch gleiche Vorlieben (in der Musik) wurde die
Freundschaft mit der Zeit enger.
Wir verfolgten jahrelang gleiche Interessen, (Konzerte mit
historischen Instrumenten - wo sie sehr sachkundig ist -
Ausflüge und Besichtigungen mit unseren Kindern, die
ich organisierte.
Irgendwann begann sie dann, die weiterführende Schule herab-
zusetzen, in welche unsere Kinder gingen.
Und über die Teilnahme unseres Sohnes bei „Jugend musiziert“
verbreitete sie überall - auch durch ihre Kinder - dass wir ihn
ans Klavier zwingen würden.
Selten habe ich Neid und Mißgunst so heftig zu spüren bekommen.
Ich habe dann mit ihr gesprochen und ihr gesagt, dass ich unsere
- nicht mehr vorhandene - Freundschaft beenden möchte, und
– als sie dies „wegen unserer jahrelangen Freundschaft“ nicht
akzeptierte - es ihr noch einmal ausführlich schriftlich mitgeteilt.
Ich sah sie nur noch einmal – bei der Trauerfeier für meinen Mann.
Allegra
Lieber @waldler im "geärgert" thread schreibst du hattest immer gehofft es würde sich alles wieder einrenken. Wusste dein Freund das? Wäre seine Heirat nicht eine schöne Gelegenheit die Freundschaft wieder zu reaktivieren indem du ihm einfach gratulierst?
Liebe Globetrotter,
das werde ich in jedem Fall tun. Aber ich bin ziemlich sicher, dass das die Freundschaft nicht erneuern wird. Das war/ist ja nur der letzte Tropfen in zwei wirklich unguten Jahren, aber noch mehr möchte ich darüber nicht schreiben, es würde ZU lang. Ich werde den Kontakt beenden, auch, damit das Schöne, Gute, Frohe, das uns vier Jahrzehnte lang verband, keinen bitteren Beigeschmack bekommt. Ich kenne M., und weiß, dass er sehr verletzend sein kann, wenn ihm etwas zu viel wird.
LG und Danke für Deine und Eure Erfahrungen.
DW
Habt Ihr ähnliches erlebt?Nein, habe ich nicht. Ganz einfach deshalb, weil ich nie Freunde hatte. Und ich empfinde das nicht so, daß mir da irgendwas entgangen ist.
Ich war von Berufs wegen nicht sonderlich sesshaft, irgendwelche Freundschaften haben es wohl schwer zustande zu kommen, wenn einer dauernd weg und unterwegs ist.
Also, wo nichts ist, kann auch nichts zerbrechen. Und wenn man es nicht anders kennt, vermisst man es wohl auch nicht.
Nun wäre vllt. mal die Frage nach der Definition angebracht.
Was zeichnet eine "echte" Freundschaft aus?
Wann ist man ein Freund, wann hat man Freunde?
Können auch eher oberflächliche Bekanntschaften Freunde sein?
Kommt es dabei auf einzelne Situationen an?
Oder muß eine echte Freundschaft viel tiefer gehen und viele Jahre andauern um als "echt" wahrgenommen zu werden? Offen gestanden: ich weiss es nicht.
............Oder anders ausgerückt: Der einzige ist dann dein Ehemann geworden.......?
Freunde - ich weiß nicht, ob ich jemals Freunde hatte. ......................
Simiya
Mir ist es ähnlich gegangen. Nur dass ich die richtige "Freundin fürs Leben" erst im 2. Anlauf gefunden habe. Die, die die erste hätte sein können, ist vor etwa einem Jahr verbittert und vom eigenen Sohn (unserem, den sie mir entzogen und gegen mich aufgebracht hat) verachtet in einem Pflegeheim einsam gestorben. Ich hoffe, es geht ihr jetzt besser.